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VwGH vom 19.06.2002, 2001/05/0296

VwGH vom 19.06.2002, 2001/05/0296

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, Kaiser-Franz-Josef-Ring 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B III-3/2001, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: "Zentrum Rennweg S-Bahn" Immobilienentwicklung GmbH in Wien, vormals Konstruktiva Projektentwicklung und Bauträger GmbH, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien I, Börseplatz-Börsegasse 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 934,57 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei beantragte am beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Bürohauses mit Geschäften in Wien III, Ungargasse 66, auf einem 7.465 m2 umfassenden Bauplatz. Das Gebäude beginnt im Süden des Bauplatzes mit einem kreisrunden Turm, daran schließt in nördlicher Richtung das Hauptgebäude an. Turm und Hauptgebäude sind über einen Verbindungsgang auf dem Niveau des jeweiligen ersten Obergeschoßes verbunden.

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer der Liegenschaft Rennweg 33a, welche westlich vom Bauplatz liegt und von diesem durch die - weniger als 20 m breite - Rechte Bahngasse getrennt ist.

Die dem Beschwerdeführer zugewandte Gebäudefront des Hauptgebäudes verläuft nicht einheitlich, sondern weicht ab dem zweiten Obergeschoß mit zunehmender Geschoßzahl stufenförmig Richtung Osten immer weiter von der Rechten Bahngasse zurück. Nach den vorgelegten Einreichplänen endet das erste Obergeschoß bei einer Höhe von genau 28,5 m über Wiener Null (üWN), das zweite bei 31,76 m üWN, das vierte bei 38,1 m üWN (Dachoberfläche).

Über dem vierten Obergeschoß ist ein Dachgeschoß und darüber ein weiterer raumbildender Dachaufbau (mit rechteckigem Querschnitt) für Lüftungsgeräte errichtet, deren Umrisse so dimensioniert sind, dass darüber ein Giebeldach mit 45 Grad Dachneigung errichtet werden könnte. Die oberste Begrenzungsfläche des Dachaufbaus liegt in einer Höhe von 45,47 m üWN.

Die Dachoberfläche des Turms liegt bei 31,31 m üWN. Darüber ist wiederum ein Dachgeschoß sowie ein raumbildender Dachaufbau errichtet, welche innerhalb eines gedachten Giebeldaches mit 45 Dachneigung liegen. Die oberste Begrenzungsfläche des Dachaufbaus liegt beim Turm in einer Höhe von 37,16 m üWN.

Die insgesamt verbaute Fläche beträgt 5.527,69 m2.

Bei der für anberaumten Bauverhandlung behauptete der Beschwerdeführer, das geplante Gebäude widerspreche den baurechtlichen Bestimmungen betreffend Abstand, Gebäudehöhe sowie Ausnutzbarkeit des Bauplatzes. Er wies dabei auf den "fehlenden Lichteinfall" hin, eine weitere Konkretisierung dieser Behauptungen unterblieb.

Da sich aus den Einreichunterlagen eine Abweichung von den Bebauungsvorschriften (Überschreitung der Baulinie in der Rechten Bahngasse um rund 40 cm) ergab, wurde der Akt dem Bauausschuss für den 3. Bezirk übermittelt. Im Rahmen dieses Verfahrens legte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei einen weiteren Plan vom vor, welcher auch grafische Darstellungen des Lichteinfalls auf die an der Rechten Bahngasse gegenüberliegenden Gebäude enthielt. Mit Bescheid vom wurde die Abweichung vom Bauausschuss genehmigt.

Am wies die Magistratsabteilung 35 den Beschwerdeführer in einem Schreiben darauf hin, dass von Seiten des Planverfassers in Form einer planlichen Darstellung nunmehr der Nachweis erbracht worden sei, dass die Bestimmungen der Bauordnung hinsichtlich des Lichteinfalles eingehalten würden. Der Beschwerdeführer wurde auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Unterlagen und zur Bekanntgabe, ob er seinen Einwand aufrecht erhalte, bzw. zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen aufgefordert.

Nachdem der Beschwerdeführer auf dieses Schreiben nicht reagiert hatte, bewilligte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, das Bauvorhaben mit Bescheid vom unter Vorschreibung zahlreicher für den vorliegenden Fall nicht weiter relevanter Auflagen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er die fehlende Auseinandersetzung mit den seinerzeit erhobenen Einwendungen rügte. Es sei ihm kein Plan zur Verfügung gestellt worden, welcher die Höhenentwicklung des Neubaues und den bauordnungsgemäßen Lichteinfall in Bezug auf die Liegenschaft Rennweg 33a dargestellt hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Den Einreichplänen sei zu entnehmen, dass die jeweils festgesetzten und im Bescheid detailliert wiedergegebenen höchstzulässigen Gebäudehöhen über Wiener Null an der der Liegenschaft des Beschwerdeführers zugekehrten Front des geplanten Bauvorhabens eingehalten würden. Auch der sich zufolge der mit Bescheid des Bauausschusse für den 3. Bezirk vom bewilligten Abweichung von den Bebauungsvorschriften ergebende Abstand zu der Liegenschaft des Berufungswerbers werde nicht überschritten. Ebenso bleibe der im Eckbereich Rennweg - Ungargasse geplante Turm innerhalb der ausgewiesenen Baulinie bzw. Fluchtlinien. Der Beschwerdeführer habe sich dazu im erstinstanzlichen Verfahren nicht geäußert und auch in der Berufung inhaltlich nichts vorgebracht. Die planliche Darstellung sei vom Amtsachverständigen der Baubehörde erster Instanz überprüft worden und dieser sei zu dem Schluss gekommen, dass dies als Nachweis dafür, dass die Bestimmungen der Bauordnung für Wien, insbesondere des Lichteinfalles auf die Nachbarliegenschaften, eingehalten würden, anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg sei festgehalten, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen der Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des § 59 AVG keine Bedenken gegen die Deutlichkeit des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides, der ja durch den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich bestätigt wurde, hegt. Aus dem Spruch geht klar hervor, welches Bauvorhaben bewilligt wurde. Eine namentliche Nennung des Bauwerbers im Spruch ist hingegen gesetzlich nicht geboten und es erscheint eine solche auch zur Konkretisierung der "Sache" des Verfahrens nicht geboten; ausreichend ist vielmehr, dass in der Zustellverfügung die Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten als Bauwerberin genannt ist.

Soweit der Beschwerdeführer die im Bescheid verhängten Auflagen in Frage stellt, ist nicht zu erkennen, in welches der von ihm geltend gemachten subjektiven Nachbarrechte diese Auflagen eingreifen könnten.

Gemäß § 70 Abs. 2 BO wird mit Erteilung der Baubewilligung über die Einwendungen abgesprochen (siehe auch § 59 Abs. 1 2. Satz AVG). Daraus ergibt sich, dass eine ausdrückliche Abweisung von Einwendungen im Spruch des Baubewilligungsbescheides nicht erforderlich ist. Dies ändert, wie der Beschwerdeführer insofern zutreffend ausführt, jedoch nichts an der aus den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG erfließenden Verpflichtung der Behörde, zu begründen, warum sie Einwendungen eines Nachbarn, denen durch Erteilung der Baubewilligung ja nicht Rechnung getragen wurde, als unbegründet ansieht.

Die belangte Behörde hat in diesem Sinne die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers damit begründet, aus den Einreichplänen ergebe sich, dass die für die Baugrundstücke geltenden Bestimmungen hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe und des Abstandes zum Grundstück des Beschwerdeführers eingehalten worden seien.

An dieser Beurteilung vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit erkennen.

§ 134a Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) lautet:

"§ 134a.

(1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;


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b)
Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c)
Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."
Der Beschwerdeführer ist zunächst darauf zu verweisen, dass in § 134a Abs. 1 BO die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte erschöpfend aufgezählt sind. Ein Recht auf Einhaltung des in § 78 BO geregelten Lichteinfalles, wie es der Beschwerdeführer als Beschwerdepunkt geltend macht, ist in dieser Bestimmung nicht genannt. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0185, die Einräumung eines derartigen subjektiven Nachbarrechts durch die BO verneint und ausgesprochen, dass dem Nachbarn nur das Recht zusteht, dass der Neubau in einer vom Gesetz bzw. dem Bebauungsplan bestimmten Entfernung von seiner Liegenschaft aufgeführt wird und gegenüber diesem Nachbarn die zulässige Gebäudehöhe nicht überschreitet. Dementsprechend kommt eine Prüfung des angefochtenen Bescheides nur im Hinblick auf eine Verletzung in diesen Rechten in Betracht.
Weiters ergibt sich aus dem Verweis des Beschwerdeführers auf seine Einwendungen im Verwaltungsverfahren, dass er sich in seinem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützung des Bauplatzes verletzt erachtet.
Die Richtigkeit der Einreichpläne hat der Beschwerdeführer, jedenfalls was die räumlichen Ausmaße des Bauvorhabens betrifft, weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde bestritten. Somit hatte die belangte Behörde das Vorhaben auf Grundlage dieser Pläne zu beurteilen. Die belangte Behörde hat die Festlegungen im Bebauungsplan über Beschränkungen der Gebäudehöhe nach den hier gegebenen Bauklassen II, III und IV wiedergegeben und ausgeführt, dass durch das Projekt diese Festlegungen nicht überschritten würden. Dem ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Was die Ausnützbarkeit des Bauplatzes sowie die Einhaltung der Abstandsbestimmungen betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass für das gesamte vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffene Gebiet im Bebauungsplan die geschlossene Bauweise festgelegt ist.
Nach § 76 Abs. 8 BO müssen in der geschlossenen Bauweise die Gebäude an Baulinien oder Verkehrsfluchtlinien oder dort, wo gegen die Verkehrsflächen Baufluchtlinien festgesetzt sind, an diesen von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zu der anderen durchgehend errichtet werden. Nach Abs. 10a dieser Bestimmung in der Fassung LGBl. Nr. 44/1996 müssen in jedem Fall mindestens 10 v.H. der Fläche des Bauplatzes, die 500 m2 übersteigt, von jeder ober- und unterirdischen Bebauung frei bleiben und dürfen darüber hinaus auch nicht versiegelt werden; dies gilt nicht, wenn die so frei zu haltende Fläche geringer als 10 m2 wäre.
Hinsichtlich der Verletzung von Abstandsbestimmungen ist bei geschlossener Bauweise (ohne weitere Normierungen im Bebauungsplan) allein eine Überschreitung von Fluchtlinien denkbar. Der mitbeteiligten Partei wurde auf Grund ihrer Einreichung mit Bescheid des Bauausschusses für den 3. Bezirk eine Überschreitung der Baufluchtlinie in der Rechten Bahngasse um 40 cm rechtskräftig genehmigt. Eine Überschreitung der bescheidmäßig genehmigten Abweichung ist dem Projekt nicht zu entnehmen.
Eine Verletzung der Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes kommt bei geschlossenen Bauweise nur im Rahmen des § 76 Abs. 10a BO in Betracht. Aus der Baubeschreibung ergibt sich jedoch eindeutig, dass die frei zu haltenden Flächen des Bauplatzes (10% von (7.465 m2 - 500 m2) = 696,5 m2) eingehalten werden. Auch an der Einhaltung sonstiger nach dem Bebauungsplan frei zu haltender Bereiche besteht kein Zweifel.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001; in den dort genannten Pauschalsätzen ist auch die Abgeltung für Umsatzsteuer enthalten.
Wien, am