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VwGH vom 18.09.1992, 87/17/0124

VwGH vom 18.09.1992, 87/17/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des L S in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Ge-56.063/16-1985/Rei/Kai, betreffend Rückforderung entrichteter Müllabfuhrgebühren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Ottenschlag i.M., vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit durch ihn Punkt 3 des Spruches des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde Ottenschlag i.M. aufrecht erhalten wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom u. a. den Antrag auf Rückerstattung der seit bezahlten Müllabfuhrgebühren. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß der Beschwerdeführer seit dem Inkrafttreten der Müllabfuhrordnung der mitbeteiligten Gemeinde die Müllabfuhrgebühr bezahle. Da sich die Gemeinde jedoch bisher geweigert habe, den Müll auch tatsächlich von seinem Grundstück abzuholen, stehe der vom Beschwerdeführer bezahlten Gebühr keine Gegenleistung der Gemeinde gegenüber.

Da der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde u.a. über diesen Antrag nicht innerhalb der 6-monatigen Frist entschied, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom einen Devolutionsantrag des Inhalts, der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde möge über seine Anträge vom entscheiden.

Mit Bescheid vom erließ der Gemeinderat der Gemeinde Ottenschlag i.M. über die Anträge des Beschwerdeführers folgenden Bescheid:

"1. Gemäß § 12 Abs. 3 O.ö. Abfallgesetz, LGBl. 1/1975, in Verbindung mit § 7 Abs. 4 Müllabfuhrordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ottenschlag i.M. vom wird Ihrem Antrag vom entsprechend der Ort der Aufstellung des Müllbehälters auf Ihrem Grundstück nn1 KG O in der Weise festgesetzt, daß der Müllbehälter am nordöstlichen Eck des Grundstückes, das auf den öffentlichen Weg Grundstück Nr. nn2 KG O trifft, aufzustellen ist.

2. Gemäß § 4 Abs. 2 O.ö. Abfallgesetz in Verbindung mit § 7 Abs. 4 Müllabfuhrordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ottenschlag vom wird Ihr Antrag im Schreiben vom , den auf Ihrem Grundstück Nr. nn1 KG O anfallenden Müll von diesem Grundstück abzuholen, abgewiesen; gleichzeitig werden Sie auf Grund des § 7 Abs. 4 der genannten Müllabfuhrordnung verpflichtet, den Müllbehälter an den Rand der O-Gemeindestraße beim Haus O Nr. 14 zu bringen und soweit kein Müllsack verwendet wird, diesen Müllbehälter nach erfolgter Entleerung ehestens wieder auf den Aufstellungsort auf Ihrem Grundstück nn1 KG O zurückzubringen.

3. Auf Grund des § 1 Abs. 3 der Müllabfuhr-Gebührenordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ottenschlag i.M. vom in Verbindung mit § 2 der Müllabfuhrordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ottenschlag i.M. vom wird Ihr Antrag im Schreiben vom , die von Ihnen bezahlten Müllabfuhrgebühren zurückzuzahlen, abgewiesen."

Der Beschwerdeführer hat den Punkt 1 in seiner Vorstellung an die belangte Behörde nicht bekämpft. Zu Punkt 2 des Bescheides erging bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/01/0047. Das gegenständliche Erkenntnis bezieht sich somit ausschließlich auf den Abspruch zu Punkt 3.

In der Begründung zu diesem Abspruch des gemeindebehördlichen Bescheides wird festgestellt, daß gemäß § 1 Abs. 3 der Müllabfuhr-Gebührenordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom die Müllabfuhr (erg.: -gebühr) ab dem Zeitpunkt zu entrichten sei, in dem das Grundstück in die Müllabfuhr einbezogen werde. Es sei hinlänglich nachgewiesen, daß das in Frage stehende Grundstück in die Müllabfuhr einbezogen sei, und zwar jedenfalls für jene Zeiträume ab dem Jahr 1978, für die der Beschwerdeführer eine Müllabfuhrgebühr entrichtet habe. Die Vorschreibung der Müllabfuhrgebühren sei im Grunde der genannten Müllabfuhr-Gebührenordnung und der Müllabfuhrordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde zu Recht erfolgt. Es habe daher der Antrag auf Rückzahlung der Müllabfuhrgebühren abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer hinsichtlich der Absprüche zu Punkt 2 und 3 Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers ab. Soweit durch diesen Abspruch Punkt 3 des Spruches des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde aufrecht erhalten wurde, heißt es in der Begründung des angefochtenen Vorstellungsbescheides, das Begehren auf Rückerstattung sei untrennbar mit der Rechtmäßigkeit des 2. Punktes des Bescheides vom verbunden. Da vom Vorstellungswerber weitere Gründe nicht vorgebracht würden, sei dieser Antrag unbegründet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Soweit durch den angefochtenen Bescheid Punkt 3 des Spruches des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde aufrecht erhalten wurde, erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Rückerstattung bezahlter Müllabfuhrgebühren verletzt. Der Beschwerdeführer bringt dazu u.a. vor, die belangte Behörde und die Gemeindebehörden hätten keinerlei Feststellungen getroffen, ob und in welchem Zeitraum vom Beschwerdeführer Müllabfuhrgebühren entrichtet worden seien und ob der Müll von seinem Grundstück tatsächlich abgeholt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 185 Abs. 1 O.ö. LAO bestimmt:

"(1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet, abgeführt oder zwangsweise eingebracht, so ist der zu Unrecht entrichtete Betrag auf Antrag zurückzuzahlen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0242, näher dargelegt hat, sollte durch die Rückforderungstatbestände des § 185 Abs. 1 O.ö. LAO keineswegs ein die Bindungswirkung von Abgabenfestsetzungen ganz allgemein durchbrechender Rechtsbehelf zwecks nochmaliger Aufrollung der Frage der Gesetzmäßigkeit der Abgabenfestsetzung als solcher geschaffen werden. Für alle Rückforderungstatbestände des § 185 Abs. 1 O.ö. LAO gilt, daß die Unrechtmäßigkeit von Abgabenfestsetzungen auf dem hiefür vorgesehenen Weg bekämpft werden muß. § 185 Abs. 1 O.ö. LAO betrifft nicht unrichtig bemessene Abgaben, sondern bloß zu Unrecht entrichtete Abgaben. Von einem zu Unrecht entrichteten Betrag im Sinne der oben dargestellten Bestimmung kann nicht gesprochen werden, wenn das behauptete Unrecht in einem Bescheid wurzelt, den der Abgabepflichtige nicht bzw. nicht erfolgreich bekämpft hat. § 185 Abs. 1 O.ö. LAO kann nicht so verstanden werden, daß damit normative Wirkungen eines rechtskräftigen, wenn auch möglicherweise nicht rechtsrichtigen Bescheides wiederum beseitigt werden könnten.

Bei der Erledigung des vorliegenden Rückerstattungsbegehrens war daher - zunächst - zu prüfen, ob (bzw. in welchem Umfang) die Bindungswirkung einer (rechtskräftig) erfolgten Abgabenfestsetzung dem Rückerstattungsbegehren entgegenstand.

Nun deutet zwar die Formulierung im gemeindebehördlichen Bescheid "die Vorschreibung der Müllabfuhrgebühr erfolgte ... zu Recht" auf eine derartige Festsetzung hin. Eine nähere Begründung enthält der gemeindebehördliche Bescheid jedoch nicht. Auch die Aktenlage zeigt keinen Hinweis darauf, daß ein dahingehendes Ermittlungsverfahren stattgefunden habe; es blieb vielmehr ungeklärt, ob und wie diese "Vorschreibung der Müllabfuhrgebühr" erfolgt sein soll.

Auch für das Verfahren über Rückerstattungsbegehren gilt die Bestimmung des § 89 Abs. 1 O.ö. LAO, wonach die Abgabenbehörde die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von AMTS WEGEN die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln haben, die für die Abgabepflicht und die Verwaltung der Abgaben wesentlich sind (vgl. dazu auch das zur WAO ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0066).

In diesem Sinn kommt daher dem Beschwerdeeinwand, über die entrichteten Müllabfuhrengebühren seien keine Feststellungen getroffen worden, im Ergebnis Berechtigung zu.

Da die belangte Behörde nicht schon diese der Gemeindebehörde unterlaufenen Feststellungsmängel zum Anlaß einer Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde hinsichtlich des Abspruches über das Rückerstattungsbegehren nahm, hat sie ihren Bescheid ihrerseits mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid mußte daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Da bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/01/0047, ein Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer erfolgte, entfällt ein dahingehender Ausspruch.