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VwGH 21.06.1988, 88/07/0026

VwGH 21.06.1988, 88/07/0026

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
Richtlinien für geordnete Mülldeponien BMLF 1977;
VwRallg;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
RS 1
Die Richtlinien des Bundesministers für Landwirtschaft und Forstwirtschaft für geordnete Deponien im Interesse des Gewässerschutzes aus dem Jahre 1977 sind keine allgemein verbindlichen Normen mit Gesetzeskraft oder Verordnungskraft, sondern können nur als Entscheidungshilfe im Einzelfall herangezogen werden, weshalb von ihnen auch nach den Erfordernissen des jeweils konkret zu beurteilenden Projekts im gesetzlich zulässigen Rahmen abgewichen werden kann (Hinweis E , 87/07/0019).
Normen
AVG §52;
WRG 1959 §108 Abs6;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
RS 2
Sind die einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für eine Mülldeponie (hier: Erweiterungsprojekt) beigezogenen technischen Amtssachverständigen der Ansicht, das Vorhaben sei geeignet, das Eindringen von Müllsickerwässern in den Untergrund und somit den Eintritt einer Gewässerverunreinigung zu verhindern, so kann in der Unterlassung der an sich in § 108 Abs 6 WRG 1959 vorgesehnen Beiziehung eines Amtssachverständigen für Hygiene kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden, weil in wasserrechtlicher Hinsicht relevante Fragen der Hygiene nicht zu beurteilen sind.
Normen
AVG §52;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
RS 3
Die Beiziehung eines Sachverständigen für Hygiene zum wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die erste Ausbaustufe einer Mülldeponie kann für die Frage, ob dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die vorgesehene Erweiterung dieser Mülldeponie ein solcher Sachverständiger beizuziehen ist, kein Präjudiz bilden.
Norm
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
RS 4
Gegen die Verwendung eines für die erste Ausbaustufe einer Mülldeponie wasserrechtlich bewilligten Sickerwassersammelbeckens können im Rahmen eines Erweiterungsvorhabens insofern Bedenken zielführend erhoben werden, als projektsgemäß etwa die Sammlung besonders aggressiver, die Dichtheit der Beckensohle und -wände zerstörender Wässer vorgesehen wäre.
Normen
AVG §59 Abs1;
WRG 1959 §11 Abs2;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
RS 5
Das WRG 1959 sieht die Auslegung einer Sicherheitsleistung iSd § 11 Abs 2 WRG 1959 nicht zwingend vor. Die Trennung der Entscheidung über diesen Punkt vom wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid durch die Behörde iSd letzten Satzes des § 59 Abs 1 AVG 1950 ist daher möglich.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

88/07/0027

Vorgeschichte:

86/07/0288 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerden 1. der Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. Franz M. Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 31, (hg. Zl. 88/07/0026), 2. der Gemeinde Y und 3. der Stadtgemeinde Z, diese beiden vertreten durch Dr. Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt in Bad Radkersburg, Langgasse 40, (hg. Zl. 88/07/0027), gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 511.721/24-I5/87, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: M-Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, Rechbauerstraße 4/II), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,--, die erstbeschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- und die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.630,-

- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles ist dem denselben Parteien gegenüber ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/07/0288 (Vorerkenntnis), zu entnehmen. Mit diesem war der vom im Devolutionsweg zuständig gewordenen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erlassene Bescheid vom , mit welchem dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei zur Erweiterung ihrer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom genehmigten Abfalldeponie in der KG. X die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Diese Verfahrensmängel hatten insbesondere darin bestanden, daß der damals angefochtene Bescheid eine Würdigung der beigebrachten und eingeholten Sachverständigengutachten durch die belangte Behörde hatte vermissen lassen.

Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde ein ergänzendes Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein und teilte dieses den Verfahrensparteien in Wahrung des Parteiengehörs mit. Die Beschwerdeführerinnen legten ein Privatgutachten vor, die Mitbeteiligte übermittelte ein bodenmechanisches Gutachten und sagte die Verlegung einer zusätzlichen Abdichtungsfolie auf der Aufstandfläche des Erweiterungsteiles der Mülldeponie zu. Am führte die belangte Behörde unter Beiziehung der Verfahrensparteien eine abschließende Verhandlung durch. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 32, 99 Abs. 1 lit. c, 107 und 111 WRG 1959 in Verbindung mit § 73 AVG 1950 die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , ergänzt durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , genehmigten Abfalldeponie auf Grundstück Nr. 597/24, KG. X, nach Maßgabe der Projektsbeschreibung und bei Einhaltung von im Bescheid festgelegten Bedingungen und Auflagen. Gegenüber dem Bescheid vom änderte die belangte Behörde die Bedingungen und Auflagen dahin ab, daß Punkt 5 dieses Spruchteiles wie folgt geändert wurde:

"5. Die Böschungsneigungen des Schüttkörpers dürfen maximal 1:2 betragen, wobei in einer von der Außenbegrenzung der Böschungen nach innen gemessenen Zone von 20 m reibungsfestes Material mit geringem organischen Anteil (vorwiegend Sperrmüll oder Bauschutt) einzubringen ist. Bei Böschungsneigungen bis 1:3 kann diese Maßnahme entfallen. Auf die gesamte Schütthöhe verteilt sind mindestens zwei Bermen anzuordnen."

Punkt 12 der Bedingungen und Auflagen, der der Mitbeteiligten die Untersuchung der Deponiesickerwässer, der Oberflächenwässer und eines Quellgerinnes auf näher bestimmte Inhaltsstoffe auferlegt, wurde wie folgt ergänzt:

"12 a Zur Einrichtung des hydrogeologischen Beweissicherungssystems sind grundwasserstromaufwärts der Deponie zwei Kontrollsonden und grundwasserstromabwärts der Deponie drei Kontrollsonden gemäß den Ausführungen des Vertreters der geologischen Bundesanstalt im Gutachten zur Wasserrechtsverhandlung vom 21. bis niederzubringen und auszubauen. An den ausgebauten Sonden sind Pumpversuche und repräsentative Null-Messungen der Grundwasserqualität durchzuführen. Zweimal jährlich sind an den Sonden Untersuchungen der Grundwasserqualität vorzunehmen, bei denen zumindest"

eine Reihe von in dieser Bescheidauflage aufgezeigten Parametern zu untersuchen ist. Einmal jährlich wurde eine Spezialuntersuchung des Grundwassers auf näher bezeichnete toxische organische Spurenstoffe sowie Schwermetalle und bakteriologische Parameter vorgeschrieben.

"12 b Die Ergebnisse der in Punkt 12 und 12 a vorgeschriebenen Untersuchungen sind jeweils binnen Monatsfrist nach deren Zugang an die MDH der Wasserrechtsbehörde vorzulegen. "

Im Spruchabschnitt V des angefochtenen Bescheides wurde die Frage der Notwendigkeit einer Sicherstellung (§ 11 Abs. 2 WRG 1959) und deren allfällige Art und Höhe gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des dem Bescheid vom zugrundeliegenden Sachverhaltes, des hg. Vorerkenntnisses sowie der Darstellung des Verlaufes des fortgesetzten Verfahrens im wesentlichen aus, das Ermittlungsverfahren habe insgesamt eine als günstig zu bezeichnende Eignung des Untergrundes für die vorgesehene Ablagerung von Müll erbracht. Als Sicherheit gegen das Eindringen von Deponiesickerwässern in den Untergrund sei noch die Aufbringung einer zweilagigen mineralischen Dichtschichte vorgesehen und bescheidmäßig aufgetragen worden. Die darüberhinaus von der mitbeteiligten Partei noch vorgesehene Aufbringung einer Kunststoffoliendichtung sei unbedenklich, aber vom Standpunkt der öffentlichen Interessen her nicht erforderlich. Die Mitbeteiligte habe ein von den Beschwerdeführerinnen gefordertes bodenmechanisches Gutachten vorgelegt, welchem von diesen auf fachlicher Ebene nicht mehr entgegnet worden sei. Zusätzlich sei die zulässige Böschungsneigung des Deponiekörpers begrenzt worden. Wie sich aus der ergänzenden Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergebe, seien die Thesen und Forderungen des im vorangegangenen Verfahren von den Beschwerdeführerinnen beauftragten Sachverständigen Dr. N. unhaltbar, weil dieser lediglich aus einer Reihe von Literaturzitaten jeweils Maximalforderungen abgeleitet habe, ohne aber auf die Verhältnisse im gegebenen Fall Bedacht zu nehmen. Auch das von den Beschwerdeführerinnen im fortgesetzten Verfahren als Privatsachverständiger beigezogene "Projektteam Umwelttechnik" habe die Forderungen des Dr. N. nicht mehr aufrecht erhalten. Die von den Beschwerdeführerinnen beantragte Beiziehung des Steiermärkischen Landeshygienikers, der in dem vom Landeshauptmann von Steiermark durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die erste Ausbaustufe der Mülldeponie beigezogen gewesen sei und eine Ausdehnung des Deponieareals in süd-südöstlicher Richtung abgelehnt habe, habe sich im Hinblick auf § 52 AVG 1950 als unzulässig erwiesen. Auch wegen der nunmehr sehr weit gehenden Kenntnis der Verhältnisse im Deponiebereich aus hydrogeologischer Sicht könne die seinerzeitige Aussage des Landeshygienikers nicht mehr aufrecht erhalten werden. Da auf Grund der natürlichen Gegebenheiten und der technischen Zusatzmaßnahmen eine Grundwasserkontamination durch das Vorhaben ausgeschlossen werden könne, sei die Beiziehung eines Hygienikers für die Beurteilung des Vorhabens nicht erforderlich. Soweit die Beschwerdeführerinnen Bedenken gegen das bestehende und bei Verwirklichung des Erweiterungsvorhabens weiterhin mitbenützte Sickerwassersammelbecken erhoben hätten, seien diese Bedenken in Wahrheit gegen eine längst rechtskräftige Bewilligung gerichtet, deren Gegenstand das Sickerwasserbecken gewesen sei. Das nunmehrige Projekt sehe lediglich die Sammlung der Deponiesickerwässer in Drainagen und die Entsorgung in dem bereits rechtskräftig genehmigten Becken vor. Demgemäß sei nur der Betrieb, nicht jedoch das Becken selbst Bestandteil des nunmehrigen Projektes. Die Entscheidung über die Notwendigkeit, Zulässigkeit, Form und Höhe einer von den Beschwerdeführerinnen geforderten Vorschreibung einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 WRG 1959 habe gemäß § 59 AVG 1950 einem gesonderten Bescheid vorbehalten bleiben können.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, in weiten Passagen gleichlautenden zwei Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem aus den §§ 30 ff WRG 1959 resultierenden Recht auf Schutz der Trinkwasserversorgung ihrer Gemeindebewohner verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt. Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls Gegenschriften erstattet und die Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Wie schon im Vorerkenntnis ausgeführt wurde, hat die belangte Behörde mit Rücksicht darauf, daß nach der Art der vorgesehenen Müllablagerung ohne Vorkehrung entsprechender Maßnahmen verunreinigte Müllsickerwässer in das Grundwasser gelangen müßten, die wasserrechtliche Bewilligung des Vorhabens der Mitbeteiligten zu Recht auf § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 gestützt. Hiebei kommt den Beschwerdeführerinnen aus den ebenfalls im Vorerkenntnis dargestellten Überlegungen Parteistellung gemäß den §§ 13 Abs. 3 und 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 zu.

Die in ihrem Aufbau gleichlautenden Beschwerden machen Einwendungen gegen die Dauer der Beobachtung von Probebohrungen, gegen die Nichtbeiziehung eines Sachverständigen für Hygenie, gegen die Größe und Dichtheit des Sickerwassersammelbeckens und gegen den Vorbehalt einer Entscheidung über die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung geltend.

Gleichlautend bringen die Beschwerdeführerinnen vor, die vorgenommenen Probebohrungen bzw. deren Ergebnisse seien entgegen der gemäß den von der belangten Behörde herausgegebenen Richtlinien für geordnete Mülldeponien im Interesse des Gewässerschutzes erforderlichen Beobachtungsdauer von einem Jahr lediglich über einen wesentlich kürzeren Zeitraum beobachtet worden. Für diesen kürzeren Beobachtungszeitraum enthalte der angefochtene Bescheid keine hinreichende Begründung.

Demgegenüber ergibt sich, daß bereits auf Grund des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides des Landeshauptmannes von Steiermark für die erste Ausbaustufe der gegenständlichen Deponie vom (Bedingungen 17 bis 19) zwei Grundwassersonden (Bohrbrunnen), die im Bereich der nunmehrigen Erweiterungsfläche liegen, errichtet und, soweit die Bedingungen dieses Bescheides eingehalten wurden, auch beobachtet wurden. Das Erweiterungsprojekt sieht drei weitere Grundwassersonden vor, deren Errichtung sowie die Errichtung zweier weiterer grundwasserstromaufwärts gelegener Sonden der mitbeteiligten Partei im angefochtenen Bescheid auferlegt wurde. Einerseits entspricht das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen über zu kurze Beobachtungszeiten zumindest hinsichtlich der im Bereich der Erweiterungsfläche gelegenen Sonden (deren Verfüllung im Zuge der Verwirklichung des Erweiterungsprojektes vorgesehen ist) nicht den Tatsachen, andererseits wird durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Vorschreibung der Errichtung der angeführten Sonden den vom Vertreter der geologischen Bundesanstalt in der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 21. und erhobenen Forderungen Rechnung getragen, auf die sich die Beschwerdeführerinnen selbst berufen. Bei diesem Sachverhalt kann der belangten Behörde nicht der Vorwurf rechtswidrigen Vorgehens und insbesondere einer mangelhaften Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gemacht werden, wenn sie die auf dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen - diesem ist insoweit auf fachlicher Ebene nicht entgegengetreten worden - aufbauenden Vorschreibungen über Dauer, Art und Umfang der Grundwasserbeobachtung für hinreichend erachtet hat. Der von den Beschwerdeführerinnen in dieser Hinsicht erblickte Widerspruch zu den Richtlinien der belangten Behörde für geordnete Deponien im Interesse des Gewässerschutzes aus dem Jahre 1977 ist ohne rechtliche Relevanz, weil derartige Richtlinien keine allgemein verbindliche Normen mit Gesetzes- oder Verordnungskraft sind, sondern nur als Entscheidungshilfe im Einzelfall herangezogen werden können, weshalb von ihnen auch nach den Erfordernissen des jeweils konkret zu beurteilenden Projektes im gesetzlich zulässigen Rahmen abgewichen werden darf (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zlen. 87/07/0019-0029, 0031).

Die Nichtbeiziehung eines Sachverständigen für Hygiene haben die Beschwerdeführerinnen deshalb als rechtswidrig erachtet, weil sich aus der Natur der beantragten Bewilligung Fragen in hygienischer Hinsicht, wie "Beeinträchtigung von Menschen, des Grundwassers und der Meteorwässer" ergäben. Es sei daher in sich widersprüchlich und als Mangel des Verfahrens anzusehen, wenn in dem vom Landeshauptmann von Steiermark durchgeführten Verfahren für die wasserrechtliche Bewilligung der ersten Ausbaustufe der Deponie ein Sachverständiger für Hygenie beigezogen worden sei, beim nunmehrigen, wesentlich umfangreicheren Erweiterungsvorhaben aber die Beiziehung eines solchen Sachverständigen nicht mehr für notwendig erachtet werde. Über diese gemeinsamen Ausführungen hinaus haben die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen noch geltend gemacht, die Beiziehung eines Sachverständigen für Hygiene sei auch für die Beurteilung der Folgen einer in Zukunft wider Erwarten doch eingetretenen Gewässerverunreinigung sowie für die Beurteilung der bisher schon gezogenen Wasserproben erforderlich.

Die belangte Behörde ist, ausgehend von dem im fortgesetzten Verfahren in schlüssiger Weise ergänzten Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, dem das von den Beschwerdeführerinnen im fortgesetzten Verfahren beigebrachte Gutachten des "Projektteams Umwelttechnik" nicht widerspricht, zu der Auffassung gelangt, daß das gegenständliche Vorhaben geeignet ist, das Eindringen von Müllsickerwässer in den Untergrund und somit den Eintritt einer Grundwasserverunreinigung zu verhindern. Sohin kann in der Unterlassung den an sich im § 108 Abs. 6 WRG 1959 vorgesehenen Beziehung eines Amtssachverständigen für Hygiene bei der gegebenen Sachlage kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden. Auf eine, wie die Beschwerdeführerinnen es selbst ausdrücken "wider Erwarten" eintretende Gewässerverunreinigung mußte die belangte Behörde nicht Bedacht nehmen, weil die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung fremder Rechte der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht entgegensteht; vielmehr müßte sich eine solche Beeinträchtigung, um sich auf den Inhalt des das Bewilligungsverfahren abschließenden wasserrechtlichen Bescheides auswirken zu können, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einwandfrei erwarten lassen (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Zlen. 87/07/0019-0029, 0031, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die Wasserrechtsbehörden haben ferner bei der Beurteilung eines zur Bewilligung beantragten Vorhabens davon auszugehen, daß die wasserrechtliche Bewilligung und die getroffenen Vorschreibungen vom Konsenswerber eingehalten werden, nicht aber davon, daß diesen Vorschreibungen möglicherweise nicht entsprochen werden wird (vgl. dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die Frage, welcher Sachverständige die bisher gezogenen Wasserproben zu untersuchen hat, steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegenständlichen Erweiterungsvorhaben, weshalb auch aus diesem Blickwinkel eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliegt. Im übrigen kann die Beiziehung eines Sachverständigen für Hygenie zum wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die erste Ausbaustufe der gegenständlichen Mülldeponie für die Beantwortung der Frage, ob dem nunmehrigen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ein solcher Sachverständige hätte beigezogen werden müssen, kein Präjudiz bilden.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügen die Beschwerdeführerinnen, das bereits für die erste Ausbaustufe errichtete Sickerwassersammelbecken sei für die Aufnahme der Sickerwässer aus der Erweiterung der Mülldeponie zu klein bemessen. Darüberhinaus haben die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen geltend gemacht, für die Deponiesohle seien umfangreiche Dichtungsvorkehrungen vorgeschrieben worden, während für das Sickerwassersammelbecken, unter dem sich eine annähernd nur halb so mächtige Lehmschicht befinde, keine Vorkehrungen vorgesehen seien. Die Argumentation der belangten Behörde, das Sickerwassersammelbecken sei im Gegensatz zur Deponiesohle jederzeit zugänglich und daher reparierbar, sei nicht schlüssig, weil auch eine vom Sickerwassersammelbecken ausgehende Einwirkung auf das Grundwasser erst dann, wenn sie durch Grundwasseruntersuchungen erkennbar würde, bekämpft und in diesem Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.

Beim gegenständlichen Sickerwassersammelbecken handelt es sich unbestritten um einen durch die rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung für die erste Ausbaustufe der Mülldeponie erfaßten Anlagenteil. Der Zweck dieses Anlagenteiles soll nicht geändert werden, sondern es sollen nach wie vor darin Müllsickerwässer zwecks Abtransport bzw. anderweitiger Entsorgung gesammelt werden. Zur Frage der ausreichenden Bemessung des Volumens des Sickerwassersammelbeckens wurde bereits im Vorerkenntnis dargelegt, daß durch die Bestimmungen des damals angefochtenen Bescheides, die in den nunmehr angefochtenen Bescheid vollinhaltlich übernommen wurden, der Gefahr eines Überlaufens in hinreichender Weise vorgebeugt sei. Von einer solchen Gefahr sind die Sachverständigen offenbar deshalb nicht ausgegangen, weil nach der im vorgelegten Projekt enthaltenen Darstellung des Müllschüttvorganges eine fortlaufende Abdeckung und Rekultivierung der Dammbereiche des Deponiekörpers vorgesehen und somit ein wesentlicher, die Kapazität des Sickerwassersammelbeckens übersteigender Mehranfall an Sickerwässern nicht zu erwarten ist. Was die Frage der Dichtheit des Beckens anlangt, sind die Beschwerdeführerinnen den Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen - der auf Grund einer in der Nähe des Beckens situierten Kernbohrung von einer unterhalb der Beckensohle liegenden 2,7 m mächtigen Lehmschichte und zufolge der ermittelten Durchlässigkeitswerte und der zu erwartenden Beaufschlagung des Beckens von einer ausreichenden Sicherheit gegen Grundwasserkontamination ausging - mit Ausnahme der nicht näher begründeten Forderung nach einer Dichtheitsüberprüfung des Beckens, nicht auf fachlicher Basis entgegengetreten. Wenn auch für das Sickerwassersammelbecken eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung besteht, könnten gegen seine Verwendung im Rahmen des Erweiterungsvorhabens insofern Bedenken zielführend erhoben werden, als projektsgemäß etwa die Sammlung besonders aggressiver, die Dichtheit der Beckensohle und -

wände zerstörender Wässer vorgesehen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr soll das Becken, dessen Funktion gemäß der rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligung in der Sammlung von Müllsickerwässern besteht, auch weiterhin zur Sammlung solcher Wässer - nunmehr auch aus dem Erweiterungsbereich der Deponie - dienen. Daß aber eine Änderung der Zusammensetzung der Müllsickerwässer im dargelegten Sinn zu erwarten wäre, ist weder aus den Verfahrensakten zu entnehmen, noch haben die Beschwerdeführerinnen ein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Es kann sohin darin, daß die belangte Behörde die Verwendung des Beckens im Hinblick auf die sich darauf beziehende rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung für zulässig und eine Dichtheitsüberprüfung für entbehrlich erachtete, keine Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes erblickt werden. Der Umstand, daß hinsichtlich der Abdichtung der Deponiefläche höhere Anforderungen gestellt wurden, erscheint durch die schlüssigen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, auf welche sich die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides stützte, hinreichend erklärt und kann sohin nicht als von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Widersprüchlichkeit des angefochtenen Bescheides in sich angesehen werden.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes auch deshalb angelastet, weil die belangte Behörde die Entscheidung über die Frage der Notwendigkeit der Vorschreibung einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 WRG 1959 einem gesonderten Bescheid vorbehalten hat.

Das WRG 1959 sieht die Auferlegung einer Sicherheitsstellung nicht zwingend vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Trennung der Entscheidung über diesen Punkt vom wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid im Sinne des letzten Satzes des § 59 Abs. 1 AVG 1950 nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb sich weitere Erwägungen zur Frage einer durch diese behördliche Vorgangsweise behaupteten Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer erübrigen (vgl. das erwähnte Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom ).

Zusammenfassend erweisen sich die Beschwerden sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie Abs. 3 Z. 1 und 2, 53 und 59 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie C Z. 7 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die Abweisung des Mehrbegehrens der Mitbeteiligten geht darauf zurück, daß die Gegenschriften gemäß § 36 Abs. 4 VwGG nur je in doppelter Ausfertigung zu überreichen und die vorgelegten weiteren Ausfertigungen daher zur Rechtsverfolgung nicht notwendig waren.

Wien, am

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Normen
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
Richtlinien für geordnete Mülldeponien BMLF 1977;
VwRallg;
WRG 1959 §108 Abs6;
WRG 1959 §11 Abs2;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
Schlagworte
Sachverständiger Entfall der Beiziehung
Trennbarkeit gesonderter Abspruch
Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
Sachverständiger Techniker
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1988070026.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAE-36422