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VwGH vom 31.03.1998, 97/13/0227

VwGH vom 31.03.1998, 97/13/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des P M in P, vertreten durch Dr. Gerhard Schilcher, Rechtsanwalt in Wien I, Bäckerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl RV/209-07/03/97, betreffend Haftung gemäß § 9 Abs 1 BAO in Verbindung mit § 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer der D und B GmbH gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer 1990) dieser Gesellschaft heran.

In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß er am als Geschäftsführer abberufen worden sei. Er sei daher zum Zeitpunkt einer am erfolgten Konkurseröffnung, aber auch zum Zeitpunkt des laut einem Sachverständigengutachten Ende 1991 erfolgten Eintrittes der objektiven Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht mehr Geschäftsführer gewesen. Vielmehr sei im Zeitpunkt seines Ausscheidens die Liquidität der Gesellschaft noch aufrecht gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine Handlung gesetzt, die kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgabe gewesen sei. Seit seinem Ausscheiden als Geschäftsführer habe er keinerlei rechtlichen und wirtschaftlichen Einfluß auf die Geschäftsgebarung der D und B GmbH, insbesondere auf die Bezahlung von fälligen Abgabenschuldigkeiten, mehr gehabt, weshalb seine Inanspruchnahme rechtlich verfehlt sei. In Beantwortung eines Vorhaltes, worin ua darauf hingewiesen worden war, daß ein Rechtsmittel gegen die mangels Abgabe einer Steuererklärung im Wege der Schätzung gemäß § 184 BAO festgesetzte Umsatzsteuer nicht eingebracht worden sei, wies der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom darauf hin, daß die Abgabenerklärungen für 1990 infolge Fristerstreckungen erst 1992 vorzulegen gewesen wären. Nach den Unterlagen der Steuerberatungskanzlei der GmbH hätte sich aus den vorbereiteten Abgabenerklärungen für 1990 ein Umsatzsteuerguthaben von rd S 400.000,-- ergeben. Mangels Auftrages und Bezahlung eines Honorars sei eine Abgabe der Steuererklärungen jedoch unterblieben. Infolge seines Ausscheidens zum habe den Beschwerdeführer auf Grund der Fristerstreckung bis 1992 eine Verpflichtung zur Abgabe der entsprechenden Erklärung und eine Verpflichtung zur Abfuhr von Umsatzsteuer, zumal einer Umsatzsteuer, von der er beim besten Willen keine Kenntnis hätte haben können, weil sie erst anläßlich der Konkurseröffnung gemäß § 184 BAO vorgeschrieben worden sei, nicht getroffen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Abgabenanspruch sei im Jahr 1990 und damit im Zeitraum der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers entstanden, weshalb der Abgabetermin der Umsatzsteuererklärung ohne Belang sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß ihn kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer 1990 treffe, weil er im Zeitpunkt seines Ausscheidens von einer Umsatzsteuergutschrift ausgegangen sei, sei nicht zielführend, weil die Schätzung der Umsatzsteuer 1990 gemäß § 184 BAO zu einer Nachforderung geführt habe. Der somit gegebene Irrtum über eine Umsatzsteuergutschrift wirke nicht haftungsbefreiend; die festgesetzte Abgabe sei bei der GmbH uneinbringlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen, zu denen auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen, alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren ein dahin zu verstehendes Vorbringen erstattet, daß ihn an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kein Verschulden treffe. Dieses insbesondere in der Eingabe vom erstattete Vorbringen war nicht in der Weise aussichtslos, daß die belangte Behörde nicht gehalten gewesen wäre, sich damit in einer Weise auseinanderzusetzen, die erkennen läßt, worin entgegen seinem Vorbringen die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen des Beschwerdeführers zu sehen ist. Die Aussage im angefochtenen Bescheid, daß der Irrtum des Beschwerdeführers über eine bestehende Umsatzsteuergutschrift nicht haftungsbefreiend wirke, trägt in dieser allgemeinen Form den angefochtenen Bescheid nicht.

Da sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides somit nicht ausreichend deutlich erkennen läßt, weshalb die belangte Behörde gemeint hat, ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Verletzung der ihm als ehemaligem Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten annehmen zu müssen, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit einer Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die im Umfang der Antragstellung getroffene Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.