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VwGH vom 20.04.1995, 92/13/0112

VwGH vom 20.04.1995, 92/13/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2-2030/91-05, betreffend Zuerkennung der Parteistellung in einem Abgabenverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Gesellschafter einer GmbH. Nachdem er aus der Gesellschaft ausgeschieden war, erlangte er Kenntnis von einer Betriebsprüfung, die bei der zwischenzeitig in Liquidation befindlichen GmbH vorgenommen worden war. Im Zuge dieser Betriebsprüfung waren verdeckte Gewinnausschüttungen an den Beschwerdeführer festgestellt worden.

Mit der Begründung, daß ihn die Auswirkungen des Betriebsprüfungsverfahrens in Form der für die Jahre 1984 bis 1986 an ihn ergangenen Einkommensteuerbescheide persönlich träfen, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm "im erwähnten Betriebsprüfungsverfahren Parteistellung zuzuerkennen". Es werde ersucht, ihm den Betriebsprüfungsbericht sowie die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Abgabenbescheide zuzustellen.

Das Finanzamt wies den Antrag ab. Da der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren betreffend die GmbH nicht Abgabepflichtiger sei und die Tätigkeit der Abgabenbehörde sich weder auf ihn beziehe noch von ihm in Anspruch genommen werde, komme ihm keine Parteistellung zu.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Durch die Erlassung der Einkommensteuerbescheide beziehe sich die Tätigkeit seines Wohnsitzfinanzamtes direkt und jene des Finanzamtes für Körperschaften indirekt auf ihn. In der Begründung der Einkommensteuerbescheide werde auf "die ergangene Mitteilung des Finanzamtes für Körperschaften über verdeckte Gewinnausschüttungen verwiesen, ohne die Mitteilungen näher auszuführen". Durch die Verweigerung der Akteneinsicht in den Betriebsprüfungsakt werde ihm die Möglichkeit genommen, den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Die Tätigkeit des Finanzamtes für Körperschaften habe sich nicht auf den Beschwerdeführer bezogen. Dies gelte auch bezüglich des Kapitalertragsteuer-Haftungsbescheides. Zwischen diesem und den an den Beschwerdeführer gerichteten Einkommensteuerbescheiden bestehe keine Bindungswirkung. Sollte der Beschwerdeführer der Meinung sein, daß die Einkommensteuerbescheide ungenügend begründet gewesen seien, so hätte er die Möglichkeit gehabt, gemäß § 245 Abs. 2 BAO die Mitteilung der Begründung zu beantragen, wodurch die Berufungsfrist gehemmt worden wäre.

Nach Antragstellung des Beschwerdeführers auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies diese die Berufung ab.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 78 Abs. 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung einbringt, einem Berufungsverfahren beigetreten ist oder, ohne Berufungswerber zu sein, einen Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hat. Gemäß Abs. 3 des zitierten Paragraphen haben überdies Personen die Rechtstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

Der Beschwerdeführer meint, daß ihm deswegen Parteistellung im Körperschaftsteuerverfahren der GmbH zukomme, weil dieses Verfahren indirekte Wirkungen auf ihn habe. Das Wohnsitzfinanzamt des Beschwerdeführers habe ihm deswegen verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet, weil ihm (dem Finanzamt) das Ergebnis der Betriebsprüfung bei der GmbH zur Kenntnis gelangt sei. Es sei daher davon auszugehen, "daß, um auch eine doppelte Prüfung des Sachverhaltes hintanzuhalten", ihm jedenfalls ein rechtliches Interesse im Verfahren betreffend die GmbH zukomme. Es sei nicht "sinnvoll, wenn nach rechtskräftiger Erledigung dieser Bescheide neuerlich das gesamte Verfahren aufgerollt werden müßte". Die Parteistellung ergebe sich aus der Verwirklichung abgabenrechtlicher oder haftungsrechtlicher Tatbestände sowie durch konkrete nach außen in Erscheinung tretende behördliche Maßnahmen, die auf die Heranziehung als Abgabe-(Haftungs-)pflichtiger gerichtet sind, ferner aus den dadurch bedingten Rechtsschutzinteressen heraus.

Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß er weder als Haftungspflichtiger für Abgabenschuldigkeiten der GmbH herangezogen wurde, noch aus den Verwaltungsakten erkennbar ist, daß er als solcher in Betracht kam. Seine unbegründet gebliebene Behauptung, die Tätigkeit der Abgabenbehörde sei (auch) darauf gerichtet gewesen, ihn als Haftungspflichtigen (wofür?) heranzuziehen, ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Gleiches gilt für das Argument, es sei nicht sinnvoll, einen abgabenrechtlich bedeutsamen Sachverhalt doppelt zu prüfen. Der Beschwerdeführer läßt bei diesem Argument unberücksichtigt, daß die GmbH ein eigenes Steuersubjekt ist, und daß weder rechtliche noch wirtschaftliche Beziehungen zwischen verschiedenen Steuersubjekten dazu führen, ihnen im Abgabenverfahren des jeweils anderen Steuersubjektes Parteistellung zu gewähren. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein und derselbe Sachverhalt bei zwei oder mehreren Steuersubjekten abgabenrechtliche Bedeutung haben kann. So stehen z.B den Betriebsausgaben eines Steuerpflichtigen häufig Betriebseinnahmen anderer Steuerpflichtiger gegenüber, ohne daß dies eine wechselseitige Parteistellung im Abgabenverfahren zur Folge hätte. Auch ein allfälliges zusätzliches Naheverhältnis, wie es zwischen Angehörigen oder auch zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehen kann, ist für die Parteistellung im Abgabenverfahren ohne Bedeutung.

Zu Unrecht betont der Beschwerdeführer sein Rechtsschutzinteresse an einer Parteistellung im Abgabenverfahren der GmbH. Da hinsichtlich der bei der GmbH festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen keine Bindung für die Einkommensteuerverfahren des Beschwerdeführers bestand, konnte er in diesen Verfahren alles vorbringen, was geeignet war, der Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen an ihn erfolgreich zu begegnen. Waren die Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers nicht ausreichend begründet, so bestand für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, gemäß § 245 Abs. 2 BAO einen Antrag auf Mitteilung der ganz oder teilweise fehlenden Begründung zu stellen. Der Beschwerdeführer war somit auch unter diesem Gesichtspunkt an der Verfolgung seiner Rechte nicht gehindert.

Ob der beim Finanzamt für Körperschaften gestellte Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im Abgabenverfahren betreffend die GmbH AUCH als Antrag im Sinne des § 245 Abs. 2 BAO zu deuten und an das zuständige Wohnsitzfinanzamt weiterzuleiten gewesen wäre, hatte der Gerichtshof im Beschwerdefall nicht zu prüfen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.