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VwGH vom 23.01.2002, 2001/04/0124

VwGH vom 23.01.2002, 2001/04/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus T, vertreten durch Dr. G. Heinz Waldmüller, Dr. Peter Riedmann und Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2000/K11/008-4, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Tiroler Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: T GmbH in H, vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf und Dr. Rainer M. Kappacher, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Malserstraße 34), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 934,16 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei hat bei der belangten Behörde die Nachprüfung der von der beschwerdeführenden Partei vorgenommenen Ausschreibung "Textile Vollversorgung" für das Bezirkskrankenhaus T beantragt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde - unter Spruchpunkt I. - festgestellt, dass der Zuschlag im Ausschreibungsverfahren "Textile Vollversorgung" durch die beschwerdeführende Partei wegen eines Verstoßes gegen das Tiroler Vergabegesetz 1998 nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Weiters wurde - unter Spruchpunkt II. - der Antrag der beschwerdeführenden Partei, festzustellen, dass die mitbeteiligte Partei auch bei Einhaltung der Bestimmungen des Tiroler Vergabegesetzes 1998 und der hiezu erlassenen Verordnungen keine wirkliche Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe die "Textile Vollversorgung" für das Bezirkskrankenhaus T im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Unter anderem hätten die mitbeteiligte Partei und die Firma S ein Anbot erstellt. Laut Ausschreibungsunterlagen seien dem Anbot u.a. Beistandsabkommen von mindestens zwei anderen Wäschereien beizulegen gewesen. Die beschwerdeführende Partei habe den Zuschlag der Firma S erteilt. Dem Anbot dieser Firma sei nur ein Beistandsabkommen mit der Firma R & Co KG vom beigefügt worden. Die Firma S habe erst nach Anbotseröffnung aber noch vor Zuschlagserteilung drei Beistandsabkommen nachgereicht. Nach Zuschlagserteilung habe die Firma S ein weiteres Beistandsabkommen gelegt. Die von der Firma S nachgereichten Beistandsabkommen seien alle erst nach Anbotseröffnung geschlossen worden.

Wie es in der Begründung weiters heißt, stehe außer Streit, dass in den Ausschreibungsunterlagen der beschwerdeführenden Partei gefordert gewesen sei, dem Anbot zwei Beistandsabkommen mit vom Bieter verschiedenen Wäschereien beizulegen. Weiters sei unzweifelhaft hervorgekommen, dass dem Anbot der Firma S, dem letztlich der Zuschlag erteilt worden sei, lediglich ein Beistandsabkommen mit der Firma R vom beigelegt gewesen sei, welches zum Zeitpunkt der Anbotseröffnung jedoch nicht mehr in Geltung gestanden sei. Weiters sei unstrittig, dass die beschwerdeführende Partei von der Firma S nach Anbotseröffnung und sogar noch nach Zuschlagserteilung Beistandsabkommen entgegen genommen habe. Die gänzliche Nichtvorlage von zwingend geforderten Beilagen zum Anbot stelle nach Ansicht der belangten Behörde einen unbehebbaren Mangel dar. Es verstehe sich von selbst, dass eine nicht gelegte Urkunde nicht verbessert werden könne. Eine Verbesserung könnte hinsichtlich einer mangelhaften, unleserlichen oder unvollständigen Urkunde vorgenommen werden. Eine Verbesserung im Sinne eines Nachreichens einer ursprünglich gar nicht gelegten Urkunde sei unzulässig. Die Möglichkeit einer solchen Vorgangsweise könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Eine solche Vorgangs- bzw. Betrachtungsweise würde nämlich im Extremfall bedeuten, dass ein Bieter seinem Anbot überhaupt keine der geforderten Beilagen bis zum Zeitpunkt der Anbotseröffnung beilegen müsste. Der Bieter könnte sodann anhand der Ergebnisse der Anbotseröffnung abwägen, ob er eine theoretische Chance für die Erlangung des Zuschlags habe und sodann entscheiden, ob er die oft kostspielige und zeitaufwändige Arbeit auf sich nehmen wolle und die geforderten, oft sehr umfangreichen Beilagen wie Konzessionen, Registerauszüge, Referenzen, Qualitätsbescheinigungen usw. nachreichen möchte. Eine solche Vorgangsweise würde auch jene Bieter, die ordnungsgemäß bereits zum Zeitpunkt der Anbotseröffnung sämtliche geforderte Urkunden vorlegten, gegenüber jenen, die sich darauf beschränkten, lediglich ein ordnungsgemäß ausgefülltes Leistungsverzeichnis abzugeben, krass benachteiligen.

Schließlich heißt es zu Spruchpunkt II., die von der beschwerdeführenden Partei begehrte Feststellung, wonach die mitbeteiligte Partei auch bei Einhaltung der Bestimmungen des Tiroler Vergabegesetzes 1998 und der hiezu erlassenen Verordnungen keine wirkliche Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, hätte abgewiesen werden müssen. Im gesamten Verfahren seien Mängel im Anbot der mitbeteiligten Partei nicht hervorgekommen oder behauptet worden. Laut Ergebnis der vorgenommenen Bestbieterermittlung sei die Antragstellerin zweitgereiht hinter der Firma S, deren Angebot jedoch auszuscheiden gewesen wäre. Nach Ansicht der belangten Behörde hätte die mitbeteiligte Partei tatsächlich eine wirkliche Chance auf Erteilung des Zuschlages im Ausschreibungsverfahren "Textile Vollversorgung" gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 des Tiroler Vergabegesetzes 1998, LGBl. Nr. 17, in der Fassung LGBl. Nr. 76/1999, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"(1) Auf die Vergabe von Aufträgen sind folgende Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 1997 sinngemäß anzuwenden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Das 1. Hauptstück des 1. Teiles,
b)
der 2. Teil mit Ausnahme des § 34,
c)
der 3. Teil mit Ausnahme der §§ 59 Abs. 3, 64 zweiter Satz und 86 sowie mit der Maßgabe, ..."
Nach § 52 Abs. 1 Z. 8 Bundesvergabegesetz 1997, BGBl. I Nr. 56, in der Fassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 120/1999, hat vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung (u.a.) den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder Teilangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, auszuscheiden.
In den Ausschreibungsunterlagen heißt es unter der Rubrik "Versorgungssicherheit":
"Der Bieter hat durch Vereinbarung mit mindestens zwei anderen Wäschereien für die gesamte Laufzeit des Vertrages hiefür zu sorgen, dass im Falle eines Betriebsausfalles die Versorgung des Krankenhaus mit 'Textiler Vollversorgung' im vollen Umfang gewährleistet bleibt. Die Leistungserbringung durch Unterauftragnehmer ist jedoch ausgeschlossen. Die mindestens zwei entsprechenden Kooperationsvereinbarungen nach Satz 1 könne nur mit Betrieben geschlossen werden, die die im Rahmen der Ausschreibung geforderten Bedingungen erfüllen und anerkennen. Die Kooperationsvereinbarungen sind dem Angebot beizufügen."
Vor diesem Hintergrund ist es für den Verwaltungsgerichtshof nicht zweifelhaft, dass die Beibringung zweier Kooperationsvereinbarungen der Versorgungssicherung des Krankenhauses dienen soll und insoweit ein maßgebendes Zuschlagskriterium ist.
Weiters geht es im Beschwerdefall nicht darum, dass bestehende Kooperationsvereinbarungen dem Angebot nicht beigefügt wurden, sondern darum, dass zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht (jedenfalls) zwei Kooperationsvereinbarungen bestanden hatten.
Das Verfahren zum Vergleich der Angebote muss in jedem Abschnitt sowohl den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter als auch den Grundsatz der Transparenz wahren, damit alle Bieter bei der Aufstellung ihrer Angebote über die gleichen Chancen verfügen (vgl. dazu , Wallonische Busse, Rz 54).

Wenn nun im Beschwerdefall Kooperationsvereinbarungen nach Öffnung der Angebote beigebracht wurden, so wurde das Angebot der S GmbH bei einem maßgebenden Zuschlagskriterium nachträglich ergänzt, die Unvollständigkeit des Angebotes nachträglich in einem wesentlichen Punkt behoben. Derart hat die belangte Behörde - mag auch der Beschwerdevorwurf zutreffend sein, dass es nicht darum gehe, eine nicht gelegte Urkunde zu verbessern, sondern das Anbot -

im Ergebnis zutreffend erkannt, dass eine solche nachträgliche Ergänzung der angebotenen Leistung den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verletzt und der Transparenz des Verfahrens abträglich ist (vgl. auch EuGH, a.a.O., Rz 55 und 56). Ob die Beischaffung von Beistandsabkommen eine "kostspielige und zeitaufwändige Arbeit darstellt" oder dies - nach der Beschwerdebehauptung - für die beschwerdeführende Partei nicht der Fall sei, ist dabei nicht entscheidend.

Die beschwerdeführende Partei vermag auch nicht damit durchzudringen, wenn sie aus den Bestimmungen der §§ 52 Abs. 1 Z. 6 sowie § 48 Abs. 2 Bundesvergabegesetz abzuleiten sucht, dass sämtliche Mängel verbesserungsfähig seien. Ein derartiges Auslegungsergebnis wäre schon - nach dem oben Gesagten - nicht richtlinienkonform.

Anders als die beschwerdeführende Partei meint, geht es bei der Nichtvorlage von Kooperationsvereinbarungen auch nicht um Eignungskriterien im Sinne des 3. Teiles, 1.Hauptstück,

1. Abschnitt des Bundesvergabegesetzes, sondern um die Frage der Unvollständigkeit von Angeboten und der Behebbarkeit von Mängeln.

Auch ist nicht entscheidend, ob das Beistandsabkommen mit der Firma R vom zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung noch aufrecht war oder nicht. Ist in der Ausschreibung doch die Beibringung von zwei Beistandsabkommen gefordert und wird von der beschwerdeführenden Partei selbst eingeräumt, dass nur dieses (eine) Beistandsabkommen dem Anbot beigelegt worden war. Damit geht auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensrüge über die Vernehmung des Geschäftsführers der Firma S ins Leere.

Da es sich nach dem oben Gesagten bei der Nichtbeibringung von Kooperationsvereinbarungen um keinen verbesserungsfähigen Mangel handelt, kann es auch dahingestellt bleiben, ob der Auffassung der belangten Behörde zu folgen ist, dass auch die nachgereichten Beistandsabkommen nicht den Ausschreibungsbedingungen entsprechen würden.

Schließlich bleibt es in der Beschwerde ohne (nähere) Begründung, weshalb die mitbeteiligte Partei auch bei Einhaltung der Bestimmungen des Tiroler Vergabegesetzes 1998 keine wirkliche Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu unterbleiben hat.

Wien, am