VwGH vom 18.03.2004, 2001/03/0284
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C M in F, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-815- 837/2/2001, betreffend Zurückweisung des Einspruchs gegen eine Strafverfügung in Angelegenheit Übertretungen kraftfahrrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Villach vom 23. Feber 2001 wurde der Beschwerdeführer wegen diverser Übertretungen der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und Nr. 3821/85 bestraft. Die Zustellung dieser Strafverfügung erfolgte an der Adresse des Beschwerdeführers in der Weise, dass ein erster Zustellversuch am vorgenommen wurde, bei welchem (mangels Anwesenheit des Beschwerdeführers) die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches in den Briefkasten eingelegt wurde. Der zweite Zustellversuch erfolgte am , die Verständigung über die Hinterlegung wurde in den Briefkasten eingelegt und das Schriftstück wurde beim Postamt 5131 hinterlegt, Beginn der Abholfrist war der . Am verfasste der Beschwerdeführer den Einspruch gegen die Strafverfügung, welchen er am zur Post gab.
Mit Bescheid vom wies die Bundespolizeidirektion Villach diesen Einspruch als verspätet zurück; laut Zustellschein sei von einer ordnungsgemäßen Hinterlegung am auszugehen, die Frist zur Erhebung des Einspruchs sei daher bereits am abgelaufen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, dass er keine Möglichkeit gehabt hätte, die Strafverfügung "früher abzuholen", und der er ein Schreiben seines Dienstgebers beilegte, woraus hervorgeht, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom bis in Luxemburg, Deutschland und Italien mit dem Lkw unterwegs gewesen sei. Ferner legte der Beschwerdeführer Ablichtungen von Tachographenschaublättern vor; auf einer der diesbezüglichen Kopien war handschriftlich vermerkt, dass der Beschwerdeführer bereits am von Peterskirchen nach Bochum gefahren sei, weiter nach Luxemburg und von dort direkt nach Süditalien und dann zum Beladen in den Raum Bari. Anschließend sei der Beschwerdeführer retour bis Bergheim bei Salzburg gefahren. Ähnlich sei die Fahrt in der zweiten Woche seiner Abwesenheit verlaufen ("fast derselbe Ablauf").
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, dass eine berufsbedingte Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabenstelle während des Tages, "ja während der gesamten Woche", keine vorübergehende Abwesenheit von der Abgabestelle darstelle; aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers gehe hervor, dass er sich vom 5. März bis 9. März sowie vom 11. März bis 16. März berufsbedingt im Ausland aufgehalten habe, sich jedoch an dem dazwischenliegenden Wochenende vom 9. bis 11. März an der Abgabestelle befunden habe. Er habe daher rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt und hätte dafür sorgen müssen, dass ihm die Briefsendung auch tatsächlich zukommt. Die Zustellung sei als rechtswirksam anzusehen, der erst am zur Post gegebene Einspruch sei daher verspätet.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (Abs. 1). Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (Abs. 3).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. Feber 2000, Zl. 2000/02/0027) ist es nicht erforderlich, dass dem Empfänger in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. Die Zustellung durch Hinterlegung ist vielmehr auch dann wirksam, wenn der Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in dem oben zitierten Erkenntnis für den Fall bejaht, dass dem Empfänger für die Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung noch ein Zeitraum von zehn Tagen verbleibt. Im Beschwerdefall hätte der Beschwerdeführer - sollte er, wie von der belangten Behörde angenommen, am (einem Freitag) an die Abgabestelle zurückgekehrt sein, - jedenfalls am (einem Montag) vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können. In diesem Fall wären ihm - ausgehend vom als dem Tag der Zustellung der Strafverfügung - bis zum Ablauf der Einspruchsfrist am noch volle zehn Tage für die Erhebung des Einspruches zur Verfügung gestanden. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage wäre die Zustellung somit am wirksam geworden.
Allerdings ist der belangten Behörde betreffend ihre Annahme, dass der Beschwerdeführer sich an dem "dazwischen liegenden Wochenende" vom 9. bis an der Abgabestelle befunden habe, entgegenzuhalten, dass nicht nachvollziehbar ist, auf Grund welcher Beweise sie diese Feststellung getroffen hat, geht doch aus dem Vermerk auf einer Ablichtung der Tachographenscheibe lediglich hervor, dass der Beschwerdeführer nach Bergheim bei Salzburg zurückgekehrt sei, wo hingegen sich die Abgabestelle, an der die Strafverfügung zugestellt wurde, an einer näher bezeichneten Adresse in Franking befindet.
Wegen dieses Begründungsmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am