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VwGH vom 21.06.1990, 88/06/0046

VwGH vom 21.06.1990, 88/06/0046

Betreff

1.) AN und 2.) Verlassenschaft nach BN gegen Steiermärkische Landesregierung vom , Zl. 03-20 Ho 68-86/2, betreffend die Öffentlichkeitserklärung eines Weges (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde gemäß § 3 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes (LStVG) 1964, LGBl. Nr. 154 i. d.F. LGBl. Nr. 195/1969 festgestellt, daß der B-Weg ein öffentlicher Weg für den Verkehr mit Fahrzeugen aller Art sei. Der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom keine Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters mit der Ergänzung bestätigt, die Öffentlichkeit dieses Weges, beginnend bei der Abzweigung von der Gemeindestraße "C-Weg" bis zur Kirche und bis zum Anschluß an den bestehenden Interessentenweg in südwestlicher Richtung von der Kirche für die Bewirtschaftung der Grundstücke Nr. 773/2, 773/1, 769, 766, 767, 761, 752, 755, 759, alle KG Y, stelle ein dringendes öffentliches Verkehrsbedürfnis dar.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Bescheid des Gemeinderates werde festgestellt, daß der B-Weg für die Bewirtschaftung einer Reihe von Grundstücken erforderlich sei. Diese Formulierung enthalte einen unhaltbaren Widerspruch, weil § 3 LStVG 1964 einen Gemeingebrauch voraussetze und nicht das Bewirtschaftungsbedürfnis für einzelne Grundstücke und deren Besitzer. Die Beschwerdeführer seien bereit gewesen, mit denjenigen Liegenschaftseigentümern, die diesen Weg mitbenützen wollten, eine Vereinbarung über die Benützung und Vergütung der anteiligen Wegbaukosten zu treffen. Die Beschwerdeführer hätten nämlich vor etwa 10 Jahren für eigene Zwecke auf eigene Kosten eine neue Wegtrasse zu ihrem Anwesen errichtet und ohne jedwede Bedingung oder Auflage den üblichen 30%igen Zuschuß für solche Zufahrten erhalten. Es sei deshalb auch nicht richtig, daß die Gemeinde allein seit dem Jahre 1981 für die Hofzufahrt der Beschwerdeführer einen Betrag von S 56.951,-- aufgewendet habe. Die Beschwerdeführer hätten für die Errichtung ihres Weges durch die Fa. M. in Z für Schotterung und Asphaltierung mehrere hunderttausend Schilling aufgewendet und könnten dies mit Rechnungen belegen.

In der Vorstellung wurde weiters ausgeführt, es sei auch übersehen worden, daß die nun vom Bürgermeister eingeholten Stellungnahmen, soweit sie überhaupt einen Gemeingebrauch behaupten, sich auf Zeiträume weit vor der Anlage der Trasse vor etwa 10 Jahren bezögen. Wenn die unbestrittene Tatsache des Bestehens der Wallfahrtskirche seit 300 Jahren mit der Behauptung vermengt werde, daß eine Behinderung der Zufahrt über den B-Weg bis zum August 1985 nicht bestanden habe, so werde der wahre Sachverhalt geradezu verwirrt. Es werde nochmals mit aller Deutlichkeit betont und könnte durch Einvernahme aller beteiligten Personen vor einem objektiven Forum jederzeit erhärtet werden, daß vor Herstellung der Privatzufahrt durch die Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug gar nicht zur Wallfahrtskirche habe gelangen können. Wenn behauptet werde, es bestehe ein starkes öffentliches Bedürfnis nach einer freien Zufahrt zur Wallfahrtskirche, so könne dieses Kriterium allein die Voraussetzungen der Öffentlichkeit nicht herstellen, denn der Besuch der Wallfahrtskirche durch Kirchgänger und Wallfahrer sei jeweils nur zu Fuß und nicht mit Fahrzeugen erfolgt. Die Beschwerdeführer hätten auch nach Errichtung ihrer Privatzufahrt eine solche Benutzung nie untersagt. Es bestünde überhaupt keine Möglichkeit für ein Parken von Kraftfahrzeugen zum Besuche der Wallfahrtskirche und es habe auch in den vergangenen Jahren nie jemand ernstlich daran gedacht, die Privatzufahrt der Beschwerdeführer zu Kirchenbesuchszwecken zu benützen. Es liege hier der abzulehnende Versuch der Gemeinde vor, einigen Liegenschaftsbesitzern durch eine Öffentlichkeitserklärung nach § 3 LStVG 1964 die kostenlose Benutzung einer mit großem Aufwand und bedeutenden Kosten von den Beschwerdeführern errichteten Privatzufahrt zu ermöglichen. Die Beschwerdeführer hätten als Besitzer der Privatzufahrt versucht, sich mit den Anrainern, die die Wegtrasse unter Umständen für Bewirtschaftungszwecke benötigten, mit einer entsprechenden Vereinbarung zu einigen. Der Landwirt V. habe sich am eigenmächtig Zufahrt verschafft und sei daraufhin wegen Besitzstörung geklagt worden. Diese Klage sei mit einer Klage auf Geltendmachung einer Dienstbarkeit beantwortet worden. Beide Verfahren seien zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden und es habe am eine Verhandlung an Ort und Stelle stattgefunden. Dabei sei von beiden Parteien im Hinblick auf das anhängige Verwaltungsverfahren eine Unterbrechung des Verfahrens vereinbart worden. Die nunmehr asphaltierte Trasse stelle eine reine Privatzufahrt der Beschwerdeführer dar und habe mit dem seinerzeitigen öffentlichen Weg nichts zu tun. Es liege auch keine einvernehmliche Verlegung eines Gemeindeweges vor. Zum Schutze des Privateigentums dürfe der Begriff "langjährige Übung" nicht allzu weitherzig ausgelegt werden.

Mit Bescheid vom wies die Steiermärkische Landesregierung (belangte Behörde) diese Vorstellung ab. In der Begründung ihres Bescheides führte sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens dazu aus, es handle sich im gegenständlichen Verfahren um die Feststellung, daß ein in der Natur vorhandener Weg als öffentlicher Weg im Sinne der §§ 2 bis 4 LStVG 1964 anzusehen sei. Gemäß § 2 Abs. 1 LStVG seien öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes alle Straßen, die entweder von den zuständigen Stellen bestimmungsgemäß dem öffentlichen Verkehr gewidmet seien oder die in langjähriger Übung allgemein ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen für ein dringendes Verkehrsbedürfnis benützt würden. Gemäß § 4 LStVG 1964 habe der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung anberaumt und hiezu neben den Beschwerdeführern weitere Personen geladen. Die Zeugen M. und M.L. hätten angegeben, daß sie im Jahre 1954 den elterlichen Hof übernommen hätten und seither die Grundparzelle 767, KG Y, bewirtschafteten. Das Grundstück habe keine andere Zufahrtsmöglichkeit als über den B-Weg. Es sei vor dem Juli 1985 immer ohne Behinderung über den B-Weg bewirtschaftet worden. Es sei ihnen bekannt, daß auch andere Grundbesitzer sowie viele Wallfahrer diesen Weg benutzten. Der Zeuge J.G. habe angegeben, er bewirtschafte die Parzelle 721, KG Y. Es bestehe für den Abtransport des Holzes seiner Waldparzelle keine andere Zufahrtsmöglichkeit. Er sei seit 1966 Besitzer des Anwesens. Vor dem Juli 1985 hätte die Bewirtschaftung der Grundparzelle 761 ohne Schwierigkeit vorgenommen werden können. Der B-Weg werde außer zur Bewirtschaftung der Waldparzelle auch als Mühlweg beansprucht. Diese Benutzung sei von seinen Vorbesitzern bis zum Jahr 1949 beansprucht worden. Auf dem Standort Y 6 sei nämlich die Hausmühle gestanden. Die Benutzung sei mittels Pferdefuhrwerks erfolgt. Seines Wissens sei bei der Renovierung der Kirche (zweimal seit 1945) das Baumaterial mittels Pferdefuhrwerks und bei der zweiten Renovierung mittels Traktors oder Klein-LKW herbeigeschafft worden. Dieser Transport hätte nur über den B-Weg bewerkstelligt werden können. Die Zeugen J.K. und W.K. hätten angegeben, die Liegenschaft Y 18 im Jahre 1958 käuflich erworben zu haben. Das alte Gebäude der Liegenschaft Y 18 sei auf der Grundparzelle 752, KG Y, gestanden. Es sei nur durch eine Verlängerung des B-Weges erreichbar gewesen und hätte keine andere Zufahrtsmöglichkeit. Sie seien, seit sie die Liegenschaft besäßen, immer über den B-Weg gefahren und hätten hiefür keinerlei Entschädigung an irgendjemanden geleistet. Zur Kirche gingen und führen die Wallfahrer das ganze Jahr über, besonders zu den Marienfeiertagen. Die Zeugen J.W. und A.W. hätten angegeben, daß ihre Schwiegereltern bis zum Jahre 1964 ein Grundstück südöstlich von der Kirche besessen hätten und immer über den B-Weg als der einzigen Zufahrtsmöglichkeit gefahren seien. Die Verlegung des Zufahrtsweges zur Kirche sei nach dem großen Hochwasser 1979 erfolgt. Von der Gemeinde sei für den B-Weg ein Teilstück ihrer Grundparzelle 762/1 beansprucht worden. Über die Grundabtretung hätten sie mit dem Bürgermeister verhandelt und der Abtretung zugestimmt. Sie hätten den Beschwerdeführern zugesagt, nach ca. 150 m des B-Weges eine Schüttung durchzuführen. Im Gegenzug hätten die Beschwerdeführer zugesagt, daß sie dafür jährlich einmal mit dem Jauchefaß über ihr Grundstück anschließend an die Kurve fahren dürften. Diese Zusage sei von den Beschwerdeführern vor ca. 3 Jahren widerrufen worden. Sie könnten auch feststellen, daß Wallfahrer während des ganzen Jahres besonders von Ostern bis Weihnachten den B-Weg begehen und befahren. Die Zeugen J.V. und M.V. hätten angegeben, daß die Kirche auf ihrem Grundstück Nr. 70/2, KG Y, stehe. Sie müßten folgende Grundparzellen über den B-Weg als einzige Zufahrt bewirtschaften: Wiesengrundstück Nr. 773/2, Waldparzellen 773/1, 769 und 766. In den Jahren 1970 bis 1972 hätten sie einen größeren Holztransport aus ihren Waldparzellen über den alten Gemeindeweg durchgeführt. Vor und nach diesem Termin sei das Durchforstungsholz auf dem B-Weg abtransportiert worden. Aufgrund der bekannten Nachforschungen bestehe die Kirche, die jährlich von ca. 1000 Wallfahrern besucht werde, seit ca. 300 Jahren. Die Wallfahrer stammten nicht nur aus der Pfarre W sondern selbstverständlich auch aus anderen Pfarren. Sie könnten auch bezeugen, daß auf dem B-Weg im Bereich des derzeit aufgestellten Absperrschrankens in der Nähe des Hauses Y 33 zwischen dem C-Bach und dem Gemeindeweg noch die Wasserzuleitung für die Hausmühle des Grundbesitzers Johann G. und andere Mühlenbesitzer bestehe. Der Zeuge M.R. habe als Mitglied des Pfarrgemeinderates angegeben, dieser vertrete die Katholiken der Pfarre W mit etwas mehr als 3000 Seelen. Seines Wissens sei bis zur Aufstellung des Absperrschrankens im Juli 1985 die Zufahrt für die Wallfahrer jederzeit möglich gewesen. In einem Besprechungsprotokoll vom werde ausgeführt, daß der Pfarrgemeinderat W ein großes Interesse daran habe, daß diese Zufahrt wieder ermöglicht werde. Die kleine Wallfahrtskirche werde von vielen Wallfahrern besucht. Darunter seien auch viele ältere und gehbehinderte Menschen, die den steilen Weg nicht bewältigen könnten. Der Pfarrgemeinderat sei der Meinung, daß seit Bestehen der Kirche die Zufahrt ohne Schwierigkeiten möglich gewesen sei und dies auch so bleiben solle. Der Zeuge J. Sch. habe ausgeführt, er habe das Gasthaus in V 11 vor zwölf Jahren von seinem Vater übernommen. Zu dieser Zeit sei er mit seinem Vater zur Kirche am "Kleinen Frauentag" anfangs September mit Getränken gefahren, um den Ausschank zu tätigen. Der Vizebürgermeister habe ausgesagt, daß er seit 30 Jahren Gemeindemandatar und 24 Jahre im Gemeindevorstand, davon 14 Jahre Gemeindekassier und 10 Jahre Vizebürgermeister, sei. Die Anhebung des B-Weges sei zur Gänze von der Gemeinde durchgeführt worden. Während seiner Kassiertätigkeit sei der B-Weg, je nach Bedarf des öftern von der Gemeinde beschottert worden. Auch der Erstbeschwerdeführer habe zur Schotterung des B-Weges beigetragen. Er könne sich auch erinnern, daß der Weg 1968 mit 2 bis 3 Fuhren durchgeschottert worden sei. G. Pr., Gemeindekassier und Pfarrgemeinderat hätte immer das Bestreben gehabt, den Zufahrtsweg zur Kirche ständig zu verbessern. Seit es in der Gemeinde einen Winterräum- und Streudienst gibt, sei der B-Weg immer nach Erfordernis geräumt und gestreut worden. J. P. habe angegeben, daß er 1946 nach Y gezogen sei. Der B-Weg sei der einzige Zufahrtsweg zu seinem Anwesen gewesen. Er sei von ihm einige Male im Jahre mit Pferdefuhrwerken benutzt habe. Das seiner Frau und ihm gehörende Wirtschaftsgebäude sei zu Ostern 1953 abgebrannt und an anderer Stelle wieder errichtet worden. Er könne sich auch erinnern, daß der Marktfahrer P. aus Z alljährlich im September mit seinem PKW den Zufahrtsweg benutzt habe. B. W. habe angegeben, daß seit sie sich erinnern könne, besonders zu Ostern und zu den Marienfeiertagen im Sommer, viele Wallfahrer nach B gekommen seien. Mit dem Auftreten der Fahrzeuge (Motorräder, PKW) seien die Besucher auch immer zur Kapelle hinauf gefahren. Ihr Haushalt besitze seit dem Jahre 1954 einen PKW und mit diesem sei zur Kirche gefahren worden. Bis zur Aufstellung des Absperrschrankens im Juli 1985 hätten sie und alle anderen Wallfahrer immer unbehindert zur Kirche gehen oder fahren können.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides weiters aus, zur Rüge der Beschwerdeführer, wonach der B-Weg nur für die Bewirtschaftung einer Reihe von Grundstücken benötigt werde und dies nicht die Annahme eines dringenden Verkehrsbedürfnisses rechtfertige, sei festzustellen, daß ein dringendes Verkehrsbedürfnis dann vorliege, wenn ohne Benützung der Straße oder eines Straßenteiles wichtige Verkehrsbelange der Allgemeinheit nicht befriedigt oder wesentlich beeinträchtigt werden. Betrachte man im Sinne dieser Voraussetzungen das durchgeführte Ermittlungsverfahren, so ergebe sich, daß die Benützung des Weges nicht nur für die Eigentümer einiger angrenzender Liegenschaften von Bedeutung ist, sondern daß dieser Weg darüber hinaus seit vielen Jahren von Wallfahrern bzw. Besuchern der Kirche benutzt werde und auch den einzig möglichen Zugang zur Kirche darstelle. Man könne die Erreichbarkeit von sakralen Einrichtungen ohne weiteres als Verkehrsbelang der Allgemeinheit betrachten und es begründe die Erreichbarkeit solcher Einrichtungen durchaus ein dringendes Verkehrsbedürfnis. Der Bürgermeister habe daher aufgrund der zahlreichen Zeugenaussagen zurecht das Vorliegen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses als erwiesen angenommen. Es stehe auch die Tatsache, daß der derzeit bestehende Weg von den Beschwerdeführern vor ca. 10 Jahren neu angelegt worden sei, einer Feststellung der Öffentlichkeit nicht entgegen.

Das Wesen einer Entscheidung gemäß § 3 LStVG 1964 sei, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 8253/A, ausgeführt habe, dahingehend zu umschreiben, daß es sich hier um eine dem öffentlichen Recht zugehörige Befugnis der Gemeinde handle, im Rahmen der Hoheitsverwaltung festzustellen, daß ein Grundstück auf das die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 LStVG 1964 zutreffen, als öffentliche Straße zu gelten habe. Die Folgen einer solchen Feststellung bestünden darin, daß der Eigentümer keine Handlungen setzen dürfe, die geeignet wären, den öffentlichen Verkehr in dem Umfang, in dem er von der Behörde festgestellt werde, zu behindern. Der Eigentümer sei zwar insoweit in der Ausübung seines Eigentumsrechtes beschränkt, doch bleibe im übrigen sein Eigentum an dem Grundstück unangetastet. In diesem Fall könne auch der Zeitraum von 10 Jahren durchaus als langjährig im Sinne des § 2 leg. cit. angesehen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 83/06/0171-10, ausgeführt habe, komme es bei der Prüfung der "langjährigen Übung" nicht allein auf die Dauer, sondern auf die Gesamtheit der Umstände an, die im Einzelfall für die Annahme einer langjährigen Übung sprechen.

Im vorliegenden Fall sei der Zufahrtsweg zur Kirche nach Aussage fast aller Zeugen seit nahezu urdenklichen Zeiten von Wallfahrern und Kirchbesuchern begangen und befahren worden. Die Verlegung des bestehenden Weges wegen seiner nicht mehr ordnungsgemäßen Benützbarkeit könne daher nach Auffassung der belangten Behörde "den Begriff der langjährigen Übung nicht unterbrechen". Darüber hinaus seien vom Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom , Zl. 1668/75, hinsichtlich einer rund 10 Jahre als Zufahrt zu einem Gasthaus verwendeten Straße die Voraussetzungen der langjährigen allgemeinen Übung für die Feststellung der Öffentlichkeit als gegeben erachtet worden.

Das Ermittlungsverfahren der Gemeinde, insbesondere die durchgeführten Zeugeneinvernahmen, hätten ergeben, daß die Benützung des Weges von den Beschwerdeführern als Liegenschaftseigentümer bis zum Jahre 1985 nie beeinsprucht worden sei. Es sei auch von den Beschwerdeführern selbst nicht behauptet worden, daß in der Vergangenheit die Benützung dieses Weges von ihnen in irgendeiner Form eingeschränkt worden sei. Auch der Umstand, daß einer der Wegbenützer ein Servitutsrecht am bestehenden Weg bei Gericht geltend gemacht habe, stehe der Öffentlichkeitserklärung nicht entgegen. Da somit schon aufgrund der im wesentlichen inhaltlich unbestrittenen Angaben der Zeugen davon auszugehen sei, daß die Tatbestandsmerkmale "langjährige allgemeine Übung ohne Einschränkung, unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen" im Verfahren vor den Behörden der mitbeteiligten Gemeinde zurecht angenommen worden seien, könne von einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer nach Ansicht der belangten Behörde nicht die Rede sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und "Rechtsverletzung" geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes (LStVG) 1964

LGBl. Nr. 154, i.d.F. LGBl. 9/1973 lauten:

"Öffentlichkeit der Straßen

§ 1.

(1) Dieses Gesetz ist auf alle öffentlichen Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen anzuwenden.

§ 2.

(1) Öffentliche Straßen sind im Sinne dieses Gesetzes alle Straßen, die entweder von den zuständigen Stellen bestimmungsgemäß dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden sind oder die in langjähriger Übung allgemein, ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen für ein dringendes Verkehrsbedürfnis benützt werden.

(2) Unter der Bezeichnung 'Straße' sind auch Wege sowie im Straßenzuge befindliche Plätze, Brücken, Durchfahrten, Durchgänge, Stiegen, Über- und Unterfahrungen und Tunnels mitverstanden.

§ 3.

Bestehen Zweifel, ob eine Straße als öffentlich anzusehen ist oder in welchem Umfang sie der allgemeinen Benützung freisteht (Gemeingebrauch), entscheidet die Gemeinde auf Antrag oder von Amts wegen.

§ 4.

(1) Der Entscheidung hat eine mündliche, mit einem Augenschein verbundene Verhandlung voranzugehen, deren Abhaltung ortsüblich zu verlautbaren ist und zu der sämtliche, dem Amt bekannte Beteiligte persönlich zu laden sind.

(2) Parteien, die aus einem privatrechtlichen Titel Einwendungen erheben, sind vor die ordentlichen Gerichte zu verweisen, wenn hierüber ein gütliches Übereinkommen nicht erzielt wird.

(3) Der Bescheid, mit dem die Öffentlichkeit ausgesprochen wird, muß zum Ausdruck bringen, für welche Arten des öffentlichen Verkehrs (Fahr-, Reit-, Radfahr-, Fußgeherverkehr usw.) die Straße benützt werden kann.

§ 5.

Die bestimmungsgemäße Benützung einer öffentlichen Straße zum Verkehr ist jedermann gestattet und darf von niemandem eigenmächtig behindert werden."

Auf das Beschwerdevorbringen, für die mitbeteiligte Gemeinde habe kein Grund bestanden, ein Verfahren nach den §§ 2 ff LStVG 1964 durchzuführen, weil die von der Gemeinde behauptete Antragstellung aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich sei, ist zu erwidern, daß dieses Vorbringen nicht mit der Aktenlage in Einklang zu bringen ist, da sich aus dem Akt der mitbeteiligten Gemeinde ergibt, daß es am im Gemeindeamt zu einer entsprechenden Antragstellung und zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den gekommen ist. Im übrigen sieht aber das Gesetz auch eine amtswegige Einleitung vor. Daß beim B-Weg Zweifel bestanden, ob dieser als öffentlich anzusehen ist, ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere aber auch aus dem Verhalten der Beschwerdeführer selbst, zumal die von ihnen nach den Feststellungen der belangten Behörde mittels Schranken vorgenommene Absperrung von der Behörde als Bestreitung des Gemeingebrauches und damit der Öffentlichkeit angesehen werden durfte. Aber auch die Rüge, die Beschwerdeführer hätten keine Möglichkeit gehabt, auf den Gang des Ermittlungsverfahrens Einfluß zu nehmen, ist aktenwidrig, denn der Niederschrift, welche über das Ergebnis der örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung vom wegen der Feststellung der Öffentlichkeit aufgenommen wurde, kann entnommen werden, daß die Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Vertreter, D, an der Verhandlung teilgenommen haben. Auch wurde ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Nach dieser Niederschrift ist vom Vertreter der Beschwerdeführer zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere zur Einvernahme der Zeugen, aber lediglich festgestellt worden, daß deren Aussagen generell bestritten werden. Weiters ist eine Stellungnahme zu den Zeugenaussagen angekündigt worden, die jedoch im Verlaufe des weiteren Verfahrens nie abgegeben wurde. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den Zeugenaussagen ist nach der Aktenlage von den Beschwerdeführern im gesamten Verfahren nicht erfolgt.

Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien gegen die Wertung der Ergebnisse des Beweisverfahrens durch die Gemeindebehörden und die belangte Behörde wenden, ist ihnen entgegenzuhalten, daß kein Anhaltspunkt dafür besteht, die Beweiswürdigung der Behörden, namentlich unter dem Gesichtspunkt ihrer Schlüssigkeit, in Zweifel zu ziehen.

Zum Beschwerdevorbringen, daß in den einzelnen "Niederschriften" immer wieder von dem öffentlichen Gemeindeweg Nr. 1133/5, gesprochen werde, der in seinem nördlichen Bereich überhaupt nicht existiere, ist auszuführen, daß von den Zeugen offenkundig der Zufahrtsweg zur Kirche gemeint war. Wenn dieser Weg im Laufe der Jahre infolge eines Hochwassers verlegt wurde, steht dieser Umstand der Feststellung der Öffentlichkeit nicht entgegen, da das Feststellungsverfahren darauf abstellt, daß ein in der Natur vorhandener Weg für den öffentlichen Verkehr benützt wird. Sowohl der ursprüngliche Weg als auch der infolge eines Hochwassers 1979 untergegangene und sodann verlegte Weg stellte die einzige Zugangsmöglichkeit zur Kirche dar. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzung der "langjährigen Übung" die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls ab einem Zeitraum von rund 10 Jahren gegeben ist (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 83/06/0171), vorliegt, ist aber auch der Umstand zu berücksichtigen, daß nach dem Untergang des alten Weges die Benützung auf dem verlegten Wegstück fortgesetzt wurde. Bei der Besonderheit des Falles ist daher die "langjährige Übung" im Zusammenhang mit der jahrzehntelangen allgemeinen Benützung vor dem Untergang des alten Weges zu sehen.

Die Beschwerdeausführungen, wonach von einer derzeit bestehenden Notwendigkeit der Benützung nicht gesprochen werden könne, decken sich nicht mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Die überwiegende Anzahl der einvernommenen Zeugen hat - wie oben dargestellt - angegeben, den Weg seit jeher benützt zu haben und ihn auch heute noch zu benützen bzw. auf seine Benützung angewiesen zu sein. Wenn der in Rede stehende Weg in letzter Zeit nur von wenigen Kraftfahrzeugen benützt wurde, stellt er dennoch den einzigen Zufahrtsweg zur Kirche dar, wobei die Erreichbarkeit einer Kirche oder Wallfahrtsstätte als ein dringendes Verkehrsbedürfnis begründend angesehen werden kann. Die Intensität der Benützung eines Weges ist nicht zwangsläufig ein Indikator für ein dringendes Verkehrsbedürfnis. Die Ausführungen, daß kein Interesse an der Feststellung der Öffentlichkeit vorhanden sei, sind durch die Zeugen und insbesondere durch die Ausführungen des Vertreters des Pfarrgemeinderates widerlegt.

Daraus folgt, daß nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, an dem sich die Beschwerdeführer im übrigen nicht durch weitere Stellungnahmen oder die Stellung konkreter Beweisanträge beteiligt haben, die vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit seinem Bescheid getroffene Feststellung, es handle sich beim B-Weg um eine öffentliche Straße im Sinne des § 2 LStVG 1964, dem Gesetz entspricht.

Damit erfolgte aber auch die Abweisung der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zu Recht. Aber auch der belangten Behörde sind die in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen nicht unterlaufen, wenn sie mit ihrem Bescheid, den sie ausführlich und mit Erkenntnissen dieses Gerichtshofes untermauert begründet hat, die von den Beschwerdeführern gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Vorstellung abgewiesen hat.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.