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VwGH vom 22.03.1999, 95/10/0004

VwGH vom 22.03.1999, 95/10/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde der S in D-2300 Kiel, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/3-1335/10, betreffend Entfernungsauftrag gemäß § 25 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 25 iVm den §§ 6 Abs. 2 Z. 3 und 5 Abs. 1 Z. 1 des NÖ Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 5500-3 (NÖ NSchG), als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 884/2 der KG G. im Zusammenhang mit der konsenslos durchgeführten Errichtung eines Blockhauses auf dieser im Landschaftsschutzgebiet "Wienerwald" im Grünland und außerhalb des Geltungsbereiches von Bebauungsplänen gelegenen Grundstücksfläche der Auftrag erteilt, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen: Die Wände und Mauern der Baulichkeit seien umgehend, jedoch bis spätestens sechs Wochen nach Zustellung des Bescheides bis auf das Niveau der angrenzenden Grundflächen abzutragen, allfällige Kellerdecken oder Abdeckungen von Senkgruben seien einzuschlagen und die Kellerräume und Gruben mit einwandfreiem Material auszufüllen, das zu verdichten sei.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin in der Berufung vorgebracht, bei den Arbeiten an der Blockhütte habe es sich nur um Instandsetzungsarbeiten im Sinne eines Bescheides der Baubehörde gehandelt. Die belangte Behörde habe dazu das Gutachten des Amtssachverständigen für Bauwesen eingeholt. Danach seien bei dem im Jahre 1919 errichteten Blockhaus bei der Bauverhandlung vom durch den (damaligen) Bausachverständigen folgende Baugebrechen festgestellt worden:

1. Vermorschte und von Schädlingen zerfressene Rundhölzer der tragenden Außenwände mit faustgroßen Löchern,


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2.
das Fehlen von Fenstern,
3.
einen einsturzgefährdeten Verandavorbau,
4.
eine vermorschte und von Schädlingen zerfressene Dachkonstruktion,
5. eine desolate Dacheindeckung (die auf den Fotos erkennbaren rot gestrichenen Blechtafeln stammen aus 'Barrel'-Fässern),
6.
ein vermorschter Fußboden,
7.
ein ordnungswidriger Kamin,
8.
das Fehlen einer Wasserversorgung und
9.
das Fehlen von sanitären Einrichtungen.
Bei 1., 3. und 4. handle es sich um Bauteile, welche eine tragende Funktion zu erfüllen hätten, somit bei einer Instandsetzung größtenteils zu ersetzen gewesen wären. Aus diesem Grund sei die Feststellung des damaligen Bausachverständigen verständlich, daß "eine Instandsetzung (auch Ausbesserung, die das Gebäude in seiner Substanz erhält und nicht verändert) des gegenständlichen Objektes nicht vorgenommen werden kann".
Anläßlich der Endbeschau am sei von der Baubehörde festgestellt worden, daß folgende Baumaßnahmen durchgeführt worden seien:
1. Die Außenwände wurden durch 15 cm starke, außen gerundete Holzbalken ersetzt und auf ein Streifenfundament mit Horizontalisolierung gesetzt.
2.
Fenster und Türen wurden in isolierter Ausführung eingebaut.
3.
Das Haus wurde auf Stampfbetonfundamente aufgesetzt.
4.
Die Dachkonstruktion wurde durch ein neues Sparrendach mit Vollschalung ersetzt.
5. Eine Dachdeckung aus Betondachstein wurde aufgebracht und Dachrinnen mit Abfallrohren wurden montiert (Dachdeckung in roter Farbe).
6. Im Inneren wurde der fehlende Fußboden als Trockenestrich aus wasserfesten Spanplatten erstellt.
Aufgrund dieses Befundes sei der (nunmehrige) Amtssachverständige für Bauwesen zur Auffassung gelangt, daß es sich bei dem gegenständlichen Blockhaus um einen Neubau handle, da vom Altbestand keine wesentlichen Bauteile verwendet worden seien. Seiner Ansicht nach sei eine Instandsetzung zwar nicht auszuschließen gewesen, sie wäre aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar gewesen.
In einer Stellungnahme zu diesem Gutachten habe die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgebracht, nur Renovierungsarbeiten ausgeführt zu haben.
Nach Auffassung der belangten Behörde sei unbestritten, daß die anläßlich der Endbeschau am von der Baubehörde festgestellten und im oben wiedergegebenen Gutachten angeführten Baumaßnahmen durchgeführt worden seien. Für diese Maßnahmen liege allerdings keine naturschutzbehördliche Bewilligung vor. § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ NSchG normiere eine Bewilligungspflicht für die Errichtung von Baulichkeiten im Grünland. Unter Errichtung sei dabei jener Vorgang zu verstehen, durch den ein Objekt mit dem Grund und Boden in eine feste Verbindung gebracht werde. Dies sei bei der Herstellung von Betonfundamenten jedenfalls gegeben, weshalb das Blockhaus auch eine Baulichkeit im Sinne der NÖ Bauordnung darstelle. Die naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht ergebe sich zwingend aus dem NÖ Naturschutzgesetz und sei völlig unabhängig vom baubehördlichen Verfahren und einer allfällig vorhandenen Baubewilligung. Für die Pflicht zur Erlangung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung sei es auch gänzlich unerheblich, aus welchen Gründen die Baulichkeit errichtet werden solle. Entscheidungsrelevant sei daher nicht, ob das alte Blockhaus erneuerungsbedürftig gewesen sei und die vermorschten Holzbauteile (Außenwände, Dachkonstruktion, Fußboden) gemäß dem Stand der Technik hätten ausgetauscht werden müssen. Es sei daher auch nicht notwendig, eine Abgrenzung zwischen den Begriffen "Instandsetzungsarbeiten" und "Neubau" vorzunehmen, da das NÖ Naturschutzgesetz diese beiden Begriffe gar nicht verwende. Da somit ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt worden sei, habe gemäß § 25 Abs. 1 NÖ NSchG die Entfernung des verfahrensgegenständlichen Blockhauses aufgetragen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluß vom , B 2412/94, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde haben dazu
weitere
Schriftsätze erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß sich das Grundstück, auf dem sich die streitgegenständliche Baulichkeit der Beschwerdeführerin befindet, außerhalb des Geltungsbereiches von Bebauungsplänen im Grünland und im Landschaftsschutzgebiet "Wienerwald" befindet.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ NSchG bedürfen in Landschaftsschutzgebieten der Bewilligung durch die Landesregierung u. a. Maßnahmen gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 außerhalb des Geltungsbereiches von Bebauungsplänen.
Bei den erwähnten Maßnahmen gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 NÖ NSchG handelt es sich um die Errichtung von Baulichkeiten sowie die Vornahme von Zu- und Umbauten.
Unabhängig von einer Bestrafung nach § 24 sind gemäß § 25 Abs. 1 NÖ NSchG Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern.
Nach § 25 Abs. 2 leg. cit. kann eine Verpflichtung nach Abs. 1 nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit Beendigung der rechtswidrigen Handlung mehr als drei Jahre verstrichen sind.
In der Beschwerde wird zunächst die Auffassung vertreten, ein Entfernungsauftrag hätte schon wegen des Fristablaufes gemäß § 25 Abs. 2 NÖ NSchG nicht mehr ausgesprochen werden dürfen. Selbst wenn im August 1991 noch Arbeiten durchgeführt worden seien, so sei der Bescheid der belangten Behörde vom erst am (zugestellt und somit) erlassen worden.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Bei der Bestimmung des § 25 Abs. 2 NÖ NSchG handelt es sich nicht um eine verwaltungsstrafrechtliche Regelung; die Vorschriften über die Verjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG finden auf die dort normierte Frist keine Anwendung. Zur Wahrung der Frist des § 25 Abs. 2 ist es daher nicht erforderlich, daß auch der bestätigende Bescheid der Berufungsbehörde innerhalb von drei Jahren ab Beendigung der rechtswidrigen Handlung erlassen wird. Zur Wahrung der im § 25 Abs. 2 genannten Frist ist der Ausspruch durch die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde ausreichend. Daß dieser Ausspruch innerhalb der dreijährigen Frist in Rechtskraft erwachsen müsse, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. dazu Liehr/Stöberl, Kommentar zum NÖ Naturschutzgesetz, S. 205, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Der erstinstanzliche Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin am , somit - ausgehend von einer Fertigstellung im Sommer 1991 - noch innerhalb der dreijährigen Frist des § 25 Abs. 2 NÖ NSchG, zugestellt.

In der Beschwerde wird nicht bestritten, daß die im Gutachten des Amtssachverständigen für Bauwesen festgestellten Baumaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Beschwerdeführerin bringt in diesem Zusammenhang allerdings vor, diese Maßnahmen aufgrund eines Bescheides der Baubehörde vom gesetzt zu haben, mit dem ihr die Behebung von Baugebrechen am gegenständlichen Objekt gestattet worden sei.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, es handle sich bei den oben angeführten Baumaßnahmen um bewilligungsfreie Renovierungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten, kann nicht geteilt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf baurechtliche Judikatur) im Erkenntnis vom , Zl. 90/10/0132, ausgeführt hat, schließt die völlige Ersetzung der Bausubstanz einer Anlage die Annahme einer bloßen Instandsetzung derselben aus. Zum Begriff der Instandsetzung gehört es nämlich, daß nur jeweils schadhafte Teile durch Ausbesserung der Schäden oder durch Ersetzung einzelner Bausubstanzen wieder in einen den Anforderungen entsprechenden Zustand versetzt werden, nicht aber die gesamte Anlage beseitigt und durch eine gleichartige neue Anlage ersetzt wird. Darum handelt es sich aber im vorliegenden Fall. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wurden unter anderem die Außenwände ersetzt und auf ein Streifenfundament mit Horizontalisolierung gesetzt; das Haus selbst wurde auf Stampfbetonfundamente gesetzt, die Dachkonstruktion durch ein neues Sparrendach mit Vollschalung ersetzt und eine Dachdeckung aus Betondachstein aufgebracht. Die Feststellung der belangten Behörde, daß es sich bei dem gegenständlichen Blockhaus daher um einen Neubau handle, da vom Altbestand keine wesentlichen Bauteile verwendet worden seien, kann deshalb nicht als rechtswidrig erachtet werden. Daß sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf eine baurechtliche Bewilligung beruft, ist für die Pflicht zur Erlangung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung ohne Bedeutung. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß auch nach dem von der Beschwerdeführerin genannten Bescheid der Baubehörde vom die Sanierungsarbeiten nur den vorhandenen Bestand betreffen und zu keinerlei Substanzveränderung (Vergrößerung, Abteilungen etc.) führen dürfen. Neu-, Zu- oder Umbauarbeiten am bestehenden Objekt bedürfen auch nach diesem Bescheid einer baubehördlichen Bewilligung.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde schließlich unzureichende Feststellungen hinsichtlich der Beendigung der durchgeführten Baumaßnahmen.

In diesem Zusammenhang ist auf das Beschwerdevorbringen zu verweisen, wonach noch im Sommer 1991 Restarbeiten der in den Jahren 1981 und 1984 begonnenen Arbeiten durchgeführt worden sind. Diese Angaben stimmen im übrigen auch mit den Erklärungen des Vertreters der Beschwerdeführerin bei der Bauverhandlung am überein (vgl. die in den Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft unter der OZl. 7 erliegende Niederschrift).

Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet,

weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die

§§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am