VwGH vom 17.05.1993, 92/10/0038
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde 1. des XH und
2. der YH in A, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N-100143/5-I/Mö-1991, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung und Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf nachträgliche bescheidmäßige Feststellung, daß durch das auf dem Grundstück Nr. nn1 errichtete Holzhaus (Badehütte) mit den Abmessungen 5 x 4 Meter solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, abgewiesen und den Beschwerdeführern aufgetragen, dieses Holzhaus bis längstens zu entfernen und bis auf der betroffenen Fläche den vorherigen Zustand (Wiese in Angleichung an das umgebende Gelände) wiederherzustellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen vor, die in die Begründung des angefochtenen Bescheides aufgenommene Feststellung des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, wonach ihre Badehütte aus seeseitiger Blickrichtung markant in Erscheinung trete und deutlich als unnatürliches Raumelement in der Gewässerrandzone wahrgenommen werde, treffe nicht zu. Aus dem mit der Berufung vorgelegten Lichtbild sei vielmehr ersichtlich, daß die Badehütte vom See her nur ganz gering eingesehen werden könne, während sie straßen- und luftseitig überhaupt nicht einsehbar sei, zumal der Baumbestand eine Einsicht verhindere.
Nach § 5 Abs. 1 O.Ö. NSchG 1982 ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von fünfhundert Metern landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Diese Bestimmung verbietet nicht jede Veränderung im Seeuferbereich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Maßnahme zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgebend verändert; nur dann stellt sie einen Eingriff in das Landschaftsbild dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. 12069/A u.a.).
Dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundgelegten Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ist zu entnehmen, daß der Uferbereich, in welchem sich die Badehütte der Beschwerdeführer befindet, zwar eine Vielzahl anthropogener Eingriffe wie Zäune, standortfremde Pflanzen, Rasenflächen, Maßnahmen der Bodenversiegelung und Geländeveränderungen aufweist und das Landschaftsbild durch diese Eingriffe von Menschenhand mitgeprägt ist, daß jedoch die vereinzelt situierten Bauwerke in diesem so geprägten Landschaftsbild als störende Fremdkörper in Erscheinung treten, die dieses Landschaftsbild maßgebend verändern.
Die Bemerkung des Sachverständigen, die vereinzelt vorhandenen Bauwerke im Uferbereich träten aus seeseitiger Blickrichtung markant in Erscheinung, ist nicht auf die Badehütte der Beschwerdeführer zugeschnitten und bildet auch kein tragendes Element für die Bejahung der Eingriffsqualität dieser Badehütte. In bezug auf das Objekt der Beschwerdeführer stellt der Sachverständige vielmehr ausdrücklich fest, daß dieses zwar aufgrund der geringeren Baumasse und der braunen Farbgebung eine wesentliche geringere Dominanz im Gesamtbild aufweist als ein anderes Objekt, daß es aber dennoch deutlich als unnatürliches Raumelement in der Gewässerrandzone wahrgenommen wird.
Die Wahrnehmbarkeit des Objektes wird auch von den Beschwerdeführern selbst nicht in Abrede gestellt. So haben sie in ihrer Stellungnahme vom zum Gutachten des Landesbeauftragten ausgeführt, das Objekt sei straßenseitig überhaupt nicht einsehbar und seeseitig nur aus bestimmten Blickrichtungen erkennbar, zumal aufgrund des Baumbestandes nur eine geringe Einsicht bestehe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht entscheidend, von welchem Punkt aus das einen Eingriff darstellende Objekt einsehbar bzw. nicht einsehbar ist und ob es nur aus der Nähe oder aus weiterer Entfernung wahrgenommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. NF 12069/A u.a.). Was die Abschirmung des Objektes durch den vorhandenen Baumbestand betrifft, so ist - worauf die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides hingewiesen hat - überdies zu berücksichtigen, daß die durch den Baumbestand gegebene teilweise Sichtbeeinträchtigung jahreszeitlich bedingt variiert (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 246/76). Die belangte Behörde hat daher die Badehütte der Beschwerdeführer zurecht als Eingriff in das Landschaftsbild angesehen.
Die Beschwerdeführer bringen weiter vor, die belangte Behörde habe keine sachliche Begründung dafür gegeben, warum gerade im Fall ihrer Badehütte die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt würden, während dies bei anderen, wesentlich markanteren Objekten, nicht der Fall sei. Aus diesem Grund hätten sie auch die Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt, um der erkennenden Behörde an Ort und Stelle den maßgeblichen Sachverhalt darzutun, damit diese in der Lage sei, an Ort und Stelle selbst die entsprechenden, für die Interessenabwägung notwendigen Feststellungen unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten zu treffen. Diesem Antrag habe die belangte Behörde nicht stattgegeben. Im angefochtenen Bescheid werde zwar ausgeführt, daß in Anwesenheit der Beschwerdeführer ein Lokalaugenschein durchgeführt worden sei; bei diesem Termin habe es sich aber lediglich um eine Begehung gehandelt und es sei weder ein Protokoll aufgenommen noch seien entsprechende Feststellungen getroffen worden und es sei den Beschwerdeführer auch nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden, ihre Einwände entsprechend vorzutragen und in der Natur zu demonstrieren. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer zu einem formell anzuberaumenden Lokalaugenschein beizuziehen; dieser sei auch nicht zu dem erwähnten Termin der Begehung geladen worden, sodaß die Beschwerdeführer auch diesbezüglich in ihren Rechten infolge eines Verfahrensmangels erheblich verkürzt worden seien. Sie seien durch die Nichtladung ihres Rechtsvertreters in ihrem Recht auf Parteiengehör erheblich eingeschränkt worden.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen ist, daß das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes im Seenbereich sehr hoch einzuschätzen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. NF 12069/A u.a.) und dieses Interesse als höher eingeschätzt hat als das rein private Interesse der Beschwerdeführer an einer Badehütte.
Aus welchen Gründen für andere Objekte im Seeuferschutzbereich eine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt wurde, ist ohne Belang. Selbst wenn diese Bewilligungen zu Unrecht erteilt worden wären, wäre für die Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen, da niemand Anspruch darauf hat, daß sich eine Behörde, die sich in anderen Fällen rechtswidrig verhält, auch ihm gegenüber rechtswidrig verhalte (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. 5372, 6072, 7475, 7656, 8790 u.a.).
Abgesehen davon, daß weder das AVG noch das
O.ö. NSchG. 1982 zwingend die Vornahme eines Ortsaugenscheines vorsehen, können die Beschwerdeführer schon deswegen nicht wegen Nichtvornahme eines Lokalaugenscheines in ihren Rechten verletzt worden sein, weil ein solcher tatsächlich stattgefunden hat. Warum die von Organen der Naturschutzbehörde gemeinsam mit den Beschwerdeführern vorgenommene Besichtigung an Ort und Stelle am kein Ortsaugenschein gewesen sein soll, bleibt unerfindlich. Die Aufnahme einer Niederschrift über einen Ortsaugenschein ist nicht zwingend vorgesehen. Den Parteien - und damit auch ihren Rechtsvertretern - kommt kein Recht auf Zuziehung zu einem Augenschein zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. 6374/A u.a.).
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, § 39 O.ö. NSchG. 1982 sei eine Ermessensbestimmung; die belangte Behörde habe von dieser Ermessensbestimmung Gebrauch gemacht, ohne diese Ermessungsübung näher zu begründen. Sie sei zu Unrecht davon ausgegangen, eine gebundene Entscheidung treffen zu müssen.
Nach § 39 Abs. 1 O.ö. NSchG. 1982 kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 37 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Nach § 39 Abs. 4 leg. cit. ist Abs. 1 sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 5 anzuwenden.
§ 39 O.ö. NSchG. 1982 räumt ungeachtet des Wortes "kann" der Behörde kein freies Ermessen ein, sondern er legt ihr die Verpflichtung auf, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Wiederherstellungsauftrag zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. 12293/A).
Die Beschwerdeführer meinen schließlich, weder die im erstinstanzlichen Bescheid mit bestimmte Frist noch die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Frist sei angemessen. Keiner der beiden genannten Bescheide nenne die Grundlagen, nach denen die Frist bemessen worden sei. Berücksichtige man, daß der angefochtene Bescheid erst am dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer zugestellt worden sei, so sei jedenfalls die bis bestimmte Frist unangemessen kurz; ein Abbruch wäre im Hinblick auf die Witterungsverhältnisse in diesem kurzen Zeitraum nicht möglich. Im übrigen hätten die neuen Fristen zum Abbruch und zum Wiederstellen des vorherigen Zustandes in einem neuen erstinstanzlichen Verfahren festgesetzt werden müssen.
Über Antrag der Beschwerdeführer wurde ihrer Beschwerde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. AW 92/10/0009, die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurden die Folgen des Ablaufes dieser Frist suspendiert, sodaß die Situation der Beschwerdeführer nicht anders ist als wenn ihnen eine längere Frist eingeräumt worden wäre. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführer durch den Umstand, daß die gesetzte Frist zu kurz bemessen war, nicht mehr beschwert sind.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Artikel 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.