VwGH vom 13.12.1995, 92/13/0081
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der R GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat II) vom , Zl. 6/1 - 1114/91-04, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Gewerbesteuermeßbetrag für 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ermittelt als KG den Gewinn nach § 5 EStG 1972. Sie erwarb zwei Grundstücke im Ausmaß von über 5 ha und errichtete darauf in den Jahren 1981 und 1982 eine Hotelanlage. Das Hotel wurde im Mai 1982 eröffnet. Ein Personalwohnhaus wurde im Jahr 1984 fertiggestellt.
In der Erklärung betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1987 - diese wurde für die Beschwerdeführerin am unterfertigt - wurde ein Verlust von ca. 55 Mio. S ausgewiesen, der vor allem aus nachstehend angeführten Teilwertabschreibungen resultierte (Angaben in S):
Gegenstand Buchwert 1.Jänner AfA Teilwertab-
mit Zugängen 1987 schreibung
Hotelgebäude 89,925.145 5,995.009 43,369.136
Außenanlagen 10,312.118 685.421 4,973.697
Personalhaus 3,967.378 233.378 1,948.045
50,290.878
Die Beschwerdeführerin stützte die Teilwertabschreibung auf
ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten der
E Tourismusberatung GmbH vom . In diesem
Gutachten wird ausgeführt, das Unternehmen werde nunmehr seit
mehr als sechs Jahren geführt, innerhalb dieses Zeitraumes
hätten die Nächtigungen von ca. 22.000 auf ca. 33.000 pro Jahr
gesteigert werden können. Auch der cash-flow habe sich auf
ca. 3 Mio. S verbessert. Wegen der aus den hohen
Anfangsinvestitionen resultierenden Abschreibungen würden
allerdings steuerlich jährlich Verluste erwirtschaftet. Bei der
Unternehmensbewertung von Tourismusbetrieben würden sich in der
Regel sehr hoch anzusetzenden Substanzwerte ergeben, denen die
Ertragswerte und Marktwerte nachhinkten. Aufgrund der sehr
aufwendigen Baukonzeption und der aus diesem Grund über dem
Branchendurchschnitt liegenden Baukosten liege im
gegenständlichen Fall ein atypischer Substanzwert vor
(Gesamtinvestition von 160 Mio. S). Es entspreche auch nicht
einer branchenüblichen Unternehmenskonzeption, an einem
"Einsaison-Standort" (Neusiedler See) - es sei allerdings ein
Ganzjahresbetrieb aufgenommen worden - ein solch aufwendiges
Vier- bzw Fünfsterne-Hotel zu errichten. Aus diesen Gründen
würde im gegenständlichen Fall bei der Verkehrswertermittlung
der Substanzwert nicht berücksichtigt. Es würden drei Verfahren
zu Wertermittlung herangezogen: Es werde das zu erwartende
Betriebsergebnis vor Ertragsteuern, AfA und Zinsen mit dem
Faktoren 12 bzw. 14 multipliziert (Variante A); es werde die
Bettenanzahl des Hotels (178) mit einem für Österreich
durchschnittlichen Preis pro Gästebett (350.000 S)
multipliziert (Variante B); es würden schließlich die
"zukünftigen Erträge" (4,8 Mio. S) um eine aus dem geschätzten
betriebsnotwendigen Vermögen (50 Mio. S) errechnete AfA
(2 Mio. S) gemindert und unter Annahme eines Zinssatzes von 6%
(x100/6) kapitalisiert. In der Folge würden die sich nach den
Varianten A und B ergebenden Werte einfach und der sich aus der
Variante C ergebende Wert dreifach angesetzt. Der Verkehrswert
des Objektes zum errechne sich als
arithmetisches Mittel aus diesen fünf Wertbeträgen und liege
bei 47,3 Mio. S.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen die Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Gewerbesteuer, denen das Finanzamt einen nicht um die Teilwertabschreibung geminderten Gewinn zugrundelegte, als unbegründet abgewiesen. In Streit stehe die auf das Gutachten gestützte Teilwertabschreibung zum . Zunächst werde darauf verwiesen, daß das Gutachten nur das Hotel betreffe und nicht auf das Personalwohnhaus eingehe. Soweit der Gutachter hinsichtlich der Hotelanlage einen Kaufpreis von 350.000 S pro Hotelbett annehme, so werde auf das Handbuch für Gaststätten und Beherbergungsbetriebe (Messner/Burger/Thurnhofer, Wien 1990) verwiesen, welches durchschnittliche Anschaffungskosten von 500.000 S bis 800.000 S pro Bett anführe. Wenn im gegenständlichen Fall 900.000 S pro Bett angefallen seien, so erschienen die Anschaffungskosten jedenfalls nicht als exorbitant überhöht. Der Gutachter gehe bei der Errechnung des Wertes nach Variante C von einem betriebsnotwendigen Vermögen von bloß 50 Mio. S aus, bleibe aber jeden Beweis dafür schuldig, daß mit einem derartigen Betrag ein Hotel vergleichbarer Kategorie angeschafft bzw hergestellt werden könnte. Die belangte Behörde könne sich auch nicht der Ansicht des Gutachters anschließen, daß ein Erwerber des Objektes an der Substanz eher nicht bzw nur in einem beschränkten Ausmaß interessiert sei. Jedenfalls sei das Gutachten nicht geeignet, einen im Jahr 1987 eingetretenen Wertverlust von über 50 Mio. S nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Zur Frage, ob eine Fehlinvestition bzw verlorener Bauaufwand vorliege, habe das Finanzamt darauf verwiesen, daß die Steigerung gegenüber den ursprünglich geschätzten Kosten im wesentlichen auf die Vergrößerung des Hotels sowie des Restaurants, auf ein zusätzliches Stiegenhaus, auf die qualitative Aufwertung des Hotels und auf dessen winterfeste Ausführung zurückzuführen sei. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin das Vorliegen von Fehlinvestitionen oder verlorenen Baukosten nicht behauptet. Aus dem Aktenvermerk der Bauabteilung eines Komplementärs der Beschwerdeführerin könnte zwar auf eine Fehlplanung geschlossen werden, ein gegenüber dem Buchwert niedrigerer Teilwert wäre dann aber bereits in den Bilanzen 1982 oder 1983 auszuweisen gewesen, die Nachholung einer Teilwertabschreibung würde nicht nachträglich zu steuerlichen Aufwendungen führen. Wenn im Gutachten auf die negativen Betriebsergebnisse des Hotels hingewiesen werde, sei zu entgegnen, daß Anfangsverluste bei Betrieben dieser Art, Größe und Lage nicht ungewöhnlich seien. Im gegenständlichen Fall seien die Umsätze von 13 Mio. S 1982) auf
31 Mio. S 1990) gestiegen, die Verluste von 40 Mio. S 1982) auf 6 Mio. S 1987 ohne Teilwertabschreibung) gefallen, der cash-flow habe sich von -3,1 Mio. S 1983) auf +4,6 Mio. S 1990) verbessert. Mehr als 33.000 Nächtigungen bei 178 Betten im Jahr 1987 und ca. 280 "Offenhaltungstage" würden einem Auslastungsgrad von 63% entsprechen. Der cash-flow habe im Jahr 1987 ca. 3,3 Mio. S und damit ca. 10,9% der Bruttoerlöse betragen. Nach dem zitierten Handbuch für Gaststätten und Beherbergungsbetriebe würde bei Jahresbetrieben der Kategorie 4/5-Sterne eine Kapazitätsauslastung von 45% bis 70% erreicht, ein cash-flow von 10% bis 17% der Bruttoerlöse und ein steuerliches Ergebnis von -1% bis +0,6% der Bruttoerlöse erzielt. Im gegenständlichen Fall könne daher von einer zum Stichtag bestehenden Ertragslosigkeit des Betriebes nicht gesprochen werden. Die in den sechs Jahren seit Bestehen des Betriebes erzielten Ergebnisse wiesen vielmehr auf ein weiteres Zurückgehen der Verluste und auf das Erzielen von Gewinnen nach einer entsprechenden Anlaufphase hin.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Z. 1 EStG 1972 sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7 und um eine nach § 8 in Anspruch genommene vorzeitige Abschreibung oder um eine nach § 9 verwendete Investitionsrücklage (steuerfreien Betrag) anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden.
Gemäß § 5 EStG 1972 ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, unter Beachtung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes über die Gewinnermittlung für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist.
Teilwertabschreibungen können nur in dem Wirtschaftsjahr durchgeführt werden, in dem die Wertminderung eingetreten ist (vgl. hg. Erkenntnis vom , 82/13/0173). Die Bewertung ist für den Bilanzstichtag vorzunehmen. Es sind die tatsächlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, dabei sind aber die bis zur Bilanzerstellung gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten hinsichtlich dieser Verhältnisse zu berücksichtigen (Hofstätter/Reichel, Kommentar, § 6 EStG 1972 allgemein Tz 5).
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, es sei nicht nachgewiesen bzw glaubhaft gemacht worden, daß im Jahr 1987 ein Wertverlust eingetreten sei. In der Beschwerde wird dem entgegengehalten, es habe sich im Jahre 1987 herausgestellt, daß nicht mit positiven Ergebnissen aus dem Hotelbetrieb zu rechnen sei, nachdem in diesem Jahre eine überdurchschnittlich hohe Auslastung aufgrund der Umstellung auf Sommer-Winterbetrieb erreicht worden sei. Zurecht hält dem die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, daß schon aus dem Bericht des Wirtschaftsprüfers über den Jahresabschluß 1983 (Tz 58) hervorgeht, daß das Hotel auch im Winter betrieben worden ist. Im übrigen ergibt sich aus dem von der Beschwerdeführerin eingeholten Gutachten zur Unternehmensbewertung, daß im Jahr 1987 die Nächtigungen (von 29.713 im Jahr 1986) auf 33.320 und die Vollbelegstage (von 167 im Jahr 1986) auf 187 angestiegen sind, eine drastische Steigerung der Auslastung gegenüber den Vorjahren somit nicht eingetreten ist. Die Nächtigungszahlen haben sich vielmehr in den Jahren 1983 bis 1987 stets zwischen 33.602 (im Jahr 1983) und 28.184 (im Jahr 1985) bewegt (vgl. Seite 15 des Gutachtens). Der Auslastung des Jahres 1987 haftet die von der Beschwerdeführerin behauptete Auffälligkeit somit nicht an.
Daß die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, es seien Umstände, aus denen sich eine Teilwertabschreibung FÜR DAS STREITJAHR ergäbe, nicht glaubhaft gemacht worden, nicht aufgrund schlüssiger Beweiswürdigung getroffen worden wäre, zeigt die Beschwerde somit nicht auf. Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 91/13/0125); dieser Nachweis bzw diese Glaubhaftmachung muß sich aber auch auf die Umstände beziehen, auf Grund derer gerade in einem bestimmten Wirtschaftsjahr die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung zu berücksichtigen sei. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß die im Gutachten vorgenommene Bewertung, soweit sie in der Multiplikation der Bettenanzahl mit dem Durchschnittswert für Anschaffungskosten pro Bett besteht (Variante B), offensichtlich bereits für den Zeitpunkt der Herstellung des gegenständlichen Hotelprojektes angestellt werden konnte.
Soweit das Gutachten die Berücksichtigung des Substanzwertes ablehnt und den Ertragswert für maßgeblich hält, ist weiters darauf zu verweisen, daß den tatsächlichen Gegebenheiten in der Regel durch eine Bewertung entsprochen wird, die auf mehrere Bewertungsverfahren und damit nicht ausschließlich auf das Kriterium des prognostizierten Zukunftsertrages Rücksicht nimmt (vgl. Barthel, DStR 1995, 1684).
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.