VwGH vom 21.03.2001, 2000/12/0148
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache des M in S, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde St. Veit a.d. Glan, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung betreffend die Einstellung von Nebengebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10 (WV), in der Fassung BGBl. Nr. 330/1990, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG wird die Berufung des Beschwerdeführers gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde St. Veit a.d. Glan vom als unzulässig zurückgewiesen.
Die Stadtgemeinde St. Veit a.d. Glan hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Gemeindebeamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde St. Veit a.d. Glan.
Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde St. Veit a.d. Glan vom wurden die dem Beschwerdeführer seinerzeit bescheidmäßig zuerkannten und von ihm laufend bezogenen Nebengebühren (Mehrleistungszulage und Aufwandsentschädigung) gemäß § 151 Abs. 6 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes ab mit Null bemessen. Als Begründung dafür wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer seit nicht mehr mit der Leitung und Überwachung von Bauvorhaben betraut sei und daher die Voraussetzungen für die "Gewährung einer Mehrleistungszulage bzw. Aufwandsentschädigung als Bauleiter" nicht mehr vorlägen.
Diese Erledigung enthält nach der Rechtsmittelbelehrung die Angabe der Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister:", die mit einem unleserlichen Schriftzug überschrieben ist. Auf gleicher Höhe mit dieser Funktionsbezeichnung findet sich die Angabe:
"F.d.R." ebenfalls mit einem beigefügten unleserlichen Schriftzug. Auch sonst (beispielsweise im Spruch oder allenfalls in der Angabe des Bearbeiters im Kopf der Erledigung) enthält dieses Schreiben keinerlei Namensangabe hinsichtlich der für diese Erledigung verantwortlichen Person.
Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer die mit datierte Berufung und beantragte, die im Instanzenzug übergeordnete Behörde möge den "Bescheid" des Bürgermeisters vom beheben.
Da über diese Berufung entgegen § 73 Abs. 1 AVG nicht entschieden wurde, erhob der Beschwerdeführer die unter Zl. 99/12/0216 protokollierte Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, in der er begehrte, der Verwaltungsgerichtshof möge den "Bescheid" des Bürgermeisters vom kostenpflichtig beheben.
Diese Säumnisbeschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom als unzulässig zurückgewiesen, weil eine Säumnisbeschwerde im Anwendungsbereich des AVG zulässig erst dann erhoben werden kann, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergehen kann, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat. Die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, die der Beschwerdeführer mit Devolutionsantrag nach § 73 AVG anrufen kann, ist schon auf Grund der Verfassungslage der Gemeinderat, wobei eine Beschränkung des Instanzenzuges den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG nicht hindert. Da über die mit datierte Berufung der Stadtrat zur Entscheidung zuständig gewesen wäre und gegen dessen angebliche Untätigkeit die Devolution an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, nämlich den Gemeinderat, offengestanden wäre und der Beschwerdeführer diesen aber nicht angerufen hatte, war die Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und ohne Auseinandersetzung mit der Frage, ob der zu Grunde liegenden, als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters vom im Lichte des § 18 Abs. 4 AVG überhaupt Bescheidqualität zukommt, zurückzuweisen.
Der nunmehr vorliegenden neuerlichen Säumnisbeschwerde ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer auf Grund des bereits mehrfach genannten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom mit "" (richtig: 1999) den Antrag auf Devolution an den Gemeinderat gerichtet hat. Da die genannte Behörde weiter untätig geblieben sei - so das Sachverhaltsvorbringen in der vorliegenden Säumnisbeschwerde - und über die Berufung des Beschwerdeführers vom nicht entschieden habe, sei die Berechtigung zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof eröffnete das Vorverfahren und forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen.
Mit dem der belangten Behörde zurechenbaren Schreiben vom wurde um Fristverlängerung ersucht, die vom Verwaltungsgerichtshof bis eingeräumt wurde.
Mit Schreiben vom teilte der Bürgermeister von St. Veit a.d. Glan mit, dass der Gemeinderat in der gegenständlichen Angelegenheit nicht entschieden habe und legte den Personalakt "im relevanten Umfang" und die "Nebengebührenverordnung" vor.
Der Verwaltungsgerichtshof, auf den demnach die Zuständigkeit zur Entscheidung übergegangen ist, hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Bereits im seinerzeitigen Zurückweisungsbeschluss vom , Zl. 99/12/0216, (Hinweis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG) hat der Verwaltungsgerichtshof auf die rechtliche Problematik der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters vom im Lichte des § 18 Abs. 4 AVG unter Angabe einschlägiger Rechtsprechung hingewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung vor der ab geltenden Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, ausgesprochen, dass die Funktionsbezeichnung (hier: "Der Bürgermeister") die im § 18 Abs. 4 AVG obligatorisch vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden nicht zu ersetzen vermag, weshalb es nicht entscheidend sein kann, dass für die Partei allenfalls die Möglichkeit bestanden hätte, mit Hilfe der in den Erledigungen erwähnten Bezeichnungen der Behörde den Namen des Bürgermeisters zu ermitteln, der diese Erledigungen genehmigt hat (vgl. weiter beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/18/0095, vom , Zl. 92/05/0323, vom , Zl. 94/12/0225, oder vom , Zl. 96/12/0098).
Die vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpfte Erledigung vom ist - wie der Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist - im vorher dargelegten Sinne nicht ordnungsgemäß gefertigt, weil der über der Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" gesetzte Schriftzug unleserlich ist und nur als Paraphe gewertet werden kann; der Name des Genehmigenden ist auch sonst nicht leserlich beigefügt. Die Angabe der Funktionsbezeichnung ändert nach der vorher genannten Rechtsprechung nichts an diesem wesentlichen Mangel. Eine solcherart mangelhafte Erledigung stellt keinen rechtlich existenten Bescheid dar (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes6, Rz 194 mit weiterer Rechtsprechung).
Da der vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpften Erledigung demnach gar kein Bescheidcharakter zukommt und eine Berufung sich gemäß § 63 AVG stets nur gegen einen Bescheid richten kann (vgl. Walter/Mayer, a.a.O., Rz 499f), war diese Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-36256