TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 26.02.2003, 97/13/0155

VwGH vom 26.02.2003, 97/13/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. GA 16-96/3407/06, betreffend Gewerbesteuer und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 1990 bis 1993, (mitbeteiligte Partei: S Apotheke in W, vertreten durch Dr. Manfred Michalek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 1/6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Auf Grund einer im Jahr 1940 erteilten Konzession betrieben der Konzessionsinhaber Mag. pharm. G.P. und dessen Ehefrau W.P. in Form einer OHG eine Apotheke in Wien. Im Jahr 1971 traten die Töchter des Ehepaares, I.H. und E.S., der OHG bei. 1972 verstarb Mag. pharm. G.P., 1975 wurde W.P. die Konzession zum Witwenfortbetrieb erteilt. Von 1983 bis 1989 verpachtete die OHG die Apotheke.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte W.P. von ihrem Anteil von 62,5 % an der OHG der mittlerweile zur Mag. pharm. graduierten I.H. und der E.S., welche bereits jeweils einen Anteil von 18,75 % gehalten hatten, je einen Anteil von 12,5 %, wodurch W.P. hernach zu 37,5 % und Mag. pharm. I.H. und E.S. zu je 31,25 % an der OHG beteiligt waren. Als Kaufpreis war für diese Anteile je 2,5 Millionen S vereinbart worden.

Ebenfalls mit Vertrag vom beschlossen die drei Gesellschafterinnen die Umwandlung der OHG in eine Kommanditgesellschaft - die nunmehrige mitbeteiligte Partei -, wobei Mag. pharm. I.H. als Komplementärin und W.P. und E.S. als Kommanditistinnen vorgesehen waren. W.P. verpflichtete sich, die ihr erteilte Konzession zum Witwenfortbetrieb der Apotheke bedingt zugunsten der Mag. pharm. I.H. zurückzulegen. Mag. pharm. I.H. verpflichtete sich, einen Antrag auf Erteilung einer Konzession für die Führung der Apotheke zu stellen.

Beide Verträge waren mit Wirksamkeit zum Stichtag geschlossen worden.

In der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für 1990 erklärte die mitbeteiligte Partei einen der W.P. zugekommenen Veräußerungserlös von 4,650.000 S und jeweils den Gesellschafterinnen Mag. pharm. I.H. und E.S. entstandene und ihnen einzeln zuzurechnende Sonderaufwendungen von 158.333 S, welche sich aus der der Erklärung beigelegten Bilanz als Abschreibung von 15 % eines Firmenwertes ergaben. In den Erklärungen über die Einkünfte von Personengesellschaften für 1991 bis 1993 erklärte die mitbeteiligte Partei abermals den Gesellschafterinnen Mag. pharm. I.H. und E.S. gesondert entstandene Aufwendungen in Höhe von jeweils 158.333 S jährlich als Abschreibung von jeweils 15 % des Firmenwertes.

Im Gefolge einer bei der mitbeteiligten Partei durchgeführten Betriebsprüfung kam die Prüferin in ihrem Bericht zum Ergebnis, dass sich der aus einem Kaufpreis für die OHG-Anteile von 5 Millionen S nach Abzug des übertragenen Kapitals und eines Freibetrages von der mitbeteiligten Partei mit 4,650.000 S errechnete Veräußerungserlös aus einem Grundanteil und einem Gebäudeanteil der Liegenschaft, auf welcher sich die Apotheke befindet, aus einem Anteil an Firmenwert in Höhe von 2,167.170 S und aus einem Anteil für die Konzession in Höhe von 1,486.580 S zusammensetze. Hinsichtlich des auf die Konzession entfallenden Anteiles sei eine Absetzung für Abnutzung nicht zulässig, weil es sich bei der Konzession um ein nicht veräußerliches, nicht vererbliches und auf andere nicht übertragbares persönliches Betriebsrecht handle.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und setzte nach Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren mit Bescheiden vom dementsprechend für die Streitjahre die Gewerbesteuer neu fest und stellte die Einkünfte der mitbeteiligten Partei gemäß § 188 BAO neu fest.

Dagegen berief die mitbeteiligte Partei mit der Begründung, der "Konzessionsvorteil" stelle kein selbständig vom Firmenwert trennbares Wirtschaftsgut dar, sondern sei als Teil des Firmenwertes zu behandeln, weil er die einzige gewerbliche Grundlage des Unternehmens bilde. Daher sei die Abschreibung für Abnutzung vom Firmenwert auch auf den nach Ansicht der Prüferin auf die Konzession entfallenden Anteil zu erstrecken.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte die bekämpften Bescheide dem Berufungsvorbringen entsprechend ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vom beschwerdeführenden Präsidenten gemäß § 292 BAO idF vor der Änderung durch das AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, erhobene Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde gelangte in ihrem den Anforderungen der hg. Rechtsprechung (vgl. dazu ausführlich das Erkenntnis vom , 94/13/0200) im Aufbau vorbildlich entsprechenden angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und Auflistung der der Sachverhaltsfeststellung zu Grunde gelegten Beweismittel zur rechtlichen Beurteilung, dass der mit 1,486.580 S für die Konzession angesetzte Anteil am Veräußerungserlös als Teil des Firmenwertes zu behandeln und auf eine Dauer von 15 Jahren abzuschreiben sei. Die belangte Behörde leitete dies daraus ab, dass der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsprechung zum EStG 1972 den Konzessionsschutz der Apotheken als Bestandteil des Firmenwertes beurteilt habe und dass der Firmenwert nach dem EStG 1988 - abweichend von den früheren gesetzlichen Regelungen des EStG 1953, des EStG 1967 und des EStG 1972 - zwingend abzuschreiben sei.

Der beschwerdeführende Präsident tritt dieser Rechtsansicht der belangten Behörde entgegen und trägt zusammengefasst vor, dass die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke als persönliches Betriebsrecht zwar nicht übertragbar sei, dass aber die Vorteile aus dem Wegfall der sachlichen Konzessionsvoraussetzungen als mit einer bestehenden öffentlichen Apotheke untrennbar verbunden im Fall der Veräußerung und Übertragung der Apotheke bzw. eines Mitunternehmeranteiles auf den Erwerber übergehen. Der im Apothekengesetz verankerte Schutz einer bestehenden Apotheke sei unabhängig von der Person des jeweiligen Konzessionärs gegeben. Die mit dem Apothekenunternehmen als solchem verbundenen sachlichen Konzessionsvorteile gingen auf den Erwerber über und diesem sei bei Erfüllung der persönlichen Eignung ohne Bedarfsprüfung und ohne Einspruchsrecht anderer Nachbarapothekeninhaber die Konzession zu erteilen. Da die sachlichen Konzessionsvorteile zeitlich unbefristet seien, liege ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut "Konzession" vor.

Die mitbeteiligte Partei kommt in ihrer Gegenschrift nach weitwendigen Ausführungen zum Ergebnis, der vom beschwerdeführenden Präsidenten ins Treffen geführte, den bestehenden öffentlichen Apotheken "apothekengesetzlich gewährleistete Schutz der Lebensfähigkeit" sei zu einem erheblichen Teil überhaupt nicht gegeben. Dabei weist sie etwa auf die freie Apothekenwahl des Konsumenten hin, auf die zunehmende Mobilität und auf die wachsende Bedeutung der Verkehrsströme, die Änderung der Konsumentengewohnheiten sowie auf den Umstand, dass ein erheblicher Prozentsatz der öffentlichen Apotheken den in einer näher bezeichneten Abhandlung genannten hypothetischen Arzneimittelumsatz nicht erreiche.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich zur Frage der Absetzbarkeit des in der Konzession einer öffentlichen Apotheke bestehenden Wirtschaftsgutes nach der Rechtslage seit dem Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1988 bisher zweimal zu beschäftigen.

Im Erkenntnis vom , 94/14/0141, vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass bei einer Konzession für eine Apotheke insoferne eine Ausnahme von der Regel vorliege, dass mit dem Firmenwert Konzessionen und andere Gewerbeberechtigungen auf Grund ihres firmenwertähnlichen Charakters derart verbunden wären, dass sie dessen Schicksal bei der Beurteilung ihrer Absetzbarkeit teilten, als der Erwerb einer Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke von einer umfangreichen Bedarfsprüfung abhängig ist. Dadurch wird bestehenden Apotheken Schutz vor Konkurrenzierung geboten, während für die Übernahme einer bereits bestehenden Apotheke nur bestimmte Formerfordernisse zu erfüllen sind. Daher kommt der Konzession einer bereits bestehenden Apotheke als immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung zu, weswegen der Wert einer solchen Konzession nicht zwangsläufig untrennbarer Bestandteil des Firmenwertes und damit absetzbar ist. Vielmehr stellt diese Konzession ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut dar, welches keiner Abnutzung unterliegt.

Im Erkenntnis vom , 2000/14/0111, hielt der Gerichtshof an dieser Rechtsprechung fest und führte weiter aus, dass auch nach der Aufhebung von Teilen des § 10 des Apothekengesetzes durch den Verfassungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom , VfSlg 15.103, ein besonderer Schutz für bestehende Apotheken vorhanden ist. Solcherart ist die Apothekenkonzession selbst nach der (nach dem Streitzeitraum) bereinigten Rechtslage aus steuerlicher Sicht kein abnutzbares Wirtschaftsgut.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch im Beschwerdefall keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Apothekenkonzessionen sind, weil sie einen besonderen Schutz vor Konkurrenzierung bieten, ein nicht abnutzbares eigenes firmenwertähnliches Wirtschaftsgut (siehe auch Hofstätter/Reichel,

Die Einkommensteuer III A, Tz 5 zu § 8 EStG, und Doralt, EStG6, Tz 48 zu § 8).

Da die belangte Behörde den für die Konzession angesetzten Betrag aus dem Veräußerungserlös als Teil des Firmenwertes behandelt hat und von einer Abschreibbarkeit der Konzession ausgegangen ist, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am