VwGH vom 23.05.2002, 2001/05/0752

VwGH vom 23.05.2002, 2001/05/0752

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Prof. Dr. Wolfgang Weihs in Wien, vertreten durch Dr. Ludwig Riemer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B VI - 8/2000, betreffend Erteilung eines Bauauftrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund eines "Konsensplanes" vom , Zl. M.- Abth. XIV 1329/02, sind die im Dachboden des dem Beschwerdeführer gehörigen Hauses in 1060 Wien, Theobaldgasse 5, Tür 12 bis 14, als Wohnung vermieteten Räumlichkeiten mit dem Verwendungszweck Trockenboden und Bügelkammer ausgewiesen. Diese Räumlichkeiten werden derzeit auch als Wohnung benutzt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien als Eigentümer der vorgenannten Baulichkeiten aufgetragen, binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die widmungswidrige Benützung des Trockenbodens und der Bügelkammer im Dachboden als Wohnung aufzulassen. Da der Beschwerdeführer als Hauseigentümer den Benützer von der bewilligten Benützungsart nicht in Kenntnis gesetzt und somit zur bewilligungswidrigen Benützung beigetragen habe, treffe ihn die Verantwortung nach der genannten Gesetzesstelle.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, das gegenständliche Objekt sei offensichtlich seit Jahrzehnten in den Wohnungsverband eingegliedert worden, entsprechende Baubewilligungen seien entweder nicht mehr auffindbar oder aber auch durch den jeweiligen Mieter als nicht erforderlich angesehen worden; die Räumlichkeiten seien als Trockenboden und Bügelkammer nur für den Fall gewidmet worden, dass sie für die Bewohner des Hauses als solche zur Verfügung stehen sollten, wenn sie benötigt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Eine Bewilligung zur Umwidmung finde sich in der vollständigen Hauseinlage nicht. Der Beschwerdeführer stelle nicht in Abrede, dass er für die bewilligungswidrige Benützung verantwortlich sei. Er selbst habe die Wohnung vermietet. Auch wenn die Mieter des Hauses einen Trockenboden oder eine Bügelkammer für nicht erforderlich halten sollten, sei dies für die rechtliche Beurteilung irrelevant. Dem Beschwerdeführer stehe es frei, ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung der Widmungsänderung einzubringen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf Vermietbarkeit von Räumlichkeiten in dem ihm gehörigen Zinshaus" verletzt. Seine Rechtsvorgänger hätten die Einbeziehung dieser Räume in einen benachbarten Wohnungsverband genehmigt. Wann dies geschehen sei, werde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt. Dies sei jedoch für die Frage von Bedeutung, welche Bauvorschriften im Zeitpunkt der Eingliederung bestanden hätten. Zum damaligen Zeitpunkt sei eine Baugenehmigung bzw. Änderung der Widmung nicht erforderlich gewesen. "Durch einen weit über die Verjährungs- und Ersitzungsfrist hinaus laufenden Termin" sei "eine nachträgliche Änderung der Benützungsbewilligung gar nicht erforderlich". Die einbezogenen Räumlichkeiten entsprächen den Vorschriften zur Verwendung als Wohnungsbestandteil und stünden bereits seit Jahrzehnten den anderen Mietern des Hauses nicht zur Verfügung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 1 der Bauordnung für Wien ist für die bewilligungsgemäße Benützung der Räume der Eigentümer (jeder Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage verantwortlich. Im Falle der Benützung der Räume durch einen anderen geht die Haftung auf diesen über, wenn er vom Eigentümer über die bewilligte Benützungsart in Kenntnis gesetzt worden ist.

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Feststellung der belangten Behörde, er habe den Bestandnehmer der beschwerdegegenständlichen Räumlichkeiten über die bewilligte Benützungsart nicht in Kenntnis gesetzt. Als Eigentümer der vom Auftrag nach § 129 Abs. 1 Bauordnung für Wien betroffenen Räumlichkeiten (bezüglich der Zulässigkeit eines solchen Auftrages nach dieser Gesetzesstelle siehe das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4.715/A) ist er daher für die bewilligungsgemäße Benützung dieser Räume verantwortlich. Für die rechtliche Qualifikation eines Raumes ist die baubehördliche Widmung und nicht die tatsächliche Verwendung entscheidend (vgl. hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, S. 554, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde auch nicht die im baurechtlichen Bewilligungskonsens aus dem Jahre 1902 festgelegte Raumwidmung der im Dachboden des Gebäudes befindlichen Räumlichkeiten als Trockenboden und Bügelkammer. Dass die aus dem maßgeblichen Bauplan ersichtliche Raumwidmung zeitlich begrenzt sein sollte, wie dies vom Beschwerdeführer behauptet wird, kann aus den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden und ist für die rechtliche Beurteilung der Beschwerdesache auch nicht von Bedeutung, weil jedenfalls keine Bewilligung einer Benützung der hier zu beurteilenden Räumlichkeiten als Wohnräume vorliegt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5.769/A). Die Änderung der bewilligten Raumwidmung unterliegt nach der bestehenden Rechtslage gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien der Bewilligungspflicht. Für die Änderung der Raumwidmung "Bügelkammer" und "Trockenboden" in "Wohnraum" ist von einer Bewilligungspflicht im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien jedenfalls auszugehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 8.327/A, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/05/0168).

Die belangte Behörde hatte im Beschwerdefall keine Feststellungen darüber zu treffen, welche Bauvorschriften im Zeitpunkt der entgegen der baubehördlichen Widmung der hier zu beurteilenden Räume erfolgten tatsächlichen Verwendung als Wohnung gegolten haben, weil ein Bauauftrag nach § 129 Abs. 1 erster Satz der Bauordnung für Wien an den verantwortlichen Eigentümer schon dann zu erlassen ist, wenn die hievon betroffenen Räume nicht bewilligungsgemäß benützt werden. Als bewilligungsgemäße Benutzung kommt aber im Beschwerdefall im Hinblick auf die insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde nur die Benützung der Räumlichkeiten wie sie im Bauplan zur Baubewilligung aus dem Jahre 1902 ersichtlich sind in Frage. Die Bewilligungspflicht für die beschwerdegegenständlichen, von der Bewilligung im Jahre 1902 abweichenden Änderungen der Nutzung der hier maßgeblichen Räumlichkeiten war auch gemäß § 14 Landes-Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns Nr. 35/1883, gegeben, weil die vorgenommenen Änderungen jedenfalls Einfluss auf die Festigkeit, Feuersicherheit und den sanitären Zustand des Gebäudes sowie die Rechte der Nachbarn nehmen können. Seit Inkrafttreten der Bauordnung für Wien im Jahre 1930, LGBl. Nr. 11/1930, folgt die Baubewilligungspflicht der festgestellten Maßnahmen aber auch § 60 Abs. 1 lit. c dieses Gesetzes.

Die Bauordnung kennt weder das Rechtsinstitut der Ersitzung noch der Verjährung im Zusammenhang mit der Erlassung von Bauaufträgen nach § 129 Bauordnung für Wien (siehe hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 4. Auflage, Seite 767 f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung), weshalb der Beschwerdeführer auch mit dem Einwand, im Hinblick auf die seit der als unzulässig festgestellten Nutzung der Räumlichkeiten verstrichene Frist sei eine nachträgliche Änderung der Benützungsbewilligung gar nicht erforderlich, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erfolgreich nicht aufzeigen kann.

Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am