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VwGH 10.03.1988, 87/16/0121

VwGH 10.03.1988, 87/16/0121

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
GGG 1984 §7 Abs4;
RS 1
Die Zahlungspflicht zur ungeteilten Hand nach § 7 Abs 4 GGG bedeutet, daß der Betrag - wenn überhaupt - nur einmal geschuldet wird, dem Bund gegenüber jedoch mehrere Personen für den vollen Betrag haften.
Normen
BGBlG §2;
B-VG Art49 Abs1;
Grundbuchsvorschrift;
RS 2
Die Grundbuchsvorschrift stellt schon mangels Kundmachung im BGBl keine für den VwGH verbindliche Rechtsquelle dar.
Normen
GGG 1984 TP9 C lita;
GUG 1980 §12 Abs4;
RS 3
Eine bloße Mitteilung der neuen Anschrift mit der Bitte um Kenntnisnahme kann nicht als Eingabe um Eintragung in das Grundbuch iSd TP 9 C lit a des gemäß § 1 Abs 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs gewertet werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des Dr. GH, rechtskundiger Landesregierungsrat in X, S-straße 36, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom , Zl. Jv 2299-33/87, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Am war beim Bezirksgericht Linz-Land folgender Schriftsatz des Beschwerdeführers und der CH eingelangt:

"Anschrift-Änderung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Hinsichtlich des Grundstückes 1410/35 der EZ. 3354 der KG X ist für Dr. GH, geb. am 19.10. …., sowie für CH, geb. am 19.2. …., beide ehemals wohnhaft in L, je zur Hälfte das Eigentumsrecht einverleibt.

Unsere neue Wohnanschrift lautet: X, S-straße 36.

Wir ersuchen um entsprechende Kenntnisnahme.

Mit freundlichen Grüßen ..."

Diesen Schriftsatz hatte das BG als Antrag gewertet, auf Grund dessen mit Beschluß vom die "Eintragung" der neuen Anschrift bewilligt und am in dem betreffenden Grundbuch vollzogen.

Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des BG vom wurden der Beschwerdeführer und CH als Zahlungspflichtige zur ungeteilten Hand aufgefordert, für den zitierten Schriftsatz auf Grund der TP 9 C. lit. a) des gemäß § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs Eingabengebühr (S 270,--) zuzüglich eines Mehrbetrages nach § 31 Abs. 1 lit. a) GGG (S 135,--) und der Einhebungsgebühr gemäß § 6 dritter Satz GEG 1962 (S 20,--, insgesamt daher S 425,--) einzuzahlen.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes Linz dem gegen diesen Zahlungsauftrag rechtzeitig eingebrachten Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers und der CH nicht statt, und zwar im wesentlichen unter Berufung auf die Bestimmungen des § 13 des Dienstbuches für die Führung der öffentlichen Bücher (Grundbuchsvorschrift, in der Folge: GV), des § 8 Abs. 2 des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1930 (in der Folge: AllgGAG), des § 448 Abs. 1 und 2 der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz, BGBl. Nr. 264/1951 (in der Folge: Geo), des § 1 Abs. 1 und des § 2 Z. 2 GGG und der oben zitierten TP.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Präsident des Landesgerichtes Linz legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Bei Eingabengebühren wird auf Grund des § 2 Z. 2 GGG der Anspruch des Bundes auf die Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 GGG sind u.a. bei Eingaben die einschreitenden Parteien zahlungspflichtig. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung desselben Gebührenbetrages zwei oder mehrere Personen, so sind sie nach § 7 Abs. 4 GGG zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig. Das heißt, der Betrag wird - wenn überhaupt - nur einmal geschuldet, dem Bund gegenüber haften jedoch mehrere Personen für den vollen Betrag (siehe z. B. Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Wien 1986, S. 13 oben, Anm. 15).

Gemäß TP 9 C. lit. a) des zitierten Tarifs beträgt die Höhe der Gebühren für Eingaben um Eintragung in das Grundbuch ... S 270,--.

Nach der Anm. 1. dieser TP unterliegen der Eintragungsgebühr nach ihr alle Eingaben um Eintragung in das Grundbuch (...). Unter die Gebührenpflicht nach dieser TP fallen auch alle Anträge im Sinn des § 4 LiegTeilG auf Einleitung des Aufforderungsverfahrens, der Antrag des Erstehers nach § 237 EO und die Rechtsmittelschriften gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes.

Auf Grund der Anm. 4. zu dieser TP sind gebührenfrei a) Gesuche um Löschung von Anmerkungen, falls die Löschung von Amts wegen zu bewirken war, b) Anträge auf Berichtigung des Grundbuches nach § 21 Grundbuchsumstellungsgesetz, BGBl. Nr. 550/1980 (in der Folge: GUG).

An dieser Stelle ist zu bemerken, daß die GV, deren § 13 Abs. 2 sich im übrigen ausdrücklich auf § 8 Abs. 2 AllgGAG bezieht, schon mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle darstellt.

Gemäß § 12 Abs. 4 GUG ist bei der Eintragung des Eigentümers und des Bauberechtigten auch deren Anschrift ersichtlich zu machen. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des GUG (334 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XV. GP) ist hinsichtlich dessen § 12 Abs. 4 folgendes zu entnehmen:

"Eine Erweiterung der Eintragungsbestandteile gegenüber dem geltenden Grundbuchsrecht sieht hingegen Abs. 4 vor. Die Anschrift des Grundstückseigentümers wird vor allem in verschiedenen Verwaltungsverfahren benötigt; so haben die Vermessungsämter die Anschrift des Grundstückseigentümers schon bisher im Grundstücksverzeichnis des Katasters ersichtlich gemacht. Auch für die Grundbuchsgerichte wird im Fall nachträglicher amtswegiger Eintragungen die Zustellung an den Eigentümer erleichtert. Mit dem Abs. 4 soll selbstverständlich keine Pflicht des Grundbuchsgerichtes begründet werden, die Anschriften laufend zu überwachen. Ergibt sich jedoch bei späteren grundbücherlichen Amtshandlungen, daß sich die Anschrift geändert hat, ist dieser Umstand von Amts wegen ersichtlich zu machen. Auch steht es dem Eigentümer frei, die Ersichtlichmachung der Änderung seiner Anschrift - etwa unter Vorlage eines Meldezettels - zu beantragen."

Es mag dahingestellt bleiben, ob § 8 Abs. 2 AllgGAG oder - was nach der gerichtsbekannten Erfüllung des Konzeptes des automationsunterstützten Grundbuchs eher anzunehmen ist - § 12 Abs. 4 GUG die im vorliegenden Fall wesentliche Rechtsgrundlage für eine in diese Richtung zielende Eingabe um Eintragung im Grundbuch im Sinn der erwähnten TP ist, weil primär geprüft werden muß, ob der zitierte Schriftsatz des Beschwerdeführers und der CH überhaupt eine solche Eingabe ist oder nicht. Über diese Frage vermag entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung auch § 448 Abs. 1 und 2 Geo, wo "Eingaben und sonstige Schriftstücke" bzw. "Protokolle und Amtsberichte", in denen eine in den Grundbüchern dieses Gerichtes vorzunehmende Eintragung begehrt wird oder deren erste Erledigung zu einer solchen Eintragung führen kann, behandelt werden, keine Auskunft zu geben.

Bedenkt man aber, daß das Antrags- bzw. formelle Konsensprinzip das Grundbuchsgericht grundsätzlich an die Parteianträge bindet (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 87/16/0055), dann kann unter Bedachtnahme darauf, daß es dem Eigentümer freisteht, die Ersichtlichmachung der Änderung seiner Anschrift zu beantragen, (auch unter Berücksichtigung der hier möglichen Ersichtlichmachung von Amts wegen) eine bloße Mitteilung der neuen Anschrift mit der Bitte um Kenntnisnahme zwar als Grundbuchsstück im Sinn des § 448 Abs. 1 Geo ("deren erste Erledigung zu einer solchen Eintragung führen kann"), nicht aber als Eingabe um Eintragung in das Grundbuch im Sinn der zitierten TP gewertet werden.

Auf Grund der vorstehenden Erwägungen ist der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am

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Normen
BGBlG §2;
B-VG Art49 Abs1;
GGG 1984 §7 Abs4;
GGG 1984 TP9 C lita;
Grundbuchsvorschrift;
GUG 1980 §12 Abs4;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1987160121.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAE-35618