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VwGH 15.11.1988, 88/05/0210

VwGH 15.11.1988, 88/05/0210

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO OÖ 1976 §59 Abs2;
BauO OÖ 1976 §60 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;
RS 1
Die Herstellung des konsensmäßigen Zustandes durch den Instandsetzungsauftrag kann sich nur auf die rechtskräftige Baubewilligung beziehen, ohne Rücksicht darauf, ob diese nach neuem Recht erteilt werden könnte.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Mag. WM und der CM, beide in L, beide vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR- 010103/1-1988 Pos/Ja (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend einen Instandsetzungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom wurde den Eigentümern des Objektes A-Straße in L, darunter den Beschwerdeführern, auf Grund festgestellter Baugebrechen die Vornahme von Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen aufgetragen; die dagegen erhobene Berufung blieb im wesentlichen erfolglos. Die von den Beschwerdeführern gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom  mit der Feststellung Folge gegeben, dass die Einschreiter durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt worden seien. Der angefochtene Bescheid wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz (Stadtsenat) verwiesen. Diese Aufhebung wurde damit begründet, die Baubehörde habe nicht erkannt, dass sich der Umfang eines Instandsetzungsauftrages jeweils nur nach dem ursprünglich erteilten Konsens zu richten habe. Ein baupolizeilicher Auftrag könne immer nur die Behebung von Baugebrechen gegenüber dem erteilten Konsens, also der ursprünglich erteilten Baubewilligung, zum Gegenstand haben, nicht aber einen hievon abweichenden Zustand. Die Baubehörde wäre lediglich berechtigt gewesen, die Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustandes vorzuschreiben. Dieser Vorstellungsbescheid blieb unangefochten.

Der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt hat hierauf mit Bescheid vom nach Wahrung des Parteiengehörs der Berufung gegen den Bescheid des Magistrates Linz gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dahingehend Folge gegeben, dass im Spruchteil I des angefochtenen Bescheides die Vorschreibungspunkte

1. bis 3. wie folgt neu formuliert wurden:

"1. Der angefaulte und vermorschte Fußbodenbelag des im Untergeschoß gelegenen Wohnraumes des Mieters HL ist zur Gänze zu entfernen und durch die Verlegung eines neuen Fußbodenbelages, bestehend aus Schiffboden auf Polsterhölzern mit Sockelleisten konsensgemäß instandzusetzen.

2. Für die Durchführung der vorgesehenen Instandsetzungsmaßnahme dürfen nur hiezu befugte Baugewerbetreibende herangezogen werden.

3. Die Instandsetzungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen sind bis durchzuführen."

Die Berufungsbehörde setzte sich in der Begründung des Bescheides mit den bis dahin vorgebrachten Einwendungen der Beschwerdeführer auseinander und kam zu dem Schluss, dass die Baubehörde erster Instanz den Antrag der Beschwerdeführer, die Benützung der Räume im Kellergeschoß des gegenständlichen Objektes als "Wohn- und Geschäftsräume" bescheidmäßig zu untersagen, zu Recht zurückgewiesen habe, zumal in einem Verfahren gemäß § 60 der OÖ Bauordnung ein derartiges Antragsrecht der Hauseigentümer nicht vorgesehen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung, dass die Einschreiter durch den Bescheid des Stadtsenates vom in ihren Rechten nicht verletzt worden seien, keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dann, wenn sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert habe, dass eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entstehe, das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet werde oder schädliche Umwelteinwirkungen entstünden, gemäß § 60 Abs. 1 der OÖ Bauordnung, gleichgültig, worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist, ein Baugebrechen vorliege. Die Baubehörden hätten berechtigterweise das Vorliegen eines Baugebrechens im Sinne der zitierten Gesetzesstelle angenommen und dies auch entsprechend begründet. Die Berufungsbehörde habe sich dabei auf das Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen gestützt, welches anlässlich eines Ortsaugenscheines nach entsprechender Befundaufnahme durch einen bautechnischen Amtssachverständigen erstellt worden sei. Dieses medizinische Sachverständigengutachten sei schlüssig und in sich widerspruchsfrei, es stehe im Einklang mit den einschlägigen Lebenserfahrungen und sei daher geeignet gewesen, der Sachentscheidung der Baubehörde als unbedenklich zu Grunde gelegt zu werden. Erlange die Baubehörde vom Vorliegen eines Baugebrechens Kenntnis, so habe sie gemäß § 60 Abs. 2 der OÖ Bauordnung die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen (einschließlich der Räumung von Bauten oder Bauteilen) anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung (falls erforderlich auch durch andere als bisher verwendete Materialien und Konstruktionen) oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich sei oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen. Wie im Berufungsbescheid ausgeführt sei, habe die Baubehörde durch die "Anzeige" des Mieters vom vom Vorliegen des Baugebrechens Kenntnis erlangt, worauf sie das amtswegige Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Die Beschwerdeführer sprächen sowohl in der Vorstellung als auch in einer späteren Äußerung davon, dass das in Rede stehende Zimmer nicht im Untergeschoß, sondern im Kellergeschoß liege, in welchem nach den heutigen Bauvorschriften Wohnräume überhaupt nicht mehr situiert werden dürften. Wie bereits im ersten Vorstellungsbescheid vom zum Ausdruck komme, komme es bei einem Verfahren nach § 60 Abs. 2 der OÖ Bauordnung bei der Beurteilung des Umfanges des Instandsetzungsauftrages auf den ursprünglich erteilten Konsens an. Über den konsensgemäßen Zustand könne ein Instandsetzungsauftrag nicht hinausgehen. Die mit Bescheid des Stadtsenates vom vorgeschriebene Entfernung des bestehenden Fußbodenbelages und die Verlegung eines neuen, bestehend aus Schiffboden auf Polsterhölzern mit Sockelleisten, gehe nicht über den im angefochtenen Bescheid, ebenfalls dargelegten konsensgemäßen Zustand hinaus, weshalb die Beschwerdeführer insoweit durch den bezeichneten Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden seien. Die Rechtsansicht der Beschwerdeführer, jeder baupolizeiliche Auftrag habe sich am gegenwärtig gültigen Gesetz zu orientieren, sei irrig, da nach § 69 Abs. 2 erster Satz der OÖ Bauordnung rechtskräftige Bescheide durch das Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht berührt würden. Es sei den Beschwerdeführern darin beizupflichten, dass nach der derzeitigen Rechtslage ein Wohnraum unter den vorliegenden Voraussetzungen in der gegenständlichen Situierung baubehördlich nicht bewilligt würde. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch lediglich um die Beseitigung des festgestellten Baugebrechens in einem, wie die Baubehörde zutreffend festgestellt habe, nach wie vor für Wohnzwecke gewidmeten Raum. Für die Beurteilung der Frage, welche Instandsetzungsmaßnahmen im vorliegenden Fall aufgetragen werden könnten, sei einzig und allein der Baukonsens, d.h. die im Jahre 1907 erteilte Baubewilligung, maßgeblich. Der in diesem Verfahren erteilte baupolizeiliche Auftrag stelle also lediglich auf die Beseitigung dieses Baugebrechens ab und führe nicht, wie die Beschwerdeführer meinen, zur Verwirklichung eines gesetzwidrigen Zustandes, da rechtskräftige Bescheide durch das Inkrafttreten der OÖ Bauordnung 1976 nicht berührt würden. Wie in der Begründung des Berufungsbescheides ausgeführt sei, resultiere aus dem Recht, die genannte Räumlichkeit als Wohnraum zu verwenden, die Pflicht, diese gemäß dem erteilten Baukonsens als Wohnung zu erhalten. Erst nach einer Änderung des Verwendungszweckes wären die Eigentümer der baulichen Anlage von den beschriebenen Verpflichtungen befreit. Durch die Erteilung des baupolizeilichen Auftrages werde entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht ein gesetzwidriger Zustand herbeigeführt, sondern die hygienische Situation im vorliegenden, schon vorher zu Wohnzwecken genutzten Raum wesentlich verbessert.

Die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführer, die Benützung der Räume im Kellergeschoß des Hauses als Wohn- und Geschäftsräume bescheidmäßig zu untersagen, sei von der Baubehörde zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht verletzt, dass ihnen gemäß § 60 Abs. 2 der OÖ Bauordnung kein Instandsetzungsauftrag erteilt werde, da der "Kellerraum" seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt sei und in der Widmung des Jahres 1907 für einen nicht mehr vorhandenen Hausmeister vorgesehen worden sei. Obwohl die belangte Behörde selbst davon ausgehe, dass im gegenständlichen "Kellerraum" unter den gegebenen Voraussetzungen ein Wohnraum baubehördlich nicht bewilligt würde, sei ein Instandsetzungsauftrag erteilt worden, was sowohl den gesetzlichen Vorschriften als auch den Intentionen der OÖ Bauordnung widerspreche.

Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 67 des Statuts der Landeshauptstadt Linz kann, wer durch den Bescheid eines Organs der Stadt in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges dagegen Vorstellung erheben. In der Entscheidung darüber hat die Landesregierung, soweit die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters dadurch verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt zu verweisen. Daraus ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 84/05/0014, 85/05/0107, BauSlg. Nr. 877, und vom , Zl. 87/05/0154, BauSlg. Nr. 1041), dass an den in Rechtskraft erwachsenen aufhebenden Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde im fortgesetzten Verfahren sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts insofern gebunden sind, als die darin zu Grunde gelegten Rechtsansichten die Aufhebung tragen; dies selbst dann, wenn diese Ansichten mit der objektiven Rechtslage nicht in Einklang stünden. Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass die Ansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde in ihrem seinerzeitigen aufhebenden Bescheid, es komme beim Umfang der Instandsetzungsaufträge auf den seinerzeitigen Konsens an, Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Berufungsbescheides war. Schon deshalb gehen alle Ausführungen der Beschwerdeführer, es käme auf die derzeitige Rechtslage an, ins Leere.

Darüber hinaus ergibt sich schon aus § 59 Abs. 1 der OÖ Bauordnung (BO) die Verpflichtung des Eigentümers einer baulichen Anlage, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, diese Anlage in dem dieser Baubewilligung entsprechenden Zustand zu erhalten; dass die Verletzung dieser Erhaltungspflicht zu einem Baugebrechen im Sinne des § 60 Abs. 1 BO führte, kann daran nichts ändern. - Die Qualifikation als Baugebrechen kann ja nach § 60 Abs. 2 BO nur insoweit zu einem anderen Ergebnis führen, als die Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage (nämlich des gesamten Hauses) gleichkommen würde; in einem solchen Fall wäre die Abtragung aufzutragen; dies kommt aber nach dem vorliegenden Sachverhalt, der ja lediglich Mängel im Tiefgeschoß aufzeigt, nicht in Betracht.

Die in der Beschwerde vertretene Rechtsansicht, dass der Wegfall der Rechtsgrundlage einen rechtskräftigen Bescheid beseitigen könne, ist dem österreichischen Recht fremd. Vielmehr kann in den Bestand eines rechtskräftigen Bescheides nur unter besonderen im Gesetz angeordneten Voraussetzungen eingegriffen werden. Dass die seinerzeitige Baubewilligung nach der nunmehr geltenden Bauordnung nicht mehr erteilt werden könnte, ist daher für die Wirksamkeit dieser Baubewilligung ohne jede Bedeutung. Es ist auch nicht ganz verständlich, inwiefern durch die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes ein "der Bauordnung widersprechender Zustand" hergestellt werden könnte.

Schließlich verkennen die Beschwerdeführer, dass es für die Widmung als Wohnraum rechtlich bedeutungslos ist, dass es sich um Wohnräume für einen Hausbesorger handelte; bis zu einer Änderung des Baukonsenses liegt daher nicht etwa ein Kellerraum, von dem die Beschwerdeführer immer sprechen, sondern ein Wohnzwecken gewidmeter Raum vor.

Den Beschwerdeführern ist zuzustimmen, dass die aufgetragenen Arbeiten für sich allein nicht besonders zweckmäßig sind, es steht ihnen aber frei, zur Sicherung des anzubringenden Fußbodens eine entsprechende Isolierung vorzunehmen. Lediglich der Auftrag zur Vornahme einer derartigen Isolierung wäre nicht im Gesetz gedeckt.

Da sich sohin bereits aus den Ausführungen der Beschwerdeführer ergibt, dass durch den angefochtenen Bescheid ihre Rechte nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Damit bedarf es auch keiner gesonderten Entscheidung über den Antrag auf Gewährung aufschiebender Wirkung.

Wien, am

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Normen
BauO OÖ 1976 §59 Abs2;
BauO OÖ 1976 §60 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht
BauRallg9/3
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1988050210.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-36170