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VwGH 02.12.1997, 95/08/0254

VwGH 02.12.1997, 95/08/0254

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 1
Die Auffassung, wonach ein geringes Entgelt ein Indiz dafür sei, daß keine generelle Vertretungsmöglichkeit bestehe, weil "die Entlohnungshöhe nicht geeignet sei, gleichsam unternehmerhaft den Auftrag weiterzugeben und daraus selbst noch Einnahmen zu erzielen", ist verfehlt, da es auf die Möglichkeit der Gewinnerzielung durch den Einsatz eines Vertreters iZm der Beurteilung des Vorliegens oder Fehlens "grundsätzlicher persönlicher Arbeitspflicht" nicht ankommt (hier haben Katalogkleberinnen die Möglichkeit, auch eine auf Dauer angelegte Vertretung zu veranlassen).
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 2
Eine Nichtausübung der vertraglich eingeräumten Berechtigung, sich vertreten zu lassen, ändert an der Berechtigung als solcher nichts und bedeutet daher auch kein für die rechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses unter dem Gesichtspunkt des Bestehens oder Fehlens der Pflicht zur persönlichen Erbringung der Leistungen relevantes Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Vereinbarung.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1997/12/16 95/08/0343 3

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Christiane S in G, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl und Dr. Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 120.410/1-7/95, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG

(72 mitbeteiligte Parteien), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das auf den Ersatz entrichteter Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in einem ersten Spruchteil fest, die in einer Anlage zu diesem Bescheid angeführten Personen seien in näher bezeichneten Zeiträumen als Dienstnehmerinnen der Beschwerdeführerin der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen. In einem zweiten Spruchteil wurde der Beschwerdeführerin die Nachentrichtung von Beiträgen, Umlagen und Zuschlägen vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch.

Der Landeshauptmann von Steiermark erkannte dem Einspruch mit Bescheid vom aufschiebende Wirkung zu, gab ihm insoweit, als er sich gegen die Feststellung der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht richtete, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid vom Folge und setzte das Verfahren über den zweiten Spruchteil des erstinstanzlichen Bescheides mit Bescheid vom bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Versicherungspflicht aus.

Gegen den Bescheid vom erhob die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Berufung.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid Folge und stellte in Abänderung des bei ihr angefochtenen Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark fest, die in der Anlage zum erstinstanzlichen Bescheid angeführten Personen seien in den dort bezeichneten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat in ihrem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz lediglich erklärt, sich der Rechtsmeinung der belangten Behörde anzuschließen und die Abweisung der Beschwerde zu beantragen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0200, Slg. Nr. 13.223/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung - ältere Entscheidungen zusammenfassend - u.a. folgendes ausgeführt:

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt schon die Berechtigung eines Beschäftigten, im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung (d.h. im Rahmen einer Verpflichtung, auf längere Dauer Arbeitsleistungen zu erbringen) sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen (ohne Stelligmachung eines Vertreters) abzulehnen, wodurch er trotz übernommener Gesamtverpflichtung in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei ist und der Arbeitsempfänger nicht von vornherein mit der Arbeitskraft des Betreffenden rechnen oder entsprechend disponieren kann, wegen des in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlens der Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht seine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger aus (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0061, vom , Zl. 82/08/0208, und vom , Zl. 85/08/0171). Das gilt auch dann, wenn er berechtigt ist, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0061, und Zl. 82/08/0154, vom , Zl. 82/08/0208, vom , Zl. 87/08/0078, und vom , Zlen. 88/08/0312, 89/08/0025). Nicht entscheidend ist, ob der Beschäftigte von einer der genannten Berechtigungen auch Gebrauch macht. Ob hinsichtlich der Beschäftigung selbst, sofern sie der Verpflichtete unter Verzicht auf seine Berechtigung ausübt, ohne Bedachtnahme auf die genannte Berechtigung die sonstigen Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen, ist wegen der - schon in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden - fehlenden Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit bedeutungslos (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom ,

Zlen. 88/08/0312, 89/08/0025)."

An diese Ausführungen knüpfte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0226, Slg. Nr. 13.987/A, folgendermaßen an:

"Nach diesen vom Verwaltungsgerichtshof aufrecht erhaltenen Grundsätzen genügt es somit für den Ausschluß des für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG konstitutiven Merkmals der persönlichen Abhängigkeit eines Beschäftigten schon, wenn ihm nur eine der drei genannten Berechtigungen (sanktionslose Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen im Rahmen einer Gesamtverpflichtung, generelle Vertretungsbefugnis, Zuziehung einer Hilfskraft ohne weitere Verständigung des Vertragspartners) zukommt."

Dem wurde - neben einer ausführlichen Darstellung der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer die Versicherungspflicht ausschließenden generellen Vertretungsberechtigung - fallbezogen noch hinzugefügt, eine Verknüpfung der erwähnten drei Ausschlußgründe mit "und" statt "oder", im Sinne der Annahme des Erfordernisses ihres Zusammentreffens, und die Ansicht, bei Bestehen einer generellen Vertretungsberechtigung sei es "noch wesentlich, ob auch die beiden anderen Berechtigungen sowie die sonstigen Kriterien für die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit einer Person vorlägen", widersprächen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes.

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, daß die aufgrund der als "Werkverträge" bezeichneten Vereinbarungen als Katalogkleberinnen für die Beschwerdeführerin tätigen Personen sich nicht nur bei vorübergehender Verhinderung, sondern auch auf Dauer und keineswegs nur durch andere schon bei der Beschwerdeführerin tätige Personen vertreten lassen konnten. Die Verträge enthielten andererseits auch eine Klausel, wonach "Absagen seitens der Auftragnehmer vor Arbeitsbeginn oder während der Arbeitszeit nicht möglich" gewesen seien. Für den Fall einer "Absage ohne Ersatzbeistellung seitens der Auftragnehmerinnen" wurde nach den Feststellungen der belangten Behörde mit der Begründung, hiedurch entstünden Mehrkosten für Ersatzsuche, jeweils S 1.000,-- als "Schadenersatz" in Rechnung gestellt.

Mit diesen von ihr gemeinsam behandelten Gesichtspunkten setzt sich die belangte Behörde in den abschließenden Rechtsausführungen des angefochtenen Bescheides - nach Ausführungen über die Rechtsnatur der geschuldeten Leistungen sowie über die Gestaltung der Arbeitszeit, des arbeitsbezogenen Verhaltens und des Entgelts - wie folgt auseinander:

"Was die Befugnis, sich vertreten zu lassen, anlangt, so schließt eine generelle Vertretungsmöglichkeit ein Dienstverhältnis aus (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/08/0143). In den Erkenntnissen vom , Zl. 82/08/0154, und vom , Zl. 84/08/0070, 85/08/0011, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, die Berechtigung, eine übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen, schließe die persönliche Abhängigkeit wegen der dadurch fehlenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Verpflichteten aus. Kann ein Beschäftigter im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen ablehnen und ist er dadurch in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei und kann der Arbeitsempfänger nicht von vornherein mit der Arbeitskraft des Betreffenden rechnen oder entsprechend disponieren, so liegt generelle Vertretungsmöglichkeit und somit kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vor (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0061 und vom , Zl. 82/08/0177). Können hingegen im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung einzelne Arbeitsleistungen - wie im konkreten Fall - nur gegen Leistung eines pauschalierten Schadenersatzes, dessen Höhe unabhängig vom konkreten Schadenseintritt festgelegt ist, abgelehnt werden, so ist keine generelle Vertretungsmöglichkeit gegeben.

Zu bemerken ist noch, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur eine generelle Vertretungsbefugnis für sich alleine genommen die Versicherungspflicht ausschließt (Erkenntnis vom , Zl. 82/08/0208 sowie vom , Zl. 84/08/0163), nicht aber auch schon die Befugnis, sich im Falle einer Verhinderung vertreten zu lassen, wie z.B. bei Krankheit oder Urlaub (Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0117). In diesem Zusammenhang ist es insbesondere bedeutsam, ob die Arbeitskraft bei kurzfristiger Verhinderung die Möglichkeit hatte, eine Ersatzkraft zu stellen.

Die wechselseitige Vertretung zweier im gleichen Betrieb beschäftigter Personen spricht nicht gegen die Annahme persönlicher Arbeitspflicht (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/08/0289).

Im konkreten Fall hatten die Kleberinnen die Möglichkeit, sich nicht nur bei vorübergehender Verhinderung vertreten zu lassen, sondern auch eine auf Dauer angelegte Vertretung zu veranlassen; dies ist zwar ein Indiz für das Vorliegen von persönlicher Unabhängigkeit, doch darf nicht übersehen werden, daß die Inanspruchnahme der Möglichkeit, einzelne Arbeitsleistungen im Rahmen der übernommenen Gesamtverpflichtung abzulehnen, für die Kleberinnen nur dann sanktionslos war, wenn sie in der Lage waren, eine Ersatzkraft zu stellen, andernfalls mußten sie einen pauschalierten Schadenersatz in der Höhe von S 1.000,-- bezahlen. Das bedeutet, daß die Ablehnung von Arbeitsleistungen Sanktionen nach sich zog. In Entsprechung der obigen Judikaturausführungen muß daher - obwohl die Vertretungsmöglichkeit nicht auf kurzfristige Verhinderungen beschränkt war - von einer persönlichen Arbeitspflicht ausgegangen werden. Das an die Kleberinnen geleistete geringe Entgelt ist ein weiteres Indiz dafür, daß keine generelle Vertretungsmöglichkeit gegeben war. Diesbezüglich ist somit den oben zusammengefaßten Berufungsausführungen zu folgen.

Zusammenfassend kommt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur spruchgemäßen Entscheidung, weil nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit der Arbeitnehmerinnen durch die Art ihrer Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet und nicht - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist und bei ihrer Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen."

In der für die Entscheidung der belangten Behörde ausschlaggebenden Annahme - nämlich der Abhängigkeit einer generellen Vertretungsmöglichkeit von der davon zu unterscheidenden Möglichkeit der sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen - beruhen diese Ausführungen auf der Behauptung, sie ergebe sich aus dem Erkenntnis vom , Zl. 81/08/0061, Slg. Nr. 11.361/A, und dem daran anschließenden Erkenntnis vom , Zl. 82/08/0177 (Leitsatz: Slg. Nr. 11.565/A). Das erste dieser Erkenntnisse nimmt auf die "Berechtigung, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte verrichten zu lassen", die das Fehlen grundsätzlicher persönlicher Arbeitspflicht bedeute und die persönliche Abhängigkeit daher ausschließe, aber nur als Ausgangspunkt für die weitere Überlegung Bezug, daß im umgekehrten Fall des Fehlens einer derartigen Berechtigung und somit des Bestehens der Verpflichtung, die vereinbarten Dienstleistungen persönlich zu erbringen, die persönliche Abhängigkeit auch voraussetze, daß der Betreffende nicht wegen der Möglichkeit einer sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei sei. Das zweite der zitierten Erkenntnisse betrifft in seinem hieran anschließenden (die Versicherungspflicht von Trichinenschauern betreffenden) Teil nur die Frage der Möglichkeit einer sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen, ohne die davon zu unterscheidende Frage einer generellen Vertretungsberechtigung anzuschneiden. Keines der Erkenntnisse enthält die ihnen von der belangten Behörde entnommene Rechtsaussage, die Möglichkeit einer sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen bedeute eine "generelle Vertretungsmöglichkeit und somit" das Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG, oder gar den logisch daraus allein noch nicht ableitbaren Satz, im Falle des - von der belangten Behörde angenommenen - Fehlens einer Möglichkeit zur sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen sei (schon deshalb) "keine generelle Vertretungsmöglichkeit gegeben".

Der angefochtene Bescheid beruht daher insoweit, als er den Gesichtspunkt einer - nach den Feststellungen der belangten Behörde vereinbarten - generellen Vertretungsberechtigung mit dem der - nach Ansicht der belangten Behörde wegen des vereinbarten Schadenersatzes nicht gegebenen - Möglichkeit einer sanktionslosen Ablehnung von Arbeitsleistungen vermischt und aus dem angenommenen Fehlen des zweiten dieser eine persönliche Abhängigkeit ausschließenden Gründe die Irrelevanz und sogar (im maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Sinn) das Nichtvorliegen des ersten abzuleiten versucht, auf einer Verkennung der Rechtslage.

Daß die Berechtigung der Katalogkleberinnen, sich in der Erbringung der vereinbarten Leistungen vertreten zu lassen, auf Fälle einer Verhinderung durch Krankheit oder Urlaub oder in der Wahl der Vertreter auf die wechselseitige Vertretung schon im Betrieb der Beschwerdeführerin tätiger Personen beschränkt gewesen sei, nimmt die belangte Behörde selbst nicht an, weshalb die - zutreffenden - Ausführungen darüber, daß derart beschränkte Vertretungsmöglichkeiten nicht ausreichen würden, um die persönliche Abhängigkeit auszuschließen, für die Entscheidung nicht ausschlaggebend sind. Nur eine Wiederholung des schon abgehandelten Fehlschlusses ist die daran anschließende Behauptung der belangten Behörde, wegen der vereinbarten Ersatzpflicht im Falle einer Absage ohne Ersatzbeistellung müsse "von einer persönlichen Arbeitspflicht ausgegangen werden". Dem Gesichtspunkt, daß eine persönliche Arbeitspflicht nicht vorliegt, wenn eine generelle Vertretungsmöglichkeit besteht, wird diese Überlegung nicht gerecht. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, warum das "geringe Entgelt ein weiteres Indiz dafür" sein sollte, "daß keine generelle Vertretungsmöglichkeit gegeben" gewesen sei. Die "zusammengefaßten Berufungsausführungen", auf die dabei verwiesen wird, bestehen in dem Satz, es sei "die Entlohnungshöhe nicht geeignet, gleichsam unternehmerhaft den Auftrag weiterzugeben und daraus noch selbst Einnahmen zu erzielen" (Seite 15 oben im angefochtenen Bescheid). Dieses Argument geht fehl, weil es auf die Möglichkeit der Gewinnerzielung durch den Einsatz eines Vertreters im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vorliegens oder Fehlens "grundsätzlicher persönlicher Arbeitspflicht" nicht ankommt.

In der Gegenschrift führt die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - unter ausdrücklicher Hervorhebung des schon im Verwaltungsverfahren eingeräumten Umstandes, die Arbeit sei sehr einfach und die Arbeitskraft "in gewisser Weise austauschbar" gewesen - ihren Standpunkt noch unter Verweis auf die ebenfalls schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumente aus, die Beschäftigungsdauer sei insgesamt kurz gewesen, wodurch jede Kleberin schon im voraus habe abschätzen können, ob sie zur persönlichen Erbringung der Arbeiten in der Lage sein werde, Vertretungsfälle seien eher selten vorgekommen und es habe "nicht jeder jederzeit für Ersatz sorgen" können, weshalb die Kleberinnen "bemüht" gewesen seien, die Arbeiten selbst zu erbringen. Diese Argumente sind ebenfalls nicht geeignet, bei der Beurteilung der Frage einer "grundsätzlichen persönlichen Arbeitspflicht" ins Gewicht zu fallen. Ob von einer die persönliche Abhängigkeit ausschließenden Berechtigung Gebrauch gemacht wird, ist nicht von Bedeutung (vgl. dazu etwa das schon zitierte Erkenntnis vom , Zl. 82/08/0226, Slg. Nr. 13.987/A), und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zeigt mit den wiedergegebenen Argumenten auch keine Umstände auf, durch die die Berechtigung, sich vertreten zu lassen, in den Möglichkeiten ihrer tatsächlichen Ausübung derart beschränkt gewesen wäre, daß ihrer vertraglichen Vereinbarung bei der Beurteilung des Vorliegens oder Fehlens persönlicher Abhängigkeit keine Bedeutung mehr zukäme (vgl. dazu - unter dem Gesichtspunkt eines de facto zu kleinen Kreises als Vertreter in Betracht kommender Personen - etwa das Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0155).

Ist eine generelle Vertretungsmöglichkeit jedoch gegeben, so kann die Annahme des Vorliegens einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem eingangs zitierten Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0200, Slg. Nr. 13.223/A, nicht mehr darauf gestützt werden, daß hinsichtlich der Tätigkeit selbst - wie die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hervorheben - abgesehen von der Berechtigung, sich in der Erbringung der Leistungen generell vertreten zu lassen, die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Zuspruch des Schriftsatzaufwandes in der verzeichneten Höhe und die Abweisung des Mehrbegehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 sowie darauf, daß die Entrichtung von Stempelgebühren wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 ASVG) nicht nötig war.

Zusatzinformationen


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Norm
ASVG §4 Abs2;
Schlagworte
Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1997:1995080254.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAE-36343