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VwGH vom 05.08.1993, 88/14/0196

VwGH vom 05.08.1993, 88/14/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für StMK vom , Zl. B 118-6/85, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer, Abgabe von alkoholischen Getränken, Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren Gesellschafterin einer GmbH. In ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin dieser Gesellschaft wurde sie gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BAO mit Bescheid zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von insgesamt S 219.687,-- herangezogen. Der Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Umsatzsteuer 11/84 S 37.555,--

Umsatzsteuer 12/84 S 129.664,--

Umsatzsteuer 1/85 S 15.940,--

Abgabe von alkoholischen Getränken

11-12/84 S 26.236,--

Lohnsteuer 12/84 S 7.859,--

Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds

für Familienbeihilfen samt Zuschlägen

12/84 S 2.433,--

Summe S 219.687,--

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Es treffe sie an der Nichtentrichtung der im Haftungsweg geltend gemachten Abgaben kein Verschulden, weil ihr keine finanziellen Mittel zur Abgabenentrichtung zur Verfügung gestanden seien. Die vorhandenen Kundenforderungen seien zur Gänze an die Bank zediert worden. Es habe daher auch nicht die Möglichkeit bestanden, die in den Kundenforderungen enthaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Die Zession sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Gesellschaft ihre Zahlungsverpflichtungen "noch völlig normal und laufend erfüllt" habe und die spätere Zahlungsunfähigkeit nicht abzusehen gewesen sei.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Zessionskredite seien allgemein übliche Finanzierungsformen. Das Eingehen solcher Verbindlichkeiten stelle kein schuldhaftes Verhalten dar. Die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft habe sich nicht langsam angekündigt, sondern sei durch die Fälligstellung der Kredite seitens der Bank "von heute auf morgen entstanden".

Die belangte Behörde gab der Berufung insoweit Folge, als sie die Haftung für Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe samt Zuschlägen von S 2.433,-- auf S 256,-- herabsetzte; im übrigen wies sie die Berufung ab. Wie zusätzliche Ermittlungen ergeben hätten, habe der Kredit nur eine Laufzeit bis gehabt. Es treffe daher nicht zu, daß der Kredit mit diesem Termin "plötzlich" bzw. "überraschend" fällig gestellt worden sei. Durch die Zession sämtlicher Kundenforderungen in voller Höhe habe sich die Beschwerdeführerin selbst die Möglichkeit genommen, die mit den Zahlungseingängen vereinnahmten Beträge an Umsatzsteuer und Abgabe von alkoholischen Getränken ordnungsgemäß an das Finanzamt abzuführen. Die Verwendung dieser vereinnahmten Steuern zu anderen Zwecken als zur Abgabenentrichtung stelle ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden des Geschäftsführers dar.

Hinsichtlich der nicht abgeführten Lohnsteuer sei auf § 78 EStG 1972 zu verweisen, wonach der Arbeitgeber keine Lohnzahlungen leisten dürfe, ohne die entsprechende Lohnsteuer einbehalten zu haben. Zum Dienstgeberbeitrag samt Zuschlägen sei zu sagen, daß die Beschwerdeführerin diese Abgabenschuldigkeiten eindeutig schlechter behandelt habe als die Kreditschulden, für deren vorrangige Rückzahlung durch die Zession der Kundenforderungen gesorgt worden sei.

Das Verhältnis Verbindlichkeiten zu Barmitteln sei den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin entsprechend zum mit 10,51 % ermittelt worden. In diesem Ausmaß hätte die Beschwerdeführerin bei gleichmäßiger Befriedigung ihrer übrigen Verbindlichkeiten auch den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlägen entrichten müssen. Im Unterlassen einer anteiligen Entrichtung dieser Abgaben sei daher ebenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Neben der Beschwerdeführerin wurde auch deren Ehegatte, der ebenfalls Gesellschafter-Geschäftsführer der oben erwähnten GmbH war, für deren Abgabenschuldigkeiten zur Haftung herangezogen. Eine dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/14/0193, als unbegründet abgewiesen. Die vorliegende Beschwerde entspricht sowohl hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes als auch hinsichtlich des Beschwerdevorbringens im wesentlichen jenem, der mit dem eben zitierten Erkenntnis entschieden wurde. Es genügt daher, auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses zu verweisen.

Lediglich in einem Punkt ist eine Ergänzung erforderlich:

Die Beschwerdeführerin bringt zusätzlich vor, daß mit der Erledigung aller abgabenrechtlicher Aufgaben praktisch ihr Ehegatte allein als Geschäftsführer befaßt gewesen sei. Dieses Vorbringen fällt nicht nur unter das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG), sondern es erweist sich auch als aktenwidrig. Die Beschwerdeführerin war mit Vorhalt des Finanzamtes vom ausdrücklich befragt worden, ob "die gesamte Geschäftsführung" von den bestellten Geschäftsführern gemeinsam ausgeübt worden sei oder ob eine funktionelle Geschäftsverteilung bestanden habe. Sie beantwortete diesen Vorhalt mit Schreiben vom wie folgt:

"Die Geschäftsführung wurde von beiden Geschäftsführern gemeinsam ausgeführt, eine funktionelle Geschäftsverteilung bestand nicht".

Aus den im oben zitierten Vorerkenntnis dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.