VwGH vom 28.03.1989, 88/04/0238

VwGH vom 28.03.1989, 88/04/0238

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der Gebrüder G-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien IX, Schwarzspanierstraße 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 311.405/1-III-3/88, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde für die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin im Standort Wien, S-straße 46, auf Grund des § 79 GewO 1973 folgende zusätzliche Auflage vorgeschrieben:

"Ladetätigkeiten dürfen im Bereich der Ladezone in der Xgasse und vor der Einfahrt nur wochentags (Montag bis Freitag) in der Zeit von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr vorgenommen werden."

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde die von der Erstbehörde vorgeschriebene durch die folgende Auflage ersetzt:

"Ladetätigkeiten dürfen nur innerhalb der Ladezone in der Xgasse und vor bzw. innerhalb der Einfahrt der Betriebsanlage vorgenommen werden."

Zur Begründung wurde ausgeführt, der medizinische Amtssachverständige, dessen Gutachten im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholt worden sei, sei davon ausgegangen, daß bereits am von einem Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 22 (Umweltschutz) ab 9 Uhr eine Schallpegelmessung im Wohnzimmer der Wohnung X-gasse 8 bei geöffnetem Zimmerfenster durchgeführt worden sei. Dieser Raum liege schräg oberhalb der Einfahrt bzw. Ladezone des Betriebes.

Folgende L(A)bewertete Schallpegel seien gemessen worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundgeräuschpegel
41 dB
Motorengeräusch diverser
betriebskausaler Lkw

bis

62 dB
Manipulationsgeräusche im
Rahmen der Ladetätigkeit

bis

55 dB

Im Zuge eines am vom medizinischen Amtssachverständigen am Vormittag vorgenommenen Augenscheines in der Wohnung X-gasse 8 habe festgestellt werden können, daß es sich bei der X-gasse um eine relativ enge Durchzugsstraße mit regem Verkehrsaufkommen handle. Zum Zeitpunkt der Erhebung habe eine Belieferung des Betriebes stattgefunden. Der Lieferwagen sei im Bereich der Ladezone bzw. vor der Einfahrt des Betriebes abgestellt gewesen. Durch die Liefertätigkeit sei der Verkehr nicht behindert worden und die durch die Ladetätigkeit hervorgerufenen Störgeräusche hätten sich weder durch ihre Intensität noch durch ihre Qualität von den Geräuschen des öffentlichen Verkehrs abgehoben. Die von der Magistratsabteilung 22 gemessenen Motorengeräusche des Lkws würden beim An- und Abfahren und bei Reversiervorgängen vor der Einfahrt auftreten. Da diese Vorgänge nur einige Minuten (ca. 2 Minuten) andauerten, seien die dadurch verursachten Störgeräusche nicht als unzumutbar zu bezeichnen, weil bei einer kurzzeitigen Einwirkung der Immissionen keine Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu erwarten seien. Bezüglich der durch die Ladetätigkeit verursachten Störgeräusche sei zu sagen, daß diese, sofern sie tagsüber und in der dafür vorgesehenen Ladezone bzw. vor oder innerhalb der Einfahrt der Betriebsanlage erfolgen, ebenfalls nicht über das ortsübliche Maß der Lärmentwicklung hinausgingen und daher ebenfalls als zumutbar zu bezeichnen seien. Anders sei die Situation dann, wenn die Lieferfahrzeuge in zweiter Spur parkten und dadurch ein Verkehrshindernis darstellten, was zwangsweise eine höhere Belästigung durch Lärm und Abgase mit sich bringe, bzw. wenn die Ladetätigkeit auf dem Gehsteig direkt unter den Wohnungsfenstern der Nachbarn vorgenommen werde. Nun stehe für die Betriebsanlage eine Ladezone nur für die Zeit von Montag bis Freitag, 7 Uhr bis 16 Uhr, zur Verfügung. Außerhalb dieses Zeitraumes werde die Zone auch von Pkw des öffentlichen Verkehrs verparkt. Dies führe dazu, daß dann die Ladetätigkeit in zweiter Spur bzw. auf dem Gehsteig durchgeführt werden müßte. Abgesehen davon, daß dies schon auf Grund der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verboten sei, würde dies, wie schon oben erwähnt, zu einer unzumutbaren Belästigung und in weiterer Folge zu einer Gesundheitsgefährdung der Nachbarn führen. Deshalb sollte aus medizinischer Sicht die Liefer- und Ladetätigkeit nur auf den Zeitraum der Benützbarkeit der Ladezone eingeschränkt werden. Möge auch der Beschwerdeführer, in dessen Wohnungen die Erhebungen der Amtssachverständigen stattgefunden hätten, erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbar im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 GewO 1973 geworden sein, so sei er doch gemäß § 79 Abs. 2 leg. cit. vor gesundheitsgefährdenden Auswirkungen der Betriebsanlage zu schützen. Im Hinblick auf die gutächtlichen Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen, deren Schlüssigkeit auch durch die gegenteiligen Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt hätte werden können, habe sich die Behörde zur Erreichung dieser Zielsetzung gehalten gesehen, die bekämpfte Vorschreibung spruchgemäß zu ersetzen.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom wurde die Berufung abgewiesen und der zweitbehördliche Bescheid bestätigt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall stehe das Be- und Entladen von Lkw in der Ladezone auf öffentlichem Grund vor dem Betrieb der Beschwerdeführerin offensichtlich im Zusammenhang mit dem Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage und sei daher jedenfalls noch dem Geschehen der Betriebsanlage zuzurechnen, daher auch einer Regelung durch gewerbebehördliche Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 zugänglich. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 74 Abs. 3 GewO 1973 ergebe, sei bei der Genehmigung einer Betriebsanlage auch auf das Verhalten der Kunden derselben Bedacht zu nehmen und dieses gegebenenfalls gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. durch Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu regeln. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, daß von seiten der Betriebsinhabung ein der Auflage widerstreitendes Verhalten von Kunden gar nicht verhindert werden könne, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Betriebsinhabung für die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflage dadurch Sorge tragen könne, daß sie erstens ihre Kunden auf die bestehende Auflage hinweise, und zweitens eine Abgabe von Waren nur an solche Kunden vornehme, welche die bestehende Auflage beachten. Im Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen sei logisch nachvollziehbar dargelegt worden, daß das Halten in zweiter Spur den fließenden Verkehr behindere, und dadurch eine höhere Belästigung durch Lärm und Abgase eintrete. Hinzuzufügen wäre noch, daß das Be- und Entladen eines in zweiter Spur parkenden Lkws, während die eigentliche Ladezone von Pkw verparkt sei, sich wesentlich schwieriger, dadurch zeitaufwendiger, und somit lärm- und belästigungsintensiver gestalte. Dem ärztlichen Gutachten hätte auf Grund seiner Schlüssigkeit auch darin gefolgt werden können, daß Ladetätigkeiten auf öffentlichen Straßen am Wochenende und außerhalb der Zeiten "allgemeiner Betriebsamkeit" Schlafstörungen, und in deren Folge "nervöse Spannungszustände, Konzentrationsstörungen, eine Minderung der Leistungsfähigkeit", also eine Gesundheitsgefährdung, hervorrufen könnten. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 79 Abs. 2 GewO 1973 erübrige es sich, die Frage des Zeitpunktes der Entstehung der Nachbareigenschaft der durch die gegenständliche Auflage zu schützenden Personen zu prüfen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf Nichtvorschreibung der in Rede stehenden Auflage gemäß § 79 GewO 1973 verletzt.

Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die gesetzte Auflage habe jedenfalls außerhalb der Betriebsräumlichkeiten Wirkungen und die verwaltungsgerichtliche Judikatur habe bisher Auflagen zur Betriebsanlage für räumliche Bereiche außerhalb der Betriebsanlageräumlichkeiten nur zugelassen, wenn festgestanden sei, daß es sich um Auswirkungen der betroffenen gewerblichen Betriebsanlage handle und etwa das Geschehen auf der Straße unmittelbar vor der betroffenen Betriebsanlage zum Betriebsgeschehen gehöre, wie etwa bei der Auflage betreffend eine Tankstelle. Liege die Besonderheit der Verkehrslage im konkreten Bereich darin, daß die X-gasse bzw. deren Fortsetzung auf der gegenüberliegenden Seite der S-straße, die Y-gasse, mit Rücksicht auf den Fußgängerzonencharakter der Sstraße, Lieferanten und Abnehmern aller möglichen Betriebe in der S-straße für Be- und Entladetätigkeiten diene, dann handle es sich bei diesem Geschehen um eine von der Straßenverkehrsordnung beherrschte Angelegenheit auf öffentlicher Straße und nicht um eine Auswirkung oder nicht nur eine Auswirkung der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin. Die bezügliche Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß die Be- und Entladetätigkeit mit Lkw nahe der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin "offensichtlich im Zusammenhang mit dem Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage" stehe und daher jedenfalls noch dem Geschehen der Betriebsanlage zuzurechnen sei, hänge sohin mit Rücksicht auf die Besonderheit der Verkehrslage beweislos in der Luft und sei sohin willkürlich, zumal Behördenerhebungen (Magistratsabteilung 15, ) einen Hinweis auf die Benützung von Straße und Ladezone auch durch andere Unternehmungen und deren Kunden gegeben hätten. Gerade weil es sich um eine Auflage handle, die örtlich einen Bereich außerhalb der Betriebsräumlichkeiten betreffe, wären daher Feststellungen über die Benützer unentbehrlich gewesen. Da die belangte Behörde keine Feststellungen zur Verkehrssituation und auch zur Art des Betriebes und der umgebender Betriebe getroffen habe, sei sie offenbar zur Ansicht gekommen, daß die Beschwerdeführerin auflagenwidrig anhaltende Personen auf die Regelung hinweisen und im Beharrungsfall ihnen keine Waren verkaufen solle. Wie das in einem auch im Einzelhandel stark frequentierten Unternehmen und in einem insbesondere im Abholgroßhandel intensiv tätigen Unternehmen mit hunderten und tausenden Kunden am Tag zu bewerkstelligen sein sollte, und wie insbesondere die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin klären sollten, ob das haltende Fahrzeug einem Kunden oder Lieferanten des eigenen Unternehmens oder eines fremden Unternehmens gehöre, sei völlig unerfindlich und bestärke die Rüge der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Feststellungen.

Die belangte Behörde gehe bei ihrer rechtlichen Argumentation davon aus, daß das Halten in zweiter Spur den fließenden Verkehr behindere und dadurch eine höhere Belästigung durch Lärm und Abgase eintrete, sowie daß Be- und Entladearbeiten in zweiter Spur sich wesentlich schwieriger, dadurch zeitaufwendiger, somit lärm- und belästigungsintensiver gestalteten. Dabei habe die belangte Behörde nicht erörtert, daß es sich um eine Einbahn mit zwei Fahrspuren handle, die den Verkehr fließend halte, wenn eine Spur frei sei, und sie habe auch nicht begründet, wie sie zur Annahme gekommen sei, es seien Be- und Entladearbeiten in zweiter Spur schwieriger, zeitaufwendiger und lärm- und belästigungsintensiver als Ladetätigkeiten in der Ladezone. Der Unterschied zwischen der Ladefläche im Lkw und dem Straßenniveau sei in zweiter Spur gleich hoch wie in der Ladezone. Der Streckenunterschied für die Ab- und Anbeförderung betrage vielleicht zwei oder drei Meter und damit eine denkbare Verlängerung des Tragens oder des Führens von Behältnissen von wenigen Sekunden, sodaß das rechtliche Argument, daß sich Be- und Entladearbeiten in zweiter Spur schwieriger, zeitaufwendiger und lärm- und belästigungsintensiver gestalteten, beweislos in der Luft hänge. Darüber hinaus habe die belangte Behörde nicht festgestellt, daß Be- und Entladungen in der Ladezone vor dem Fleischereibetrieb der Beschwerdeführerin etwa durch Personen bewirkt werde, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen, d. h. also, ausschließlich durch eigene Lieferanten- oder Kundenfahrzeuge. Nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Judikatur beziehe sich die Betriebsanlagegenehmigungspflicht und das Recht, Auflagen zu erteilen, auf die Betriebsräumlichkeiten und Auflagen, bezogen auf Orte außerhalb der Betriebsanlage, seien nur denkbar, wenn sie eindeutig als Auswirkungen gerade des gegenständlichen Betriebes anzusehen seien. Weiters sei die Auflage deshalb gesetzwidrig, weil nicht festgestellt sei, daß im betreffenden Bereich in unmittelbarer Nähe der Betriebsanlage, also etwa darüber oder gegenüber, überhaupt Wohnungen vorhanden seien.

Die X-gasse sei für zahlreiche Unternehmungen in der S-straße (Fußgängerzone) mit Ladetätigkeiten belastet, und zwar auch vor der Betriebsstätte der Beschwerdeführerin. Der Spruch der Auflage schränke aber nicht etwa auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Ladetätigkeiten mit eigenen Fahrzeugen oder Kunden- oder Lieferantenfahrzeugen ein, sondern lasse eine Ladetätigkeit jedermanns nur in einem bestimmten örtlichen Bereich zu, dies, obwohl die Beschwerdeführerin keinerlei Möglichkeit habe, Ladetätigkeiten Fremder zu verhindern, und würde der Beschwerdeführerin implizite auferlegen, sie müsse für jeden Fall einer Ladetätigkeit außerhalb des zugelassenen Bereichs polizeiliche Intervention bewirken. Eine solche Auflage könne aber schlechtweg nicht Gegenstand einer Vorschreibung für eine gewerbliche Betriebsanlage sein. Die Auflage sei, auch wenn man sie in dem Sinne verstehe, daß sie nur die firmeneigenen Fahrzeuge betreffe, rechtlich unhaltbar, weil sie nur Ladetätigkeiten in einem bestimmten Bereich zulasse. Der Umkehrschluß wäre der, daß die Fahrzeuge der Beschwerdeführerin sonst nirgends eine Ladetätigkeit als im beschriebenen Bereich durchführen dürften. Es könne der Beschwerdeführerin aber gar nicht auferlegt werden, eine Ladetätigkeit mit ihren Fahrzeugen in anderen örtlichen Bereichen, etwa beim Lieferanten oder beim Kunden, zu unterlassen.

Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973, in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, u. a. 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte des Nachbarn zu gefährden, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen.

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1973, in der zitierten Fassung, hat die Behörde (§§ 333, 334, 335) andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind. Soweit solche Auflagen nicht zur Abwehr von Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit der im § 74 Abs. 2 Z. 1 genannten Personen notwendig sind, müssen diese Auflagen für den Betriebsinhaber wirtschaftlich zumutbar sein. Zugunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, sind zufolge des Abs. 2 des § 79 GewO 1973, in der zitierten Fassung, Auflagen im Sinne dessen Abs. 1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind.

Eine "Auflage" im Sinne des § 79 wie im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 kann jede bestimmte, der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete und behördlich erzwingbare Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben (vgl. hiezu u.a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 86/04/0033, und vom , Slg. N. F. Nr. 10.020/A).

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N. F. Nr. 9943/A, dargetan hat, ist zwischen gewerblichen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 grundsätzlich zu unterscheiden. Dies schließt nicht aus, daß die Eignung einer "örtlich gebundenen Einrichtung", die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen liegt, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen, liegen kann.

§ 79 GewO 1973, in der zitierten Fassung, sieht in Verbindung mit § 74 Abs. 3 leg. cit. Maßnahmen des Schutzes vor jenen Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen vor, die durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen bewirkt werden, ferner Maßnahmen des Schutzes vor Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen, die durch andere Personen bewirkt werden, jedoch nur insoweit, als es sich um Personen handelt, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

Wie bereits vorstehend dargelegt, lautet die im vorliegenden Fall vorgeschriebene Auflage wie folgt: "Ladetätigkeiten dürfen nur innerhalb der Ladezone in der X-gasse und vor bzw. innerhalb der Einfahrt der Betriebsanlage vorgenommen werden." Was den Adressatenkreis dieser Auflage und was ferner Inhalt und Umfang der aus ihr erwachsenden Pflichten der Beschwerdeführerin anlangt, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, gegebenenfalls sei auch das Verhalten der Kunden gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. durch Vorschreibung bestimmter Auflagen zu regeln, die Betriebsinhabung könne für die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflage dadurch Sorge tragen, daß sie erstens ihre Kunden auf die bestehende Auflage hinweise, und zweitens eine Abgabe von Waren nur an solche Kunden vornehme, welche die bestehende Auflage beachten.

Diese Auffassung der belangten Behörde widerspricht der dargelegten Rechtslage zunächst insofern, als eine Auflage im Sinne der §§ 77 Abs. 1 und 79 GewO 1973 - unbeschadet dessen, daß in die Beurteilung der Auswirkungen einer Betriebsanlage auch das Verhalten der Kunden einzubeziehen ist - nur als ein an den Inhaber einer Betriebsanlage gerichteter normativer Ausspruch ergehen darf. Darüberhinaus trifft auch die in der Beschwerde vertretene Auffassung zu, daß die Beschwerdeführerin auf der Straße mit öffentlichem Verkehr mangels entsprechender Sanktionsmöglichkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/04/0091) keine Möglichkeit hat, Ladetätigkeiten anderer Personen, und zwar etwa auch von Kunden, zu verhindern. Was die sich nach Auffassung der belangten Behörde aus der vorgeschriebenen Auflage ergebenden Pflichten der Beschwerdeführerin anlangt, hat diese Auflage somit keine zur Erfüllung des Zweckes einer Vermeidung von Immissionen geeignete Maßnahme der Beschwerdeführerin als Inhaberin der Betriebsanlage zum Gegenstand.

Unabhängig davon, daß sich der angefochtene Bescheid schon unter diesen Gesichtspunkten als inhaltlich rechtswidrig erweist, sei ergänzend bemerkt, daß auch die Rüge der Beschwerdeführerin, die Auflage sei rechtlich unhaltbar, weil sie Ladetätigkeiten nirgendwo sonst als innerhalb der Ladezone in der X-gasse und vor bzw. innerhalb der Einfahrt der Betriebsanlage zulasse, im Ergebnis berechtigt ist. Unter dem Gesichtspunkt der Frage nach dem örtlichen Anwendungsbereich fehlt der vorgeschriebenen Auflage im Sinne der dargelegten Rechtslage auch die erforderliche Bestimmtheit.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Wien, am