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VwGH 30.01.1996, 95/11/0146

VwGH 30.01.1996, 95/11/0146

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §57 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Für die Beurteilung, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs 1 AVG vorlagen und sich die Beh daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte. Maßgebend ist allein, ob der Bescheid sich unmißverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (Hinweis E , 90/07/0102).
Normen
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §58 Abs1;
AVG §63 Abs1;
RS 2
Bezeichnet der erstinstanzliche Bescheid ausdrücklich § 57 Abs 1 AVG als seine Rechtsgrundlage und wird in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, den Bescheid durch Vorstellung zu bekämpfen, so handelt es sich bei dem erstinstanzlichen Bescheid um ein auf § 57 Abs 1 AVG gestütztes Mandat. Demgemäß ist zu seiner Bekämpfung lediglich die Einbringung einer Vorstellung, nicht aber auch einer Berufung zulässig (Hinweis E , 82/11/0255, VwSlg 11335 A/1984).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/11/27 90/07/0102 3
Norm
AVG §57 Abs1;
RS 3
Die "Unaufschiebbarkeit" nach § 57 Abs 1 AVG ist im Verhältnis zu der notwendigen Dauer des Ermittlungsverfahrens zu sehen. Daher kann sich das Erfordernis eines Mandates auch erst im Zuge eines (nicht mehr rechtzeitig zu beendenden) Ermittlungsverfahrens herausstellen (Hinweis Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, vierte Aufl, Randziffer 570). Die (teilweise) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens steht sohin der Erlassung eines Mandatsbescheides nicht entgegen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/11/27 90/07/0102 1
Normen
AVG §57 Abs2;
AVG §63 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
VwRallg;
RS 4
Gegen eine mit Mandatsbescheid erfolgte Entziehung der Lenkerberechtigung gem § 73 Abs 1 und Abs 2 KFG steht gem § 57 AVG das Rechtsmittel der Vorstellung zu. Eine Berufung - somit ein an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde gerichtetes Begehren auf Überprüfung und Aufhebung bzw Abänderung des Erstbescheides - ist in Ansehung eines Mandatsbescheides unzulässig. Es kommt zwar auf die Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung oder als Vorstellung nicht entscheidend an; hat jedoch der Bf - wie im vorliegenden Fall - trotz ausdrücklicher Rechtsmittelbelehrung eine "Berufung" erhoben und ging er in der vorliegenden Beschwerde selbst davon aus, eine "Berufung" erhoben zu haben, wobei er überdies in seinem Devolutionsantrag die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den LH von Wien über seine "Berufung" geltend gemacht hat, so erfolgte die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde zu Recht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1992/09/22 92/11/0156 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. VerkR-391.364/5-/1994-Si, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B für die Dauer von 24 Monaten (gerechnet ab der am erfolgten Abnahme des Führerscheins) entzogen. Für den gleichen Zeitraum wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern verboten. Als Rechtsgrundlage für diese Aussprüche wurden im Spruch des Bescheides § 73 Abs. 1 und 2 und § 75a KFG 1967 sowie § 57 Abs. 1 AVG genannt. In der Begründung dieses Bescheides wird abschließend ausgeführt, daß dann, wenn es sich um unaufschiebbare Maßnahmen handle, die Behörde gemäß § 57 Abs. 1 AVG bei Gefahr in Verzug einen Bescheid ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahrens erlassen könne. Im Interesse der Verkehrssicherheit werde diese Bestimmung angewendet. Der Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, daß gegen ihn binnen zwei Wochen nach Zustellung bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck schriftlich Vorstellung erhoben werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er begehrt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß von der Entziehung der Lenkerberechtigung Abstand genommen werde. In eventu wolle die "verhängte Entzugsdauer" gemildert oder der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Beweisaufnahme und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung zurück, bei dem Bescheid der Erstbehörde handle es sich um einen Mandatsbescheid, gegen den gemäß § 57 Abs. 2 AVG nur Vorstellung erhoben werden könne. Die Berufung sei daher unzulässig. Eine Umdeutung der Berufung in eine Vorstellung sei nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom , B 2859/94-3, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, bei dem Bescheid der Erstbehörde vom handle es sich nicht um einen Mandatsbescheid, weil ihm ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei. Die dem Bescheid beigegebene Rechtsmittelbelehrung sei daher falsch. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung mache ein zulässiges Rechtsmittel nicht unzulässig. Im Spruch des Bescheides werde zwar § 57 Abs. 1 AVG zitiert, doch fehle die "jedem Mandatsbescheid anhaftende Anordnung", daß der Adressat unverzüglich gewisse Vorkehrungen zu treffen bzw. bestimmten Anordnungen Folge zu leisten habe.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Für die Beurteilung, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, kommt es im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG vorlagen und sich die Behörde daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte. Maßgebend ist allein, ob der Bescheid sich unmißverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 572 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung, ferner hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/07/0102). Das war hier der Fall, wie sich aus der Zitierung der angewendeten Gesetzesstelle im Spruch des Bescheides, der Begründung für ihre Anwendung und der damit übereinstimmenden Rechtsmittelbelehrung zweifelsfrei ergibt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/11/0270). Daß dem Bescheid ein Ermittlungsverfahren vorangegangen ist, nimmt ihm nicht die Eigenschaft als Mandatsbescheid (siehe auch dazu das zuvor zitierte Erkenntnis vom ). Einer Anordnung, den Führerschein unverzüglich abzuliefern, bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, weil sich dieser im Besitz der Behörde befand.

Der Bescheid der Erstbehörde vom wäre demnach nur mit Vorstellung bekämpfbar gewesen. Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung war daher unzulässig. Eine Umdeutung dieser Berufung in eine Vorstellung kam auf Grund ihres eindeutigen Inhaltes nicht in Betracht (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/11/0152, und das oben zitierte Erkenntnis vom ). Die belangte Behörde hat daher die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §58 Abs1;
AVG §63 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
VwRallg;
Schlagworte
Voraussetzungen des Berufungsrechtes Diverses
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110146.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-37828