VwGH vom 26.01.1989, 88/16/0090

VwGH vom 26.01.1989, 88/16/0090

Beachte

Besprechung in:

ÖStZ 1989, 256;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des Ing. EH in S, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 12/1-9/St-1988, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob entweder (im Sinn des vom Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend gemachten Beschwerdepunktes) der auf Grund des Kaufvertrages vom 14./ nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG) verwirklichte erste Erwerb des von einem gemeinnützigen Bauträger geschaffenen (hier keiner näheren Darstellung bedürfenden) Wohnhauses, das den für Kleinwohnungen geltenden Bestimmungen entspricht, durch den Beschwerdeführer allein, der das Hausgrundstück als Eigenheim übernommen hatte, von der Besteuerung gemäß dem (durch Abschnitt VIII Art. I Z. 4 des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557, - für den vorliegenden Fall allerdings unwesentlich - geänderten) § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c GrEStG ausgenommen bleibt, obwohl der Beschwerdeführer ab dieses Eigenheim mit seiner Lebensgefährtin bewohnt, oder (der Begründung der angefochtenen Berufungsentscheidung entsprechend) der erwähnte Erwerbsvorgang auf Grund des § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG der Steuer unterliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend und gemäß § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 auch zutreffend davon aus, daß für die Beantwortung der vorstehend dargestellten Frage noch die Bestimmungen des GrEStG maßgebend sind.

Gemäß dem bereits näher bezeichneten § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c GrEStG ist der erste Erwerb eines von einem gemeinnützigen Bauträger geschaffenen oder zu schaffenden Wohnhauses, das den für Kleinwohnungen geltenden Bestimmungen entspricht, durch eine Person, die das Hausgrundstück als Eigenheim übernimmt, von der Besteuerung ausgenommen.

Nach dem (durch Z. 2 der zitierten Bestimmungen des Abgabenänderungsgesetzes 1985 - für den vorliegenden Fall unwesentlich - geänderten) § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG ist der erste Erwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte durch eine Person, die die Wohnstätte als Eigenheim übernimmt, von der Besteuerung ausgenommen.

Auf Grund des § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG unterliegen u. a. die im Abs. 1 Z. 1 bezeichneten Erwerbsvorgänge der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.

Nun enthält § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c (ebenso wie Z. 2 lit. b) GrEStG sowohl eine sachliche (arg. Eigenheim) als auch eine persönliche (arg. "übernimmt") Begünstigung. Das Wesen der persönlichen Begünstigung liegt in der Benützung des Eigenheimes durch seinen Eigentümer. Es muß also beim Eigenheim zwischen dem Grundeigentümer und dem Bewohner in zweifacher Hinsicht Identität bestehen: Es muß sich, sollen alle Definitionsmerkmale gegeben sein, so verhalten, daß nicht nur der "Grund-(Haus-)eigentümer" (und niemand anderer außer seiner Familie) es ist, der das Einfamilienhaus bewohnt, sondern daß es auch niemanden gibt, der "Grund-(Haus-)eigentümer" ist, ohne das Einfamilienhaus zu bewohnen. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan, daß ein Eigenheim nur dann anzunehmen sein wird, wenn das Haus, in dem das Heim liegt, in der Regel zur Gänze vom Eigenheimeigentümer (selbst allein bzw. mit seiner Familie) bewohnt wird (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom , Zl. 84/16/0014, ÖStZB 8/1986, S. 134, und die dort zitierten weiteren Erkenntnisse), und daher z.B. bei Schenkung seines Hälfteanteiles an einem derartigen Grundstück durch einen Ehegatten an den anderen oder bei nicht dauernder Bewohnung des Eigenheimes oder bei Auszug eines Ehegatten, der einen Hälfteanteil an einem derartigen Grundstück erworben hatte, nach der Scheidung jeweils die Aufgabe des begünstigten Zweckes gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG angenommen.

Entgegen der von den Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, und zwar jeweils für ihren eigenen eingangs erwähnten Standpunkt vertretenen Auffassung kommt es im gegebenen Fall nicht darauf an, ob eine Lebensgefährtin einer Ehegattin gleichgesetzt werden kann, wenn das Gesetz keine Gleichstellung (ausdrücklich oder sinngemäß) anordnet, oder nicht (daher bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, in welchen Fällen eine solche Gleichsetzung erfolgte). Vor allem die belangte Behörde scheint nämlich folgendes zu übersehen:

Eine Legaldefinition des "Eigenheimes" enthält das GrEStG nicht. Unter einem solchen ist ein vom Eigentümer bewohntes Einfamilienhaus (siehe z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 1715/75, Slg. Nr. 5030/F) bzw. Wohnhaus mit einer Klein- oder Mittelwohnung (siehe z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 1891/74, Slg. Nr. 5182/F) zu verstehen.

Unter einer Wohnung im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG versteht man aber entweder einen selbständigen Teil eines Gebäudes oder (wie im vorliegenden Fall) ein Einfamilienhaus mit der Eignung, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses einer einzelnen Person "oder einer durch enge Bande zusammengefügten Gemeinschaft (Familie)" auf Dauer zu dienen (siehe z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 210/64, Slg. Nr. 3280/F, vom , Zl. 1383/67, ÖStZB 22/1968, S. 170, und vom , Z 1. 2526/78, ÖStZB 17/1980, S. 199). Bei dieser Definition stellt der in Klammern angeführte Ausdruck "Familie" zweifelsfrei nur eine schlagwortartige Kurzbezeichnung für "eine durch enge Bande zusammengefügte Gemeinschaft" dar.

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung kommt es hier also nicht darauf an, ob die Lebensgefährtin zur Familie im Sinn des § 40 ABGB gehört oder nicht, sondern nur darauf, ob es sich bei einer Lebensgemeinschaft um eine "durch enge Bande zusammengefaßte Gemeinschaft" (worunter nicht nur die Familie im Sinn des § 40 ABGB zu verstehen ist) handelt oder nicht.

Der Begriff "Lebensgemeinschaft" bzw. "Lebensgefährtin" ist in der österreichischen Rechtsordnung nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung ist die Lebensgemeinschaft aber jedenfalls ein durch die Merkmale des (gemeinsamen) Zusammenlebens, der gemeinsamen Aufbringung des Unterhaltes und der gegenseitigen Unterstützung gekennzeichnetes Verhältnis zwischen Mann und Frau (siehe z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 86/16/0237, ÖStZB 9/1988, S. 240, auf dessen ausführliche Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird). Zwischen Lebensgefährten besteht daher eine "durch enge Bande zusammengefaßte Gemeinschaft".

Aus den dargestellten Erwägungen kann der Beginn und die Fortsetzung des gemeinsamen Wohnens der Lebensgefährtin und des Alleineigentümer seines Eigenheimes gebliebenen Lebensgefährten (in seinem Eigenheim nicht als Aufgabe des nach § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. c (oder Z. 2 lit. b) GrEStG begünstigten Zweckes gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG gewertet werden.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am