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VwGH vom 18.05.1993, 92/11/0234

VwGH vom 18.05.1993, 92/11/0234

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom , Zl. VI/2-949/1-1992, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom wurde gemäß § 73 Abs. 1 und § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 die dem Beschwerdeführer für Kraftfahrzeuge der Gruppe B erteilte Lenkerberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen, gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. bestimmt, daß dem Beschwerdeführer nicht vor dem eine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe, und ausgesprochen, daß gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid aberkannt werde. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungsdauer mit 30 Monaten, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (), festgesetzt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß auf Grund der fristgerecht erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom dieser nicht in Rechtskraft erwachsen ist und die Erstbehörde daher nicht gehindert war, in dieser Sache neuerlich meritorisch zu entscheiden. Die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist des § 57 Abs. 3 erster Satz AVG hat lediglich zur Folge, daß der Mandatsbescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt, die Kraftfahrbehörde aber nicht gehindert ist, nachträglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und sodann in der Sache neuerlich zu entscheiden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/11/0115). Im Hinblick auf das Außerkrafttreten des genannten Mandatsbescheides erübrigt es sich auch, zu den Ausführungen des Beschwerdeführers zu diesem Bescheid, insbesondere auch zur darin ausgesprochenen Dauer der Entziehungsmaßnahme, Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, daß das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft geblieben sei, weil seine Berufung insofern nicht zur Gänze erledigt worden sei, als der Ausspruch im erstinstanzlichen Bescheid, der Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, nicht behandelt worden sei. Diese Ausführungen sind jedoch verfehlt, weil die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutig dargelegt hat, daß der Berufung des Beschwerdeführers nur insofern Folge gegeben wird, als die Entziehungsdauer neu mit 30 Monaten, gerechnet ab , festgesetzt wird. Dies bedeutet, daß im übrigen der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wird und damit auch die Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - durch Abweisung - erledigt ist. Daß die Begründung des angefochtenen Bescheides in Ansehung der Frage der aufschiebenden Wirkung keine weiteren Ausführungen enthält, stellt keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit dar, weil angesichts der Beendigung des Berufungsverfahrens die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung nicht mehr in Betracht kam (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/11/0071).

Es sind auch die Ausführungen des Beschwerdeführers verfehlt, das Verfahren vor der belangten Behörde sei deswegen mangelhaft geblieben, weil es unterlassen worden sei, den Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Weiz beizuschaffen, um die Umstände, unter welchen die strafbare Handlung im Sinne des § 5 StVO 1960 gesetzt worden sei, aufzuklären. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 rechtskräftig bestraft wurde. An dieses Straferkenntnis ist die Kraftfahrbehörde gebunden und es ist ihr daher eine selbständige Beurteilung der Vorfrage, ob eine solche Übertretung vorliegt, verwehrt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/11/0070, mit weiteren Judikaturhinweisen). Es liegt demnach kein Verfahrensmangel vor, wenn die belangte Behörde nicht neuerlich ein Ermittlungsverfahren betreffend die Übertretung durchgeführt hat, die bereits Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens gewesen ist. Auf den Grund der Verweigerung des Beschwerdeführers, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, kommt es nicht an.

Der Bestrafung des Beschwerdeführers mit dem genannten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz lag zugrunde, daß der Beschwerdeführer am zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht am um 0.10 Uhr auf einem Gendarmerieposten geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid aus, daß auf Grund der Bestrafung durch die Bezirkshauptmannschaft Weiz eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 (lit. e) KFG 1967 anzunehmen sei, die in Verbindung mit ihrer Wertung die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit rechtfertige. Im Rahmen der Wertung berücksichtigte die belangte Behörde auch, daß dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung zufolge begangener Alkoholdelikte vom und jeweils für die Dauer von 18 Monaten entzogen worden war. Dies zeige die Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung solcher Delikte auf. Damit ist die belangte Behörde im Recht. Der Beschwerdeführer selbst räumt ein, daß auf das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 Bedacht genommen werden müsse. Insoweit er rügt, daß ein weiteres Straferkenntnis vom wegen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 als getilgt nicht zur Stützung einer Entziehungsmaßnahme herangezogen werden dürfe, ist zu entgegnen, daß die Kraftfahrbehörde auch auf diese Übertretung deshalb Bedacht zu nehmen hatte, weil im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung, die sowohl für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit als auch für die Prognose, wann mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit gerechnet werden kann, maßgebend ist, alle strafbaren Handlungen - auch wenn sie länger zurückliegen und die Strafen bereits getilgt sind - zu berücksichtigen sind, die einen Schluß auf die verkehrsrelevante Sinnesart des Beschwerdeführers zulassen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/11/0061, und vom , Zl. 92/11/0070, je mit weiteren Judikaturhinweisen). Mit Recht hat daher die belangte Behörde alle einschlägigen Bestrafungen des Beschwerdeführers und sämtliche bereits vorgenommenen Entziehungsmaßnahmen im Rahmen der Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 in ihre Betrachtung einbezogen. Damit wird aber auch deutlich, daß die belangte Behörde mit Recht von der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist und im Hinblick auf die Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung von Alkoholdelikten die Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 bis nicht rechtswidrig ist. Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen wirtschaftlichen (daß er ohne Lenkerberechtigung "in eine katastrophale Situation gerate") und familiären (daß er unter Benützung seines Pkws leichter sein Kleinkind besuchen könne) Argumente konnten mangels Relevanz für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht Beachtung finden. Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe den Beginn der "Entzugsdauer" unrichtig festgelegt und zu Unrecht Zeiten nicht eingerechnet, ist ihm zu entgegnen, daß allein das Ergebnis der Prognose über den voraussichtlichen Zeitpunkt des Wiedereintrittes der Verkehrszuverlässigkeit maßgeblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/11/0164 u.a.). Es ist dem Beschwerdeführer jedoch nicht gelungen, darzutun, er werde vor dem seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Fundstelle(n):
RAAAE-36747