VwGH vom 26.02.2003, 2001/04/0037
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der T GmbH in B, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2000/K11/007-6, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Tiroler Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: T-Gesellschaft m.b.H. in I, A-straße 35), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem - gegenüber der beschwerdeführenden Partei und der mitbeteiligten Partei ergangenen - vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, festzustellen, die mitbeteiligte Partei habe gegen das Tiroler Vergabegesetz 1998, LGBl. für Tirol Nr. 17 i.d.F. LGBl. Nr. 76/1999, (im Folgenden: TVergG 1998) dadurch verstoßen, dass sie das Angebot der beschwerdeführenden Partei zu Unrecht ausgeschieden und der beschwerdeführenden Partei nicht den Zuschlag erteilt habe und der Zuschlag wegen dieser Verstöße gegen das TVergG 1998 nicht dem Bestbieter erteilt worden sei, abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird in sachverhaltsmäßiger Hinsicht (u.a.) davon ausgegangen, dass das Angebot der beschwerdeführenden Partei von Mag. W. unterfertigt worden sei. Laut Gesellschaftsvertrag, wiedergegeben im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien, seien vertretungsbefugt für die beschwerdeführende Partei je zwei Gesellschafter gemeinsam. Die Generalversammlung könne, auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt seien, einzelnen von ihnen selbständige Vertretungsbefugnis erteilen. Mag. W. sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Angebots firmenrechtlich nicht vertretungsbefugt gewesen.
In rechtlicher Hinsicht vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dass die in den Ausschreibungsunterlagen zulässigerweise geforderte firmenmäßige Fertigung des Angebotes durch die beschwerdeführende Partei nicht erfolgt sei, weshalb zu prüfen gewesen sei, ob die firmeninterne Ermächtigung des Mag. W. ausreiche, um das Anbot rechtsverbindlich unterfertigen zu können. Mit Entscheidung vom , 7 Ob 159/97a, habe der OGH ausgesprochen, dass dann, wenn die firmenmäßige Fertigung im Widerspruch zur Ausschreibung und zu den Vergaberichtlinien nicht eingehalten werde, lediglich ein unverbindliches Angebot vorliege, das durch das Vergabeorgan auszuscheiden sei. Eine Verbesserung des Mangels sei nicht möglich. Im gegenständlichen Fall liege daher lediglich ein unverbindliches Anbot der beschwerdeführenden Partei vor, weshalb dieses zu Recht ausgeschieden worden sei. Da es sich beim Mangel der firmenmäßigen Fertigung um einen unbehebbaren Mangel handle, sei das Anbot auszuscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift. Die beschwerdeführende Partei brachte eine Replik ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 lit. b TVergG 1998 bestimmt, dass der 2. Teil mit Ausnahme des § 34 des Bundesvergabegesetzes 1997 (im Folgenden: BVergG 1997) auf die Vergabe von Aufträgen sinngemäß anzuwenden ist.
Nach § 52 Abs. 1 Z. 8 BVergG 1997 hat vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung unverzüglich auszuscheiden: Den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder Teilangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden.
Die beschwerdeführende Partei macht zunächst geltend, die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass es sich beim Mangel der firmenmäßigen Fertigung um einen unbehebbaren Mangel im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 8 BVergG 1997 handle, sei unzureichend begründet worden bzw. rechtlich unzutreffend. Von einem unverbindlichen Angebot könne im vorliegenden Fall keine Rede sein. Das Angebot sei von Mag. W. unterfertigt worden. Mag. W. sei Bereichsleiter für Vertrieb und sei im Zeitpunkt der Fertigung befugt gewesen, das Unternehmen rechtswirksam nach außen zu vertreten. Nach der ISO-Zertifizierung ISO 9001, die auch für die beschwerdeführende Partei gelte, seien Bereichsleiter generell ermächtigt, Angebote bis zu einer Höchstsumme von EUR 2,000.000,-- eigenverantwortlich zu zeichnen. Die belangte Behörde übersehe offensichtlich, dass bereits eine "interne Vollmachtserteilung" zur Vertretung nach außen ausreiche, um nach allgemeinem Zivilrecht Außenwirkungen zu erzeugen. Die Vollmacht wirke selbstverständlich im "Außenverhältnis", d.h. im Verhältnis zum Dritten, demgegenüber der Vertretungsakt gesetzt werde. Der Vertreter könne daher Willenserklärungen abgeben und entgegennehmen, die den Vertretenen unmittelbar berechtigten oder verpflichteten. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach lediglich ein unverbindliches Anbot vorgelegen sei, sei völlig unzutreffend.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - unter Bezugnahme auf Aicher (in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechtes (1985), 363f und 411 f) - sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in den Angeboten sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszuscheiden (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2000/04/0050).
Es ist unstrittig, dass in den Ausschreibungsbedingungen eine "firmenmäßige" Fertigung des Anbotes gefordert ist, und eine solche beim Angebot der beschwerdeführenden Partei nicht vorliegt; darauf aber, dass die beschwerdeführende Partei nach ihrem Vorbringen durch die von Mag. W. erfolgte Fertigung durch ihr Angebot zivilrechtlich gebunden gewesen sei, geht die belangte Behörde nicht ein (sie meint in ihrer Gegenschrift nur, dass ein "im vergaberechtlichen Sinn unverbindliches Angebot" vorgelegen sei).
Es ist daher zu fragen, ob ein solcher Mangel als behebbar anzusehen ist oder nicht. Was unter behebbarem oder unbehebbarem Mangel zu verstehen ist, orientiert sich (zunächst) nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass findet, daran, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen könnte.
Es trifft nun wohl zu, dass, wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom , Zl. 7 Ob 159/97a, hervorgehoben hat, durch die Forderung nach firmenmäßiger Fertigung von vornherein Klarheit über die volle Rechtswirksamkeit des Angebotes bestehen soll. Bei Beantwortung der Frage der Behebbarkeit oder Unbehebbarkeit der in der Ausschreibung geforderten (und hier unzureichenden) firmenmäßigen Fertigung des Angebotes unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit ist aber nicht zu übersehen, dass der Gesetzgeber nur eine "rechtsgültige Unterfertigung" im Sinne von zivilrechtlicher Bindung des Bieters an sein Angebot (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0058) fordert und es bei Rechtsgültigkeit des Angebotes nicht in der Hand des Bieters liegt, seine Rechtsstellung durch Behebung oder Nichtbehebung des Mangels zu verändern (vgl. auch BVKK vom , Zl. S 37/99-16 = CONNEX 1999/5, 55). Bei Auslegung der hier in Frage stehenden Regelung über behebbare und unbehebbare Mängel steht somit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit nicht entgegen, in einem zwar nicht firmenmäßig gefertigten, aber rechtsverbindlichen Angebot, einen verbesserungsfähigen Mangel zu sehen.
Ähnliche Überlegungen haben aber auch für die Beurteilung der Frage der Behebbarkeit oder Unbehebbarkeit des gegenständlichen Mangels unter dem Gesichtspunkt "gravierender formaler und inhaltlicher Mängel" zu gelten. Wenn der Gesetzgeber selbst lediglich das Erfordernis einer "rechtsgültigen Unterfertigung" vorsieht, so ist nicht zu sehen, dass eine zwar rechtsgültige nicht aber firmenmäßige Unterfertigungen einen solchen gravierenden formale Mangel darstelle, dass im Sinne des § 48 Abs. 3 BVergG 1997 dem Auftraggeber eine Bearbeitung nicht zugemutet werden könne und das Angebot nicht weiter behandelt werden müsse.
Zu einer anderen Beurteilung vermag auch nicht die - seine bisherige Rechtsprechung bestätigende - Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , Zl. 4 Ob 154/02d, zu führen. Ging doch der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung (auch) davon aus, dass in dem diesen Zurückweisungsbeschluss zu Grunde liegenden Fall eine Bindung an das Angebot trotz fehlender firmenmäßiger Unterfertigung (mangels rechtswirksamer Unterfertigung des gesamten Angebotes) nicht vorlag (der OGH also zur Beantwortung der Frage einer zwar nicht firmenmäßigen aber rechtsgültigen Unterfertigung des Angebotes nicht gestellt war).
Indem die belangte Behörde in offensichtlicher Verkennung der Rechtslage davon ausging, dass es sich beim Mangel der firmenmäßigen Fertigung in jedem Fall - ungeachtet des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei, es liege ein rechtsverbindliches Angebot vor - um einen unbehebbaren Mangel handle, verkannte sie die Rechtslage.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am