VwGH vom 21.09.1988, 88/10/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kirchner, über die Beschwerde des GW in S, vertreten durch Dr. Anton und Dr. Peter Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. Ro-607/1/1987, betreffend Aufhebung eines Bescheides nach § 68 Abs 2 AVG 1950 in einer Naturschutzangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem an den Beschwerdeführer und an P. L. ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom wurde der "Ziegelteich Kapeller mit seiner unmittelbaren Umgebung" auf näher bezeichneten Grundstücken, darunter solchen, welche sich im Eigentum des Beschwerdeführers befinden, gemäß § 28 des Kärntner Naturschutzgesetzes (LGBl. Nr. 54/1986, im folgenden kurz: NSchG) zum Naturdenkmal erklärt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung (der belangten Behörde) vom wurde dieser Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 aufgehoben. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 NSchG für die Erklärung zum Naturdenkmal im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Der zitierte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau enthalte lediglich die Erklärung des "Ziegelteiches Kapeller mit seiner unmittelbaren Umgebung" zum Naturdenkmal. Als im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG 1950 "aus dem Bescheid erwachsen" könnten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur Rechte verstanden werden, die Gegenstand des bescheidmäßigen Abspruches gewesen seien. Aus diesem Bescheid sei somit jedenfalls niemandem ein Recht erwachsen. Weiters stehe die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 der Aufhebung eines die Verfügungsgewalt des Eigentümers beschränkenden und somit den Eigentümer belastenden Auftrages jedenfalls nicht entgegen (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Slg. 6810/A).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom habe er mit Antrag vom Entschädigungsansprüche gestellt. Er habe aber bereits im Frühjahr 1987 mit der B.T. Gesellschaft m.b.H. einen Kaufvertrag über die Grundstücke, die zum Großteil zum Naturdenkmal erklärt worden seien, abgeschlossen. Dieser Vertrag sei mit Rücksicht auf die Grunderwerbsteueränderung mündlich, der (schriftliche) Vertrag sei am abgeschlossen worden. Dieser Vertrag sei nach Erklärung des Ziegelteiches mit seiner unmittelbaren Umgebung zum Naturdenkmal "aufgehoben" worden, weil die Käuferin für die zum Naturdenkmal erklärten Grundstücke keine Verwendung gehabt habe. Da die Käuferin nach Erklärung des Ziegelteiches zum Naturdenkmal den Kaufvertrag vom nicht mehr einhalten habe müssen, weil die Grundstücke zu dem Zweck, zu dem sie gekauft werden sollten, nicht hätte verwendet werden dürfen, sei dem Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt bereits ein Entschädigungsanspruch entstanden. Die belangte Behörde hätte daher den Beschwerdeführer vor Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom befragen müssen, ob ihm aus der Erklärung des Ziegelteiches Kapeller zum Naturdenkmal nicht schon Rechte erwachsen seien, nicht aber hätte die belangte Behörde ohne eine solche Befragung den Bescheid aufheben dürfen. Der Aufhebung eines Bescheides nach § 68 Abs. 2 AVG 1950 komme keine rückwirkende Kraft zu, sohin bleibe der Entschädigungsanspruch aufrecht. Da dem Beschwerdeführer sohin aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom bereits Rechte erwachsen seien, sei die Aufhebung dieses Bescheides durch den Bescheid der belangten Behörde vom infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, durch Unterlassen des Parteiengehörs und in unrichtiger Anwendung der Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 erfolgt.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau betreffe - so die Beschwerde weiter - nicht nur Grundstücke des Beschwerdeführers, sondern auch solche des P. L. Bescheide, die in einem Mehrparteienverfahren ergingen, seien von der Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 ausgenommen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 960/76). Auch aus diesem Grunde hätte die belangte Behörde den Bescheid vom nicht aufheben dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 können Bescheide, aus denen niemand ein Recht erwachsen ist, u.a. in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst die Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu teilen, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil der aufgehobene Bescheid auch Gründstücke des Besitzers P. L. betroffen habe und Bescheide, die "in einem Mehrparteienverfahren" ergehen, von der Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 ausgenommen seien. Damit ist für den Beschwerdeführer deshalb nichts gewonnen, weil Voraussetzung für die Unzulässigkeit der Anwendung dieser Gesetzesstelle in jedem Fall ist, dass irgendeiner Partei aus dem Bescheid ein Recht erwachsen ist; dies ist jedoch hier nicht der Fall.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5393/A, die Rechtsansicht vertreten (und diese im Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9707/A, aufrechterhalten), dass "aus dem Bescheid erwachsene" Rechte im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG 1950 nur solche Rechte seien, die Gegenstand des bescheidmäßigen Abspruches waren.
Aus dem bescheidmäßigen Abspruch, der sich auf § 28 NSchG stützte, ergibt sich nicht, dass dem Beschwerdeführer oder P. L. irgendwelche subjektive Rechte erwachsen seien. Insbesondere erwuchs dem Beschwerdeführer daraus noch kein Recht auf die im § 49 NSchG geregelte Entschädigung. Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor. Damit können auch die behaupteten Verfahrensmängel nicht wesentlich sein.
Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am