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VwGH vom 26.03.2003, 97/13/0118

VwGH vom 26.03.2003, 97/13/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. GA RV/114-16/08/97, betreffend Einkommensteuer 1995 (mitbeteiligte Partei: R in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte erzielte im Streitjahr u.a. einerseits Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Angestellter der R GenmbH vom 1. Jänner bis , andererseits erhielt er nach Ausscheiden aus der R GenmbH für den Zeitraum vom 1. August bis Arbeitslosengeld. Nach dem Ausscheiden aus der R GenmbH erhielt der zu diesem Zeitpunkt 56-jährige Mitbeteiligte neben dem Arbeitslosengeld einen monatlichen Zuschuss auf Grund eines Sozialplanes der R GenmbH .

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 1995 fest und berücksichtigte dabei - neben hier nicht interessierenden Einkünften aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung - die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in der Weise, dass die im Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Juli erzielten steuerpflichtigen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umgerechnet wurden und an Hand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittsteuersatz ermittelt und auf das tatsächlich erzielte Einkommen angewendet wurde.

Dagegen berief der Mitbeteiligte mit der Begründung, dass er während des gesamten Jahres Einkünfte von der R GenmbH erhalten habe und daher der Progressionsvorbehalt nicht anzuwenden sei.

Im Berufungsverfahren bestätigte die R GenmbH dem Finanzamt, dass der Mitbeteiligte auf Grund der Regelungen des Sozialplanes der R GenmbH einen monatlichen Zuschuss von seinem Ausscheiden aus der R GenmbH bis zum frühestmöglichen Pensionsbeginn erhalte. Der Mitbeteiligte legte im Berufungsverfahren einen von der R GenmbH berichtigten Lohnzettel für das gesamte Jahr 1995 vor, welcher die beiden ursprünglich falsch ausgestellten Lohnzettel ersetzen sollte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und setzte die Einkommensteuer für 1995 fest, ohne die Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 anzuwenden. Der Mitbeteiligte habe vom 1. Jänner bis 31. Dezember lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen und einen (berichtigten) Lohnzettel für das gesamte Jahr 1995 übermittelt. Daneben habe er vom 1. August bis 31. Dezember Arbeitslosengeld erhalten. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 2 EStG 1988 "... die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte ..." ergebe sich, dass bei ganzjährigem Bezug der angegebenen nichtselbstständigen Einkünfte keine Umrechnung zu erfolgen habe. "Der vom Gesetzgeber gedachte Anwendungsfall - ein Teil des Jahres Erwerbseinkünfte, anderer Teil Arbeitslosengelder, etc. - und die dem Periodenprinzip der Einkommensteuer dadurch immanente Progressionsmilderung" lägen nicht vor. Ein Anwendungsfall des § 3 Abs. 2 EStG 1988 liege deshalb nicht vor, weil der Mitbeteiligte die "anderen" Einkünfte nicht ausschließlich außerhalb des Zeitraumes des Bezuges der Transferleistungen erhalten habe.

In der gemäß § 292 BAO idF vor der Änderung durch das AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, erhobenen Beschwerde vertritt der beschwerdeführende Präsident die Ansicht, dass im Hinblick auf das Enden des "aktiven Dienstverhältnisses" des Mitbeteiligten und die nachfolgenden "nicht sozialversicherten Zuschüsse ('Firmenpension') auf Grund des Sozialplanes" deutlich zu erkennen sei, dass kein einheitliches Dienstverhältnis für das gesamte Streitjahr vorgelegen sei, sondern das Dienstverhältnis mit 31. Juli geendet habe und danach im Rahmen des Sozialplanes auf Grund des früheren Dienstverhältnisses Zuschüsse geleistet worden seien, welche als Bezüge und Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis zu erachten seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818 lautet:

"(2) Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (V. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 1992), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde."

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 ist u.a. das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld von der Einkommensteuer befreit.

Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 leg. cit. sind dann, wenn der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge u.a. im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a nur für einen Teil des Kalenderjahres erhält, die für das restliche Kalenderjahr zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag umzurechnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0067).

Dass der Mitbeteiligte steuerfreie Bezüge (Arbeitslosengeld) im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres (nämlich für den Zeitraum vom 1. August bis ) bezogen hat, ist unstrittig. Damit ist aber der Tatbestand des § 3 Abs. 2 EStG 1988 (die vom Gesetz geforderte Voraussetzung), dass der Steuerpflichtige nur für einen Teil des Kalenderjahres im § 3 Abs. 2 EStG 1988 angeführte steuerfreie Bezüge erhalten hat, erfüllt. Somit hat die im § 3 Abs. 2 leg.cit. angeordnete Rechtsfolge einzutreten, dass die für das restliche Kalenderjahr bezogenen zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (im Beschwerdefall: die "Aktivbezüge") für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Jahr hochzurechnen sind. Dass der Mitbeteiligte für denselben Zeitraum neben dem Arbeitslosengeld Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezogen hat, hindert dies nicht (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0024, und vom , 99/13/0266).

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am