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VwGH vom 21.02.1990, 88/03/0191

VwGH vom 21.02.1990, 88/03/0191

Betreff

N 1. gegen Landeshauptmann von Steiermark vom , Zl. 11-75 Ke 35-88, betreffend Bescheidberichtigung, und

2. gegen Steiermärkische Landesregierung und Landeshauptmann von Steiermark vom , Zl. 11-75 Ke 35-1988, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967)

Spruch

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom wird als unbegründet abgewiesen.

Die in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung und des Landeshauptmannes von Steiermark vom werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund und das Land Steiermark haben dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je S 5.370,-- (d.i. insgesamt S 10.740,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den durch das Amt der Landesregierung als Hilfsapparat ausgefertigten, die Gegenstandsbezeichnung "Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967 - Berufung" tragenden und solcherart in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheiden vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Erstbehörde vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 zurückgewiesen.

Mit dem weiteren, ebenfalls durch das Amt der Landesregierung als Hilfsapparat ausgefertigten Bescheid vom wurde der Bescheid vom gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 dahin gehend berichtigt, daß hinsichtlich der Übertretung nach dem KFG die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" hinzuzufügen ist.

Gegen diesen Berichtigungsbescheid richtet sich die eine, gegen die in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom richtet sich die andere der beiden vorliegenden Beschwerden.

Die belangten Behörden erstatteten in Ansehung der in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom eine in gemeinsamer Ausfertigung zusammengefaßte Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegen das Straferkenntnis vom erhobene Berufung wurde unter Hinweis, daß der Beschwerdeführer durch den namhaft gemachten Rechtsanwalt vertreten werde, von diesem Rechtsanwalt eingebracht. Dementsprechend wären die angefochtenen Bescheide dem Rechtsanwalt zuzustellen gewesen. Mit den vorliegenden Beschwerden wurden dem Verwaltungsgerichtshof die mit dem Eingangsstempel der Rechtsanwaltskanzlei versehenen behördlichen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß der diesbezüglich unterlaufene Zustellmangel im Sinne des § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes saniert worden ist.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde keine Änderung am Inhalt der in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom vorgenommen. Ein Bescheid, der im Wege eines Amtes der Landesregierung als Hilfsapparat ausgefertigt wird, indiziert nämlich, insoweit mit ihm in einer Rechtsangelegenheit nach dem Kraftfahrgesetz abgesprochen wird, die Zurechnung zum Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung. Im gegebenen Zusammenhang kann von einem "Irrtum über den Sachverhalt oder den Sinn von Gesetzen" keine Rede sein. Hinsichtlich des auf die Rechtsangelegenheit nach dem Kraftfahrgesetz entfallenden Ausspruches in den in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheiden vom mußte dem Beschwerdeführer vielmehr klar sein, daß die Fertigungsklausel auch auf den Landeshauptmann hätte lauten müssen (siehe u.a. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. N. F. Nr. 12.329/A, und die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/03/0071, und vom , Zl. 89/03/0202).

Da somit bereits der Inhalt der gegen den Bescheid vom erhobenen Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweien.

Der Prüfung der in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom war somit deren durch den Bescheid vom berichtigte Fassung zugrunde zu legen.

Nach § 10 Abs. 1 AVG 1950 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Nach § 10 Abs. 2 AVG 1950 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 hat die Behörde die Behebung von Formgebrechen von Amts wegen zu veranlassen, sie kann dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen ... mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

In der gegen die in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom erhobenen Beschwerde wird u.a. folgendes vorgetragen:

"Tatsächlich hat die" Erstbehörde "- nicht jedoch die Berufungsbehörde - mit Schreiben vom meinem Anwalt folgendes mitgeteilt: 'Es wird Ihnen gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, der" Erstbehörde "binnen 14 Tagen eine ordnungsgemäße Vollmacht für ... beizubringen.'"

Den Bestimmungen der §§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 3 AVG 1950 läßt sich nicht entnehmen, daß sich die Berufungsbehörde zur Erteilung eines solchen Auftrages, der lediglich eine Verfahrensanordnung darstellt, nicht der Erstbehörde bedienen dürfte. In diesen Gesetzesbestimmungen ist, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, auch nicht vorgesehen, daß im Auftrag über die Fristsetzung hinaus noch ausdrücklich darauf hingewiesen werden müßte, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der bestimmten Frist nicht mehr berücksichtigt werden würde. Der Eintritt dieser Rechtsfolge ist im Gesetz - anders als etwa in Ansehung einer Androhung im Sinne des § 19 Abs. 3, zweiter Satz, AVG 1950 - nicht von einem dem Auftrag beigefügten Hinweis hierauf abhängig gemacht.

Der Beschwerdeführer trägt u.a. ferner vor, eine Zurückweisung, wie sie mit "dem angefochtenen Bescheid" ausgesprochen wurde, wäre in den Wirkungsbereich der Erstbehörde gefallen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß es sich bei den angefochtenen Bescheiden um die Zurückweisung der namens des Beschwerdeführers erhobenen Berufung handelt. Nicht nur die meritorische Erledigung, sondern auch die Zurückweisung einer Berufung aber fällt in den Zuständigkeitsbereich der Berufungsbehörde.

Gleichwohl ist die vorliegende Beschwerde erfolgreich.

Der Verwaltungsgerichtshof bleibt bei seiner Auffassung, die der belangten Behörde schon in der vor Einleitung des Vorverfahrens ergangenen Verfügung vom bekanntgegeben wurde, daß die belangte Behörde von den im Rubrum der Berufung vom angebrachten Angaben auszugehen hatte, nämlich von der dem Namen des Beschwerdeführers beigesetzten Klausel "vertreten durch:

Rechtsanwalt ..... Vollmacht vom d.a. ausgewiesen zu III/St. 28.535/83". Durch diese Klausel wurde vom Beschwerdeführer unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er sich im Verfahren über eben diese seine Berufung durch den namhaft gemachten Rechtsanwalt vertreten lassen will.

Diese Klausel weist darauf hin, daß sich der Beschwerdeführer bei der Erstbehörde bereits durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat (§ 10 Abs. 1 AVG 1950). Die belangte Behörde hätte daher zunächst (im Sinne des § 66 Abs. 1 AVG 1950 durch die Behörde erster Instanz) zu ermitteln gehabt, ob dieser in der in Rede stehenden Klausel enthaltene Hinweis zutrifft oder nicht, d.h. ob eine dem namhaft gemachten Rechtsanwalt erteilte Vollmacht unter III/St. 28.535/83 erliegt und ob diese Vollmacht so gefaßt ist, daß dadurch das Einschreiten des Rechtsanwaltes auch im gegenständlichen Berufungsverfahren abgedeckt ist. Nur für den Fall, daß sich erwiesen hätte, daß unter der angeführten Geschäftszahl eine entsprechende Vollmacht nicht vorhanden ist, wäre eine Aufforderung zur Beibringung der Vollmacht im Sinne des § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG 1950 zulässig gewesen, und nur unter dieser Voraussetzung wäre angesichts der Nichtbefolgung des Auftrages der auf § 13 Abs. 3 AVG 1950 gestützte Ausspruch der Zurückweisung zulässig gewesen.

Anstatt entsprechend diesen hier angeführten Kriterien vorzugehen, stellte sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf den Standpunkt, der Beschwerdeführer habe nicht unmißverständlich seinen Willen zum Ausdruck gebracht, sich im Verfahren über die Berufung vom durch den namhaft gemachten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, und es sei ohne Prüfung, ob bei "Zl. III/St. 28.535/83" eine auch für das Verfahren über die Berufung vom hinlängliche Vollmacht vorhanden sei, ein Auftrag nach den §§ 10 Abs. 2 und 13 Abs. 3 AVG 1950 zulässig gewesen. Solcherart wurde von der belangten Behörde die Rechtslage verkannt.

Mit den in der Äußerung vom zitierten Erkenntnissen vermag die belangte Behörde nichts für sich zu gewinnen.

Der sowohl im Erkenntnis vom , Zl. 82/03/0018, und im Erkenntnis vom , Zl. 86/03/0073, in Ansehung der Beiziehung eines in einem Verfahren ausgewiesenen Vertreters in einem anderen Verfahren enthaltene Rechtssatz lautet: "Die Tatsache ALLEIN, daß in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung in allen Angelegenheiten beurkundet, reicht hiezu nicht aus." Im vorliegenden Fall jedoch ist der Umstand der Vollmachtsvorlage in einem früher anhängig gewordenen Verfahren nicht die alleinige Tatsache, vielmehr gehört zum maßgebenden Sachverhalt die weitere Tatsache des in der Berufung vom enthaltenen Hinweises auf die ausgewiesene Vollmacht.

Auch der dem Erkenntnis vom , Zl. 85/06/0006, zugrunde liegende Fall war anders gelagert als der nun vorliegende Fall. In jenem Fall befand sich auf einem Anbringen nicht etwa der Hinweis auf eine bereits vorgelegte Vollmacht, sondern lediglich der Hinweis "Vollmacht gemäß § 30 Abs. 1 ZPO". Die Entscheidungsgründe haben sich demgemäß damals ausdrücklick auf den Fall bezogen, daß "sich in der Berufungsschrift keine Berufung auf eine allfällige, in anderen Verfahren erfolgte Bevollmächtigung findet". Im vorliegenden Fall hingegen findet sich ausdrücklich die Berufung auf die im Verfahren III/St 28.535/83 erfolgte Bevollmächtigung.

Dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 6474, lag ebenfalls ein solcher anders gelagerter Fall zugrunde, daß sich in den Verwaltungsakten KEIN Hinweis dafür fand, daß der damalige Beschwerdeführer seinen Willen kundgetan hätte, daß diese Bevollmächtigung auch für das Strafverfahren gilt.

Aus den dargelegten Gründen waren die in gemeinsamer Ausfertigung ergangenen Bescheide vom gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren ist im Hinblick auf den vorgesehenen Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand abgewiesen worden.