VwGH vom 21.01.1988, 88/02/0002

VwGH vom 21.01.1988, 88/02/0002

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

88/02/0003

88/02/0005

88/02/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittentahler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des AF in W, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer und Dr. Klaus Krebs, Rechtsanwälte in Wien I, Zelinkagasse 12, gegen die beiden Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 70- 11/1603/83/Str und Zl. MA 70-11/1605/87/Str, sowie die beiden Bescheide der Wiener Landesregierung vom , Zl. 11/1078/87/Str und Zl. MA 70-11/1604/87/Str, jeweils betreffend Zurückweisung eines Strafmilderungsansuchens bzw. einer Berufung in Angelegenheit Übertretung des KFG 1967 bzw. Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den vorliegenden Beschwerden in Verbindung mit den diesen angeschlossenen Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt: Mit dem mündlich verkündeten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, vom wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen der StVO 1960 sowie einer Übertretung des KFG 1967 für schuldig befunden und hiefür bestraft, worauf der Beschwerdeführer einen Rechtsmittelverzicht abgab. Mit dem am zur Post gegebenen Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer gegen das erwähnte Straferkenntnis Berufung und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Milderung der Strafe.

Mit zwei Bescheiden vom wies der Landeshauptmann von Wien einerseits das Ansuchen um Strafmilderung und andererseits die Berufung jeweils als unzulässig und verspätet zurück, soweit es sich um die Übertretung des KFG 1967 handelt (hg. Zlen. 88/02/0002 und 88/02/0004). Mit zwei Bescheiden vom wies die Wiener Landesregierung das Ansuchen um Strafmilderung sowie die Berufung jeweils zurück, soweit es sich um die Übertretungen der StVO 1960 handelt (hg. Zlen. 88/02/0005 und 88/02/0003).

In der Begründung gingen die belangten Behörden jeweils davon aus, dass der Beschwerdeführer einerseits einen Rechtsmittelverzicht abgegeben habe und andererseits die Berufung bzw. das Strafmilderungsansuchen verspätet eingebracht worden seien.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat beschlossen, die Beschwerden auf Grund des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat erwogen:

Der Gerichtshof braucht sich mit der Frage, ob die belangten Behörden die Berufung und das Strafmilderungsansuchen des Beschwerdeführers rechtens als verspätet zurückweisen konnten, nicht auseinander setzen, weil er die Ansicht der belangten Behörden, der Beschwerdeführer habe einen wirksamen Rechtsmittelverzicht abgegeben, sodass die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 4 AVG 1950 und damit auch das Strafmilderungsansuchen gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 (vgl. dazu näher etwa das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2471/A) als unzulässig zurückzuweisen waren, nicht als rechtswidrig zu erkennen vermag:

Der Beschwerdeführer bringt insoweit vor, er habe in der Berufung seine psychische Belastung "infolge der Ungewissheit über die weitere organisatorische Führung seines Unternehmens und die damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Probleme auf Grund der damaligen Verhaftung" angeführt. Die Rechtsmittelbelehrung gegenüber dem Beschwerdeführer sei - dies hätte er insbesondere bei einer Befragung über seinen "Gemütszustand" vorgebracht - so dargestellt worden, als sei die Abgabe des Rechtsmittelverzichtes für ihn "sehr günstig", die Anfechtung des mündlich verkündeten Erkenntnisses aber für die weitere Haft des Beschwerdeführers und etwaige Begünstigungen zur Führung seines Fleischgroßhandelsunternehmens "sehr ungünstig". Die richtige Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse sowie des psychischen Zustandes des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erklärung hätte zu dem Ergebnis führen müssen, dass dem Beschwerdeführer die Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst gewesen sei; insbesondere sei ihm nicht bekannt gewesen, dass er sich mit dieser Erklärung auch der Möglichkeit eines Antrages auf Herabsetzung der über ihn (jeweils) verhängten Geldstrafe der Höhe nach begeben würde. Der Beschwerdeführer habe in Unkenntnis der Folgen eines Rechtsmittelverzichtes gehandelt, dieser sei jedoch nicht rechtswirksam gewesen.

Weiters ist der jeweiligen Beschwerde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers vom an die belangten Behörden angeschlossen, aus welcher unter anderem hervorgeht, es sei nicht behauptet worden, dass von Seiten der Behörde erster Instanz (anlässlich des Rechtsmittelverzichtes) ein psychischer Druck ausgeübt worden sei; auch die Sachlichkeit anlässlich der Einvernahme sei nicht in Abrede gestellt worden. Für den Beschwerdeführer sei jedoch auf Grund seiner damaligen psychischen Verfassung der Eindruck entstanden, dass durch die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes "seine Angelegenheit erledigt sei".

Damit vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht darzutun: Aus dem Beschwerdevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass er bei der in Rede stehenden Verhandlung verhandlungsunfähig gewesen wäre. Er konnte daher rechtswirksam auf die Einbringung eines Rechtsmittels verzichten, wobei auf die dem Verzicht zugrundegelegenen Absichten und Beweggründe nicht einzugehen ist. Nur die Erklärung des Willens, nicht der Wille ist maßgeblich; die Prozesshandlung wirkt, weil sie gesetzt, nicht weil sie gewollt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/03/0077).

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am