VwGH vom 15.03.1995, 92/13/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. 6/3-3072/91-06, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An den Beschwerdeführer wurde im Jahr 1989 Aufsichtsratsabgabe für die Jahre 1982 bis 1986 im Ausmaß von insgesamt S 279.073,-- rückerstattet. Die Erstattung erfolgte mit Rücksicht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 37-61/88/12, mit dem das Aufsichtsratsabgabegesetz und die Aufsichtsratsabgabeverordnung als verfassungwidrig aufgehoben worden waren, wobei der Beschwerdeführer Anlaßfall des betreffenden Gesetzesprüfungsverfahrens war.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich darüber, ob die Rückerstattung der Aufsichtsratsabgabe zu den im Jahr 1989 zugeflossenen Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört. Der Beschwerdeführer, der den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, verneint dies, während die belangte Behörde die Auffassung vertritt, daß es sich bei der rückerstatteten Aufsichtsratsabgabe um eine seinerzeit als Betriebsausgabe abgesetzte Betriebssteuer handelt, deren spätere Rückerstattung als Betriebseinnahme anzusehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Frage, ob die Rückerstattung von Aufsichtsratsabgabe infolge des oben zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom als Betriebseinnahme bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt bejaht (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom , 91/14/0087). Das Vorbringen des Beschwerdeführers bietet keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Rechtsansicht, die Abgabenrückerstattung sei eine Art "Schadenersatzleistung der Finanzverwaltung", weil es sich um die Rückerstattung einer zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Steuer handle. Eine derartige Steuerrückerstattung unterliege ihrer Art nach nicht der Einkommensteuer. Dabei verkennt der Beschwerdeführer, daß diese zu Unrecht einbehaltene und abgeführte Abgabe seine Einnahmen in den Jahren 1982 bis 1986 gekürzt hat. Wäre der Beschwerdeführer in den Jahren 1982 bis 1986 nicht mit Aufsichtsratsabgabe belastet worden, so wären seine (einkommensteuerpflichtigen) Einkünfte als Aufsichtsrat entsprechend höher gewesen. Diesen Umstand hebt er sogar hervor, zieht aber daraus den Schluß, daß in den genannten Jahren auch mit einkommensteuerlicher Wirkung entsprechend höhere Einkünfte zu fingieren gewesen wären. Daß § 19 Abs. 1 EStG 1988 für das einkommensteuerliche Erfassen von Einnahmen zwingend deren tatsächlichen und nicht bloß deren fingierten Zufluß fordert, hält der Beschwerdeführer nicht für maßgebend, indem er auf den "Stufenbau" der Rechtsordnung verweist und die durch das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis bereinigte Rechtslage, die die obige Fiktion erforderlich mache, als die höherrangige bezeichnet.
Nun kann aber die Aufhebung eines Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof nur zu einer Änderung der Rechtslage, nicht aber zu einer Änderung eines bereits verwirklichten Sachverhaltes führen. Eine festgestellte Rechtswidrigkeit hat nicht zur Folge, daß davon auszugehen wäre, das rechtswidrige Verhalten sei nie gesetzt worden. Folgerichtig spricht der Beschwerdeführer daher selbst von der "Rückerstattung des mir seinerzeit zu Unrecht vorenthaltenen Teiles meiner Aufsichtsratsvergütung". Daß diese Rückerstattung als einkommensteuerlich relevante Einnahme anzusehen ist, wenn es sich dabei unbestritten um einen Teil der seinerzeit "weggesteuerten" einkommensteuerpflichtigen Aufsichtsratsvergütung handelt, kann wohl kaum bezweifelt werden. Selbst wenn man daher dem Gedankengang des Beschwerdeführers folgt und an die Stelle einer rückerstatteten Betriebsteuer - dieses Argument wurde im Schrifttum deswegen bekämpft, weil die Aufsichtsratsabgabe in Wahrheit eine zu Unrecht einbehaltene "zusätzliche" Einkommensteuer war - einen zu Unrecht erst Jahre später ausbezahlten Teil der Aufsichtsratsabgabe setzt, hat dies auf das Ergebnis keinen Einfluß. Beide Betrachtungsweisen führen nämlich dazu, daß dem Beschwerdeführer im Jahr 1988 Einnahmen zugeflossen sind, die seinen Einkünften als Aufsichtsrat zuzurechnen sind. Daß es durch die zeitliche Zusammenballung in einem Jahr zu einer progressionsbedingt höheren Einkommensteuerbelastung kommen kann, ist eine Folge der Tarifgestaltung und damit durch das Steuersystem bedingt. Eine Ausnahme von dieser progressiven Besteuerung - solche sind in § 37 EStG 1988 vorgesehen - liegt im Beschwerdefall unbestritten nicht vor.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.