VwGH vom 27.02.2002, 2001/05/0369

VwGH vom 27.02.2002, 2001/05/0369

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der prot. Fa. Modre Ges.m.b.H. in Mittertrixen, und 2. der Walheide Tisch in Malta, beide vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in 8011 Graz, Marburger Kai 47/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 B-BRM- 401/4/2000, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Malta, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Erdbau-Steinbruch Gigler Gesellschaft m.b.H., in 9853 Gmünd), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Produktions- und Fertigungshalle auf dem Grundstück Nr. 297/4 KG Dornbach erteilt. Das zu bebauende Grundstück liegt im "Grünland-Steinbruch". Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerinnen wurde die erteilte Baubewilligung mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom dahingehend abgeändert, dass die erteilte Baubewilligung auf die §§ 14 und 15 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64/1992, gestützt wurde. Der letztgenannte Bescheid wurde jedoch von der Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom aufgehoben, weil keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorlag.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die naturschutzbehördliche Bewilligung für das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben erteilt.

Mit Bescheid vom erteilte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde der Bauwerberin neuerlich die beantragte Baubewilligung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerinnen gegen diesen Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde als unbegründet ab.

Die belangte Behörde führte in diesem Bescheid im Wesentlichen aus, gemäß Art. II Abs. 2 der Kärntner Bauordnung 1996 seien Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes () anhängig gewesen seien, nach den Bestimmungen der Kärntner Bauordnung 1992 weiter zu führen. Das gegenständliche Verfahren sei mit einem Bauantrag vom (eingelangt beim Gemeindeamt Malta am ) anhängig gemacht worden und falle daher unter die Kärntner Bauordnung 1992. Die Kärntner Bauordnung 1992 räume jedoch dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht auf widmungsgemäße Verwendung eines Baugrundstückes nur im Zusammenhang mit dem Immissionsschutz ein. Wenn auch die Baubehörde von Amts wegen verpflichtet sei, ein Bauvorhaben unter anderem auf seine Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan zu prüfen, so habe die Vorstellungsbehörde jedoch nur dann mit der Aufhebung des Bescheides vorzugehen, wenn die Vorstellungswerber in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt worden seien. Eine amtswegige Prüfung komme nicht in Betracht. Die Vorstellung sei daher unbegründet.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen eine mit einem Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verbundene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 419/01-8, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese an den Verwaltungsgerichtshof ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer ihrem Vorbringen zu Folge in dem Recht auf widmungsgemäße Verwendung des zu bebauenden Grundstückes verletzt.

In ihren Ausführungen in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bringen die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen vor, die mitbeteiligte Bauwerberin habe am um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Produktions- und Fertigungshalle auf einer näher genannten Parzelle angesucht. Die Ansicht der belangten Behörde, der Einwand der widmungsgemäßen Verwendung des Baugrundstückes sei ausgeschlossen, sei verfehlt. Die Nachbarrechte hätten durch § 23 der Kärntner Bauordnung 1996 eine Erweiterung erfahren. Wenn auch das gegenständliche Verfahren nach der Kärntner Bauordnung 1992 fortzuführen sei, so stelle es eine weder rechtlich noch sachlich begründbare Ungleichbehandlung dar, wenn der Argumentation der Beschwerdeführerinnen unter Hinweis auf die Rechtslage nach der Kärntner Bauordnung 1992 die Grundlage entzogen werde. Das gegenständliche Bauvorhaben sei durch die Widmung der Parzelle als "Grünland-Steinbruch" nicht gedeckt. Mit dieser Widmung werde nur eine Zulässigkeit für die Errichtung von Gebäuden festgelegt, welche den Zwecken der Materialgewinnung bzw. Materiallagerung dienten. Die Bauwerberin habe jedoch erklärt, dass das gegenständliche Gebäude auch für die Weiterverarbeitung von Natursteinen verwendet werden solle. Hinsichtlich der Weiterverarbeitung von Natursteinen wäre auch die Rechtlage nach Maßgabe des Mineralrohstoffgesetzes "zu hinterfragen" gewesen. Selbst wenn die Kärntner Bauordnung 1992 hinsichtlich der Verletzung des Flächenwidmungsplanes kein subjektives öffentliches Nachbarrecht begründe, hätte die Behörde dies von Amts wegen aufgreifen müssen. Diese "krasse Verletzung der Amtspflicht" legitimiere die Beschwerdeführerinnen im Sinne des § 95 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung zur Erhebung von Einwendungen und der gegenständlichen Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das gegenständliche Bauverfahren wurde unstrittig bereits im Jahre 1995 eingeleitet. Gemäß Art. II Abs. 2 der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62/1996, sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kärntner Bauordnung 1996 anhängigen Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen (nämlich der Kärntner Bauordnung 1992) weiterzuführen. Die subjektiven öffentlichen Rechte der beschwerdeführenden Nachbarn richten sich daher nicht nach der Kärntner Bauordnung 1996, sondern nach den Bestimmungen der Kärntner Bauordnung 1992.

Die subjektiven öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerinnen ergeben sich daher insbesondere aus § 21 Abs. 4 und 5 der Kärntner Bauordnung 1992. Diese hier maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

"(4) Parteien im Sinne des Abs. 1 und 2 können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendung erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(5) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Parteien (Abs. 4) sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hierzu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugründstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von den Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 21 Abs. 5 der Kärntner Bauordnung 1992 in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass den Nachbarn nicht schlechthin ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien eines Flächenwidmungsplanes erwächst. Dieses ist den Nachbarn nur dann gewährleistet, wenn eine bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleistet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0225, m.w.N.).

Die Beschwerdeführerinnen behaupten nicht, dass ihnen ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung des Flächenwidmungsplanes wegen eines Schutzes vor Immissionen zukäme. Sie vermeinen im Gegenteil, dass unabhängig von einem Schutz vor allfälligen Immissionen ein öffentliches subjektives Recht der Nachbarn auf Einhaltung des Flächenwidmungsplanes bestehe und wollen dies aus den einschlägigen Bestimmungen der Kärntner Bauordnung 1996 ableiten.

Eine Ausweitung der durch die Kärntner Bauordnung 1992 den Parteien zukommenden subjektiven öffentlichen Rechten kann jedoch nicht mit dem Hinweis auf die Bestimmungen der Kärntner Bauordnung 1996 erzielt werden, weil dieses Gesetz - wie aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. II Abs. 2 der Kärntner Bauordnung 1996 folgt - auf das gegenständliche Verfahren keine Anwendung findet.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht insbesondere auch keinen Anlass, im Rahmen einer "verfassungskonformen Interpretation" - soweit diese innerhalb der Grenzen des Wortsinnes des § 21 Abs. 5 der Kärntner Bauordnung 1992 überhaupt möglich wäre - eine Ausweitung der Parteirechte im Sinne des Beschwerdevorbringens vorzunehmen. Es besteht nämlich - mit Ausnahme von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Einzelfällen - keine Verfassungsnorm, die Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert. Der die Parteirechte zuerkennende einfache Gesetzgeber ist allerdings an das aus dem Gleichheitssatz folgende Sachlichkeitsgebot gebunden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 237/89, Slg. Nr. 12240, m.w.N., sowie Ph. Pallitsch, Die Präklusion im Verwaltungsverfahren, Seiten 148 f.).

Ein Verstoß gegen diese verfassungsrechtliche Grenze ist im Beschwerdefall schon im Hinblick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 419/01-8, und die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1148/95, Slg. Nr. 14994, zur Verfassungskonformität des § 21 Abs. 5 der Kärntner Bauordnung 1992 ausgeführten Überlegungen nicht zu befürchten.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, die belangte Behörde wäre ihrer Pflicht zur amtswegigen Prüfung der Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan nicht nachgekommen, und es wäre ihr daher durch § 95 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung ein subjektives öffentliches Recht erwachsen, ist gleichfalls nicht zu folgen. Diese Bestimmung hat ausschließlich verfahrensrechtlichen Charakter und setzt das Vorliegen von subjektiven öffentlichen Rechten voraus.

Ebenso ist der Hinweis auf das Mineralrohstoffgesetz verfehlt. Selbst wenn für das Vorhaben auch (kumulativ) eine Bewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz erforderlich wäre, so bleibt dies im Bewilligungsverfahren nach der Kärntner Bauordnung 1992 unbeachtlich.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführerinnen behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am