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VwGH vom 27.07.1994, 92/13/0058

VwGH vom 27.07.1994, 92/13/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der R-GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , GZ. 6/2-145/91-08, betreffend Aufhebung der Berufungsvorentscheidungen über Körperschaftsteuer 1983 bis 1985 in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. war im Streitzeitraum Dr. St. zu 100 % beteiligt. Die Alleingesellschafterin war gleichzeitig Geschäftsführerin der GmbH. Darüberhinaus war die Gesellschafterin auch selbst als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin (Einzelunternehmen) sowie für die weiteren Steuerberatungsgesellschaften T GmbH und W GmbH tätig. In den der Abgabenbehörde vorgelegten Bilanzen wurden von der Beschwerdeführerin Gewinne für 1983 von S 13.122,--, für 1984 von S 20.309,-- und für 1985 von S 5.574,-- ausgewiesen.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß 1983 Vergütungen an die Gesellschafter-Geschäftsführerin von S 2,886.000,--, 1984 von S 2,676.000,-- und 1985 von S 2,690.500,-- im Gesamtergebnis berücksichtigt worden waren, wobei sich diese Vergütungen aus Gehaltszahlungen, Gehaltsnachzahlungen, Tantiemen und einem Sachbezug zusammensetzten. Vom Prüfer wurden demgegenüber Vergütungen in Höhe von S 720.000,-- für 1983, von S 960.000,-- für 1984 und S 1,260.000,-- für 1985 als angemessene Entlohnung anerkannt, weil für die geprüften Jahre keine schriftlichen Vereinbarungen vorgelegt worden seien, die Arbeitsleistung der Geschäftsführerin nur 20 bis 30 % der Arbeitsleistung eines ganztägig beschäftigten Arbeitnehmers betragen habe und die als Tantiemen bezeichneten Vergütungen zwar rückgestellt, aber nur zu einem geringen Teil ausbezahlt worden seien. Die darüberhinausgehenden Vergütungen wurden als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt.

Gegen die nach der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 1983 bis 1985 wurde Berufung erhoben und darin die "Aufhebung" der verdeckten Gewinnausschüttungen beantragt. In der ausführlichen Rechtsmittelbegründung wurde insbesondere das Erfordernis einer Angemessenheitsprüfung auf Grund externer und interner Betriebsvergleiche hervorgehoben.

Nach einer Stellungnahme der Betriebsprüfungsabteilung zur Berufung replizierte die Beschwerdeführerin in einer umfangreichen Eingabe vom . In einer weiteren an das Finanzamt gerichteten Eingabe vom wurde nach einer Darstellung des bisherigen Verfahrens wörtlich ausgeführt:

"Vergleichsvorschlag:

Schon vor Erlaß der Bescheide gem. § 303 (4) BAO des Finanzamtes für Körperschaften wurde in Aussicht gestellt, daß sowohl bei der gegenständlichen Gesellschaft, als auch bei der T. Gesellschaft m.b.H. ein Vergleich angestrebt und durch Berufungsvorentscheidung einer endgültigen Lösung zugeführt werden soll, daher ohne Möglichkeit seitens des Steuerpflichtigen, einen Antrag auf Entscheidung durch die II. Instanz zu stellen, bzw. seitens des Finanzamtes die Berufungsvorentscheidung dem Berufungssenat vorzulegen.

Ziffernmäßiger Vergleichsvorschlag:

Mit Rücksicht auf die oben angeführten Ausführungen ersuche ich daher, folgendem Vergleichsvorschlag in Erledigung meiner Berufungen gegen die Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide der Jahre 1983 bis 1985 näherzutreten."

Wie in der Eingabe vom weiters ausgeführt ist, ergäben sich infolge des Entfalls von Sachbezügen Geschäftsführerbezüge für 1983 von S 1,620.000,--, für 1984 von S 1,820.000,-- und für 1985 von S 1,804.000,--. Weiters werde ersucht, die geltend gemachte "Kundenstocktantieme" von S 590.000,-- für 1983, von S 580.000,-- für 1984 und von S 610.000,-- für 1985 in voller Höhe anzuerkennen. "Um diesen beiderseits angestrebten Vergleich" durchführen zu können, werde angeboten, aus der "Leistungstantieme" 1983 die Hälfte, nämlich einen Betrag von S 250.000,-- auszuscheiden. Ferner werde eine Verminderung des Zuschlages zum Grundgehalt für Mehrleistungen 1984 um S 360.000,-- und für 1985 von S 220.000,-- "angeboten".

In den Akten des Finanzamtes findet sich ferner ein handschriftlicher Aktenvermerk über eine "Besprechung" am , wonach - unter Hinweis auf den Schriftsatz vom - folgende Beträge "im Wege einer Berufungsvorentscheidung" anerkannt werden: Gehalt 1983 und 1984 je S 1,120.000,--, 1985 S 1.260.000,--, Zuschlag für Mehrleistungen 1984 und 1985 je S 200.000,--, "Leistungstantieme" 1983 S 250.000,--, 1984 S 140.000,--, und 1985 S 124.500,-- und schließlich "Kundenstocktantieme" 1983 S 590.000,--, 1984 S 580.000,-- und 1985 S 610.000,--. In einem weiteren handschriftlichen, vom Vorstand des Finanzamtes verfaßten Aktenvermerk vom wurde auf einen internen Vergleich der Bezüge sowie die Ergänzungsfähigkeit der mangelhaften Vereinbarungen durch konkludente Handlungen hingewiesen.

In der Folge erließ das Finanzamt Berufungsvorentscheidungen betreffend Körperschaftsteuer 1983 bis 1985, wobei der Spruch dieser Erledigungen dahin lautete, es werde der Berufung teilweise stattgegeben. Die Berufungsvorentscheidungen enthielten keine Begründung.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden diese Berufungsvorentscheidungen in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 BAO aufgehoben. Zur Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, das Fehlen einer Begründung der Berufungsvorentscheidungen stelle einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar; eine Begründung hätte einen anders lautenden Bescheid zur Folge gehabt. Weiters vertrat die belangte Behörde die Meinung, daß eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Geschäftsführerin vom steuerlich erst ab diesem Zeitpunkt wirksam sei. Die Anerkennung eines Teiles der "Tantiemen" als Betriebsausgaben sei auch deswegen unzulässig, weil diese nur rückgestellt und nicht ausbezahlt worden seien. Ebenso seien Gehaltsnachzahlungen ohne schriftliche Vereinbarung aufwandswirksam verbucht worden. Das Finanzamt habe damit die Rechtslage verkannt und die Berufungsvorentscheidungen mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

In der Beschwerde gegen diesen Aufhebungsbescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO kann ein Bescheid von der Oberbehörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes aufgehoben werden, wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann ein Bescheid von der Oberbehörde ferner wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Nach der - auch für eine Berufungsvorentscheidung im Sinne des § 276 BAO anzuwendenden - Bestimmung des § 93 Abs. 3 lit. a BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. Die Begründung eines Bescheides muß dabei erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Aus der Begründung eines Bescheides muß weiters hervorgehen, ob die Behörde die Grundlage ihrer Entscheidung in einem einwandfreien Verfahren gewonnen hat und ob die von der Behörde gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1482/72).

Mit den in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen vom wurde ihrem ausdrücklichen Spruch zufolge der Berufung gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1983 bis 1985 (nur) teilweise stattgegeben. Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Berufung sei eingeschränkt worden und der eingeschränkten Berufung sei mit der Berufungsvorentscheidung in vollem Umfang stattgegeben worden. Eine solche Berufungseinschränkung besteht verfahrensrechtlich darin, daß der Berufungswerber die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, später dahin korrigiert, daß die Anfechtung in bestimmten Punkten nicht mehr oder nicht mehr zur Gänze aufrechterhalten wird. Eine solche prozessuale Erklärung hat zur Folge, daß der Berufungswerber seinen Anspruch auf Entscheidung im Ausmaß der Berufungseinschränkung verliert (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/16/0156, Slg. Nr. 6158/F). Eine solche Prozeßerklärung setzt zwar nicht die Einhaltung besonderer Formalvorschriften voraus; sie muß aber ihrem Inhalt nach bestimmt sein, um die aufgezeigte Folge nach sich zu ziehen. Demgegenüber enthielt die Eingabe vom lediglich einen "Vergleichsvorschlag". Nach dem Inhalt der Eingabe handelte es sich dabei nur um ein "Angebot" gegenüber der Abgabenbehörde, eine Berufungsvorentscheidung bestimmten Ausmaßes zu erlassen. Ein ausdrücklicher Verzicht auf die weitere Aufrechterhaltung einzelner Punkte der Anfechtung kann der Eingabe nicht entnommen werden. Das Finanzamt hat daher auch richtigerweise der Berufung in den Berufungsvorentscheidungen (bloß) teilweise stattgegeben. Damit war aber das Finanzamt andererseits auch verpflichtet, die Berufungsvorentscheidung entsprechend zu begründen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin konnte dabei auch ein handschriftlicher Aktenvermerk des Amtsvorstandes vom , in dem schlagwortartig auf die Angemessenheit der Geschäftsführervergütungen und die Unmaßgeblichkeit der formalen Mängel der den Vergütungen zugrunde liegenden Vereinbarungen eingegangen worden ist, eine Begründung der Berufungsvorentscheidungen nicht ersetzen. Schon durch die Unterlassung jeglicher Begründung der Berufungsvorentscheidungen hat das Finanzamt vielmehr Verfahrensvorschriften in maßgeblicher Weise verletzt.

Wie den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen ist, wurde offenkundig das schriftliche Vorbringen in der Eingabe vom am mündlich wiederholt. Die ziffernmäßigen Angaben im Aktenvermerk, die letztlich in die Bemessungsgrundlage der Berufungsvorentscheidungen Eingang gefunden haben, stellen eine Zusammenfassung der in der Eingabe vom enthaltenen Positionen dar. Es ist somit davon auszugehen, daß der genannte "Vergleichsvorschlag" am von den Organwaltern des Finanzamtes akzeptiert worden ist. Eine solche Abmachung zwischen den Organwaltern des Abgabengläubigers und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld ist aber ohne abgabenrechtliche Bedeutung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/17/0128). Abmachungen über den Inhalt einer Abgabenschuld stehen - soweit sie nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassen sind, was hier nicht der Fall ist - im Widerspruch zu dem aus Art. 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschriften (vgl. dazu Mayer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im österreichischen Abgabenrecht, JBl 1976, 632 ff, insbesondere 636).

Der in der Eingabe vom enthaltene und später mündlich wiederholte "Vergleichsvorschlag" hat das Finanzamt nicht von seiner sich aus § 115 Abs. 1 BAO ergebenden amtswegigen Ermittlungspflicht befreit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1669/73). Insbesondere konnte dieser "Vergleichsvorschlag" das Finanzamt auch nicht davon entheben, im Sinne des § 167 Abs. 2 BAO selbst unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, in welchem Umfang eine Angemessenheit der an die Geschäftsführerin geleisteten Vergütungen besteht. Für eine Beurteilung der Angemessenheit gerade der im "Vergleichsvorschlag" genannten Vergütungen - die betragsmäßig zwischen den von der Beschwerdeführerin als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen und den vom Prüfer angesetzten Vergütungen liegen - ergibt sich dabei der Sachlage nach kein ausreichend konkreter Anhaltspunkt. Daraus folgt aber, daß das Finanzamt die Grundlage für seine Entscheidung nicht in einem mängelfreien Verfahren gewonnen hat. Das Finanzamt hat vielmehr bei Erlassung der Berufungsvorentscheidungen Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können. Daraus folgt aber, daß die belangte Behörde ihre Bescheidbehebung zu Recht auf § 299 Abs. 1 lit. c BAO gestützt hat.

Wird ein Bescheid wie im Falle der Beschwerdeführerin aus mehreren Gründen durch die Oberbehörde aufgehoben, so entspricht der Aufhebungsbescheid dem Gesetz, wenn er sich auch nur in einem Aufhebungsgrund als berechtigt erweist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/14/0127, 0128). Es erübrigte sich somit, auf die Frage, ob die Berufungsvorentscheidungen auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit aufwiesen, einzugehen, zumal eine solche Auseinandersetzung schon im Hinblick auf die fehlende Begründung der Berufungsvorentscheidungen unterbleiben mußte.

In Ausführung der Verfahrensrüge wird von der Beschwerdeführerin vorgebracht, der Berufung sei mit den Berufungsvorentscheidungen zur Gänze stattgegeben worden, sodaß eine Begründung nicht erforderlich gewesen sei; weiters sei das Tatbestandsmerkmal des § 299 Abs. 1 lit. c BAO nicht vorgelegen. Mit diesem Vorbringen wird aber in Wahrheit eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht; der Beschwerdegrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften blieb vielmehr unausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.