VwGH vom 26.02.2002, 2000/11/0347
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der H in B, vertreten durch Ecker & Fries Rechtsanwälte Gesellschaft m. b. H. in 2500 Baden, Erzherzog Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid der Niederösterreichische Landesregierung vom , Zl. GS5-F-44.527/4-00, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im Jahre 1949 geborene Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom die Gewährung von Sozialhilfe nach dem Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz. Sie ist alleinstehend und bewohnt eine 43 m2 große Mietwohnung in Baden bei Wien. Seit 1993 befindet sie sich in Pension wegen Berufsunfähigkeit. Sie leidet an Multipler Sklerose, Asthma bronchiale und Neurodermitis. Im Jahre 1994 wurde bei ihr ein Meningeom festgestellt; mit Hilfe homöopathischer Medikamente versucht sie, ihr Krebsleiden zu behandeln.
Ihrer monatlichen Nettopension (14-mal jährlich) von S 9.901,90 und einer Pflegegeldleistung (Pflegegeld der Stufe 1) in der Höhe von S 2.635,--, monatlich daher insgesamt S 12.536,90, stellte die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag näher aufgeschlüsselt monatliche Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.546,22 gegenüber.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf "Hilfe zum Lebensunterhalt" gemäß den §§ 9 und 10 des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200, abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass gemäß Abschnitt I der Verordnung der NÖ Landesregierung über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1, der zur Anwendung gelangende Richtsatz nach dem ASVG S 8.000,-- betrage. Das Pensionseinkommen der Beschwerdeführerin liege mit S 1.901,90 über diesem Richtsatz.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, von der Möglichkeit des § 1 Abs. 2 der Verordnung über Sozialhilfen Gebrauch zu machen und ihr "eine Gesamtunterstützung ausnahmsweise auch über den ASVG-Ausgleichszulagenrichtsatz" zu gewähren. Die Beschwerdeführerin behauptete einen krankheitsbedingten Mehraufwand, aufgeschlüsselt in einem an die Behörde übermittelten FAX.
In diesem im Verwaltungsakt erliegenden FAX-Schreiben des "Sozialtelefons" (Bürgerservice des Sozialministeriums) vom werden die monatlichen Fixkosten der Beschwerdeführerin wie folgt aufgeschlüsselt: Strom und Gas S 440,-
-, Rate für Wohnungskredit S 954,--, Medikamente S 1.400,-- öffentliche Verkehrsmittel S 600,--, Kabelfernsehen S 190,--, Miete S 5.467,--, insgesamt S 9.051,--.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass der im Beschwerdefall anzuwendende Sozialhilferichtsatz (für Alleinstehende) S 6.088,-- betrage und gemäß § 1 Abs. 2 der Richtsatzverordnung die Gesamtunterstützung der "Hilfe zum Lebensunterhalt" einschließlich der "Mietbeihilfe" in der Regel nicht höher als die nach § 293 ASVG für das jeweilige Jahr festgelegten Mindestleistungen der Pensionsversicherung sein dürfe. Dadurch solle gewährleistet werden, dass Sozialhilfeempfänger grundsätzlich nicht besser gestellt würden als Bezieher von Mindestpensionen (mit Ausgleichszulage). Der im Beschwerdefall anzuwendende ASVG-Richtsatz betrage S 8.000,30. Das Einkommen der Beschwerdeführerin liege über der Höhe beider vorgenannter Richtsätze. Die lt. Aufstellung des "Sozialtelefons" geltend gemachten Ausgaben gehörten zum Lebensunterhalt und stellten keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Zudem stünde für die Bestreitung der Medikamentenkosten, sofern diese nicht von der Krankenkasse getragen würden, das Pflegegeld zur Verfügung. Die Beschwerdeführerin besitze eine geförderte Wohnung in Wien, welche sie freiwillig verlassen habe. Die Frage des Wohnortwechsels sei jedoch für die Berufungsentscheidung nicht unmittelbar von Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin "auf Grund ihrer finanzwirtschaftlichen Lage (Gegenüberstellung Einnahmen - notwendige Ausgaben)" nicht als Ausnahmefall zu bezeichnen sei. Mit dem ihr zur Verfügung stehenden Einkommen, das deutlich über der Höhe des ASVG-Richtsatzes liege, sei die Beschwerdeführerin in Anbetracht ihrer als objektiv notwendig zu erachtenden Ausgaben sehr wohl in der Lage, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Eine Überschreitung der Höhe des ASVG-Richtsatzes sei nicht gerechtfertigt. Selbst wenn der Wohnsitzwechsel der Beschwerdeführerin medizinisch indiziert sein sollte, hätte die Beschwerdeführerin "nicht unbedingt nach Baden ziehen (...) müssen, wo die Wohnungsmieten erfahrungsgemäß höher sind als in anderen ländlichen Orten".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Zuerkennung von Sozialhilfe, insbesondere in Form von "Hilfe zum Lebensunterhalt" bzw. "Mietbeihilfe" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie trägt in ihrer Beschwerde vor, auf Grund ihrer besonderen Lebenssituation, insbesondere ihres Gesundheitszustandes übersteige der Aufwand für ihre regelmäßig gegebenen Bedürfnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz die Grenze des ASVG-Ausgleichszulagenrichtsatzes. Die richtsatzmäßigen Leistungen könnten überschritten werden, wenn der jeweilige Bedarf nicht gedeckt werden könne, insbesondere wenn es sich um einen Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder um einen pflegebedürftigen Menschen handle. Aus den von ihr geltendgemachten lebensnotwendigen Ausgaben gehe eindeutig hervor, dass die Kosten eines menschenwürdigen Daseins (insbesondere für Wohnung, Medikamente, Strom, Gas) durch das ihr zur Verfügung stehende Einkommen nicht gedeckt werden könnten. Die Pauschalierung durch Richtsätze dürfe nicht dazu führen, dass im konkreten Einzelfall die Führung eines menschenwürdigen Lebens nicht gewährleistet sei. Die Behörde hätte daher eine "Richtsatzüberschreitung" für zulässig ansehen müssen und der Beschwerdeführerin Sozialhilfe in Form von "Hilfe zum Lebensunterhalt" bzw. "Mietbeihilfe" gewähren müssen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde bezüglich ihres Einkommens. Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ein monatliches Einkommen (Pension) in der Höhe von S 9.901,90 bezieht. Diesem Einkommen stellte die belangte Behörde monatliche Aufwendungen der Beschwerdeführerin in der Höhe von S 9.051.- gegenüber. Die Beschwerdeführerin erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides jedoch darin, dass die belangte Behörde nicht von der Möglichkeit der Richtsatzüberschreitung Gebrauch gemacht hat. Sie begehrt die Sozialhilfeleistung aus dem Titel "Hilfe zum Lebensunterhalt".
Die maßgeblichen Bestimmungen des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200-0 (NÖ SHG), haben folgenden Wortlaut:
"Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Aufgabe
Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines
menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
(...)
§ 3
Leistungen
(1) Die Sozialhilfe umfasst:
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1. | Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes | |||||||||
2. | Hilfe in besonderen Lebenslagen | |||||||||
3. | Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen |
(2) Die Hilfe erfolgt, so weit nichts anderes bestimmt ist, durch Geld- bzw. Sachleistungen und
durch ambulante, teilstationäre und stationäre Dienste.
§ 4
Anspruch
(1) Voraussetzung für die Sozialhilfeleistung ist, dass der hilfebedürftige Mensch
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1. | die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt | |||||||||
2. | seinen Hauptwohnsitz in Niederösterreich oder mangels eines solchen seinen Aufenthalt in Niederösterreich hat. | |||||||||
(...) | ||||||||||
§ 8 | ||||||||||
Maßnahmenkatalog |
(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes umfasst:
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1. | Hilfe zum Lebensunterhalt | |||||||||
2. | Hilfe bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung, | |||||||||
3. | Hilfe bei stationärer Pflege sowie | |||||||||
4. | Übernahme der Bestattungskosten. |
(2) Auf die Hilfe zur Sicherung seines Lebensbedarfes hat jeder hilfebedürftige Mensch unter der Voraussetzung des § 4, ausgenommen § 11 Abs. 3, einen Rechtsanspruch. Form, Ausmaß und Art der Leistung sind unter Bedachtnahme auf ihre bestmögliche Wirksamkeit in der kostengünstigsten Weise zu bestimmen.
§ 9
Hilfe zum Lebensunterhalt
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt oder den seiner mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend decken kann und ihn nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
(2) Der notwendige Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Unterkunft, Beheizung, Beleuchtung, Kleinhausrat und andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt.
(3) Die Hilfe zum Lebensunterhalt erfolgt durch laufende oder durch einmalige Geldleistungen, Sachleistungen oder in Form von stationärer Hilfe. Müssen Geldleistungen an hilfebedürftige Menschen zugestellt oder überwiesen werden, trägt die Gebühr der Sozialhilfeträger.
§ 10
Richtsätze, Geld- oder Sachleistungen
(1) Zur Bemessung laufender monatlicher Geldleistungen hat die Landesregierung Richtsätze durch Verordnung so festzusetzen, dass mit dem jeweiligen Betrag die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse im Rahmen des Lebensunterhaltes (§ 9 Abs. 2) unter Berücksichtigung der bei einer gemeinsamen Haushaltsführung erzielten Einsparungen gedeckt werden.
(2) Richtsätze sind jedenfalls festzusetzen für:
1. hilfebedürftige Menschen, die nicht in Haushalts- oder Wohngemeinschaft leben,
2. hilfebedürftige Menschen, die in Haushalts- oder Wohngemeinschaft leben,
3. ein Betrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse hilfebedürftiger Menschen, die Sozialhilfe in stationären Einrichtungen erhalten, und
4. ein Betrag als Zuschuss zu den vertretbaren Unterkunftskosten.
Bei der Festsetzung der Richtsätze ist zu berücksichtigen, dass die im Rahmen der Pensionsversicherung nach den Sozialversicherungsgesetzen gewährten Mindestleistungen nicht überschritten werden.
(3) Der Richtsatz darf im Einzelfall auch überschritten werden, wenn auf Grund der persönlichen oder familiären Verhältnisse ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt z. B. für Alte, Kranke oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
(...)
§ 11
Hilfe bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung
(1) Die Hilfe bei Krankheit sowie bei Schwangerschaft und Entbindung umfasst die Übernahme der Kosten für alle erforderlichen Leistungen, wie sie Versicherte der NÖ Gebietskrankenkasse nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 179/1999, für Früherkennung von Krankheiten, Krankenbehandlung, Anstaltspflege, Zahnbehandlung und Zahnersatz, Hilfe bei körperlichen Gebrechen sowie bei Mutterschaft beanspruchen können, so weit es sich nicht um Geldleistungen handelt.
(...)
§ 15
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Die Leistung der Hilfe zum Lebensbedarf hat unter Berücksichtigung des Einsatzes des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfeempfängers (...) zu erfolgen.
(...)
(5) Die Landesregierung hat durch Verordnung Bestimmungen zu erlassen, inwieweit Einkommen, pflegebezogene Leistungen und Vermögenswerte des hilfebedürftigen Menschen und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen zu berücksichtigen sind oder anrechenfrei zu bleiben haben.
(...)
§ 78
Schluss- und Übergangsbestimmungen
(...)
(10) Folgende auf der Grundlage des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200, erlassenen Verordnungen gelten als Verordnungen auf Grund dieses Landesgesetzes:
1. Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1-27.
(...)"
Im Beschwerdefall war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheid noch die Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1-28, in Geltung. Abschnitt I dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):
"Hilfe zum Lebensunterhalt
§ 1. Richtsätze
(1) Die monatlichen Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes betragen unbeschadet der in den §§ 2 bis 4 genannten Leistungen:
a) für Alleinstehende S 6.088,-
(...)
(2) Die Gesamtunterstützung nach Abs. 1 einschließlich der Mietbeihilfe gemäß § 3 darf in der Regel nicht höher sein als die nach § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/55 in der Fassung BGBl. I Nr. 172/1999, für das Jahr 2000 festgestellten Mindestleistungen der Pensionsversicherung.
§ 2. Bekleidungshilfe
(...)
§ 3. Mietbeihilfe
Alleinstehenden oder Haushaltsvorständen, welche Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 beziehen, ist eine Mietbeihilfe in der Höhe des tatsächlichen Aufwandes für eine Wohnung, die den notwendigen Wohnbedarf nicht übersteigt, zu gewähren.
§ 4. Raumheizungszuschuss
Alleinstehenden oder Haushaltsvorständen, welche Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 beziehen, ist für die Monate November bis März jeden Jahres Brennmaterial (Geld- oder Sachleistung) bis zum Betrag von S 1.297.- pro Monat zu gewähren. Der Raumheizungszuschuss kann auch auf einmal und im Vorhinein gewährt werden.
§ 5. Taschengeld
(...)
§ 6. Sonderbedarfshilfe
Ein auf Grund der Bestimmungen der §§ 1 bis 4 nicht gedeckter individueller, notwendiger Sonderbedarf ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu befriedigen."
Die belangte Behörde stellte den von der Beschwerdeführerin auf Grund der Berechnung des "Sozialtelefons" (Bürgerservice des Sozialministeriums) bekannt gegebenen monatlichen Aufwendungen in der Höhe von S 9.051.- ein monatliches Einkommen von S 9.901,90 (mtl. Nettopension) gegenüber und kam zur rechtlichen Schlussfolgerung, das Einkommen der Beschwerdeführerin läge über dem in § 1 Abs. 2 der Verordnung LGBl. 9200/1-27 genannten Sozialhilferichtsatz; die angeführten Belastungen seien nicht außergewöhnlich.
Die Beschwerdeführerin hat jedoch ihren Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe vor den Behörden immer mit erhöhtem Bedarf begründet. Die von ihr angeführten und im angefochtenen Bescheid konkret festgestellten "Fixkosten" von monatlich S 9.051,-
beinhalten nicht den (gesamten) für den notwendigen Lebensunterhalt im Sinne des § 9 Abs. 2 NÖ SHG heranzuziehenden "Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens"; insbesondere fehlt in dieser Aufstellung der Aufwand für Nahrung, Kleidung, Körperpflege und (zum Großteil) persönliche Bedürfnisse. Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof erblickt die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass ihr die belangte Behörde Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem NÖ SHG nicht zuerkannt habe, obwohl auf Grund ihrer persönlichen Verhältnisse ein erhöhter Bedarf bestehe.
Im Beschwerdefall oblag es daher der belangten Behörde zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin (in concreto) geltend gemachten Aufwendungen solche im Sinne des § 9 Abs. 2 NÖ SHG sind, und bejahendenfalls, inwieweit sie von den durch die Verordnung über Sozialhilfen LGBl. 9200/1 festgesetzten Richtsätzen gedeckt sind oder ein von diesen Richtsätzen nicht gedeckter individueller notwendiger Sonderbedarf der Beschwerdeführerin vorliegt. Ergibt diese Prüfung, dass auf Grund der persönlichen (oder familiären) Verhältnisse der Beschwerdeführerin ein erhöhter Bedarf im Sinne des § 10 Abs. 3 NÖ SHG wegen der von ihr geltend gemachten und als gerechtfertigt angesehenen besonderen Bedürfnisse besteht, ist dies bei der Beurteilung der Frage, ob Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zu gewähren ist, zu berücksichtigen.
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Aufwendungen für Strom und Gas, öffentliche Verkehrsmittel, Kabelfernsehen und Miete sind solche "für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens" im Sinne des § 9 Abs. 2 NÖ SHG, die grundsätzlich auch durch die Richtsätze (§ 10 leg. cit. im Zusammenhang mit der Verordnung über Sozialhilfen LGBl. 9200/1) abgedeckt sind. Auch die Leistungen für die Unterkunft sind wie der übrige Aufwand für den notwendigen Lebensunterhalt gemäß § 9 Abs. 2 NÖ SHG beschränkt mit den (tatsächlichen) Auslagen für die Führung eines menschenwürdigen Lebens. Da die Richtsätze aber - aus verwaltungsökonomischen Erwägungen - im Verordnungsweg festgesetzte Beträge sind, die die Höhe des Durchschnittsbedarfes ("regelmäßig gegebene Bedürfnisse") in einem Monat widerspiegeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/11/0323), können diese in Ausnahmefällen, und zwar bei Vorliegen der im § 10 Abs. 3 NÖ SHG genannten Voraussetzungen, überschritten werden. Der erhöhte Bedarf muss jedoch in den persönlichen oder familiären Verhältnissen des Betroffenen begründet sein. Die geforderten besonderen Bedürfnisse werden zu verneinen sein, wenn der Hilfe Suchende den beanspruchten Mehrbedarf durch zumutbares Verhalten vermeiden kann (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht (1989), Seite 443).
Die belangte Behörde hat es - ausgehend von einer als unzutreffend zu beurteilenden Rechtsansicht - verabsäumt, die für die abschließende Beurteilung der Verwaltungsrechtssache im Sinne der oben dargestellten Rechtslage erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren vor der belangten Behörde den Wohnungswechsel von Wien nach Niederösterreich mit gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt. Dieses Vorbringen hat die belange Behörde aber deshalb nicht für entscheidungserheblich angesehen, weil die Beschwerdeführerin "nicht unbedingt nach Baden (hätte) ziehen (...) müssen, wo die Wohnungsmieten erfahrungsgemäß höher sind als in anderen ländlichen Orten". Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass der hilfsbedürftige Mensch, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, gemäß § 4 Abs. 1 NÖ SHG nach diesem Gesetz Anspruch auf Sozialhilfeleistung hat, wenn er seinen Hauptwohnsitz oder mangels eines solchen seinen Aufenthalt in Niederösterreich hat. Gemäß § 3 der Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1-27, ist Alleinstehenden oder Haushaltsvorständen, welche Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 1 dieser Verordnung beziehen, eine Mietbeihilfe in der Höhe des tatsächlichen Aufwandes für eine Wohnung, die den notwendigen Wohnbedarf nicht übersteigt, zu gewähren. Der tatsächliche Aufwand eines hilfsbedürftigen Menschen für eine Wohnung, die den notwendigen Wohnbedarf nicht übersteigt, gehört daher zum notwendigen Lebensunterhalt gemäß § 9 Abs. 2 NÖ SHG. Ob der geltend gemachte tatsächliche Aufwand für die Mietwohnung (monatliche Miete S 5.467,--) den Aufwand für den notwendigen Wohnbedarf übersteigt - dies wird offenbar von der belangten Behörde angenommen -, kann jedoch erst beurteilt werden, wenn nachvollziehbar begründet feststeht, dass die von der Beschwerdeführerin angegebenen Wohnungskosten auf Grund ihrer persönlichen und familiären Verhältnisse unangemessen hoch und nicht mehr vertretbar sind (vgl. hiezu Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht (1989), Seite 445 f), und ihr die Unterkunft in einer kostengünstigeren Wohnung möglich und zumutbar gewesen wäre. Solche Feststellungen fehlen jedoch im angefochtenen Bescheid. In diesem Zusammenhang wird die belangte Behörde im Rahmen des zu ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit der Beschwerdeführerin zu erörtern haben, warum die in Anschlag gebrachten monatlichen Raten "für Wohnungskredit" einen erhöhten Bedarf darstellen sollen.
Insoweit die Beschwerdeführerin einen (Geld-)Aufwand für Medikamente infolge ihrer festgestellten Krankheiten geltend macht, ist darauf zu verweisen, dass gemäß § 11 Abs. 1 NÖ SHG Hilfe bei Krankheit beansprucht werden kann, welche nur die Übernahme der Kosten für alle erforderlichen Leistungen beinhaltet, wie sie Versicherte der NÖ Gebietskrankenkasse nach dem ASVG u.a. für Krankenbehandlung zu fordern berechtigt sind. Da die Beschwerdeführerin krankenversichert ist, kommt eine über § 11 Abs. 1 NÖ SHG hinausgehende Übernahme von Medikamentenkosten im Beschwerdefall daher nicht in Betracht. Als unzutreffend erweist sich in diesem Zusammenhang aber jedenfalls die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, für die Bestreitung der Medikamentenkosten stünde der Beschwerdeführerin das Pflegegeld zur Verfügung. Gemäß § 1 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, hat das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. (Den gleichen Zweck verfolgt das NÖ Pflegegeldgesetz 1993, LGBl. 9220.) Für die Anschaffung notwendiger Medikamente ist das Pflegegeld nicht vorgesehen.
Ob im Beschwerdefall der Richtsatz gemäß § 10 Abs. 3 NÖ SHG überschritten werden darf und wie hoch die erforderliche Leistung der Hilfe zum Lebensbedarf unter Berücksichtigung des Einsatzes des Einkommens und des verwertbaren Vermögens gemäß § 15 NÖ SHG an die Beschwerdeführerin tatsächlich ist, kann daher erst nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und entsprechender Feststellungen im aufgezeigten Sinn unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsansicht beurteilt werden.
Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am