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VwGH vom 06.07.1990, 87/17/0132

VwGH vom 06.07.1990, 87/17/0132

Betreff

A und B gegen Salzburger Landesregierung vom , Zl. 11/01-6412/13-1986, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer im Betrieb der Beschwerdeführer durchgeführten Überprüfung der getränkesteuerpflichtigen Umsätze wurde mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom die von den Beschwerdeführern zu entrichtende Getränkesteuer für den Zeitraum vom bis "gem. § 1 Abs. 3 und 2 Salzburger Getränkesteuergesetz 1967, LGBl. Nr. 14/1968" mit

S 1,582.124,-- festgesetzt und eine Getränkesteuernachzahlung in der Höhe von S 228.407,-- vorgeschrieben.

Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, daß das in Frage stehende Unternehmen (Hotel B) mehrere Betriebsstätten umfasse (Bar, Tanzlokal, Restaurant). Es lägen Mängel in der Buchführung vor, die sich a) aus nicht erklärten Kaffeerlösen aus Bar- und Tanzbetrieb, b) aus fehlenden Aufzeichnungen für Personalgetränke, Eigenverbrauch sowie Freigetränken und Küchengetränken sowie c) aus erheblichen Abweichungen zwischen den für die Prüfung maßgebenden Rohaufschlägen und den erklärten Bemessungsgrundlagen zusammensetzten. Auf Grund der festgestellten Mängel sei im Wege einer Teilschätzung gemäß § 144 Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963 (im folgenden: Sbg. LAO), den erklärten Bemessungsgrundlagen von S 13,541.247,-- ein Betrag von S 2,280.000,-- hinzugerechnet worden.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die Gemeindevorstehung der Gemeinde X mit Bescheid vom nicht statt.

Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung.

Mit Bescheid vom hob die Salzburger Landesregierung den Bescheid der Gemeindevorstehung vom auf. Zur Begründung wurde - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - ausgeführt:

"Auf Grund der vorliegenden Unterlagen konnte festgestellt werden, daß sich der Prüfer zur Ermittlung der Rohaufschläge für die einzelnen Getränkegruppen einer Aufschlagsberechnung ohne Berücksichtigung eingesetzter Mengen bediente. Diese durchschnittliche Aufschlagsberechnung trägt jedoch den tatsächlichen Gegebenheiten in keiner Weise Rechnung. Vielmehr hätte er der Berechnung der Rohaufschläge die gewogene Aufschlagsberechnung zugrundelegen müssen, die auch dem unterschiedlichen Getränkeverbrauch Rechnung trägt.

Des weiteren konnte festgestellt werden, daß gegenständlicher Getränkesteuerprüfung zwar eine Aufschlagsberechnung zugrundeliegt, jedoch keine Mengenberechnung. Einer derartigen Mengenberechnung hätte laut Richtlinien zumindest der Getränkeeinsatz von einem Vierteljahr zugrundegelegt werden müssen. Eine derartige gewogene Mengenberechnung hätte dann auch den innerbetrieblich unterschiedlichen Getränkeeinsatz vor allem zwischen Restaurant und Barbetrieb berücksichtigen müssen.

Im Zuge der Getränkesteuerprüfung wurden nicht gedeckte Kaffeerlöse aus Tanz- und Barbetrieb festgestellt, wobei jedoch im Gegensatz zur Auskunft des Steuerpflichtigen, daß kein Kaffeeverkauf im Bar- und Tanzbetrieb erfolgt, Kaffee jedoch unter warme Getränke in der Getränkesteuerkarte vorhanden gewesen ist. Der Prüfer hätte in diesem Fall durch Einvernahme von Bediensteten und durch eigene Wahrnehmungen auf die Behauptungen der Steuerpflichtigen eingehen müssen. Im Falle der Verabreichung von Kaffee im Bar- und Tanzbetrieb hätte der Prüfer zu ermitteln gehabt, wo diese Kaffeerlöse boniert werden und für den Fall, daß sie weder im Bar- und Tanzbetrieb noch im Restaurant boniert werden, hätte er die Kaffeerlöse auf Grund einer Kaffeemengenrechnung feststellen müssen. Erst für den Fall, daß auch keine Aufzeichnungen über den Kaffeeinkauf vorhanden gewesen wären, hätte er auf Grund eines außerbetrieblichen Vergleiches eine Schätzung gemäß § 144 LAO des Kaffeerlöses durchführen können.

Zu den Personalgetränken wird angemerkt, daß sich der Prüfer durch Befragung der Angestellten davon hätte überzeugen müssen, ob die Angestellten tatsächlich die im Zuge der Getränkesteuerprüfung bekanntgegebenen Getränke erhalten. Zu den Freigetränken sowie den Eigenverbrauch wird außerdem noch angemerkt, daß die vorgelegten Unterlagen ebenso wie diese für den Personalverbrauch nicht ausreichend sind, um den darin behaupteten Getränkeverbrauch glaubhaft zu machen. Da für diese Getränke weitergehende Aufzeichnungen fehlen, wäre dieser Getränkeverbrauch zu Verkaufspreisen zu versteuern gewesen und eine Anerkennung des Getränkeverbrauches hätte nur nach Sachbezugswerten zu erfolgen gehabt.

Abschließend konnte bei der Überprüfung der vorgelegten

Prüfungsunterlagen auch festgestellt werden, daß der Prüfer,

obwohl er im Zuge der Prüfung bei den Erlösen im

Rechnungsjahr 1979/80 ein Verhältnis der Erlöse zwischen

Knappenkeller und Restaurant bei

Knappenkeller Restaurant

Alkoholfreie Getränke 69 % 31 %

Bier 79 % 21 %

Wein 71 % 29 %

Spirituosen 86 % 24 %

festgestellt hat, er bei der Feststellung der Getränkesteuer ein Verhältnis der Erlöse von 50 zu 50 % zugrundelegte.

Da auch die Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes in diese Richtung zeigt - ist das Ermittlungsverfahren in entscheidungswichtigen Punkten unzulänglich geblieben, liegt Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor (Verfassungsgerichtshof , Slg. 2416) - war spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid der Gemeindevorstehung der Ortsgemeinde X war daher aufzuheben. Vor Erlassung des Ersatzbescheides ist jedoch eine ergänzende Prüfung in folgenden Punkten durchzuführen:

1. Berechnung der Getränkesteuer auf Grund einer gewogenen Aufschlagsberechnung bzw. einer gewogenen Mengenberechnung.

2. Im Falle der Berechnung der Getränkesteuer auf Grund einer gewogenen Aufschlagsberechnung ist auf das Erlösverhältnis zwischen Knappenkeller und Restaurant Rücksicht zu nehmen.

3. Neue Ermittlungen hinsichtlich des Kaffeeverkaufes sowie der Erlösbonierung.

Sollten sich im Zuge der nachträglichen Überprüfung neue Gesichtspunkte ergeben, wären vor Erlassung des neuen Bescheides die Steuerpflichtigen gemäß § 143 Abs. 4 LAO Gelegenheit zu geben, zu den durchgeführten Beweisen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu äußern."

Im fortgesetzten Berufungsverfahren erfolgte eine neuerliche Schätzung.

Mit Bescheid der Gemeindevorstehung der Gemeinde X vom wurde der erstinstanzliche Abgabenbescheid dahingehend abgeändert, daß die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer für den Zeitraum vom bis S 16,220.730,-- beträgt; die daraus sich ergebende Getränkesteuer wurde mit S 1,622.073,-- festgesetzt und eine Getränkesteuernachzahlung in der Höhe von S 268.356,-- vorgeschrieben.

Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die Salzburger Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, daß der in Rechtskraft erwachsene Vorstellungsbescheid vom im Grundsätzlichen die gewählte Vorgangsweise der Gemeindebehörden, insbesondere deren Schätzungsbefugnis bei der Festsetzung der Getränkesteuer bestätigt habe. Soweit die Vorstellungswerber die Vornahme der Prüfung und deren Berechtigung grundsätzlich bekämpften, sei auf die Bindungswirkung dieses rechtskräftigen Vorstellungsbescheides Bedacht zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Ihrem gesamten Vorbringen nach erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, daß ihnen gegenüber ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen keine Abgabenschuldigkeit mit Bescheid festgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist auf den Beschwerdeeinwand einzugehen, wonach entgegen "den eindeutigen diesbezüglichen Zustellungsvorschriften der Salzburger Landesabgabenordnung" der angefochtene Bescheid nicht dem Steuerberater der Beschwerdeführer als Zustellungsbevollmächtigten zugestellt worden sei; darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid zwar der Erstbeschwerdeführerin, nicht aber dem Zweitbeschwerdeführer zugestellt worden.

Zu diesem Beschwerdeeinwand genügt es darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführer jedenfalls von ihrem Recht gemäß § 26 Abs. 2 VwGG Gebrauch gemacht haben, den gegenüber der mitbeteiligten Gemeinde erlassenen Bescheid innerhalb von sechs Wochen von dem Tag, an dem sie von ihm Kenntnis erlangten, mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anzufechten. Damit haben die Beschwerdeführer aber auf die Geltendmachung des in der Unterlassung der vorschriftsmäßigen Zustellung des Bescheides gelegenen Verfahrensmangels verzichtet (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N. F. Nr. 1489/A).

In der Beschwerde wird ganz allgemein vorgebracht, die Gemeinde X sei gar nicht berechtigt, Getränkesteuern vorzuschreiben und einzufordern. Die Gemeinde X sei ermächtigt, vom Verbrauch von Getränken eine Abgabe einzuheben. Dazu sei allerdings ein ordnungsgemäßer Beschluß der Gemeindevertretung notwendig. Ein solcher Beschluß der Gemeindevertretung der Gemeinde X sei jedoch niemals ordnungsgemäß gefaßt oder gar kundgemacht worden. Zu diesem Vorbringen ist auf die Getränkesteuerverordnung der Gemeinde X vom hinzuweisen. Nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten liegt dieser - für die Streitjahre geltenden - Verordnung ein nicht als rechtswidrig zu erkennender Beschluß der Gemeindevertretung der Gemeinde X zugrunde (Auszug aus der Verhandlungsschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung am ) und es wurde diese auch durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom bis öffentlich kundgemacht.

In der Beschwerde wird die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde gemäß § 144 Sbg. LAO bestritten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Bindung an die Begründung eines kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheides nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Nur dann, wenn die Aufsichtsbehörde einen die AUFHEBUNG tragenden Grund anders beurteilt hat als der Vorstellungswerber, ist er berechtigt und zur Wahrung seines Rechtsstandpunktes genötigt, diesen Bescheid anzufechten, obwohl dem Spruch nach festgestellt wurde, daß der Vorstellungswerber in seinen Rechten verletzt worden ist. Die Bindung erstreckt sich also nur auf den Teil der Begründung, der die Aufhebung trägt, wobei es einer AUSDRÜCKLICH geäußerten Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde bedarf. Zu dem die Aufhebung tragenden Teil der Begründung gehören über den dort angeführten Aufhebungsgrund hinaus auch sonstige Ausführungen in der Begründung eines Vorstellungsbescheides, wenn sie eine Rechtsvoraussetzung für die Aufhebung bilden. Eine Rechtsvoraussetzung für die Aufhebung stellen einen Aufhebungsgrund nicht anführende Teile der Begründung eines kassatorischen Vorstellungsbescheides nur dann dar, wenn erst unter Berücksichtigung dieser Teile der Begründung ein Aufhebungsgrund dargelegt erschiene, mit anderen Worten der im Bescheid angeführte Aufhebungsgrund für sich allein die Aufhebung nicht zu tragen imstande wäre (vgl. die

hg. Beschlüsse vom , Zlen. 90/17/0035, 0037, und vom , Zl. 88/17/0060).

Wie sich aus den in der Sachverhaltsdarstellung wörtlich wiedergegebenen Begründungsdarlegungen des kassatorischen Vorstellungsbescheides vom ergibt, wird die Aufhebung allein darauf gestützt, daß die Schätzungsgrundlagen nicht in einem einwandfreien Verfahren ermittelt worden seien und daß der Schätzungsvorgang nicht schlüssig gewesen sei. Eine Aussage über die Befugnis der Abgabenbehörden an sich, im konkreten Fall die getränkesteuerpflichtigen Umsätze zu schätzen, scheint im genannten Vorstellungsbescheid als Begründungselement nicht auf. Da die Schätzungsgrundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden müssen und der Schätzungsvorgang schlüssig sein muß (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 575/72 und die dort angegebene weitere hg. Rechtsprechung), vermögen aber auch diesbezügliche Verfahrensmängel für sich allein die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpft gewesenen Bescheides zu tragen. Auch wenn sich die Vorstellungsbehörde - als ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht - mit der Frage der Zulässigkeit der Schätzung auseinandergesetzt hätte, hätte es daher eines Rückgriffes auf ein derartiges Begründungselement gar nicht bedurft.

Wie auch nun in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, hatten die Beschwerdeführer schon in ihrer Vorstellung an die belangte Behörde sowohl Schätzungsberechtigung wie auch Schätzungsergebnis aus mehreren Gründen bestritten. So haben die Beschwerdeführer in ihrer Vorstellung vom hinsichtlich der Schätzungsberechtigung geltend gemacht, daß die von den Getränkesteuerprüfern behaupteten Mängel, soweit sie nicht im Zuge des gegenständlichen Verfahrens auf Grund der Schriftsätze widerlegt worden seien, mehr oder weniger nicht ins Gewicht fallende Formfehler darstellten, die die materielle Richtigkeit der Buchhaltung nicht in Frage stellen könnten. Der auf "unrichtigen Fiktionen" aufgebaute Bescheid (des Gemeindevorstandes der Gemeinde X vom ) erweise sich somit als unrichtig. Eine Hinzurechnung angeblich nicht erfaßter Erlöse komme bereits dem Grunde nach nicht in Betracht.

Die belangte Behörde war daher gehalten, in der Begründung ihres diese Vorstellung abweisenden Bescheides jene Tatsachen festzustellen, aus denen sich (auch) das Bestehen der Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde ergab. Sie hat die ihr zur Pflicht gemachten Tatsachenfeststellungen jedoch nicht getroffen, sondern sich in ihrer Bescheidbegründung in Verkennung der Rechtslage darauf beschränkt, die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde auf die Bindungswirkung des Vorstellungsbescheides vom zu stützen.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Der im Gesetz vorgesehene Schriftsatzaufwand ist eine Pauschalsumme, mit der der gesamte mit der Einbringung der Beschwerde anfallende Aufwand als abgegolten zu gelten hat; das als Streitgenossenzuschlag geltend gemachte Mehrbegehren war daher abzuweisen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft weiters nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand: An Stempelgebührenersatz waren für die Beschwerde (dreifach) S 360,-- und für den angefochtenen Bescheid (einfach) S 90,-- zuzusprechen.

Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.