VwGH vom 28.04.1993, 92/12/0264
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der Mag. N in S, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom , Zl. 199.285/5-III/19/92, betreffend Verleihung einer schulfesten Stelle (mitbeteiligte Partei: Mag. U in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium A zur Dienstleistung zugewiesen.
Im Verordnungsblatt des Landesschulrates für Kärnten vom war an der genannten AHS u.a. eine schulfeste Stelle für mathematische und naturwissenschaftliche Unterrichtsgegenstände zur Besetzung ausgeschrieben. Für diese Stelle bewarb sich u.a. die Beschwerdeführerin.
Mit Bescheid des Landesschulrates für Kärnten vom wurde auf Grund der Entscheidung des Kollegiums des Landesschulrates das Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen und die ausgeschriebene schulfeste Stelle an die Mitbeteiligte verliehen. Begründet war diese Entscheidung vor allem mit dem günstigeren Vorrückungsstichtag der Mitbeteiligten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und begehrte im wesentlichen, ihr die schulfeste Stelle deshalb zu verleihen, weil sie u.a. Chemie als Hauptfach unterrichte, somit allein für den Chemieunterricht an der Oberstufe befähigt wäre und auch bei der Beurteilung der sozialen Verhältnisse ihr der Vorzug gegenüber der Mitbeteiligten zu geben gewesen wäre.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 206 Abs. 6 BDG 1979 ab.
Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter aus, § 206 Abs. 6 BDG 1979 setze lediglich Richtlinien für die Auswahl der Bewerber fest; diese Merkmale seien, weil auf sie nur "Bedacht zu nehmen" sei, nicht abschließend ausgeführt. Bei der Auswahl der Bewerber könne daher auch auf andere Momente Rücksicht genommen werden, wenn sie dem Sinn des Gesetzes entsprächen. Es sei daher seitens der belangten Behörde zu prüfen gewesen, ob die Mitbeteiligte, an die die Verleihung der schulfesten Stelle tatsächlich erfolgt sei, in rechtswidriger Auslegung der Auswahlkriterien der Beschwerdeführerin vorgezogen worden sei.
Wie sich aus § 206 Abs. 6 zweiter Satz BDG 1979 ergebe, sei zunächst auf die Leistungsfeststellung der Bewerber Bedacht zu nehmen. Wie aus den vorliegenden Akten entnommen werden könne, sei weder für die Beschwerdeführerin noch für die Mitbeteiligte eine Leistungsfeststellung nach den Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes vorgenommen worden. Demnach habe sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Mitbeteiligte den vom Beamten zu erwartenden "Arbeitserfolg" erbracht.
Was die Rücksichtswürdigkeit im Hinblick auf die sozialen Verhältnisse betreffe, sei folgendes festzustellen:
Während für die Beschwerdeführerin der Umstand spreche, daß sie Alleinverdienerin sei, sei die Tatsache, daß die Mitbeteiligte zwei kleine Kinder zu versorgen habe, zu werten.
Da - wie bereits dargelegt - bei der Auswahl der Bewerber auch auf andere Kriterien Rücksicht zu nehmen sei, sei auch auf folgende Momente Bedacht zu nehmen gewesen:
Während der Dienstantritt der Beschwerdeführerin an der genannten AHS als Vertragslehrer am erfolgt sei, stehe die Mitbeteiligte bereits seit (mit Unterbrechung) und ab im Schuldienst. Sie habe die Lehramtsprüfung am für Chemie und Physik abgelegt. Die Mitbeteiligte habe diese für Biologie (Naturgeschichte) und Physik/Chemie bereits am absolviert. Die Mitbeteiligte weise das höhere Lebensalter auf, sie sei am "pragmatisiert" worden und habe die Definitivstellungserfordernisse am erfüllt.
Die vergleichbaren Daten der Beschwerdeführerin lauteten:
"Pragmatisierung" am , Definitivstellung am . Die Beschwerdeführerin befinde sich derzeit in der Gehaltsstufe 9 mit nächster Vorrückung am . Die Mitbeteiligte befinde sich in der Gehaltsstufe 11 mit nächster Vorrückung am . Auch der Vorrückungsstichtag der Beschwerdeführerin sei mit ungünstiger als jener der Mitbeteiligten (). Stelle man all diese Auswahlkriterien einander gegenüber, so ergebe sich, daß die überwiegende Zahl der Kriterien für die Verleihung der betreffenden schulfesten Stelle an die Mitbeteiligte, die über die längere Unterrichtserfahrung verfüge, spreche.
Erwähnt werde noch, daß die Mitbeteiligte - im Gegensatz zu der Beschwerdeführerin - bereits am eine schulfeste Stelle an der Bundeshandelsakademie/Bundeshandelsschule B inngehabt habe, diese jedoch anläßlich einer Versetzung habe aufgeben müssen.
Was schließlich das Argument der Beschwerdeführerin betreffe, daß sie fast ausschließlich im Fach Chemie verwendet werde und die einzige "Hauptfachchemikerin" wäre, während die Mitbeteiligte Chemie lediglich als Nebenfach aufweise, sei festzustellen, daß die betreffende schulfeste Stelle nicht für eine konkrete Fächerkombination bzw. mit einer näher fächerbezogenen Unterteilung ausgeschrieben worden sei, sondern allgemein für mathematische und naturwissenschaftliche Fächer. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Mitbeteiligte erfüllten die Voraussetzung für die Verleihung der ausgeschriebenen Stelle. Während die Beschwerdeführerin Chemie als Hauptfach und Physik als Nebenfach aufweise, sei bei der Mitbeteiligten das Hauptfach Biologie (Naturgeschichte) und das Nebenfach Physik/Chemie.
Da von zwölf herangezogenen Auswahlkriterien acht für die Mitbeteiligte sprächen und lediglich eines, nämlich das des Alleinverdieners, sowie drei Kriterien (nebenberufliche Tätigkeit, sonstige soziale Gründe und Leistungsfeststellung) für keine der Bewerberinnen einen Vorteil aufgewiesen hätten, sei der Berufung der Erfolg zu versagen und die spruchgemäße Feststellung zu treffen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt. Die Mitbeteiligte hat ebenfalls eine Äußerung abgegeben und den Ersatz der Stempelgebühren hiefür begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 206 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, werden schulfeste Stellen gemäß § 204 Abs. 1 mit der Ernennung auf die betreffende Planstelle besetzt. Sonstige schulfeste Stellen sind nach Maßgabe der folgenden Absätze zu verleihen. Schulfeste Stellen dürfen nach Abs. 2 der genannten Bestimmung nur Lehrern im definitiven Dienstverhältnis verliehen werden, die die Lehrbefähigung für die betreffende Stelle besitzen. Sie sind nach Abs. 3 der genannten Bestimmung - ausgenommen im Falle des Diensttausches von Inhabern solcher Stellen - im Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren zu besetzen.
Die Verleihung der schulfesten Stelle obliegt nach § 206 Abs. 6 BDG 1979 dem zuständigen Bundesminister oder, wenn ein Landesschulrat Schulbehörde erster Instanz für die betreffende Schule ist, dem Kollegium des Landesschulrates. Bei der Auswahl aus den Bewerbern ist zunächst auf die Leistungsfeststellung, ferner auf die Rücksichtswürdigkeit der Bewerber im Hinblick auf ihre sozialen Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Lehrer, die ihre schulfeste Stelle durch Auflassung der Planstelle verloren haben, sind bevorzugt zu reihen. Bei weniger als drei geeigneten Bewerbern kann eine neuerliche Ausschreibung vorgenommen werden.
Zutreffend geht die belangte Behörde bei der von ihr zu treffenden Auswahlentscheidung davon aus, daß die in der zuletzt wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmung ausdrücklich angeführten Kriterien, weil auf sie "nur Bedacht zu nehmen ist", keine abschließende Regelung darstellen. Bei der zu treffenden Auswahlentscheidung ist vielmehr, insbesondere wenn sich aus den im Gesetz angegebenen Kriterien keine klare Entscheidung für eine(n) Bewerber(in) ergibt, auch auf andere Gesichtspunkte Rücksicht zu nehmen, wenn diese im Sinne des Gesetzes gelegen sind. Der Behörde ist bei Gleichwertigkeit mehrerer Bewerber(innen) im Sinne der gesetzlichen Voraussetzungen bei ihrer weiteren Auswahl Ermessen eingeräumt, bei dessen Ausübung sie dem aus dem Gesetz hervorleuchtenden Sinne zu entsprechen hat (vgl. das zur im wesentlichen wortgleichen Regelung des § 21 Abs. 6 des Landeslehrer-Dienstgesetzes ergangene Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 991/72, Slg. 8643/A). Die belangte Behörde hat ihren Erwägungen daher zu Recht die weiteren im Sinne einer sachgerechten, dem Gesetz entsprechenden Entscheidung gelegenen Gesichtspunkte, nämlich insbesondere den Dienstantritt, Vorrückungsstichtag, Zeitpunkt der Definitivstellung als Indikatoren für einen längeren Unterrichtserfolg zur Bewertung der Bewerbungen herangezogen.
Wenn die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darin erblickt, daß die Behörde keine Leistungsfeststellung von Amts wegen eingeleitet habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß dem gesamten Dienstrecht keine Bestimmung des Inhaltes zu entnehmen ist, daß der Dienstbehörde die gesetzliche Verpflichtung auferlegt wäre, von Amts wegen eine Leistungsfeststellung zu treffen, um dem Bediensteten anläßlich der Verleihung einer schulfesten Stelle zu einem im Gesetz vorgeschriebenen besseren Kriterium zu verhelfen. Vielmehr sieht das Gesetz ausdrücklich vor, aus welchen Anlässen von Amts wegen eine Leistungsfeststellung vorzunehmen ist. Da weder die Voraussetzung des § 84 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 im gegenständlichen Fall zutraf, war die Behörde von jeglicher Verpflichtung befreit, eine Leistungsfeststellung treffen zu müssen. Es räumt vielmehr das Gesetz dem Lehrer selbst ohnehin die Möglichkeit ein, zufolge des § 220 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 eine Leistungsfeststellung auch dann zu verlangen, wenn diese Maßnahme Einfluß auf eine bevorstehende mögliche Verleihung einer schulfesten Stelle haben kann. Wenn die Beschwerdeführerin die ihr gebotene Möglichkeit nicht ausgeschöpft hat, so kann dieses Versäumnis nicht der Behörde angelastet werden.
Was den Vorwurf der nicht hinreichenden Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse der Beschwerdeführerin als Alleinverdienerin betrifft, ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß die Behörde diesbezüglich im Hinblick auf die beiden unversorgten Kinder der Mitbeteiligten von einer Gleichwertigkeit in diesem Kriterium ausgegangen ist.
Da bei den beiden abgehandelten, im Gesetz ausdrücklich genannten Kriterien Gleichwertigkeit der Bewerberinnen gegeben war, hat die belangte Behörde jedenfalls zu Recht weitere Gesichtspunkte für die Bewertung herangezogen und ist letztlich insbesondere zu der Feststellung gelangt, daß die Mitbeteiligte über eine längere Unterrichtserfahrung verfügt.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters auf den Umstand verweist, die Fächerkombination Chemie und Physik hätte - wäre sie doch die einzige "Hauptfachchemikerin" an der genannten AHS - für sie den Ausschlag geben müssen, so ist dem entgegenzuhalten, daß die durch den Landesschulrat für Kärnten vorgenommene Ausschreibung der schulfesten Stelle keine konkrete Fächerkombination aufwies. Vielmehr war - wie die belangte Behörde ausführt, um für die betreffende Schule eine optimale Fächerkombination zu ermöglichen - ganz allgemein eine schulfeste Stelle für mathematische und naturwissenschaftliche Unterrichtsgegenstände ausgeschrieben worden. Die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß die Mitbeteiligte vielseitiger, nämlich in drei Unterrichtsgegenständen, eingesetzt werden kann, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im Ergebnis Gleiches gilt im wesentlichen für den Einwand der Beschwerdeführerin, die zusätzlichen Befähigungen der Mitbeteiligten bestünden bloß in der Berechtigung, Chemie als Nebenfach an der Unterstufe unterrichten zu dürfen.
Da für den Verwaltungsgerichtshof weder die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften noch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erkennbar war, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nichtveröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.