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VwGH vom 22.01.1988, 87/18/0057

VwGH vom 22.01.1988, 87/18/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzenden Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Böhler, in der Beschwerdesache des JS in G, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck a. d. Leitha, Burgenlandstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. I/7-St-S-8692, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug schlechthin bestätigten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Leitha vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bezeichneten Lkw-Zuges, der von einem bestimmten Kraftfahrer in Wien 3, auf der Autobahn A 4, gelenkt worden war, nicht dafür gesorgt, daß diese Fahrzeuge den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hätten. Der Lkw-Zug sei um 13.720 kg überladen gewesen. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) begangen; es wurde eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verhängt.

Der Beschwerdeführer bekämpft den bestätigenden Berufungsbescheid aus den Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Mit Beschluß vom gab der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des Verfahrens seine vorläufige Rechtsansicht im Sinne des § 41 Abs. 1 am Ende VwGG wie folgt bekannt:

Nach vorläufiger Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes könnte der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet sein:

Gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 in der anzuwendenden Fassung der 10. Novelle, BGBl. Nr. 106/1986, hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Diese Bestimmung allein ist jedoch keine verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950; es ist vielmehr erforderlich, im Spruch eines Straferkenntnisses anzuführen, welche bestimmte Vorschrift des Kraftfahrgesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung im Einzelfall verletzt wurde (vgl. Erkenntnisse vom , Zl. 82/02/0220 und vom , Zl. 86/03/0232). Dies könnte einen Verstoß gegen § 44a lit. b VStG 1950 darstellen.

Der Beschwerdeführer schloß sich der vorläufigen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes an und beantragte Bescheidaufhebung wie in seiner Beschwerde. Die belangte Behörde beantragte, wie bereits in ihrer Gegenschrift, die Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Für den Spruch maßgeblich sei nämlich "primär" die Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Zulassungsbesitzer. Da im Spruch des Straferkenntnisses aufscheine, die Sorgfaltspflicht sei insofern verletzt worden, als der Lkw-Zug überladen gewesen sei, liege eine genügende Konkretisierung vor; die Zitierung des § 101 Abs. 1 lit. a KFG habe sich erübrigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gerichtshof erhebt seine vorläufige Rechtsansicht nunmehr zu seiner endgültigen. Der Äußerung der belangten Behörde ist zu erwidern, daß nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht zwischen "primären" verletzten Verwaltungsvorschriften und solchen offenbar sekundärer Art zu unterscheiden ist; vielmehr erfordert es § 44a lit. b VStG 1950, daß das allgemeine Gebot des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG - Sorgepflicht des Zulassungsbesitzers, daß das Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht - durch das Zitat der bestimmten, im Einzelfall verletzten Vorschrift des Kraftfahrgesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung ergänzt wird. Als solche Bestimmung wäre im vorliegenden Fall - geht man vom erstinstanzlichen Straferkenntnis, nicht aber von der Anzeige aus, wonach ein Lkw-Zug (§ 2 Z. 30 KFG) Objekt der Verwaltungsübertretung war -, § 101 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 104 Abs. 9 KFG in Frage gekommen. Keine der beiden Gesetzesbestimmungen wurde aber im Spruch des Straferkenntnisses zitiert.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grunde als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet. Er war daher, ohne daß es eines Eingehens auf die behaupteten Verfahrensmängel bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243. Das Mehrbegehren an Stempelmarken war abzuweisen, weil die drei Ausfertigungen der Beschwerde mit je S 120,--, die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides mit S 60,-- und die drei Ausfertigungen des Schriftsatzes vom mit je S 120,-- an Bundesstempelmarken zu vergebühren waren. Dazu kommt noch eine Stempelgebühr von S 120,-- für die Vollmachtsurkunde. Das ergibt eine Summe von S 900,--.

Wien, am