zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 27.09.2000, 97/14/0033

VwGH vom 27.09.2000, 97/14/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des C in V, vertreten durch Dr. Peter Hierzenberger, Dr. Johannes Jaksch, Dr. Alexander Schoeller und Dr. Robert Leitner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reischachstraße 3/12A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 301 - 7/96, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Einziger Streitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, ob dem Beschwerdeführer, einem pensionierten Finanzbeamten, für das Streitjahr der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht. Während das Finanzamt die für den Beschwerdefall maßgebliche Grenze von 30.000 S deshalb als überschritten ansah, weil die Ehegattin des Beschwerdeführers aus einem Dienstverhältnis steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 34.200 S 36.000 S laufender Bezug abzüglich des Werbungskostenpauschales von 1.800 S) erzielt habe, vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, die Einkünfte der Gattin seien um die ihr für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich erwachsenen Aufwendungen in Höhe von 13.800 S zu kürzen.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Gattin lege die Fahrten zum Arbeitsplatz mit ihrem eigenen Kraftfahrzeug zurück. Je nachdem, von welchem der beiden Familienwohnsitze aus sie ihre Arbeitsstelle aufsuche, würden 5 bzw. 25 Tageskilometer anfallen. Aus näher dargestellten Gründen könne davon ausgegangen werden, dass die Gattin im Streitjahr an jeweils 100 Tagen von jedem der beiden Wohnsitze aus die Arbeitsstelle angefahren habe. Unter Anwendung des Kilometergeldsatzes von 4,60 S ergebe dies den beantragten Betrag in Höhe von 13.800 S.

Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG die Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Fahrtstrecken von unter 20 km nicht als Abzugsposten bei Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, sondern bei Anwendung des Steuertarifs in Form des Verkehrsabsetzbetrages berücksichtige, vermöge weder am Werbungskostencharakter noch daran etwas zu ändern, dass die Werbungskosten ihrem tatsächlichen Anfall nach zu berücksichtigen seien, wenn einkommensteuerrechtlich eine Einkunftsermittlung nicht zwecks Tarifanwendung, sondern aus anderen Gründen erforderlich sei. Die Nichtberücksichtigung dieser Werbungskosten bei der Errechnung der Einkünfte im Zusammenhang mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag sei systemwidrig. Dem Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 EStG liege die Prämisse zugrunde, dass für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Aufwendungen anfallen würden. Die Höhe dieser vom Gesetzgeber angenommenen Werbungskosten ließe sich mit einem "sicher nicht unrealistischen Wert" ermitteln, wenn man davon ausgehe, dass für die meisten Arbeitnehmer wahrscheinlich ein Grenzsteuersatz in Höhe von 32 % zur Anwendung kommen werde. Damit müssten im konkreten Fall Werbungskosten in Höhe von 12.500 S anerkannt werden.

In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzte der Beschwerdeführer, die Aufnahme eines pauschalen Abgeltungsbetrages für Werbungskosten in den Tarif hätte offensichtlich eine rein sozialpolitische Zielsetzung gehabt: Es habe verhindert werden sollen, dass durch die Pauschalregelung der steuerliche Minderungseffekt der Regelung für Besserverdiener höher sei als für Kleinverdiener. Eine derart ausschließlich als Instrument der Sozialpolitik erkennbare Ausnahmeregelung könne am steuerrechtlichen Einkunftsbegriff nichts ändern. Auch ergebe eine Rückrechnung des "tarifarischen" Pauschbetrages auf die damit pauschal abgegoltenen Werbungskosten, dass selbst bei Ansatz des Höchststeuersatz von 50 % jedenfalls ein Aufwand von 8.000 S - ein Betrag der die Ehegatteneinkünfte unter die maßgebliche Grenze sinken lasse - zu berücksichtigen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die in § 16 Abs. 1 Z. 6 zweiter Satz EStG 1988 "gewählte Textierung (... Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:...)" lasse den Willen des Gesetzgebers bereits aus dem "klaren" Wortlaut erkennen, sodass es keiner weiteren Interpretationsmethoden bedürfe, um den Zweck bzw. die gewünschte Zielsetzung der Norm zu ergründen. Der Gesetzgeber habe durch diese Spezialnorm - aus welchen Gründen auch immer - eine pauschale Abgeltung aller Aufwendungen, die einem unselbständig Erwerbstätigen aus den zwischen Wohnung und Arbeitsstätte absolvierten Fahrten erwachsen, herbeiführen wollen. Dass eine Spezialnorm einer Generalnorm vorgehe, ergebe sich schon aus dem in der Rechtsmethodik allgemein gültigen Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" und gelange demzufolge auch in diesem Fall zur Anwendung. Eine Beurteilung der Frage, ob der geltenden Gesetzesbestimmung eine Systemwidrigkeit anhafte - eine solche wäre mit einer Überprüfung der streitverfangenen Gesetzesstelle auf verfassungsrechtliche Aspekte hin verbunden - entziehe sich der Beurteilung durch die Abgabenbehörde, die gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG gehalten sei, ihr Verwaltungshandeln aufgrund der geltenden Gesetze zu vollziehen.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 hat folgenden Wortlaut:

"Werbungskosten sind auch: Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 und § 57 Abs. 3) abgegolten."

§ 33 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988 lautet folgendermaßen:

"Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:

1. Ein Verkehrsabsetzbetrag von S 4.000,-- jährlich."

§ 33 Abs. 4 Z. 1 normiert in der für das Streitjahr geltenden

Fassung:

"Zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen stehen folgende Absetzbeträge zu:

1. Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag von S 5.000,-- jährlich zu. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. ... Voraussetzung ist, dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 60.000 S,-- jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 30.000 S,-- jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 10 und 11 und auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen."

Die Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 stellt bei der Normierung der für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgeblichen Grenze ausdrücklich auf die "Einkünfte" des (Ehe)Partners ab und bezieht sich demnach aus systematischer Sicht auf die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 - 4 EStG 1988, somit auch auf jene Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die die Frage der Einkunftsermittlung behandeln.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, der "Sinn des Gesetzes" könne keinesfalls darin liegen, Aufwendungen, die zweifelsfrei Werbungskosten darstellten, bei der Ermittlung der Einkünfte auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Höhe der Einkünfte nicht für die Steuerberechnung, sondern für andere Zwecke ermittelt werden müsse.

Gemäß § 2 Abs. 4 EStG 1988 sind "Einkünfte" der Gewinn (§§ 4 bis 14) bei Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb (Z. 1), sowie der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16) bei den anderen Einkunftsarten (Z. 2). In § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 wird normiert, dass Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur nach Maßgabe der dort genannten Voraussetzungen und nur in Form von Pauschbeträgen (so genanntes "kleines" und "großes" Pendlerpauschale) als Werbungskosten abzugsfähig sind. Daraus folgt, dass derartige Aufwendungen bei der Berechnung der Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 4 EStG 1988 nicht in Abzug zu bringen sind. Es ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass diese Definition der Einkünfte lediglich für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, nicht aber auch für den Alleinverdienerabsetzbetrag des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 heranzuziehen wäre.

Im Beschwerdefall käme demnach allenfalls der Abzug des Pendlerpauschales in Betracht. Dass die Ehegatteneinkünfte damit die für den Alleinverdienerabsetzbetrag schädliche Grenze jedoch übersteigen, wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren selbst eingeräumt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am