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VwGH vom 31.07.1996, 92/13/0138

VwGH vom 31.07.1996, 92/13/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache des K in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. 6/1-1053/90-04, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1986 und Einheitswert des Betriebsvermögens zum , 1981, 1983, 1985 und 1986

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Soweit die Beschwerde Umsatz- und Einkommensteuer betrifft, wird sie als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

2. zu Recht erkannt:

Soweit die Beschwerde die Feststellung des Einheitswertes zum betrifft, wird sie als unbegründet abgewiesen.

Soweit der angefochtene Bescheid Gewerbesteuer betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit er die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum , 1983, 1985 und 1986 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 11.010 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb einen Handel mit Blumen.

Nach einer für den Zeitraum 1980 bis 1986 durchgeführten Betriebsprüfung erließ das Finanzamt Bescheide - alle mit Ausfertigungsdatum - betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Umsatz- und Einkommensteuer 1980 bis 1986) sowie Umsatzsteuer 1980 bis 1986, Einkommensteuer 1980 bis 1986 und gemäß § 296 BAO geänderte Gewerbesteuerbescheide 1980 bis 1986. Weiters wurden Bescheide betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum , 1981, 1983, 1985 und 1986 erlassen.

Der Beschwerdeführer beantragte die Mitteilung der den Bescheiden fehlenden Begründung (§ 245 Abs. 2 BAO). In der Folge wurde ihm als Begründung eine Kopie des Betriebsprüfungsberichtes zugesandt.

In der Folge erhob er Berufung gegen die oben genannten Bescheide. In der Berufung gegen die Einheitswertbescheide brachte er im wesentlichen vor, die Bescheide entbehrten jeder Begründung, zumal ein Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht nicht als Begründung ausreiche. In der Berufung gegen die anderen Bescheide werden die vom Finanzamt angenommene Schätzungsberechtigung und das Schätzungsergebnis bekämpft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum sowie Einkommen- und Gewerbesteuer 1981 bis 1986 als unbegründet abgewiesen und der Berufung betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 sowie Umsatzsteuer 1980 bis 1986 teilweise Folge gegeben. Die Bescheide betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum , 1983, 1985 und 1986 wurden abgeändert. In der Bescheidbegründung führt die belangte Behörde ua aus, die Feststellung des Einheitswertes zum (33.000 S) entspreche der Erklärung des Beschwerdeführers. Hinsichtlich der Einheitswerte zu den weiteren Stichtagen (: -97.000 S;

: -244.000 S : -302.000 S;

: -1,032.000 S) enthält der Bescheid eine Darstellung, die von den Ansätzen "lt. BP-Bericht, Tz 41 und 42" ausgeht und in der Folge auf die mit der Berufungsentscheidung vorgenommene Minderung der Umsatzsteuer 1980 bis 1985 sowie Gewerbesteuer 1980 Bezug nimmt.

Der Bundesminister für Finanzen hob den angefochtenen Bescheid insoweit gemäß § 299 BAO auf, als er Umsatz- und Einkommensteuer 1980 bis 1986 betraf. Die belangte Behörde habe über die Berufung gegen die im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide entschieden, ohne gleichzeitig über die Berufung gegen die Wiederaufnahme der Verfahren abzusprechen. Sie habe damit entgegen der Bestimmung des § 307 Abs. 1 BAO Sachentscheidungen getroffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Umsatz- und Einkommensteuer:

Der Beschwerdeführer wurde hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer klaglos gestellt. Insoweit war gemäß § 33 Abs. 1 VwGG die Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Die Entscheidung erfolgte in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat.

2. Gewerbesteuer:

§ 296 BAO lautet:

"Der Gewerbesteuermeßbescheid ist ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, wenn der Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid abgeändert oder nachträglich erlassen und dadurch die Höhe des Gewinnes aus Gewerbebetrieb berührt wird. Mit der Erlassung des neuen Gewerbesteuermeßbescheides kann gewartet werden, bis der abändernde oder nachträglich erlassene Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid rechtskräftig geworden ist."

Wird durch einen Bescheid nach § 303 BAO die Wiederaufnahme eines Einkommensteuerverfahrens verfügt und ein geänderter Einkommensteuerbescheid erlassen, und werden in der Folge Berufungen gegen diese Bescheide erhoben, so ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig, über die Berufung betreffend Einkommensteuer zu entscheiden, bevor über jene betreffend die Wiederaufnahme abgesprochen ist (vgl. etwa hg. Erkenntnisse vom , 82/13/0038; vom , 84/13/0054; vom , 87/14/0038). Wenn sich diese Rechtsprechung auch auf die Bestimmung des § 307 Abs. 1 BAO stützt (vgl das hg Erkenntnis vom , 88/14/0135), so liegt ihr doch die Überlegung zugrunde, daß die (neuerliche) Sachentscheidung erst getroffen werden soll, nachdem die Frage der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit einer (neuerlichen) Sachentscheidung geklärt ist.

Wenn nun die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens neben dem geänderten Einkommensteuerbescheid aufgrund der Bestimmung des § 296 BAO auch einen geänderten Gewerbesteuerbescheid zur Folge hat, so stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, über die Berufung betreffend Gewerbesteuer abzusprechen, bevor die Berufung betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens Erledigung gefunden hat. Der Gewerbesteuerbescheid hängt in einem derartigen Fall insoweit vom Wiederaufnahmebescheid ab, als durch die allfällige Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Einkommensteuerbescheid außer Kraft tritt (und der vorangegangene Einkommensteuerbescheid wieder seine Wirksamkeit erlangt, vgl das hg. Erkenntnis vom , 86/14/0160), wodurch aber auch die in § 296 BAO gründende Berechtigung zur Erlassung eines geänderten Gewerbesteuerbescheides wegfällt. Wie zum Verhältnis zwischen Wiederaufnahme und Einkommensteuerbescheid ergibt sich auch für diese Konstellation, daß die (neuerliche) Sachentscheidung erst getroffen werden soll, wenn die Voraussetzungen ihrer verfahrensrechtlichen Zulässigkeit geklärt sind. Solcherart darf über die Berufung gegen den auf § 296 BAO beruhenden Gewerbesteuerbescheid nicht vor der Erledigung über die Berufung betreffend Wiederaufnahme abgesprochen werden. Dieses Ergebnis wird durch folgende Überlegung bestätigt: § 296 BAO normiert als Rechtsbedingung nur die Abänderung oder die nachträgliche Erlassung, im Gegensatz etwa zu den Bestimmungen des § 295 Abs. 1 und 3 BAO aber nicht die nachträgliche Aufhebung des (Einkommensteuer)Bescheides. Stellte sich im Berufungsverfahren ein Eingriff in die Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides als rechtswidrig heraus, weil die Voraussetzungen des § 303 BAO nicht gegeben sind, so bliebe trotzdem der über § 296 BAO aus der Änderung des Einkommensteuerbescheides abgeleitete Eingriff in die Rechtskraft des Gewerbesteuerbescheides bestehen, wenn über die Berufung betreffend Gewerbesteuer bereits früher abgesprochen werden würde.

Die Beschwerde zeigt sohin im gegenständlichen Fall mit dem Vorbringen, daß vor Entscheidung über die Berechtigung zur Wiederaufnahme der Verfahren geänderte Sachbescheide erlassen worden sind, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit er Gewerbesteuer betrifft, auf.

3. Einheitswert des Betriebsvermögens:

Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0151). Dabei sind Verweisungen in der Begründung von Berufungsentscheidungen, etwa auf den Betriebsprüfungsbericht zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0176; Stoll, BAO-Kommentar, 2787).

Im gegenständlichen Fall führt der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Einheitswertes zum aus, daß er der Erklärung des Beschwerdeführers entsprechend ergangen ist. Da der bescheidmäßig festgestellte Einheitswert tatsächlich der am eingereichten Erklärung entspricht und der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren von dieser Erklärung nicht abgerückt ist, ist der Bescheid diesbezüglich hinreichend begründet.

In Bezug auf die Feststellung der Einheitswerte zu den weiteren Stichtagen rügt der Beschwerdeführer demgegenüber zu Recht, daß der angefochtene Bescheid die erforderliche Begründung nicht aufweist. Weder der Bescheid noch der BP-Bericht vom , auf welchen er verweist, lassen erkennen, wie sich das Rohvermögen, von welchem ausgehend der Einheitswert berechnet worden ist, ermittelt. Ob das Schreiben der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom entsprechende Ausführungen enthält, kann dahingestellt bleiben, weil der angefochtene Bescheid auf dieses Schreiben nicht verweist.

Hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer war das Verfahren sohin einzustellen. Soweit die Beschwerde den Einheitswert zum betrifft, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Hinsichtlich Gewerbesteuer war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hinsichtlich Einheitswert des Betriebsvermögens zum , 1983, 1985 und 1986 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über Vorauszahlungen (betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1989 und Folgejahre) spricht der angefochtene Bescheid nicht ab.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.