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VwGH vom 28.06.2001, 2000/11/0084

VwGH vom 28.06.2001, 2000/11/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 65 - 8/14/2000, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung und Ausfolgung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G entzogen wurde, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nachdem der Kraftfahrbehörde erster Instanz (Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt) bekannt geworden war, dass der Beschwerdeführer des sexuellen Missbrauches von Unmündigen verdächtigt wird, ersuchte sie am die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich um die Übersendung einer Aktenabschrift über die bisherigen Erhebungen. Ihr wurden hierauf per Fax u.a. der Bericht der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom und die Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wels vom übersandt, in der der Beschwerdeführer der Verbrechen bzw. Vergehen nach §§ 207, 208, 209 und 106 StGB verdächtigt wird. Aus den der Erstbehörde übersandten Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines Haftbefehles des Landesgerichtes Wels vom am in Haft genommen wurde.

Mit Mandatsbescheid vom entzog die Erstbehörde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G und sprach gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. aus, dass dem Beschwerdeführer für die Zeit von vier Jahren ab Zustellung des Bescheides, ohne Einrechnung von Haftzeiten, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.

Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die (im Devolutionsweg zuständig gewordene) belangte Behörde mit Bescheid vom keine Folge.

Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom Folge und sprach in Abänderung des Vorstellungsbescheides aus, dass der Mandatsbescheid vom wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG aufgehoben werde. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien vertrat in der Begründung dieses Bescheides die Auffassung, der Beschwerdeführer habe im Hinblick auf die über ihn verhängte Untersuchungshaft, die für die Dauer der Tatbegehungsgefahr aufrecht zu erhalten gewesen sei, keine Möglichkeit gehabt, ein Kraftfahrzeug zu lenken, weshalb keine Gefahr im Verzug gemäß § 57 Abs. 1 AVG vorgelegen sei.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Ausfolgung des Führerscheines.

Mit Bescheid der Erstbehörde vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, dass ihm für die Dauer von vier Jahren ab Zustellung dieses Bescheides, ohne Einrechnung von Haftzeiten, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe (Spruchpunkt 1.). Sein Antrag vom auf Ausfolgung des Führerscheines wurde gemäß § 3 Abs. 2 Führerscheingesetz - FSG abgewiesen (Spruchpunkt 2.). Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom "der Verbrechen nach § 105 Abs. 1, § 207 Abs. 1 und § 209 StGB" für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden sei. Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung sei mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom keine Folge gegeben worden. Das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen nach § 207 Abs. 1 StGB (Unzucht mit Unmündigen) stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 KFG 1967 dar. Der zwischen der Tatbegehung und der Erlassung des Bescheides verstrichenen Zeit komme bei der Festsetzung der Dauer, für die dem Beschwerdeführer keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe, keine Bedeutung zu, weil sich der Beschwerdeführer seit in Haft befunden und somit keine Gelegenheit gehabt habe, sein Wohlverhalten unter Beweis zu stellten. Der Antrag auf Ausfolgung der "Lenkerberechtigung" sei abzuweisen, weil gemäß § 3 Abs. 2 FSG Personen, denen eine Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen worden sei, vor Ablauf der Entziehungszeit keine Lenkberechtigung erteilt werden dürfe.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Entziehungszeit am begonnen habe und am ende, wobei jedoch Zeiten der Haft in diese Frist nicht einzurechnen seien.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach der Übergangsregelung des § 41 FSG sei das bereits vor Inkrafttreten des FSG () anhängig gewordene Entziehungsverfahren nach den Vorschriften des KFG 1967 fortzuführen und abzuschließen gewesen. Gemäß § 66 Abs. 2 lit. c (richtig: lit. b) KFG 1967 gelten u.a. strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 StGB als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 1 leg. cit. Der Beschwerdeführer sei rechtskräftig schuldig erkannt worden, (zu nicht näher bekannten Zeitpunkten) zwischen Sommer 1996 und Anfang Juli 1997 die Verbrechen der Unzucht mit unmündigen Personen und der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren begangen zu haben und die Opfer seiner Delikte in der Folge durch Drohung mit Freiheitsentzug bzw. Einweisung in Heime zum Schweigen über diese Vorfälle genötigt zu haben. Auf Grund der Bindungswirkung der rechtskräftigen Urteile sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer diese Taten begangen habe.

Das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen nach § 207 Abs. 1 StGB (Unzucht mit Unmündigen) stelle eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 KFG 1967 dar. Derartige Delikte gehörten zu den am meisten verpönten und verwerflichen Tathandlungen. Das Verhalten des Beschwerdeführers zeige eine sich über alle sittlichen Wertvorstellungen hinwegsetzende Sinnesart, die der von einem Kfz-Lenker geforderten Einstellung zuwiderlaufe. Als besonders verwerflich sei zu werten, dass die Taten über einen längeren Zeitraum und an mehreren Unmündigen begangen worden seien. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers sei auf eine Neigung zur Begehung von Sittlichkeitsdelikten zu schließen. Es liege auf der Hand, dass die Begehung von Sittlichkeitsdelikten durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erheblich begünstigt oder erleichtert werde. Der Beschwerdeführer müsse auch jetzt noch als verkehrsunzuverlässig angesehen werden. Die Überwindung der von ihm gezeigten Sinnesart zur Begehung schwerer strafbarer Handlungen und damit die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit könne erst nach einem längeren Wohlverhalten angenommen werden. Bei der Festsetzung der Entziehungsdauer seien die für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Umstände, nämlich das Fehlen einschlägiger Vorstrafen einerseits und der lange Tatzeitraum und die Mehrzahl der Opfer und Tathandlungen andererseits, berücksichtigt worden. Das Verhalten des Beschwerdeführers zeige, "dass der Täter eine Zeit hindurch geradezu gewohnheitsmäßig gegen Strafnormen des StGB verstoßen hat (vgl. Erkenntnis des Zl. 85/02/0206)".

Die Abweisung des Antrages auf Ausfolgung des Führerscheines sei im Hinblick auf die gleichzeitig ausgesprochene Entziehung der Lenkerberechtigung zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer hat dazu eine Äußerung gemäß § 36 Abs. 8

zweiter Satz VwGG erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG sind die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängigen Verfahrens auf Grund der §§ 64 bis 77 KFG 1967 nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Gemäß § 43 Abs. 1 FSG ist dieses Bundesgesetz (abgesehen von im Beschwerdefall unbeachtlichen Ausnahmen) mit in Kraft getreten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung mit dem ersten Verfahrensschritt, den die Kraftfahrbehörde setzt, um die Voraussetzungen für die Entziehung zu prüfen, anhängig (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/11/0132, vom , Zl. 98/11/0096, und vom , Zl. 98/11/0192). Das Entziehungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wurde mit dem Ersuchen der Kraftfahrbehörde erster Instanz vom an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich um Übersendung von Ermittlungsakten anhängig. Die Auffassung des Beschwerdeführers, im Hinblick darauf, dass gemäß § 57 Abs. 1 AVG ein Mandatsbescheid ohne vorausgegangenes Verfahren erlassen werde, sei durch die Aufhebung des Mandatsbescheides vom durch den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom das Verfahren in ein Stadium zurückgetreten, in dem ein Verfahren "schon denklogisch" noch gar nicht stattgefunden haben könne, ist schon deshalb verfehlt, weil § 57 Abs. 1 AVG nicht ausschließt, dass einem Mandatsbescheid Ermittlungen der Behörde vorausgegangen sind. Auch nach (teilweiser) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens kann demnach ein Mandatsbescheid erlassen werden (siehe dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), unter E. Nr. 3 und 4 zu § 57 AVG zitierte hg. Rechtsprechung). Die Aufhebung des Mandatsbescheides ändert somit nichts an der Anhängigkeit des Entziehungsverfahrens. Die Kraftfahrbehörde hatte daher nach der Aufhebung des Mandatsbescheides entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kein neues Entziehungsverfahren einzuleiten, sondern das anhängige (nach der Rechtslage auf Grund des KFG 1967) zu Ende zu führen.

Damit ist auch den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, der Entziehungsbescheid vom sei mangels Zustellung an den Beschwerdeführer nicht wirksam erlassen worden, weil sich die Vertretungs- und Zustellvollmacht seines Vertreters (des nunmehrigen Beschwerdevertreters) auf das mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom beendete Entziehungsverfahren, nicht aber auf ein noch gar nicht anhängiges erstreckt habe, die Grundlage entzogen.

Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des KFG 1967 lauten wie folgt:

"Verkehrszuverlässigkeit

§ 66. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) angenommen werden muss, dass sie auf Grund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe

a) die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

b) sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

b) eine strafbare Handlung gemäß den §§ 201 bis 207 StGB begangen hat,

...

(3) Für die Wertung der im Abs. 1 angeführten Tatsachen sind bei strafbaren Handlungen ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend;

...

...

Entziehung der Lenkerberechtigung

§ 73. (1) Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig, nicht mehr geistig oder körperlich geeignet oder nicht mehr fachlich befähigt sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken, ist die Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen zu entziehen oder durch Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit einzuschränken; dies gilt auch sinngemäß, wenn die geistige und körperliche Eignung nicht mehr in vollem Umfang gegeben ist oder nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und Nachuntersuchungen erforderlich sind.

(2) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Diese Zeit ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen und darf bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, unbeschadet des Abs. 3 nicht kürzer als drei Monate sein. Bei der Entziehung nach § 75 Abs. 2b ist die Zeit mit drei Monaten festzusetzen.

...

Verfahren bei der Entziehung der Lenkerberechtigung

§ 75.

...

(4) Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides ist der über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

..."

Die belangte Behörde hatte auf Grund der Bindung an die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen, derentwegen er schuldig erkannt wurde, begangen hat. Das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen nach § 207 Abs. 1 StGB ist zufolge § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 eine bestimmte Tatsache gemäß Abs. 1. Im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. vorzunehmenden Wertung hat die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Verwerflichkeit der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers mit Recht zu seinen Lasten ins Treffen geführt, dass er durch einen längeren Zeitraum hindurch wiederholte Tathandlungen gesetzt hat und dass davon mehrere Unmündige betroffen waren. Unter Berücksichtigung der Verwerflichkeit der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Auffassung gelangt ist, der Beschwerdeführer sei als verkehrsunzuverlässig im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 anzusehen. Die seit der letzten Tathandlung (Mitte 1997) bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides verstrichene Zeit von ca. zweieinhalb Jahren fällt bei der Wertung nicht entscheidend zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, weil sich der Beschwerdeführer in dieser Zeit nahezu durchgehend in Haft (Untersuchungshaft und Strafhaft) befunden hat. Sein Wohlverhalten in der Haft lässt noch nicht die Annahme zu, er habe seine aus der wiederholten Tatbegehung erschließbare Neigung zur Begehung von schweren strafbaren Handlungen bereits überwunden.

Sittlichkeitsdelikte der in Rede stehenden Art zählen zu den strafbaren Handlungen, deren Begehung durch die Benützung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert wird (vgl. dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/11/0178, vom , Zl. 97/11/0143, und vom , Zl. 97/11/0163). Der Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit steht daher nicht die Tatsache entgegen, dass der Beschwerdeführer bei Begehung der strafbaren Handlungen kein Kraftfahrzeug verwendet hat.

Bei der Festsetzung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 hat die Behörde eine Prognose anzustellen, wann der Betreffende die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen werde. Auch für diese Prognose sind die in § 66 Abs. 3 KFG 1967 genannten Wertungskriterien maßgebend (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/11/0125, und vom , Zl. 96/11/0327).

Der Entscheidung der belangten Behörde liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer werde frühestens am , also rund sechseinhalb Jahre seit den letzten Tathandlungen, die Verkehrszuverlässigkeit (im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967) wiedererlangen. Diese Prognose erweist sich als unrichtig. Wenn auch der Beschwerdeführer während der Haft sein Wohlverhalten nicht unter den Bedingungen der Freiheit zeigen konnte und daher aus seinem Wohlverhalten - wie oben bereits dargelegt wurde - noch nicht der Schluss gezogen werden konnte, er sei bereits zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides wieder als verkehrszuverlässig anzusehen, kann die von den Straftaten bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeit von ca. zweieinhalb Jahren bei der Prognose nicht völlig außer Acht gelassen werden. Berücksichtigt man weiters, dass der Beschwerdeführer unbescholten war und im Zusammenhang mit den Straftaten auch kein Kraftfahrzeug verwendet hat - die Verwendung eines Kraftfahrzeuges bei der Straftat ist zwar, wie oben bereits dargelegt wurde, nicht Voraussetzung für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967, sie ist jedoch bei der Wertung und der nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 anzustellenden Prognose zum Nachteil des Betreffenden zu berücksichtigen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/11/0263) -, muss (Wohlverhalten vorausgesetzt) mit einem wesentlich früheren Eintritt der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gerechnet werden. Die - wie sich aus Seite 36 der Ausfertigung des Urteils des Landesgerichtes Wels vom ergibt - für die Strafbemessung wesentlichen Erwägungen generalpräventiver Art sind für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung, weil die Entziehung der Lenkerberechtigung keine Strafe darstellt, die u.a. dazu dient, andere Personen von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten, sondern eine administrative Maßnahme ist, die nur den Zweck verfolgt, verkehrsunzuverlässige Personen für die Dauer ihrer Verkehrsunzuverlässigkeit von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Kraftfahrzeuglenker auszuschließen (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/11/0076, und vom , Zl. 97/11/0250, weiters das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 15.431).

Die belangte Behörde führt im Zusammenhang mit der Festsetzung der Entziehungszeit aus, der Beschwerdeführer habe "eine Zeit hindurch geradezu gewohnheitsmäßig gegen Strafnormen des StGB verstoßen", und zitiert in diesem Zusammenhang ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 85/02/0206. Auch diese Ausführungen bilden keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungszeit. Die wiederholte Tatbegehung wurde ohnedies zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigt. Die Annahme der "gewohnheitsmäßigen" Begehung von Straftaten findet in den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde keine Grundlage. Das Judikaturzitat ist offensichtlich unrichtig. Das Erkenntnis zu der genannten Zahl stammt nicht vom sondern vom , betrifft eine Verwaltungsstrafsache nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 und enthält keine Aussage, welche die Ansicht der belangten Behörde stützen könnte.

Die Abweisung des Antrages auf Ausfolgung des Führerscheines erfolgte zu Recht, weil dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wegen Verkehrsunzuverlässigkeit wirksam entzogen wurde. Die Zitierung des § 3 Abs. 2 FSG als Grund für die Abweisung des Ausfolgungsantrages war zwar verfehlt, weil es dem Beschwerdeführer mit diesem Antrag nicht um die (Wieder)Erteilung einer Lenkberechtigung sondern um die Ausfolgung des Führerscheines ging, doch wurden damit Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt, weil eine Ausfolgung des Führerscheines auf Grund der Entziehung der dem Führerschein zu Grunde liegenden Lenkerberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit nicht in Betracht kam. Dies folgt u. a. aus § 75 Abs. 4 KFG 1967, wonach der Führerschein nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern ist.

Der Beschwerdeführer behauptet, der angefochtene Bescheid verstoße gegen Gemeinschaftsrecht. Auf Grund der Richtlinie des Rates vom über den Führerschein (91/439/EWG) seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum einen EUeinheitlichen Führerschein zu schaffen und die Erteilungsvoraussetzungen für die Lenkerberechtigung zu vereinheitlichen. Eine Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Fehlens der Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Abs. 2 lit. b KFG 1967 sei in allen übrigen Mitgliedstaaten nicht vorgesehen. Die Entziehung der Lenkerberechtigung stelle zudem eine offensichtliche Behinderung der in den Art. 43 und 49 EG-Vertrag normierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass mit der vom Beschwerdeführer genannten Richtlinie die Vereinheitlichung des Führerscheines in den Mitgliedstaaten mit dem Ziel der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine in allen Mitgliedstaaten und der Vermeidung der Notwendigkeit des Umtausches des Führerscheines bei der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat angestrebt wird. Dazu werden die Fahrzeugklassen vereinheitlicht und Mindestvoraussetzungen für die Ausstellung des Führerscheines festgelegt. Eine Vereinheitlichung der Bestimmungen über "den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis" sieht die Richtlinie nicht vor. Aus dem letzten Satz ihrer Präambel und aus Art. 8 Abs. 2 der genannten Richtlinie geht vielmehr hervor, dass für diese Maßnahmen die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften maßgebend sind. Die mit der Entziehung einer Lenkerberechtigung regelmäßig verbundene Einschränkung der Mobilität stellt keine diskriminierende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit dar. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang damit argumentiert, die anderen Mitgliedstaaten müssten das im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verbot der Ausstellung einer neuen Lenkerberechtigung für die Dauer von vier Jahren beachten, ist nicht zu erkennen, woraus sich eine derartige Verpflichtung ableiten ließe. Die genannte Richtlinie enthält eine solche Verpflichtung jedenfalls nicht.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Äußerung zur Gegenschrift schließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 geltend, weil diese Bestimmung nicht auf Grund des Kompetenztatbestandes "Straßenpolizei" gemäß Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG sondern auf Grund des Kompetenztatbestandes "Kraftfahrwesen" gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG erlassen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht. Der Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes alle Angelegenheiten, die das Kraftfahrzeug und seinen Lenker betreffen (siehe dazu u. a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11.493, mwN). Regelungen über die Erteilung, Entziehung oder Einschränkung einer Lenkerberechtigung für ein Kraftfahrzeug finden demnach ihre Grundlage in diesem Kompetenztatbestand.

Da - wie oben dargelegt wurde - die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Prognose betreffend den Zeitpunkt des Wiedereintrittes der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers verfehlt ist, ist der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch betreffend die Entziehung der Lenkerberechtigung inhaltlich rechtswidrig. Er war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Ersatz für Schriftsatzaufwand für die Beschwerde gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Abschnitt A Z. 1 der genannten Verordnung nur in der Höhe von S 12.500,-- (und nicht wie verzeichnet S 25.000,--) gebührt.

Wien, am