VwGH vom 26.04.2000, 97/14/0009
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des O und der M F in L, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 70.277-7/95, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 1986 bis 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Ehegatten. Sie errichteten in den Jahren 1983 bis 1985 auf einer in ihrem Miteigentum stehenden Liegenschaft ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen. In der Folge bewohnten sie die größere Wohnung (Nutzfläche ca. 130 m2) selbst, während die kleinere Wohnung (Nutzfläche ca. 60 m2) seit dem Jahr 1986 als Ferienwohnung an Gäste vermietet wurde. Strittig ist, ob diese Vermietung in den Streitjahren 1986 bis 1991 als Einkunftsquelle oder als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei zu beurteilen ist.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Berufungen gegen zunächst erlassene Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO abgewiesen und ausgesprochen, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO nicht stattfinde. Die Tätigkeit habe in den Streitjahren bei Gesamteinnahmen in Höhe von S 336.809 zu einem Werbungskostenüberschuss von insgesamt S 173.359 geführt.
Aus näher dargelegten Gründen sei von den Beschwerdeführern die Gebäude-AfA für die vermietete Ferienwohnung jedoch um mindestens rund 4.400 S jährlich zu niedrig angesetzt worden. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer in den Jahren 1986 bis 1988 versehentlich einen Teil der Kreditzinsen nicht geltend gemacht.
Bei Ansatz der von den Beschwerdeführern erwarteten Mieteinnahmen und unter Einbeziehung der Berichtigungen hinsichtlich AfA und Schuldzinsen ergebe sich "im günstigsten Fall" im Jahr 2001 ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
Die tatsächlichen Werbungskosten seien aber um die in den Jahren 1986 bis 1988 nicht geltend gemachten Zinsen, sowie um die in den Jahren 1986 bis 1993 zu niedrig angesetzte AfA zu berichtigen. Ebenso beinhalte die Prognose keine außergewöhnlichen Reparaturen und berücksichtige keine Investitionen. Der Zeitraum würde sich somit noch weiter verlängern, wenn - was nach der Lebenserfahrung nach einem Zeitraum von mehr als 10 Jahren sehr wahrscheinlich sei - Aufwendungen zur Gebäudesanierung anfielen. Auch seien die Anschaffungskosten für die Einrichtung und Ausstattung der Ferienwohnung mittlerweile bereits zur Gänze abgesetzt, sodass mit Ersatzanschaffungen zu rechnen sein werde. Zudem sei die angenommene jährliche Einnahmensteigerung um 4 % keinesfalls sicher.
Zusammenfassend kam die belangte Behörde zum Schluss, dass im Beschwerdefall frühestens nach 17 Jahren ab Beginn der Tätigkeit mit dem Vorliegen eines Gesamtüberschusses gerechnet werden könne. Ein derart langer Zeitraum erscheine der belangten Behörde nicht mehr als überschaubar, sodass die Vermietung keine Einkunftsquelle darstelle. Dies gelte auch für Zeiträume, die in den Anwendungsbereich der Liebhabereiverordnung 1990 fielen. Die Vermietung einer einzelnen Ferienwohnung stelle nämlich eine Betätigung nach § 1 Abs. 2 Z. 1 Liebhabereiverordnung dar. Wie der Prognoserechnung entnommen werden könne, komme es innerhalb eines absehbaren Zeitraumes zu keinem Gesamtüberschuss. Somit liege auch aus der Sicht der Liebhabereiverordnung keine Einkunftsquelle vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 2110/95-9, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 93/13/0171, durch einen verstärkten Senat ausgesprochen hat, ist dem Gesetz zu entnehmen, dass eine Betätigung nur dann als Einkunftsquelle anzusehen ist, wenn nach der ausgeübten Art der Betätigung objektive Ertragsfähigkeit vorliegt, d.h. wenn nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung ein positives steuerliches Gesamtergebnis innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbar ist. Ergibt die Prüfung der objektiven Ertragsfähigkeit kein eindeutiges Bild, so ist zu prüfen, ob die Betätigung mit subjektivem Ertragsstreben, also dem Streben nach Erzielung eines positiven steuerlichen Gesamtergebnisses, ausgeübt wird, wobei dieses Streben durch das Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien zu identifizieren ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die Auffassung vertreten, dass ein Zeitraum von mehr als 16 Jahren als nicht mehr überschaubar anzusehen sei. Dem gegenüber ist aber nach nunmehriger Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im angeführten Erkenntnis eines verstärkten Senates unter einem absehbaren Zeitraum zur Möglichkeit der Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges bei einer Vermietungstätigkeit eine Zeitspanne zu verstehen, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur vorhersehbaren Dauer der Nutzbarkeit des Gegenstandes der Vermietung zu Vermietungszwecken für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. In der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Zeitraum mit rund 20 Jahren angenommen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0166).
Hinsichtlich der Jahre 1990 und 1991 ist für die Beurteilung einer Betätigung als Einkunftsquelle die Liebhabereiverordnung 1990, BGBl. Nr. 322, anzuwenden. Wie der Gerichtshof aber bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, stimmt der absehbare Zeitraum im vor beschriebenen Sinn sowohl mit dem "überschaubaren Zeitraum" nach § 2 Abs. 4, als auch mit dem "üblichen Kalkulationszeitraum" des § 2 Abs. 3 der Liebhabereiverordnung überein (vgl. u.a. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom ).
Ausgehend von ihrer nicht mehr als zutreffend erachteten Rechtsauffassung hat die belangte Behörde zwar darauf hingewiesen, dass sich der Zeitraum bis zur Erzielung eines Totalüberschusses auf Grund einzelner Unrichtigkeiten in der Prognoserechnung der Beschwerdeführer noch über 17 Jahre hinaus verlängern könne, dazu jedoch keine ausreichend konkreten Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am