VwGH vom 26.01.1999, 97/14/0089
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des J H in W, vertreten durch J H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom , 14/3/3-BK/Fe-1996, betreffend ua einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Gesellschafter einer KG, die die Produktion von und den Handel mit Fleischwaren betrieb. Ab war der Gewerbebetrieb der KG mit Ausnahme des Produktionsbetriebes, der zu diesem Zeitpunkt stillgelegt wurde, verpachtet. Die Pächterin war nach dem am abgeschlossenen Pachtvertrag verpflichtet, das Pachtobjekt auf ihre Kosten in ordentlichem Zustand zu erhalten und soweit es zum Betrieb der Pachtobjekte erforderlich war, die ebenfalls mitverpachtete Geschäftseinrichtung (Maschinen und Geräte) nachzubeschaffen (Punkt VII). Die Pächterin traf insofern eine Betriebspflicht, als sie das gepachtete Unternehmen so aufrecht erhält, wie es von der Verpächterin betrieben wurde. Die Pächterin hatte im Rahmen dieser Betriebspflicht in den Geschäftsräumlichkeiten den Charakter von Fleischereifachgeschäften aufrecht zu erhalten. Weiters erklärte die Pächterin, den Kundenstock durch einwandfreie Ware und Bedienung zufriedenzustellen (Punkt X). Die Pächterin verpflichtete sich, namentlich genannten Dienstnehmern die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter den bisherigen Bedingungen anzubieten und die bei der Verpächterin geleisteten Vordienstzeiten anzurechnen (Punkt XI).
In einem Schreiben an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft vom teilte die KG mit, sie beschäftige keine Arbeitnehmer mehr. Es würden derzeit nur Büroräumlichkeiten im Ausmaß von 35 m2 betrieblich genutzt. Ein Produktions- oder Handelsbetrieb werde nicht ausgeübt. Die Gewerbeberechtigungen seien zurückgelegt worden. Aus der Bilanz für das Jahr 1987 sei ersichtlich, daß keine besondere Betriebsausstattung vorhanden sei. Das Anlagevermögen betrage weniger als 100 000 S.
Am wurde die Firma der KG infolge Absinkens des Betriebsumfanges auf den eines Kleinbetriebes im (damaligen) Handelsregister auf eigenen Antrag vom gelöscht. In der Folge hat nach der Aktenlage noch eine GesBR bestanden.
Die Gesellschafter der GesBR gaben in den Abgabenerklärungen für das Jahr 1991 bekannt, sie hätten den ruhenden Gewerbebetrieb am aufgegeben.
In den Bilanzen der KG bzw der GesBR waren drei Liegenschaften ausgewiesen, die sich im alleinigen Eigentum und deswegen im Sonderbetriebsvermögen des Beschwerdeführers befanden.
Im Zug einer die Jahre 1988 bis 1990 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, ein großer Teil der eben erwähnten Liegenschaften sei neben einer privaten Nutzung auch anderen - nicht im Gewerbe der KG tätigen - Unternehmen vermietet worden, was erst anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung durch Einsichtnahme in die entsprechenden Miet- und Pachtverträge festgestellt worden sei. Der Prüfer gelangte daher zur Ansicht, auf Grund der Entprotokollierung und dem damit verbundenen Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 5 auf § 4 Abs 1 EStG 1972 seien im Jahr 1988 jene Liegenschaftsanteile, die gewillkürtes Betriebsvermögen darstellten, in das Privatvermögen des Beschwerdeführers zu überführen. Der daraus resultierende Gewinn sei zur Gänze dem Beschwerdeführer zuzurechnen und nach § 37 Abs 2 EStG 1972 zu besteuern.
Das Finanzamt schloß sich der Ansicht des Prüfers an, nahm das Verfahren für das Jahr 1988 wieder auf und erließ einen dementsprechenden Bescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Streitjahr, wobei es zur Begründung auf den Prüfungsbericht verwies.
Im Berufungsverfahren führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, es habe sich bei allen Liegenschaften um Betriebsliegenschaften gehandelt, die im Streitjahr überwiegend dem Betriebszweck gedient und daher notwendiges Betriebsvermögen dargestellt hätten. Die Aufgabe des Gewerbebetriebes sei erst am erfolgt, weshalb jene Liegenschaftsanteile, die gewillkürtes Betriebsvermögen dargestellt hätten, im Streitjahr nicht in das Privatvermögen des Beschwerdeführers zu überführen seien. Die Entprotokollierung sei lediglich notwendig gewesen, weil die Voraussetzungen für die Protokollierung nicht mehr gegeben seien. Eine Steuerpflicht könne daraus nicht abgeleitet werden.
Am wurde der auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof einschreitende Rechtsanwalt, der das einzige Kind des Beschwerdeführers ist, vom Vorsitzenden des Berufungssenates telefonisch informiert, nach den vorliegenden Unterlagen wäre eine Betriebsaufgabe im Zeitpunkt der Entprotokollierung zu erwägen.
Der Rechtsanwalt führte hiezu aus, eine Fortführung des Gewerbebetriebes sei auch für ihn trotz seines Berufes als Rechtsanwalt im Zeitpunkt der Entprotokollierung durchaus denkbar gewesen. Weiters sei im Fall der Annahme, mit der Verpachtung des Gewerbebetriebes ab sei die gewerbliche Tätigkeit eingestellt worden, die Betriebsaufgabe bereits im Jahr 1984 erfolgt.
In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung führte der Rechtsanwalt ua aus, im Zeitpunkt der Entprotokollierung sei keineswegs an eine Betriebsaufgabe gedacht worden. Erst auf Grund der Kündigung des am abgeschlossenen Pachtvertrages seitens der Pächterin zum sei im Familienkreis spontan eine Betriebsaufgabe zu diesem Datum beschlossen worden. Denn die mittlerweile entstandenen Strukturänderungen im Fleischergewerbe hätten eine Weiterführung des Gewerbebetriebes in der gegebenen Größenordnung und Struktur nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen. Im Zeitpunkt der Entprotokollierung sei nicht an eine Betriebsaufgabe gedacht worden.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages im Jahr 1984 sei noch nicht von einer Betriebsaufgabe auszugehen. Der Inhalt des Pachtvertrages ließe nicht erkennen, der KG sei mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit genommen worden, den Gewerbebetrieb in absehbarer Zeit wieder auf eigene Rechnung zu führen. Eine andere Beurteilung ergebe sich im Streitjahr. Die KG habe mit dem Antrag vom auf Löschung der Firma der KG im (damaligen) Handelsregister die Absicht dokumentiert, das Unternehmen nicht mehr in der ursprünglichen Form weiterzuführen. Die Fortführung des Gewerbebetriebes in Form einer GesBR wäre nur dann möglich gewesen, wenn alle Gesellschafter der GesBR im Gewerbebetrieb aktiv mitgearbeitet hätten. Eine derartige Mitarbeit aller Gesellschafter ab dem Zeitpunkt der Entprotokollierung erscheine äußerst unwahrscheinlich, weil sich die früheren Gesellschafter der KG bereits in Pension befunden bzw als Rechtsanwalt einen anderen Tätigkeitsbereich gefunden hätten. Ein weiteres Indiz für die Aufgabe des Gewerbebetriebes im Streitjahr stelle das Schreiben an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft dar, in dem ausgeführt worden sei, die KG beschäftige keine Arbeitnehmer mehr, nutze nur noch Büroräumlichkeiten im Ausmaß von 35 m2 betrieblich, übe weder einen Produktions- noch Handelsbetrieb aus, habe die Gewerbeberechtigungen zurückgelegt und besitze keine Betriebsausstattung. Das Anlagevermögen betrage weniger als 100 000 S. Nach der Verpachtung des Gewerbebetriebes seien überdies laufend Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens verkauft worden. Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ergebe sich, daß der Gewerbebetrieb im Streitjahr aufgegeben worden sei, weswegen alle sich im Sonderbetriebsvermögen des Beschwerdeführers befindlichen Liegenschaften zu ihren gemeinen Werten zu entnehmen seien. Der Aufgabegewinn sei nach § 37 Abs 2 EStG 1972 zu besteuern.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem zugleich mit dem ablehnenden Beschluß vom , B 2461/96, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entscheidend ist, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, der Gewerbebetrieb sei im Streitjahr aufgegeben worden
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verpachtung eines Gewerbebetriebes für sich allein in der Regel noch nicht als Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs 3 EStG 1972 anzusehen. Die Frage, ob eine solche im Fall der Verpachtung dennoch anzunehmen ist oder nicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab; sie wird dann bejaht, wenn diese Umstände objektiv darauf schließen lassen, daß der Verpächter nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem vorhandenen Betriebsvermögen nicht mehr in der Lage ist, den Gewerbebetrieb fortzuführen, oder sonst das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht des Verpächters spricht, den Gewerbebetrieb nach Auflösung des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen. Indizien für das Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Zeitpunkt der Verpachtung des Gewerbebetriebes sind ua das Zurücklegen der Gewerbeberechtigung, hohes Alter des Verpächters, Veräußerung statt Verpachtung der Geschäftseinrichtung an den Pächter. Die Aufgabe des Gewerbebetriebes liegt im Fall der Verpachtung in der Regel nicht, in konkret gegebenen Fällen aber stets dann vor, wenn die Gesamtheit der dafür maßgebenden Tatsachen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Verpächter seinen Gewerbebetrieb nie mehr wieder auf eigene Rechnung und Gefahr führen wird; nicht nötig hingegen ist es, daß letzteres wegen rechtlicher oder sachlicher Unmöglichkeit für immer ausgeschlossen ist (vgl das hg Erkenntnis vom , 82/14/0041, Slg Nr 5685/F).
Die belangte Behörde ist zu Recht nicht von einer Aufgabe des Gewerbebetriebes im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages im Jahr 1984 ausgegangen. Nach dem am abgeschlossenen Pachtvertrag war die Pächterin verpflichtet, das Pachtobjekt auf ihre Kosten in ordentlichem Zustand zu erhalten und, soweit es zum Betrieb der Pachtobjekte erforderlich war, die ebenfalls mitverpachtete Geschäftseinrichtung (Maschinen und Geräte) nachzubeschaffen. Die Pächterin traf insofern eine Betriebspflicht, als sie das gepachtete Unternehmen so aufrecht zu erhalten hatte, wie es von der Verpächterin betrieben worden war. In den Geschäftsräumlichkeiten hatte die Pächterin im Rahmen der Betriebspflicht den Charakter von Fleischereifachgeschäften aufrecht zu erhalten. Wie die belangte Behörde im Einklang mit der Aktenlage festgestellt hat, läßt der Inhalt des Pachtvertrages nicht erkennen, der KG sei mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit genommen worden, den Gewerbebetrieb in absehbarer Zeit wieder auf eigene Rechnung zu führen.
Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, hat die eben dargestellte Möglichkeit, die Produktion von und den Handel mit Fleischwaren durch die KG weiter zu betreiben, im Streitjahr auf Grund der Änderung der Verhältnisse nicht mehr bestanden. Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde sind alle Gewerbeberechtigungen zurückgelegt worden und haben alle Gesellschafter zumindest ab dem Streitjahr Gewerbepensionen bezogen. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Gesamtbild der Verhältnisse den Schluß gezogen hat, der Gewerbebetrieb sei im Streitjahr aufgegeben worden. In der Beschwerde wird auch nicht dargetan, die Beweiswürdigung der belangten Behörde wäre unschlüssig gewesen. Es wird bloß behauptet, die Entprotokollierung könne nicht als Indiz für die Aufgabe des Gewerbebetriebes herangezogen werden. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde die Entprotokollierung nicht als einziges Indiz für die Aufgabe des Gewerbetriebes angesehen, sondern vielmehr aus dem Gesamtbild der Verhältnisse den Schluß gezogen hat, der Gewerbebetrieb sei im Streitjahr aufgegeben worden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am