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VwGH vom 29.10.2003, 2000/13/0088

VwGH vom 29.10.2003, 2000/13/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über die Beschwerde des H und der EW in W, vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder und Dr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 94, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl. RV/603-16/11/99, betreffend Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer erzielten im Streitjahr erstmals Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung eines in Wien, L.-Gasse 37, gelegenen Mietobjektes. Die Berechnung der Bemessungsgrundlage der AfA bei Ermittlung der Vermietungseinkünfte bildet den Streitpunkt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Die Begründung zum Bescheid über die Einkünftefeststellung 1998 wies darauf hin, dass ohne Gutachten über die Nutzungsdauer der AfA-Satz grundsätzlich 1,5 % betrage. Nach der Verwaltungspraxis sei der Grundanteil bei älteren Gebäuden in der Regel mit 25 % anzusetzen. Ausgehend von den Anschaffungskosten von insgesamt 5,433.750 S sei damit bei einem Gebäudewert von 4,075.313 S unter Berücksichtigung weiterer Nebenkosten die AfA bei einem Satz von 1,5 % in Höhe von 71.779 S anzusetzen.

In der Berufung wurde beantragt, der Berechnung der AfA die lt. Erklärung beantragte Restnutzungsdauer von 35 Jahren zu Grunde zu legen. Zur Begründung werde ein Gutachten eines Sachverständigen beigebracht werden.

Nach Vorlage dieses Gutachtens gab das Finanzamt der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom keine Folge. Im vorgelegten Sachverständigengutachten werde das Gebäude als in "insgesamt gutem Bau- u. Erhaltungszustand" beschrieben. Es werde auch festgestellt, dass beim Gebäude die laufenden Erhaltungsarbeiten augenscheinlich vorgenommen worden seien. Da sich im Befund keinerlei Hinweise auf die "Lebens- "/Gesamtnutzungsdauer des konkreten Gebäudes befänden, sei - trotz des 100-jährigen Bestandes - der Schluss im Gutachten auf eine 35- jährige (Rest)Nutzungsdauer nicht fundiert und daher nicht nachvollziehbar. Der Beweis einer kürzeren als der gesetzlich vermuteten (Rest)Nutzungsdauer sei damit nicht erbracht worden.

Im weiteren Berufungsverfahren wurde eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters eingebracht, in der dieser wiederum die seiner Ansicht nach zum Bewertungsstichtag gegebene Restnutzungsdauer von 35 Jahren bekundete.

In einem Vorhalt vom teilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern mit, es sei nicht auszuschließen, dass sie bei ihrer Entscheidung in Bezug auf die Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden sowie Gebäude von den Ausführungen von Lenneis, Fiktive Anschaffungskosten, Anteil von Grund und Boden, Restnutzungsdauer von Gebäuden - unbekannte Größen?, in ÖStZ 1998, S. 576, ausgehen werde. Demnach müsste bei einer AfA-Berechnung unter Annahme einer 35-jährigen Restnutzungsdauer ein Anteil von 58 % für Grund und Boden angesetzt werden (insgesamt ergebe sich damit eine AfA bei einer Restnutzungsdauer von 35 Jahren in Höhe von 85.488 S).

In einer Stellungnahme vom vertraten die Beschwerdeführer den Standpunkt, das der Berechnung der belangten Behörde zu Grunde liegende Freiwerden des Grundstückes nach einem Zeitraum von 35 Jahren, sodass sodann das freie Grundstück zur Verfügung stehe, könne keineswegs prognostiziert werden. Insgesamt werde ersucht, die bisherige Aufteilung zwischen Grund und Boden sowie Gebäude zu belassen. In der Folge brachten die Beschwerdeführer noch eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom bei, in der dieser die strittige Aufteilung mit 31,433 % für den Grund und 68,567 % für das Gebäude rechnerisch ermittelte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. Werde die AfA von den Anschaffungskosten bemessen, sei der auf Grund und Boden entfallende Teil aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Gehe man von der im Gutachten ausgewiesenen Restnutzungsdauer des Mietgebäudes aus, sei zudem noch das Verhältnis des Anteiles von Grund und Boden am Kaufpreis der Liegenschaft zu dieser angenommenen Restnutzungsdauer zu beachten. Das Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend die in 35 Jahren zu beachtende Widmungsfrage verlasse den Bereich des Spekulativen nicht. Die Beschwerdeführer hätten den Vorhalt der belangten Behörde vom nicht erschüttern können. Bei der ersten für die Bemessung des Kaufpreises ausschlaggebenden Komponente handle es sich um den Wert des Grund und Bodens an sich, welcher vorhanden sei, selbst wenn das Gebäude nicht mehr nutzbar sei. Die zweite Komponente der Anschaffungskosten bilde der Ertrag, der aus der Nutzung des Gebäudes resultiere. Gehe man unter Bedachtnahme auf die Anschaffungskosten von 5,433.750 S von dem angenommenen niedrigen Ertragswert lt. ergänzender Stellungnahme vom in Höhe von jährlich 86.550 S aus, wodurch sich ein abgezinster Ertragswert in 35 Jahren von 1,332.000 S errechne, sei die Anschaffung des Objektes wirtschaftlich nur dann sinnvoll erklärbar, wenn ein entsprechend hoher Grundwert vorliege. Läge ein entsprechend hoher Ertragswert vor, "bräuchte zwecks Amortisation des eingesetzten Kapitals nur ein niedriger Grundwert gegeben sein". Sei auf Grund des Gebäudezustandes der Gebäudewert hoch, resultiere daraus wegen der guten Vermietbarkeit gegenüber einem Gebäude mit einem schlechten Gebäudezustand ein höherer Ertragswert. Bei einem hohen Gebäudewert verbleibe aber nur ein geringerer Wertanteil für Grund und Boden. Laut der Stellungnahme vom werde ein Grundwert in Höhe von 1,259.378 S und ein restlicher "amortisierter Gebäudewert" von 4,006.522 S angenommen. Der ebenfalls angenommene Ertragswert von jährlich netto 86.550 S führe in 35 Jahren zu einem abgezinsten Ertragswert von 1,332.000 S. Die Anschaffungskosten von über 5 Mio. S ließen "bei einem Ertragswert von etwas mehr als S 1 Mio. die Annahme, der Grundwert betrage bloß etwas mehr als S 1 Mio. nicht wirtschaftlich sinnvoll bzw. gerechtfertigt erscheinen". Die belangte Behörde könne deshalb der Aufteilung auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits lt. Schreiben vom nicht folgen. Nicht zur Gänze von der Hand zu weisen seien allerdings die Umstände, die die Beschwerdeführer für die Zeit nach Ablauf des angenommenen 35-jährigen Zeitraumes betreffend "Freimachung" ins Treffen geführt hätten. Zwecks Berücksichtigung dieser Umstände werde ein gegenüber dem Vorhalt vom niedrigerer Anteil für Grund und Boden ("35 Jahre + Zuschlag von 5 Jahren zwecks Freimachung = 40 Jahre") in Höhe von 50 % angesetzt. Ausgehend von einer Restnutzungsdauer von 35 Jahren errechnete sich damit eine AfA in Höhe von 97.151 S.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , 99/13/0238, ausgeführt, dass die Ermittlung der anteiligen Werte für Grund und Boden bzw. Gebäude grundsätzlich nicht auf die Ausführungen im auch im vorliegenden Beschwerdefall als maßgebend zitierten Artikel von Lenneis in der ÖStZ 1998 betreffend "Korrelation zwischen Grund und Boden und Restnutzungsdauer" gestützt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof wies auch darauf hin, dass bei der strittigen Aufteilung der Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes - ausgehend vom Verkehrswert der gesamten Liegenschaft - jeweils der Verkehrswert des bloßen Grund und Bodens einerseits und des Gebäudes andererseits zu schätzen und der Kaufpreis im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen ist (Methode des Sachwertverhältnisses). Eine Differenzrechnung, bei welcher beispielsweise der Wert des Bodens vom Gesamtkaufpreis in Abzug gebracht wird, führt in der Regel nicht zu einer den Wertverhältnissen entsprechenden Aufteilung (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/14/0084, vom , 96/15/0086, und vom , 96/15/0063).

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bei der strittigen Ermittlung des Wertanteiles für Grund und Boden im Wesentlichen von den im Vorhalt vom wiedergegebenen Annahmen in der bereits mehrfach erwähnten Literaturstelle zur rechnerisch linearen Beziehung zwischen Restnutzungsdauer und Wertanteil von Grund und Boden ausging, hat sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im Übrigen ist im angefochtenen Bescheid auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die belangte Behörde in Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 (AfA-Satz grundsätzlich 1,5 %) und der Beurteilung durch die Abgabenbehörde erster Instanz von einer Restnutzungsdauer des Gebäudes von 35 Jahren ausgegangen ist bzw. dem diesbezüglich vorgelegten Sachverständigengutachten Beweiskraft zugemessen hat. Zu den im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen zur Ermittlung der Wertrelationen zwischen Grund und Boden bzw. Gebäude rügt die Beschwerde außerdem zu Recht, dass bei der Wertermittlung für Grund und Boden regelmäßig auch der Umstand der Bebauung, vor allem bei Bestehen mietrechtlicher Beschränkungen, wertmindernd zu berücksichtigen ist, sodass die im angefochtenen Bescheid angestellten Differenzrechnungen zur Ermittlung eines "entsprechend hohen Grundwertes" auch diesbezüglich nicht schlüssig sind.

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am