VwGH vom 01.12.1992, 88/14/0004

VwGH vom 01.12.1992, 88/14/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. F in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. 6/3/2-BK/Mo-1985, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1978 und 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen und ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1978 verschiedene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens angeschafft und bezahlt hatte. Ungeachtet dessen hatte der Beschwerdeführer die auf die angeschafften Wirtschaftsgüter entfallenden Vorsteuern erst im Jahr 1979 als Betriebsausgaben geltend gemacht. Der Prüfer berücksichtigte die genannten Beträge bereits im Jahr 1978, in dem der Beschwerdeführer einen Verlust erlitten hatte, als (verlusterhöhende) Betriebsausgaben, weil sie in diesem Jahr verausgabt worden waren.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Dadurch, daß er seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittle, habe er keine Möglichkeit, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 Verluste vorzutragen. Dies habe zur Folge, daß sich die im Jahr 1978 bezahlten Vorsteuerbeträge einkommensteuerlich nicht als Betriebsausgaben auswirken würden. Da aber die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben auf lange Sicht gesehen zu demselben Gesamtergebnis führen solle, wie die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972, müsse für den Einnahmen-Ausgabenrechner ein "Wahlrecht" bestehen, in welchem Jahr er die auf die angeschafften Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfallenden Vorsteuern als Betriebsausgaben geltend machen wolle. Diese Vorgangsweise entspreche auch dem Wesen der Umsatzsteuer, die systemgerecht als "Durchlauferpost" erfolgsneutral zu behandeln sei.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab.

Eine gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 419/86-9, abgewiesen. Gleichzeitig wurde sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In einer Beschwerdeergänzung werden sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Strittig ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich die Frage, ob der Gesichtspunkt, daß eine Einnahmen-Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 auf lange Sicht zu demselben Ergebnis führen soll, wie ein Betriebsvermögensvergleich, zur Folge hat, daß dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einzuräumen ist, abweichend von § 19 EStG 1972 eine als Betriebsausgabe wirksame Vorsteuer in einer anderen Gewinnermittlungsperiode abzusetzen als in jener, in der sie bezahlt wurde. Ein derartiges Wahlrecht läßt sich aus den einkommensteuerlichen Vorschriften nicht ableiten.

Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1972 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz in Richtung eines Wahlrechtes betreffend die Absetzbarkeit von Ausgaben läßt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen.

Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtslage bereits insoweit, als er davon ausgeht, daß eine Einnahmen-Ausgabenrechnung bei einer "Totalbetrachtung" jedenfalls zu demselben STEUERLICHEN Ergebnis führen muß wie ein Betriebsvermögensvergleich.

Es ist ihm zwar bewußt, daß sich die beiden genannten Gewinnermittlungsarten im wesentlichen dadurch voneinander unterscheiden, daß die verschiedenen Betriebsvorfälle steuerlich in unterschiedlichen Gewinnermittlungsperioden erfaßt werden können und daß sich diese unterschiedliche Erfassung auch auf das Entstehen oder das Ausmaß von Verlusten auswirken kann. Weiters ist dem Beschwerdeführer bekannt, daß das Rechtsinstitut des Verlustvortrages gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 ausschließlich für Steuerpflichtige vorgesehen ist, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG 1972 ermitteln. Aus dem Zusammenwirken dieser Normen ergibt sich aber zwingend, daß auch solche Verluste eines Einnahmen-Ausgabenrechners, die auf eine gegenüber dem Vermögensvergleich periodenverschobene Berücksichtigung von Betriebsausgaben zurückzuführen sind, in späteren Veranlagungszeiträumen keine Berücksichtigung finden können. Das vom Beschwerdeführer gewünschte, von den Grundsätzen des § 19 EStG abweichende Wahlrecht kann nur insoweit bejaht werden, als es jedem Steuerpflichtigen freisteht, seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972 durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln und damit auch in den Genuß des Verlustvortrages zu gelangen. Von diesem Wahlrecht hat der Beschwerdeführer allerdings nicht Gebrauch gemacht.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber mit dem Abgabenänderungsgesetz 1984, BGBl. Nr. 531/84, § 4 Abs. 3 EStG 1972 insoweit ergänzt hat, als es dem Steuerpflichtigen nunmehr freisteht, die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten zu behandeln. Diese gesetzliche Bestimmung ist jedoch erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1985, somit nicht für die Streitjahre 1978 und 1979 anzuwenden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.