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VwGH 20.12.2002, 2001/05/0348

VwGH 20.12.2002, 2001/05/0348

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO Krnt 1996 §36 Abs3;
BauO Krnt 1996 §7 Abs3;
BauO Krnt 1996 §7 Abs4;
BauRallg;
RS 1
Aus § 36 Abs. 3 Krnt BauO 1996 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 Krnt BauO 1996 folgt, dass auch bewilligungsfreie Bauvorhaben nicht im Widerspruch zu einem Bebauungsplan stehen dürfen. Ist ein solcher Widerspruch gegeben, erfolgt ein Beseitigungsauftrag - auch im Falle einer schriftlichen Mitteilung im Sinne des § 7 Abs. 4 Krnt BauO 1996 - zu Recht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0270, BauSlg 284).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des GB in W, vertreten durch Dr. Karl Safron, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Wiener Gasse 7, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 8 B-BRM-548/1/2001, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der als "Mitteilung nach § 7 Abs 4 K-BO 1996" bezeichneten Eingabe vom gab der Beschwerdeführer dem Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die "Errichtung eines bewilligungsfreien Bauvorhabens nach § 7 der Kärntner Bauordnung 1996" auf dem Grundstück Nr. 315/13 der Katastralgemeinde Weitensfeld bekannt. Als Ausführungsbeginn wurde "August 2000" genannt. Das Bauvorhaben wurde verbal wie folgt beschrieben:

"Erweiterung des bewilligten Carport's um 2 m Richtung Straße Ausführung in Holzkonstruktion Aufstellung eines Gartenhauses 4,5 x 3,0 m Höhe unter 3,5 m."

In dieser Mitteilung wurde auf eine "beiliegende Grundriss-Skizze" verwiesen, die die Situierung des Bauvorhabens auf dem Grundstück wie folgt darstellt:

Das bestehende 5 m breite "Carport lt. Bew. vom " soll (offenbar Richtung öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 395/1) derart vergrößert werden, dass es zur Grundgrenze bis auf 2 m herangerückt wird. Unmittelbar rechts (vom Grundstück Nr. 395/1 aus gesehen) neben dem Carport ist ein 3 m breites Gartenhaus planlich (nur) im Grundriss dargestellt, das 2 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 395/1 und 1,5 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 315/12 entfernt ist.

Der Teilbebauungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde für den Bereich "Weitensfeld-Gurkknie", welcher auch für die obgenannten Grundstücke gilt, sieht u. a. Folgendes vor:

"§ 3

Baulinie

(1) Baulinien sind jene Grenzlinien eines Baugrundstückes, innerhalb welcher Gebäude und bauliche Anlagen errichtet werden dürfen.

(2) Die Baulinie entlang öffentlicher Straßen verläuft, sofern nicht andere bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften (Bundesstraßengesetz 1981, Kärntner Straßengesetz 1978 oder durch die Absätze (3) bis (7) andere Abstände vorgeschrieben oder für zulässig erklärt werden), in einem Abstand von mindestens 4 m vom Straßenrand. Dies gilt grundsätzlich vom bestehenden Straßenrand, bei Neuplanungen vom neu festgelegten Straßenrand.

(3) Bei Nebengebäuden (definiert durch § 6 Abs. 1, lit. b der Kärntner Bauvorschriften, LGBl. Nr. 56/85) und Garagen mit einer Firsthöhe von max. 3,5 darf die Baulinie bis auf zwei Meter an den Straßenrand herangerückt werden. Dies gilt für Garagen nur bei parallel zur Straße gelegener Einfahrt.

(7) Gegenüber den übrigen Grundstücksgrenzen sind die Abstandsflächen gemäß den Kärntner Bauvorschriften einzuhalten."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. 315/13 KG Weitensfeld gemäß § 36 Abs. 3 Kärntner Bauordnung 1996 aufgetragen, das "im Sinne der Mitteilung vom errichtete Gartenhaus bis spätestens abzutragen und den ursprünglichen Zustand herzustellen". Das bereits aufgestellte Gartenhaus sei außerhalb der im bestehenden Teilbebauungsplan angeordneten Baulinien errichtet.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Eine Meldung nach § 7 Kärntner Bauordnung 1996 könne nur insoweit "Rechtswirksamkeit" erlangen, als mit der Meldung gleichzeitig auch mit der Ausführung des bewilligungsfreien Bauvorhabens begonnen werden dürfe. Dies bedeute aber nicht, dass keine Abtragung gemäß § 36 leg. cit. mehr angeordnet werden dürfe, wenn das Bauvorhaben der Bestimmung des § 7 Abs. 3 widerspreche. Der Abstand des Gartenhauses bis zur Nachbargrundstücksgrenze betrage nur 1,5 m; demnach entspräche das errichtete Nebengebäude nicht dem Teilbebauungsplan im Zusammenhang mit dem anzuwendenden § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften. Da ein bewilligungsfreies Bauvorhaben vorliege, könne § 9 Kärntner Bauvorschriften nicht angewendet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 lit. a Kärntner Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) bedürfen die Errichtung, die Änderung und der Abbruch von Gebäuden ohne Abwasseranlagen und ohne Feuerungsanlagen bis zu 16 m2 Grundfläche und 3,50 m Höhe keiner Baubewilligung.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen müssen jedoch solche Vorhaben den Anforderungen der §§ 13 Abs. 2 lit. a bis c, 17 Abs. 2, 26 und 27 dieses Gesetzes sowie den Kärntner Bauvorschriften und dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entsprechen, sofern § 14 nicht anderes bestimmt. Nach Abs. 4 sind diese Vorhaben der Behörde "schriftlich mitzuteilen".

Gemäß § 36 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde dem Grundeigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen, wenn sie feststellt, dass Vorhaben nach § 7 entgegen § 7 Abs. 3 ausgeführt werden oder vollendet wurden.

Aus der dargestellten, im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage folgt, dass auch bewilligungsfreie Bauvorhaben nicht im Widerspruch zu einem Bebauungsplan stehen dürfen. Ist ein solcher Widerspruch gegeben, erfolgt ein Beseitigungsauftrag - auch im Falle einer schriftlichen Mitteilung im Sinne des § 7 Abs. 4 BO - zu Recht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0270, BauSlg 284).

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass das vom Bauauftrag erfasste Gebäude (Gartenhaus) zwar ein bewilligungsfreies Vorhaben im Sinne des § 7 BO ist, jedoch § 3 Abs. 7 des maßgeblichen Teilbebauungsplanes widerspricht. Zu diesem Ergebnis gelangt die belangte Behörde deshalb, weil sie - ausgehend von der Mitteilung des Beschwerdeführers an die Baubehörde gemäß § 7 Abs. 4 BO vom  - für das Gebäude eine Höhe von über 2,50 m annimmt und damit das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften verneint.

Mit Ausnahme zu den öffentlichen Straßen sind gegenüber den (übrigen) Grundstücksgrenzen gem. § 3 Abs. 7 des hier anzuwendenden Teilbebauungsplanes die Abstandsflächen gemäß den Kärntner Bauvorschriften einzuhalten.

Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz Kärntner Bauvorschriften ist für jede Außenwand eines oberirdischen Gebäudes die Abstandsfläche zu ermitteln, welche gemäß Abs. 2 jedoch jedenfalls 3 m tief sein muss.

Gemäß § 6 Abs. 1 Kärntner Bauvorschriften sind oberirdische Gebäude so anzuordnen, dass sich in den Abstandsflächen ihrer Außenwände nur die in Abs. 2 lit. a bis d angeführten Gebäude oder sonstigen baulichen Anlagen befinden.

Zu den in Abs. 2 dieser Gesetzesstelle aufgezählten Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen, die in Abstandsflächen errichtet werden dürfen, gehört gemäß lit. b (nur diese Ausnahmebestimmung kommt im Beschwerdefall in Betracht) u. a. ein Gebäude, das keine Aufenthaltsräume oder Feuerstätten enthält, wie eine Einzelgarage oder ein Nebengebäude von ähnlicher Form und Größe, wenn es nicht höher als 2,50 m über dem angrenzenden projektierten Gelände liegt.

Die Baubehörden haben den beschwerdegegenständlichen Bauauftrag deshalb erlassen, weil "sich das gegenständliche Gartenhaus außerhalb der laut Teilbebauungsplan vorgegebenen Baulinien befindet". Die belangte Behörde hingegen erachtet - wie schon erwähnt - den Bauauftrag aber deshalb für gerechtfertigt, weil das Gartenhaus höher als 2,50 m ist und daher die Ausnahmebestimmung des § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften nicht angewendet werden kann.

Die Annahme, dass das genannte Gebäude über 2,50 m hoch ist, stützt die belangte Behörde ausschließlich auf die Angabe des Beschwerdeführers in seiner Mitteilung nach § 7 Abs. 4 BO vom , wonach dessen "Höhe unter 3,5 m" liege. Taugliche Ermittlungsergebnisse für die Feststellung, das Gebäude sei höher als 2,5 m fehlen jedoch; die Höhe des Gebäudes ergibt sich auch nicht aus den vorliegenden Verwaltungsakten. Die belangte Behörde konnte in schlüssiger Weise die entscheidungsrelevante Feststellung zur Höhe des Gebäudes nicht aus der zitierten Mitteilung des Beschwerdeführers ableiten, weil die darin enthaltenen Angaben nur dem Nachweis dienen sollten, dass ein bewilligungsfreies Vorhaben im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. a BO vorliegt; auf die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften wird darin aber schon im Hinblick auf den beabsichtigten Zweck dieser Mitteilung nicht Bedacht genommen. Ein Auftrag nach § 36 Abs. 3 BO setzt voraus, dass die Behörde die tatsächliche Ausführung der hievon erfassten baulichen Anlage feststellt. Dies ist weder von den Gemeindebehörden noch durch die belangte Behörde erfolgt. Damit belastete die belangte Behörde aber ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer hat diesen Verfahrensmangel in der Beschwerde aufgezeigt. Sein Vorbringen über die tatsächliche Höhe des Gebäudes (nämlich nicht höher als 2,5 m) war im Beschwerdefall trotz des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden, im § 41 VwGG gegründeten Neuerungsverbotes auch beachtlich, weil das Neuerungsverbot nur so weit gilt, als eine Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, Tatsachen und Beweismittel zur als relevant erachteten Rechtsfrage vorzubringen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/07/0237).

Sollte die Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen, dass das gegenständliche Gebäude nicht höher als 2,50 m über dem angrenzenden projektierten Gelände liegt, werden auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. b Kärntner Bauvorschriften (lit. bb Lichteinfall und lit. cc Interessen der Sicherheit, der Gesundheit und des Schutzes des Ortsbildes) zu prüfen sein. Sollte jedoch das Gebäude höher als 2,50 m über dem angrenzenden projektierten Gelände liegen, wird davon auszugehen sein, dass - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - die Anwendung des § 9 Kärntner Bauvorschriften für bewilligungsfreie Bauvorhaben nach § 7 BO grundsätzlich nicht ausscheidet. Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen bietet der Beschwerdefall derzeit aber keinen Anhaltspunkt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am

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Normen
BauO Krnt 1996 §36 Abs3;
BauO Krnt 1996 §7 Abs3;
BauO Krnt 1996 §7 Abs4;
BauRallg;
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein
BauRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2001050348.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-36563