VwGH 20.09.2001, 2001/06/0026
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauRallg; ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb idF 1995/001; |
RS 1 | Nach der Bestimmung des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Stmk ROG idF LGBl. Nr. 1/1995 kommt es auf die betriebliche Notwendigkeit der darin angeführten Bauten an. Dabei geht das Gesetz von einer Betriebseinheit aus, nur ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass eine Betriebseinheit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen nur bei einer Hoflage vorliegen könne oder, anders gewendet, bei einer Entfernung von 740 m zwischen dem geplanten Objekt und dem Betriebsmittelpunkt von vornherein deshalb nicht gegeben sein könnte, weil ein entsprechendes Objekt auch in Hoflage errichtet werden könnte. Dazu kommt, dass das Bestehen einer Hofstelle nach dieser Rechtslage nicht erforderlich ist (Hinweis E vom , Zl. 98/06/0178). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der Marktgemeinde T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 T 77-01/17, betreffend die Aufhebung einer Berufungsentscheidung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Dr. HM in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde das Gesuch der mitbeteiligten Partei (kurz: Bauwerber) vom (abgeändert mit Schriftsatz vom ) um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes auf einem Grundstück in einem Gemeindegebiet, welches gemäß dem 3.0 Flächenwidmungsplan der Gemeinde (beschlossen vom Gemeinderat am und , in Rechtswirksamkeit erwachsen am ) als Freiland gewidmet ist, abgewiesen. Aufs Wesentlichste zusammengefasst, wurde dies damit begründet, dass dieses Wirtschaftsgebäude nicht "erforderlich" im Sinne des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b des Stmk. Raumordnungsgesetzes (ROG) sei, weil die Entfernung des geplanten Wirtschaftsgebäudes von einem näher bezeichneten Wohnhaus ca. 740 Wegemeter betrage und dies dem betrieblichen Merkmal einer Landwirtschaft deshalb widerspreche, weil der funktionelle Zusammenhang der Wohn- und Wirtschaftsgebäude nicht gegeben sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde. Die Berufungsbehörde vertrat (ebenfalls) mit näheren Ausführungen die Auffassung, dass der Standort des geplanten Gebäudes vom Betriebsmittelpunkt rd. 740 m entfernt sei und daher eine Erforderlichkeit im Sinne der genannten Bestimmung des ROG nicht gegeben sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es begründend, gemäß § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG in der Fassung der Raumordnungsnovelle 1994, LGBl. Nr. 1/1995, dürften im Freiland nur Neu- und Zubauten errichtet werden, die für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich seien. Die Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle besagten, dass bei Neu- und Zubauten bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Freiland nur mehr die Erforderlichkeit, nicht jedoch auch, wie dies gemäß der früheren Rechtslage vorgesehen gewesen sei, die standörtliche Zuordnung, Betriebstypizität und Gestaltung geprüft werden müsse.
Gemäß einem von den Baubehörden eingeholten Gutachten der Agrarbezirksbehörde Graz vom ergebe sich die Erforderlichkeit des verfahrensgegenständlichen Gebäudes. Lediglich als Hinweis werde in diesem Gutachten festgehalten, dass das geplante Wirtschaftsgebäude weit außerhalb der Hoflage projektiert sei. Dieser Hinweis habe aber hinsichtlich der Erforderlichkeit des geplanten Bauwerkes keine Bedeutung.
Entgegen der klaren gesetzlichen Vorgabe des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG sei ein ergänzendes Gutachten der Agrarbezirksbehörde Graz vom dem Verfahren zu Grunde gelegt worden, welches auch die Distanz zwischen dem geplanten Gebäude und dem bestehenden Wohnhaus mit einbezogen und zum Ergebnis gekommen sei, dass die "Erforderlichkeit" wegen der räumlichen Gegebenheiten zu verneinen sei. Wie (aber) der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0178, ausgeführt habe, sei das Vorliegen einer Hofstelle im Lichte der (auch hier) anzuwendenden Rechtslage nicht maßgeblich. Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang, dass die "Hofstelle" nur dort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstelle, wo dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei (Hinweis auf § 25 Abs. 5 ROG).
Es hätte daher vorliegendenfalls die Entfernung des geplanten Objektes zum Wohnhaus bei der Beurteilung der "Erforderlichkeit" unberücksichtigt bleiben müssen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 25 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, betreffend das "Freiland", wurde durch die Raumordnungsnovelle 1994, LGBl. Nr. 1/1995, zur Gänze neu gefasst. In der Fassung vor der Novelle bestimmte Abs. 2 dieses Paragrafen, dass die Flächen des Freilandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienten und nicht Ödland seien, im Flächenwidmungsplan unter Angabe ihrer Sondernutzung festzulegen seien, soweit nicht eine Ersichtlichmachung auf Grund der überörtlichen Raumordnung (§ 6) zu erfolgen habe; es folgte sodann eine demonstrative Aufzählung der Flächen für Sondernutzungen.
Nach § 25 Abs. 3 Z. 1 ROG in der Fassung vor der genannten Novelle durften im Freiland nur solche Gebäude, Bauwerke und Anlagen errichtet werden, die als Objekte eines Betriebes für eine bestimmungsgemäße Nutzung gemäß Abs. 2 nachweislich erforderlich sowie in ihrer standörtlichen Zuordnung und Gestaltung betriebstypisch sind.
Nach § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der genannten Novelle dürfen im Freiland nur Neu- und Zubauten errichtet werden, die für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind.
In den Erläuternden Bemerkungen zur ROG-Novelle 1994 (abgedruckt in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht3, Seite 506 f, hier 507) heißt es dazu, bei Neu- und Zubauten bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Freiland solle nur mehr die Erforderlichkeit, nicht jedoch auch - wie es die derzeitige Rechtslage vorsehe - die standörtliche Zuordnung, Betriebstypizität und Gestaltung geprüft werden. Diese Neufassung werde insbesondere bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu vertretbaren Erleichterungen führen, weil im Rahmen eines Bauverfahrens ohnehin unter anderem zu prüfen sei, ob der geplante Bau das Orts- und Landschaftsbild störe oder nicht. Eine andere Nutzung des Objektes als für die Land- und Forstwirtschaft (ausgenommen Altbestand) sei ohnedies ausgeschlossen. Über die Notwendigkeit des Vorhabens könne der Antragsteller selbst entscheiden.
Zusammengefasst vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung (wie schon im Berufungsbescheid ihres Gemeinderates), dass die einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordneten Bauwerke, wie Wohn-, Stall- und Wirtschaftsgebäude sowie deren Nebengebäude, mit dem landwirtschaftlichen Betrieb eine Einheit bildeten und, was auch der Betriebsausstattung entspreche, in Hoflage errichtet werden müssten. Für die Hoflage sei der funktionelle Zusammenhang der Wohn- und Wirtschaftsgebäude maßgeblich und zwar als eines der Wesensmerkmale eines landwirtschaftlichen Betriebes. Angesichts der Entfernung von 740 Wegmetern zwischen dem geplanten Objekt und dem Betriebsmittelpunkt sei diese Hoflage nicht gegeben und es werde damit kein Beitrag dazu geleistet, mit dem Neubau eine homogene bauliche Einheit, nämlich eine Hofstelle, zu bilden. Damit sei "die Erforderlichkeit den projektierten Standort zu belassen, nicht gegeben", zumal ein entsprechendes Objekt auch in Hoflage errichtet werden könnte. Deshalb sei das geplante Objekt, was auch aus den eingeholten Gutachten (welche die belangte Behörde nicht gehörig berücksichtigt habe) abzuleiten sei, nicht "erforderlich" im Sinne des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG. Diese Auslegung werde auch dem Raumordnungsgrundsatz gerecht, wonach das Freiland vor Zersiedelung zu bewahren sei.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Nach der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG idF LGBl. Nr. 1/1995 dürfen im Freiland nur Neu- und Zubauten errichtet werden, die für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Es kommt daher auf die betriebliche Notwendigkeit solcher Bauten an. Der Beschwerdeführerin ist darin beizutreten, dass das Gesetz dabei von einer Betriebseinheit ausgeht, nur ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass eine Betriebseinheit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen nur bei einer Hoflage vorliegen könne oder, anders gewendet, bei einer Entfernung von 740 m zwischen dem geplanten Objekt und dem Betriebsmittelpunkt von vornherein deshalb nicht gegeben sein könnte, weil ein entsprechendes Objekt auch in Hoflage errichtet werden könnte. Dazu kommt, dass das Bestehen einer Hofstelle nach der hier maßgeblichen Rechtslage nicht erforderlich ist (siehe dazu das von der belangten Behörde genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0178).
Der im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte tragende Aufhebungsgrund, dass nämlich die Berufungsbehörde dem Begriff der "Erforderlichkeit" im Sinne des § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b ROG einen unrichtigen Inhalt unterstellt haben, ist daher zutreffend. Auch aus den Hinweisen der Beschwerdeführerin auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu abweichenden Rechtslagen ist nichts zu gewinnen. Die Beschwerdeführerin übersieht insbesondere, dass auch dann, wenn ein Zu- oder Neubau (bei gegebener Betriebseinheit) "erforderlich" im zuvor beschriebenen Sinn ist, die Baubehörden nicht daran gehindert sind, unter anderem zu prüfen, ob der geplante Bau das Landschaftsbild stört oder nicht (vgl. § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk BauG).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil zum pauschalen Schriftsatzaufwand nicht noch zusätzlich Umsatzsteuer gebührt (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697, wiedergegebene hg. Judikatur).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauRallg; ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb idF 1995/001; |
Schlagworte | Planung Widmung BauRallg3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2001:2001060026.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAE-36922