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VwGH vom 20.02.2003, 2001/07/0171

VwGH vom 20.02.2003, 2001/07/0171

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1.) der Stadtgemeinde T 2.) der Anna S 3.) des Wolfgang T 4.) des Dominik T 5.) des Christopher T 6.) der Rosemarie B, 7.) des Mag. Bernd-Dieter B, 8.) der Kathrin B, 9.) der Evelyn S 10.) des Johann S 11.) des Bastian S 12.) des Benjamin S 13.) der Birgit K, 14.) des Werner K, 15.) des Dominik K, 16.) der Erika E, 17.) des Gerd E und 18.) des David E, alle vertreten durch die Rechtsanwälte Haslinger/Nagele & Partner, 1030 Wien, Am Heumarkt 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom , Zl. 31 3546/105-III/1 U/01-GA, betreffend abfallrechtliche Genehmigung einer Altölheizanlage nach § 29 AWG (mitbeteiligte Partei: R AG, vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Franz Josef Straße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei beim Landeshauptmann von Steiermark (LH) die Erteilung einer Bewilligung nach § 29 AWG für die Errichtung und für den Betrieb einer Wärmeträgerölkesselanlage mit Altölfeuerung nach Maßgabe der eingereichten Projektsunterlagen.

Diese Behörde richtete am an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten das Ersuchen um Auskunft, ob das eingereichte Projekt unter die Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen (LRG-K) falle. Dies wurde in einer Stellungnahme vom zwar verneint, jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die beantragte Anlage nach dem AWG zu beurteilen wäre. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass der geplante Anlagenaufbau unwirtschaftlich und aufwändig sei.

Daraufhin modifizierte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei ihren Antrag und beantragte mit dem nun verfahrensgegenständlichen Antrag vom die Genehmigung nach § 29 AWG (nunmehr) für die Errichtung und den Betrieb einer Altölheizanlage mit thermischer Abluftbehandlung nach Maßgabe der beigelegten Projektsunterlagen.

Während des Verfahrens über den Antrag vom war der mitbeteiligten Partei - nach einer 1994 erfolgten Genehmigung des Versuchsbetriebes - mit Bescheid des LH vom gemäß § 29 AWG die Genehmigung für den Betrieb einer chemischphysikalisch-biologischen Abwasser- und Abluftbehandlungsanlage und eines Containerabstellplatzes auf näher bezeichneten Grundstücken der KG Trofaiach bei Einhaltung zahlreicher Auflagen und Bedingungen erteilt worden. Diese Genehmigung umfasste unter anderem eine bauliche Erweiterung bzw. Sanierung der bereits bestehenden und 1986 gewerberechtlich bewilligten (mechanischen) Altölaufbereitungsanlage. Dort erfolgte die mechanische Aufarbeitung von Altöl, Öl- und Benzinabscheiderinhalten und des Konzentrates der CPB-Anlage; das gereinigte Altöl sollte nach nochmaliger chemischer Analytik in Tankkraftwägen oder Kesselwaggons (KWG's) zu einer geeigneten oder genehmigten Verbrennungsanlage verbracht werden.

Über den Antrag vom führte der LH in der Folge ein konzentriertes Genehmigungsverfahren nach § 29 AWG durch, in dem der Antrag gemäß § 44a AVG kundgemacht und die Antragsunterlagen gemäß § 44b Abs. 2 AVG zur öffentlichen Einsicht aufgelegt wurden. Ohne zuvor eine öffentliche Erörterung gemäß § 44c AVG durchgeführt zu haben, wurde die mündliche Verhandlung gemäß § 44d AVG anberaumt und gemäß § 44e AVG am 24. und öffentlich durchgeführt; die Verhandlungsschrift wurde gemäß § 44e Abs. 3 leg. cit. zur öffentlichen Einsicht aufgelegt.

Die Erstbeschwerdeführerin hatte bereits im Laufe des Verfahrens erster Instanz in einer Stellungnahme vom die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. In der mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern vorgebracht, dass der als Abfallbehörde auftretende Landeshauptmann als unzuständige Behörde anzusehen sei, sofern die eingesetzten Abfälle (Altöle) nicht als gefährliche Abfälle zu qualifizieren seien; gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG 1990 seien lediglich Abfallverbrennungsanlagen zur Verbrennung von mindestens 10.000 t nicht gefährlicher Abfälle pro Jahr genehmigungspflichtig. Die projektierte Anlage würde aber mit einer Einsatzmenge von lediglich 220 t/a nicht der Abfallbehörde sondern der Zuständigkeit der Gewerbebehörde (hier: der BH) unterliegen. Das Projekt müsse zudem auch an der UVP-Richtlinie gemessen werden.

Mit Bescheid des LH vom wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 29 AWG 1990 in Verbindung mit dem Bescheid des LH vom die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Altölheizanlage mit thermischer Abluftbehandlung nach Maßgabe des Befundes sowie der vorgelegten Pläne bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt.

Mit der Auflage 1.) wurde die Altöleinsatzmenge mit maximal 220 t/Jahr bzw. 125 kg/Tag begrenzt. Das zum Einsatz kommende Altöl sollte sich im Rahmen der Grenzwerte des § 21 AWG halten. Die Altöle sollten zu 50% aus der Reinigung von Heizöltanks und zu 50% aus der Sammlung von Motor- und Getriebeölen bei Werkstätten bzw. Kfz-Servicestellen stammen. Der gegenständlichen Altölheizanlage sollte als Verbrennungsluft verunreinigte Abluft aus einer verfahrensmäßig vorgelagerten Altölaufbereitungsanlage zugeführt werden. Dieser Abluftstrom, welcher nach der bisherigen Genehmigungslage über eine Aktivkohlefilteranlage in die Umluft abgeleitet worden sei, sollte nunmehr ohne dazwischengeschalteten Filter direkt in die Verbrennungsanlage eingeleitet werden.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens wird in der Begründung des Bescheids des LH unter dem Titel "Behördliche Ausführungen" zur Zuständigkeit erläutert, dass nach Prüfung der Behördenzuständigkeit unter Einbeziehung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten seitens der Behörde am eine Vorprüfungsverhandlung sowie am 24. bzw. die Hauptverhandlung durchgeführt worden sei. Bei der beantragten Maßnahme handle es sich um eine zusätzliche Anlage zu der mit Bescheid des LH vom genehmigten Abfallbehandlungsanlage. Entgegen der Auffassung bestimmter Parteien sei nicht der Genehmigungstatbestand des § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG anzuwenden gewesen, sondern derjenige der Z. 2 leg. cit. in Verbindung mit dem oben genannten Bescheid vom . Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Betriebsanlage bzw. der technischen Ausführungen sei erwiesen, dass die Altölheizanlage mit thermischer Abluftbehandlung als Anlagenergänzung zur Abfallbehandlungsanlage, genehmigt durch den Bescheid vom , zu werten sei. Die Kritik, wonach das Vorhaben mehrfach überarbeitet worden sei und auf Grund erheblicher Änderungen wesentliche Projektsmodifikationen durchgeführt worden seien, sowie daraus resultierend die Forderung, auf das gegenständliche Projekt (unter anderem) die UVP-Änderungsrichtlinie unmittelbar anzuwenden, werde zurückgewiesen. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die wesentlichen Projektsinhalte in jedem Stadium des Verfahrens ident gewesen wären und die besagte Forderung bzw. Kritik lediglich unter dem Gesichtspunkt der Maßnahmenverhinderung zu sehen sei.

Gegen den Bescheid des LH vom beriefen die Beschwerdeführer, ohne darin auf die Frage der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz näher einzugehen. Auch die mitbeteiligte Partei erhob Berufung.

Mit Schriftsatz vom brachten die Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vor, dass Altöle auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben (Entscheidung 94/904//EG über ein Verzeichnis gefährlicher Abfälle) als gefährliche Abfälle zu qualifizieren seien, sodass in Folge des Anwendungsvorranges des einschlägigen EU-Rechts der in der Festsetzungsverordnung für gefährliche Abfälle, BGBl. II 227/1997, vorgesehenen Zweiteilung in "gefährliche" und "nicht gefährliche" Altöle nicht zu folgen sei. Altöle seien somit ohne Ausnahme als gefährliche Abfälle zu klassifizieren.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt I 3 ab und änderte auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Partei den Bescheid des LH dahingehend ab, dass die Altöleinsatzmenge mit maximal 220 t/a bzw. 125 kg/Stunde (statt zuvor: 125 kg/Tag) begrenzt wurde.

Zur Frage der Zuständigkeit führte die belangte Behörde begründend aus, es sei nach Prüfung der Behördenzuständigkeit unter Einbeziehung des (damaligen) Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten seitens des LH am eine Vorprüfungsverhandlung und am 24. bzw. die Hauptverhandlung durchgeführt worden. Bei der beantragten Maßnahme handle es sich um eine zusätzliche Anlage zu der mit Bescheid des LH vom genehmigten chemisch-physikalischen Behandlungsanlage für gefährliche Abfälle. Die Rechtsgrundlage habe daher § 29 Abs. 1 Z. 2 AWG in Verbindung mit dem obgenannten Bescheid des LH gebildet, wodurch auch die Zuständigkeit des LH als erstinstanzliche Behörde begründet worden sei. Unter Bedachtnahme auf § 29 Abs. 17 AWG sei somit der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowohl sachlich in Betracht kommende Oberbehörde als auch zuständige Berufungsbehörde.

Den Ausführungen, es handle sich bei Altölen nach dem Recht der EU stets um gefährliche Abfälle, weshalb die Verbrennungsverordnung für gefährliche Abfälle Anwendung finden müsse, sei entgegenzuhalten, dass nach österreichischem Recht derzeit lediglich jene Altöle als gefährliche Abfälle gemäß der Festsetzungsverordnung für gefährliche Abfälle, BGBl. II 2000/178, anzusehen seien, die nicht die Voraussetzungen des § 21 AWG erfüllten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Frage der Zuständigkeit vorgebracht, dass es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine UVP-pflichtige Anlage zur Verbrennung gefährlicher Abfälle handle. Kraft Anwendungsvorrang gingen die relevanten Bestimmungen der UVP-Richtlinie der (mangelhaften) Umsetzungsbestimmung des UVP-G 2000, welche eine Genehmigungspflicht für Anlagen zur Verbrennung gefährlicher Abfälle erst ab einer Mengenschwelle ab 1000 t/a vorsähe, vor. Solche Anlagen seien gemäß der UVP-Richtlinie - ohne dass eine Mindestkapazitätsschwelle vorgesehen wäre - einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, weshalb die verfahrensgegenständliche Anlage in erster Instanz nicht durch den LH, sondern durch die Steiermärkische Landesregierung hätte genehmigt werden müssen.

Das Verzeichnis gefährlicher Abfälle der Anlage 1 der Festsetzungsverordnung für gefährliche Abfälle idF BGBl. II 2000/178 enthalte zur Schlüsselnummer 54102 den Eintrag "Altöle", welcher mit der Fußnote "soweit nicht Altöl gemäß § 21 AWG 1990 vorliegt" versehen sei. Das auf der Grundlage des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle in der Entscheidung der Kommission 94/904/EG erstellte Verzeichnis über gefährliche Abfälle beschreibe unter dem EWC-Code 13 hingegen all jene "Ölabfälle", welche in der Entscheidung 94/3/EG über ein Abfallverzeichnis (ebenfalls zum EWC-Code 13) aufgelistet seien, als gefährlich. Das Gemeinschaftsrecht kenne somit keine Altöle, die nicht als gefährliche Abfälle einzustufen wären. Dieses Verzeichnis (94/904/EWG) sei gemäß Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie über gefährliche Abfälle integraler Bestandteil der gemeinschaftlichen Definition gefährlicher Abfälle und von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Die Regelung der (österreichischen) Festsetzungsverordnung, wonach eine Differenzierung in gefährliche und nicht gefährliche Abfälle erfolge, widerspreche aus diesem Grund dem Gemeinschaftsrecht.

Infolge dieser Beurteilung sei die gegenständliche Anlage als eine solche zur Verbrennung gefährlicher Abfälle einzustufen; Anlagen dieser Art seien aber gemäß Anhang I Z. 9 der UVP-Richtlinie einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Die genannte Bestimmung sei durch Anhang 1 Z. 1 lit. c UVP-G 2000 unzureichend in nationales Recht umgesetzt worden. Danach seien nämlich lediglich Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen oder Altölen mit einer Kapazität von 1000 t/a UVPpflichtig. Diese Mengenschwelle sei auf Grund des Anwendungsvorranges der UVP-Richtlinie aber nicht zu berücksichtigen.

Damit habe in erster Instanz anstatt der Landesregierung der LH als unzuständige Behörde entschieden. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Sollte der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer zum Ergebnis kommen, dass ein den Geltungsbereich des UVP-G 2000 erweiternder Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts im gegebenen Zusammenhang nicht in Frage käme, sondern lediglich eine unmittelbare Anwendung der UVP-Richtlinie, so hätten im gegenständlichen Verfahren jedenfalls die Anforderungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß UVP-Richtlinie (Beschreibung der Art und des Ausmaßes der erwarteten Auswirkungen des Projekts; Übersicht über die wichtigsten Alternativvarianten; Beschreibung der möglicherweise beeinträchtigten Umwelt sowie etwaiger Wechselwirkungen zwischen den genannten Faktoren; Beschreibung der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und soweit möglich ausgeglichen werden) erfüllt werden müssen, wovon aber im vorliegenden Fall nicht augegegangen werden könne.

Bereits mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dies aus folgenden Erwägungen:

1. Der verfahrensgegenständliche Antrag stammt vom . Nach Nachreichung diverser Unterlagen wurde das Ediktalverfahren durch Kundmachung in diversen Zeitungen am 29. und eingeleitet.

Das Projekt stellt eine Altölheizanlage mit thermischer Abfallbehandlung dar (in weitere Folge als "Anlage" bezeichnet); die zum Einsatz kommende Altölmenge wird im Projekt mit maximal 220 t/a oder 125 kg/h begrenzt. Verbrannt werden sollen Altöle, die zum einen aus der Reinigung von Heizöltanks und zum anderen aus der Sammlung von Motor- und Getriebeölen bei Werkstätten bzw. Kfz-Servicestellen stammen. Die bei der thermischen Behandlung entstehende Abluft soll als Verbrennungsluft in der Heizanlage der gesamten Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei Verwendung finden.

Zu beurteilen ist die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz (LH) zur Durchführung des Bewilligungsverfahrens. Dazu gehört vorerst eine Klärung der Frage, nach welcher materiellrechtlichen Vorschrift die gegenständliche Anlage zu beurteilen und gegebenenfalls zu bewilligen war.

Die Beschwerdeführer behaupten eine aus gemeinschaftsrechtlichen Regelungen ableitbare UVP-Pflicht der Anlage.

Wäre die Anlage tatsächlich UVP-pflichtig, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit der Frage einer allfällig nur nach GewO und nicht nach AWG bestehenden Genehmigungspflicht; diesfalls ginge die UVP-Pflicht vor.

2.1. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand die Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom , 85/337/EWG (UVP- RL) bereits in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom (UVP-ÄndRL) in Geltung. Letztere Richtlinie war ihrem Artikel 3 Abs. 1 zufolge bis zum von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Sie wurde in Österreich erst durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 89/2000 - UVP-G 2000 (ausgegeben am ) umgesetzt. Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 97/11/EG bestimmt jedoch, dass weiterhin die Richtlinie 85/337/EWG in der vor dieser Änderung geltenden Fassung Anwendung findet, wenn vor Ablauf der im Absatz 1 genannten Frist (das war der ) ein Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde eingereicht wird. Dies trifft im Beschwerdefall, in dem die Einreichung des Antrages bereits im Mai 1998 erfolgte, zu.

Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ist daher hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Projektes von der Geltung der UVP-RL 85/337/EWG in der Fassung vor der UVP-ÄndRL auszugehen.

2.2. Die UVP-RL lautete im hier interessierenden Zusammenhang:

"Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen.

(3) Die Mitgliedstaaten können in Ausnahmefällen ein einzelnes Projekt ganz oder teilweise von den Bestimmungen dieser Richtlinie ausnehmen. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten:

a) prüfen, ob eine andere Form der Prüfung angemessen ist und ob die so gewonnenen Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen;

b) der Öffentlichkeit die Informationen betreffend diese Ausnahme zur Verfügung stellen und sie über die Gründe für die Gewährung der Ausnahme unterrichten;

c) die Kommission vor Erteilung der Genehmigung über die Gründe für die Gewährung dieser Ausnahme unterrichten und ihr die Informationen übermitteln, die sie gegebenenfalls ihren eigenen Staatsangehörigen zur Verfügung stellen.

Die Kommission übermittelt den anderen Mitgliedstaaten unverzüglich die ihr zugegangenen Unterlagen. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich über die Anwendung dieses Absatzes Bericht.

Artikel 3

Die Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert, beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäss den Artikeln 4 bis 11 die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren: - Mensch, Fauna und Flora,


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-
Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
-
die Wechselwirkung zwischen den unter dem ersten und dem zweiten Gedankenstrich genannten Faktoren,
-
Sachgüter und das kulturelle Erbe.
Artikel 4

(1) Projekte der in Anhang I aufgeführten Klassen werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäss den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden einer Prüfung gemäss den Artikeln 5 bis 10 unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäss den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden sollen.

Artikel 5

(1) Bei Projekten, die nach Artikel 4 einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäss den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden müssen, ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Projektträger die in Anhang III genannten Angaben in geeigneter Form vorlegt, soweit

a) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass die Angaben in einem bestimmten Stadium des Genehmigungsverfahrens und in Anbetracht der besonderen Merkmale eines spezifischen Projekts oder einer bestimmten Art von Projekten und der möglicherweise beeinträchtigten Umwelt von Bedeutung sind;

b) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass von dem Projektträger unter anderem unter Berücksichtigung des Kenntnisstandes und der Prüfungsmethoden billigerweise verlangt werden kann, dass er die Angaben zusammenstellt.

(2) Die vom Projektträger gemäss Absatz 1 vorzulegenden Angaben umfassen mindestens folgendes:


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-
eine Beschreibung des Projekts nach Standort, Art und Umfang;
-
eine Beschreibung der Maßnahmen, mit denen bedeutende nachteilige Auswirkungen vermieden, eingeschränkt und soweit möglich ausgeglichen werden sollen;
-
die notwendigen Angaben zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich für die Umwelt haben wird; - eine nichttechnische Zusammenfassung der unter dem ersten, zweiten und dritten Gedankenstrich genannten Angaben.

(3) ...

Artikel 6

(1) ...

(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge,


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-
dass der Öffentlichkeit jeder Genehmigungsantrag sowie die nach Artikel 5 eingeholten Informationen zugänglich gemacht werden;
-
dass der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Durchführung des Projekts dazu zu äußern.

(3) Die Einzelheiten dieser Unterrichtung und Anhörung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die nach Maßgabe der besonderen Merkmale der betreffenden Projekte oder Standorte insbesondere folgendes tun können:


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-
den betroffenen Personenkreis bestimmen;
-
bestimmen, wo die Informationen eingesehen werden können;
-
präzisieren, wie die Öffentlichkeit unterrichtet werden kann, z.B. durch Anschläge innerhalb eines gewissen Umkreises, Veröffentlichungen in Lokalzeitungen, Veranstaltung von Ausstellungen mit Plänen, Zeichnungen, Tafeln, graphischen Darstellungen, Modellen;
-
bestimmen, in welcher Weise die Öffentlichkeit angehört werden soll, z.B. durch Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme und durch öffentliche Umfrage;
-
geeignete Fristen für die verschiedenen Phasen des Verfahrens festsetzen, damit gewährleistet ist, dass binnen angemessenen Fristen ein Beschluss gefasst wird.
...
Artikel 8
Die gemäss den Artikeln 5, 6 und 7 eingeholten Angaben sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu berücksichtigen.
Artikel 9
Nachdem eine Entscheidung getroffen wurde, macht (machen) die zuständige(n) Behörde(n) der betroffenen Öffentlichkeit folgendes zugänglich:
-
den Inhalt der Entscheidung und die gegebenenfalls mit der Entscheidung verbundenen Bedingungen;
die Gründe und Erwägungen, auf denen ihre Entscheidung beruht, wenn dies die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorsehen.

Die Mitgliedstaaten bestimmen die näheren Einzelheiten für diese Information."

Anhang I, der Projekte nach Artikel 4 Abs. 1 aufzählt, nannte unter Punkt 9:

"9. Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung, zur chemischen Behandlung oder zur Erdlagerung von giftigem und gefährlichem Abfall."

2.3. Unter Abfallbeseitigungsanlagen in Anhang I Z. 9 der UVP-RL sind auch Abfallbehandlungsanlagen zur thermischen Verwertung zu verstehen.

Dies ergibt schon ein an den Zielen der UVP-RL orientiertes Verständnis dieses Begriffes. Die UVP-RL und die dort vorgesehenen Maßnahmen dienen der Vermeidung von Umweltbelastungen jeglicher Art; die Auswirkungen eines Projektes auf die in Art. 3 UVP-RL genannten Faktoren (Mensch und Umwelt) sollen bewertet und möglichst gering gehalten werden. Diese Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bestehen aber bei einer Anlage zur Verbrennung von Abfall unabhängig davon, zu welchem Zweck (bloße Beseitigung und/oder Verwertung) diese Anlage betrieben wird.

Von der Zielrichtung des UVP-G ausgehend, ist daher unter dem in Anhang I Z 1 genannten Begriff "Abfallbeseitigungsanlage" jedenfalls auch eine Anlage zur thermischen Verwertung gefährlicher Abfälle zu verstehen, dient eine solche Anlage doch auch dem Zweck der Beseitigung des gefährlichen Abfalles.

Zur Unterstützung dieses Verständnisses kann auch auf andere, abfallbezogene Normen des Europarechtes zurück gegriffen werden. So wurde der Begriff "Abfallbeseitigungsanlage" nach der damals gültigen Terminologie des Artikels 1 lit. b der Stammfassung der Abfallrahmen-Richtlinie 75/442/EWG dahin definiert, dass unter "Beseitigung" auch "die erforderlichen Umwandlungsvorgänge zur Wiederverwendung, Rückgewinnung oder Verwertung" fielen (vgl. in diesem Sinne auch Dieckmann, Das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaft 1994, S. 287).

Auf Anlagen zur "Beseitigung" von Altölen bezogen, bietet auch Artikel 1 der Richtlinie 87/101/EWG des Rates vom zur Änderung der Richtlinie über die Altölbeseitigung 75/439/EWG einen Hinweis darauf, dass die "Beseitigung" als allgemeiner Überbegriff verstanden wurde. Demnach ist im Sinne dieser RL unter


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-
Beseitigung: die Behandlung oder Vernichtung von Altölen und deren Lagerung und Ablagerung auf dem Boden oder im Boden;

unter


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-
Behandlung: die Arbeitsvorgänge, die die Wiederverwertung von Altöl, d. h. die Aufbereitung und das Verbrennen, zum Ziel haben;
und unter
-
Verbrennung: die Benutzung von Altölen als Brennstoff, die eine angemessene Wärmerückgewinnung ermöglicht;
zu verstehen. Die Verbrennung als eine der Möglichkeiten der Behandlung fiel somit unter den Oberbegriff der Beseitigung. Die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage zur Verbrennung von Altölen stellt daher eine Abfallbeseitigungsanlagen in Anhang I Z. 9 der UVP-RL dar.

2.4. Zu klären war weiter, ob Altöl im Geltungsbereich der UVP-RL 85/337/EWG als gefährlicher Abfall anzusehen war oder nicht. Zu dieser Begriffsbestimmung muss auf die RL des Rates 91/689/EWG über gefährliche Abfälle in der damals geltenden Fassung zurückgegriffen werden (ein Indiz für die Richtigkeit der Übertragung dieses Begriffsinhaltes ergibt sich auch aus Anhang I Z. 9 der UVP-ÄndRL, wo hinsichtlich des Begriffes der gefährlichen Abfälle ausdrücklich auf die RL des Rates 91/689/EWG über gefährliche Abfälle verwiesen wird).

Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle lautet:

"Im Sinne dieser Richtlinie sind 'gefährliche Abfälle':


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-
Abfälle, die in einem auf den Anhängen I und II der vorliegenden Richtlinie beruhenden Verzeichnis aufgeführt sind, das spätestens sechs Monate vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie nach dem Verfahren des Artikels 18 der Richtlinie 75/442/EWG zu erstellen ist. Diese Abfälle müssen eine oder mehrere der in Anhang III aufgeführten Eigenschaften aufweisen. In diesem Verzeichnis wird dem Ursprung und der Zusammensetzung der Abfälle und gegebenenfalls den Konzentrationsgrenzwerten Rechnung getragen. Das Verzeichnis wird in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls nach dem genannten Verfahren überarbeitet;
-
sämtliche sonstigen Abfälle, die nach Auffassung eines Mitgliedstaates eine der in Anhang III aufgezählten Eigenschaften aufweisen. Diese Fälle werden der Kommission mitgeteilt und nach dem Verfahren des Artikels 18 der Richtlinie 75/442/EWG im Hinblick auf eine Anpassung des Verzeichnisses überprüft."
Im - nach Artikel 5 der Entscheidung der Kommission vom , 2000/532/EG bis zum gültigen - Anhang der Entscheidung des Rates vom , 94/904/EG über ein Verzeichnis gefährlicher Abfälle (im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle) werden unter der Codierung 13 "Ölabfälle" ausnahmslos als gefährlich klassifiziert. Darunter befinden sich auch Maschinen-, Getriebe- und Schmieröle (1302).
Dass davon auszugehen ist, dass Altöl auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene als gefährlicher Abfall eingestuft wurde und wird, ergibt sich zudem auch aus der Richtlinie über die Verbrennung gefährlicher Abfälle vom , 94/67/EWG, in dessen Artikel 2 erster Gedankenstrich ausdrücklich brennbare flüssige Abfälle einschließlich Altöl als vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossene gefährliche Abfälle bezeichnet werden. Ohne diese ausdrückliche Ausnahmebestimmung bezöge sich diese Richtlinie daher auch auf Altöl als gefährlichen Abfall.

2.5. Auf gemeinschaftsrechtliche Ebene ist daher davon auszugehen, dass Altöle der hier verfahrensgegenständlichen Art gefährlichen Abfall darstellen. Dieser gefährliche Abfall soll projektsgemäß thermisch verwertet werden. Nach der auf den vorliegenden Fall noch anwendbaren UVP-RL und nach dem oben dargestellten Begriffsverständnis der "Abfallbeseitigungsanlagen" in deren Anhang I Z. 9 ist das gegenständliche Projekt UVP-pflichtig.

(Für das Vorliegen eines Ausnahmefalles nach Artikel 2 Abs. 3 UVP-RL oder für die Durchführung eines diesbezüglichen Verfahrens fehlen jegliche Hinweise.)

Für die Beurteilung des gegenständlichen Projektes auf Grundlage des Gemeinschaftsrechtes ergibt sich daher eine auf die dargestellten Bestimmungen gestützte UVP-Pflicht.

3. Die innerstaatliche Rechtslage sah folgende Regelungen vor:

3.1. § 3 des UVP-G 1993 lautete:

"(1) Vorhaben, bei denen auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist und die im Anhang 1 angeführt sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

...

(3) Für die im Anhang 1 angeführten Vorhaben und die dort festgelegten Änderungen dieser Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen."

Anhang 1 Z. 1 und 2 des UVP-G 1993 lautete:

"1. Anlagen zur thermischen Behandlung von gefährlichen Abfällen.

2. Anlagen zur stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen oder Altölen mit einer Kapazität von mindestens 20.000 Tonnen pro Jahr."

Das - im Wesentlichen am in Kraft getretene - UVP-G 2000 sieht folgende Regelungen vor:

§ 3 Abs. 1 erster Satz UVP-G 2000 lautet:

"§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. ..."

Anhang 1 Z. 1 lit. c des UVP-G 2000 lautet:

"c. sonstige Anlagen zur Behandlung (thermisch, chemisch, physikalisch) von gefährlichen Abfällen oder von Altölen mit einer Kapazität von mindestens 1.000 t/a; ausgenommen sind Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung; Änderungen ab einer Kapazitätsausweitung von mindestens 10.000 t/a."

3.2. Das UVP-G 1993 wie auch das UVP-G 2000 kennt - im Gegensatz zum Gemeinschaftsrecht - eine im AWG, insbesondere dessen § 21, grundgelegte Differenzierung der Begriffe "gefährlicher Abfall" und "Altöl." Dies ergibt sich daraus, dass beide Gesetze neben den gefährlichen Abfällen Altöl jeweils ausdrücklich gesondert erwähnen und zwar in einem Zusammenhang, der zeigt, dass der Gesetzgeber den Ausdruck "Altöl" nicht vom Begriff der "gefährlichen Abfälle" umfasst verstanden hat (vgl. Anhang 1 Z. 1 und 2 UVP-G 1993 und Anhang 1 Z 1 lit c u. a. UVP-G 2000).

Die Festsetzungsverordnung, BGBl. II Nr. 227/1997, nennt zwar im Verzeichnis gefährlicher Abfälle unter der Schlüsselnummer 54102 "Altöle", allerdings mit der Fußnote 16) versehen. Fußnote

16) lautet: "soweit nicht Altöl gemäß § 21 AWG vorliegt." Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass Altöl nach § 21 AWG nach innerstaatlichem Recht nicht als gefährlicher Abfall zu qualifizieren ist; erfüllt Öl die dort genannte Qualifikation nicht (vgl. § 21 Abs. 2 AWG und die dort genannten Parameter), liegt auch nach innerstaatlichem Recht gefährlicher Abfall vor.

Hinsichtlich der UVP-Pflicht nach dem UVP-G 1993 bedeutet dies, dass nur für den Fall, dass das in Rede stehende Altöl kein "Altöl gemäß § 21 AWG" darstellt sondern gefährlicher Abfall wäre, eine (unbedingte) UVP-Pflicht nach Anhang 1 Z. 1 bestünde.

Anhang 1 Z. 2 des UVP-G 1993 und Anhang I Z 1 lit. c des UVP-G 2000 nennen jeweils Schwellenwerte, die vom gegenständlichen Projekt nicht erreicht werden.

3.3. Nach der Projektsbeschreibung erfüllt das in der verfahrensgegenständlichen Anlage thermisch zu behandelnde Altöl die Voraussetzungen des § 21 AWG, stellt also innerstaatlich keinen gefährlichen Abfall dar. Bei der Bestimmung der Zuständigkeit einer Behörde ist von den Angaben im Antrag auszugehen.

Für die verfahrensgegenständliche Anlage liegt somit nach innerstaatlichem Recht - ohne Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts - weder nach dem UVP-G 1993 noch nach dem UVP-G 2000 UVP-Pflicht vor.

3.4. Zu einer solchen UVP-Pflicht nach innerstaatlichem Recht gelangt man auch nicht über die Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000.

§ 46 Abs. 9 UVP-G 2000 lautet:

"(9) Auf Vorhaben, die vor dem in Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt nicht vom zweiten oder dritten Abschnitt dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 773/1996 erfasst waren und für die ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren oder das Trassenverordnungserlassungsverfahren vor dem in Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt eingeleitet wurde, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden, wenn in den Verfahren die Bestimmungen der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung 97/11/EG unmittelbar angewendet werden oder wenn keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand. Auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin können diese Verfahren ab dem in Abs. 8 bezeichneten Zeitpunkt nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes fortgeführt werden."

Der in Abs. 8 bezeichnete Zeitpunkt ist der .

Für das Projekt der mitbeteiligten Partei bestand zwar eine gemeinschaftsrechtliche UVP-Pflicht, ohne dass von der Behörde die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die UVP-Pflicht unmittelbar angewendet wurden. Auch solche Fälle sollen von der Übergangsbestimmung in das UVP-G 2000 übergeführt werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie auch nach dem UVP-G 2000 einer UVP-Pflicht unterliegen, was aber beim vorliegenden Projekt bei rein auf die innerstaatliche Rechtslage beschränkter Betrachtung nicht der Fall ist.

Der Wortlaut des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 ist nämlich so zu lesen, dass nur Vorhaben erfasst werden sollten, die bisher noch nicht UVP-pflichtig waren, nun aber vom neuen Gesetz erfasst werden würden. Dazu zählt die gegenständliche Anlage - wie gezeigt wurde - aber bei rein auf die innerstaatliche Rechtslage beschränkter Betrachtung gerade nicht. Die in § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 für bestimmte Übergangsfälle auf Grund einer nach Gemeinschaftsrecht gegebenen UVP-Pflicht vorgesehene Rechtsfolge der Geltung des UVP-G 2000 kann daher im vorliegenden Fall nicht greifen.

Auf Basis des innerstaatlichen Rechtes ergibt sich somit auch aus der Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 9 UVP-G 2000 keine UVP-Pflicht der verfahrensgegenständlichen Anlage.

4. Eine solche UVP-Pflicht der Anlage ergibt sich aber direkt aus dem Gemeinschaftsrecht.

4.1. Der österreichische Gesetzgeber hat - und dies zeigt der gegenständliche Fall - Anhang I Z. 9 der UVP-RL in den Anhängen der UVP-G jeweils nur unzulänglich umgesetzt. Diese Bestimmung ist aber inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt; sie ist daher nach der Judikatur des EuGH unmittelbar wirksam (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/03/0424, und die dort zitierte Judikatur des Europäischen Gerichtshofes).

Dies bedeutet, dass die Bestimmung des Anhanges 1 Z. 9 UVP-RL - ungeachtet entgegenstehenden innerstaatlichen Rechtes - anzuwenden und in Vorrang vor den einschränkenden Regelungen der Anhänge zum UVP-G davon auszugehen ist, dass (auch) die thermische Verwertung von Altöl UVP-Pflicht auslöst.

Dieser Vorrang des Gemeinschaftsrechtes bewirkt, dass die jeweils in den Anhängen zu den UVP-G vorgesehenen Schwellenwerte der Anhänge 1 Z. 2 UVP-G 1993 und 1 Z. 1 lit. c UVP-G 2000 als vom schwellenwertfreien Gemeinschaftsrecht verdrängt anzusehen sind.

Das bedeutet, dass auf das Projekt der mitbeteiligten Partei zunächst das UVP-G 1993, jedoch ohne die durch den Anwendungsvorrang verdrängten Bestimmungen, und nach dem Inkrafttreten des UVP-G 2000 dieses, aber ebenfalls ohne die durch den Anwendungsvorrang verdrängten Bestimmungen, anzuwenden war.

4.2. Es hätte zwar gemeinschaftsrechtlich genügt, wenn die UVP des Projektes einer allen Anforderungen der RL entsprechenden "de-facto-Prüfung" unterzogen worden wäre (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Rs C-431/92, "Wärmekraftwerk Großkrotzenburg", Slg. I-2211, Randnr. 42 ff, und das hg. Erkenntnis vom , 99/03/0424). Davon ist im Gegenstand aber nicht auszugehen, weil - abgesehen davon, dass einen Bestandteil des Bescheides erster Instanz auch Ausführungen gerade über das Nichtvorliegen der UVP-Pflicht bilden, was bereits gegen die faktische Einhaltung der diesbezüglichen aufwändigeren Verfahrensvorschriften spricht - Hinweise darauf fehlen, dass von der mitbeteiligten Partei die in Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III der UVP-RL genannten Mindestangaben im Projekt vorgelegt worden oder die Vorgaben der Artikel 6 Abs. 2 und Artikel 8 UVP-RL berücksichtigt worden wären.

Dazu kommt aber, dass sich im vorliegenden Fall der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes auf materielle Bestimmungen bezieht, zu denen die Zuständigkeits- und Verfahrensnormen des innerstaatlichen Rechtes treten (müssen), um die Umsetzung des Anwendungsvorranges überhaupt zu ermöglichen. Dabei handelt es sich regelmäßig um die Zuständigkeits- und Verfahrensnormen jenes Gesetzes, dessen materielle Bestimmungen teilweise durch den Anwendungsvorrang durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt worden sind, somit um die des UVP-G 1993. Dieses Gesetz sieht - ebenso wie das UVP-G 2000 - in § 39 als zuständige Behörde erster Instanz die Landesregierung, und nicht den hier als Abfallrechtsbehörde eingeschrittenen Landeshauptmann vor.

In erster Instanz wurde daher von einer unzuständigen Behörde entschieden; die belangten Behörde hätte diesen Bescheid somit mangels Zuständigkeit des Landeshauptmannes zu beheben gehabt. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, belastete sie aber den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

5. Ergänzend wird bemerkt, dass man zum gleichen Ergebnis gelangen würde, wenn man die Ansicht vertreten wollte, dass sowohl in Anhang 1 Z 1 des UVP-G 1993 als auch in Anhang 1 Z 1 lit. c UVP-G 2000 unter den dort verwendeten Begriffen des "gefährlichen Abfalls" in Anwendung des Grundsatzes der richtlinienkonformen Auslegung von innerstaatlichem Recht (vgl. dazu Öhlinger-Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht2, 78ff und die dort angeführte Rechtsprechung des EuGH) nichts anderes zu verstehen wäre als der in Anhang I Z 9 der UVP-RL bzw. der UVP-ÄndRL verwendete, Altöle einschließende Begriff des "gefährlichen Abfalls." Diesfalls ergäbe sich eine UVP-Pflicht nach UVP-G 1993 für die gegenständliche Anlage bereits aus dessen Anhang 1 Z. 1, ohne dass vom Verdrängen des innerstaatlichen Rechtes durch Gemeinschaftsrecht auszugehen gewesen wäre. Auch diese Ansicht führt aber zu einer UVP-Pflicht der verfahrensgegenständlichen Anlage, allerdings schon auf Grund der innerstaatlichen Rechtslage.

Auch in diesem Fall ergäbe sich bereits aus dem innerstaatlichen Recht, dass über die Anlage von der Landesregierung eine UVP durchzuführen gewesen und von der belangte Behörde der statt dessen vom LH nach § 29 AWG erlassene Bescheid aufzuheben gewesen wäre.

6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Im fortgesetzten Verfahren wird ein Verfahren auf Grundlage des UVP-G 2000 durchzuführen sein.

7. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am