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VwGH 23.10.2001, 2000/11/0342

VwGH 23.10.2001, 2000/11/0342

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Der Gegenstand der Amtshandlung wurde mit "Anzeige nach § 27 Suchtmittelgesetz" umschrieben. Diese Bezeichnung des Gegenstandes der Amtshandlung entspricht nicht § 19 Abs. 2 AVG; es ist nämlich nicht zu erkennen, zu welchem konkreten Gegenstand, der kurz und deutlich zu bezeichnen wäre, die Amtshandlung erfolgen soll. Da im Ladungsbescheid nur von einer Anzeige nach § 27 SMG die Rede ist, diese Bestimmung aber eine gerichtliche Strafbestimmung darstellt, ist insbesondere nicht erkennbar, ob es sich beim beabsichtigten behördlichen Vorgehen um eine Administrativmaßnahme oder um eine Maßnahme im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Strafverfahren handelt. Bereits dadurch wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit genommen, sich genügend auf den Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/04/0309, und vom , Zl. 2001/11/0134).
Normen
RS 2
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass nach § 12 Abs. 1 SMG die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde dann, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Person Suchtgift missbraucht, diese der Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt zuzuführen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0134, näher dargelegt hat, kommt in einem solchen Fall grundsätzlich, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, auch eine Ladung durch Bescheid nach § 19 AVG in Frage. Gemäß § 19 Abs. 2 AVG wäre dann aber eine aussagekräftige Bezeichnung des Gegenstandes der beabsichtigten Amtshandlung, nämlich die Zuführung zu einer ärztlichen Untersuchung infolge Annahme des Suchtgiftmissbrauchs, im Ladungsbescheid geboten gewesen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in N, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom , Zl. 04/355-758/4-2000, betreffend Ladungsbescheid in einer Angelegenheit nach dem Suchtmittelgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom übermittelte das Bezirksgendarmeriekommando Salzburg der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eine Durchschrift der wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) erstatteten Anzeige gegen den Beschwerdeführer vom selben Tag. Beigeschlossen war der Mitteilung eine Kopie der Strafanzeige sowie einer vom Gendarmerieposten Anif am mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift, in der dieser angab, am sei bei ihm vom Sicherheitspersonal einer von ihm besuchten Discothek in Salzburg eine Ecstasy Tablette gefunden worden. Zum Suchtgiftkonsum gab er an, ab und zu Ecstasytabletten zu konsumieren, und zwar monatlich ca. 1 Tablette. Schon am sei er in Linz mit mehreren Ecstasytabletten in einer Discothek festgenommen worden.

Mit Schreiben vom ersuchte die Staatsanwaltschaft Salzburg die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nach § 35 Abs. 3 Z. 2 SMG, auf Grund der Ergebnisse einer ärztlichen Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtmittelmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt dazu Stellung zu nehmen, ob der Beschwerdeführer einer gesundheitsbezogenen Maßnahme nach § 11 Abs. 2 SMG bedürfe, um welche Maßnahmen es sich gegebenenfalls handeln solle und ob eine solche Maßnahme zweckmäßig und dem Beschwerdeführer nach den Umständen möglich, zumutbar und nicht offenbar aussichtslos sei. Gleichzeitig werde ersucht, den Beschwerdeführer anlässlich der Untersuchung ausdrücklich zu befragen, ob er den erforderlichen Maßnahmen die Zustimmung erteile. Nach der Aktenlage langte dieses Ersuchen erst am bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung ein. Bereits mit Bescheid vom hatte die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 4 des Führerscheingesetzes (FSG) in Verbindung mit § 23 Abs. 2 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) aufgefordert, zur Feststellung der weiteren gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides ein amtsärztliches Gutachten beizubringen. Begründet wurde dies damit, dass auf Grund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom Bedenken bestünden, ob der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen weiterhin geeignet sei.

Unter Verwendung eines Formulars erging daraufhin ein mit datierter Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung an den Beschwerdeführer. Als von der Behörde zu bearbeitende Angelegenheit, an der der Beschwerdeführer beteiligt sei, ist "Anzeige nach § 27 Suchtmittelgesetz" angeführt. Ausdrücklich wird ausgeführt, dass es notwendig sei, dass der Beschwerdeführer persönlich zur Behörde komme. Die Ladung erfolgte für den um 15.30 Uhr. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde die zwangsweise Vorführung angedroht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Aus dem Ladungsbescheid gehe eindeutig hervor, dass es sich um eine Anzeige nach § 27 SMG handle. Der zuständige Sachbearbeiter der belangten Behörde habe am in einem Telefonat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers darüber informiert, dass die Vorladung vom auf Grund einer Anfrage der Staatsanwaltschaft Salzburg vom erfolgt sei und keinesfalls im Zusammenhang mit dem Bescheid vom (Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen) stünde. Dies habe der Rechtsvertreter zur Kenntnis genommen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte eine Zurückziehung der Beschwerde erfolgen können, was jedoch nicht geschehen sei. Es treffe zwar zu, dass der in der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung für Maßnahmen nach dem Suchtgiftgesetz zuständige Sachbearbeiter sich öfter im Außendienst befinde. Ein anderer Beamter sei aber zum fraglichen Zeitpunkt ausnahmslos im Dienst gewesen. Es wäre daher jederzeit eine telefonische Aufklärung darüber möglich gewesen, dass "diese bekämpfte Untersuchungsvorladung" vom in keinem Zusammenhang mit dem Aktenvorgang 'Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ' stehe. Der Beschwerdeführer bzw. sein Rechtsvertreter habe es unterlassen, "vor Führung der Bescheidbeschwerde ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen". Da somit die Vorladung vom zu einer amtsärztlichen Untersuchung auf Grund der Bestimmungen des § 35 SMG ordnungsgemäß erfolgt sei, sei die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 19 AVG lautet (auszugsweise):

"§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. ... .

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekannt zu geben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Im Hinblick auf die in der angefochtenen Erledigung enthaltene Androhung der zwangsweisen Vorführung für den Fall des Nichterscheinens vor der Behörde zum angegebenen Zeitpunkt besteht kein Zweifel, dass es sich dabei um einen Ladungsbescheid im Sinn des § 19 AVG handelt. Gemäß § 19 Abs. 4 AVG war dagegen kein Rechtsmittel zulässig, weshalb die vorliegende Beschwerde zulässig ist.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Wie bereits oben dargelegt, wurde der Gegenstand der Amtshandlung mit "Anzeige nach § 27 Suchtmittelgesetz" umschrieben. Diese Bezeichnung des Gegenstandes der Amtshandlung entspricht nicht § 19 Abs. 2 AVG; es ist nämlich nicht zu erkennen, zu welchem konkreten Gegenstand, der kurz und deutlich zu bezeichnen wäre, die Amtshandlung erfolgen soll. Da im Ladungsbescheid nur von einer Anzeige nach § 27 SMG die Rede ist, diese Bestimmung aber eine gerichtliche Strafbestimmung darstellt, ist insbesondere nicht erkennbar, ob es sich beim beabsichtigten behördlichen Vorgehen um eine Administrativmaßnahme oder um eine Maßnahme im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Strafverfahren handelt. Bereits dadurch wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit genommen, sich genügend auf den Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/04/0309, und vom , Zl. 2001/11/0134).

Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass nach § 12 Abs. 1 SMG die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde dann, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Person Suchtgift missbraucht, diese der Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt zuzuführen hat. In dieser Bestimmung sieht erkennbar (und im Einklang mit der Aktenlage) auch die belangte Behörde die Grundlage für eine Ladung des Beschwerdeführers. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben erwähnten Erkenntnis vom näher dargelegt hat, kommt in einem solchen Fall grundsätzlich, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, auch eine Ladung durch Bescheid nach § 19 AVG in Frage. Gemäß § 19 Abs. 2 AVG wäre dann aber eine aussagekräftige Bezeichnung des Gegenstandes der beabsichtigten Amtshandlung, nämlich die Zuführung zu einer ärztlichen Untersuchung infolge Annahme des Suchtgiftmissbrauchs, im Ladungsbescheid geboten gewesen.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zum Ausdruck bringt, der Beschwerdeführer hätte nach Erhalt des Ladungsbescheides Gelegenheit gehabt, vor der Erhebung einer Bescheidbeschwerde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, um herauszufinden, im Zusammenhang mit welcher geplanten Amtshandlung die Ladung erfolgt sei, verkennt sie grundlegend, dass dies nicht Aufgabe des Geladenen ist. Wie oben dargelegt, hat die Offenlegung des Gegenstandes der geplanten Amtshandlung durch die Behörde im Ladungsbescheid zu erfolgen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

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Fundstelle(n):
VAAAE-36001