VwGH vom 30.04.2003, 2001/03/0183
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter über die Beschwerde des K in Nürnberg, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2000/11/164-4, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.A. Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zur Last gelegt und es wurde über ihn eine Geldstrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer (über die Regierung der Oberpfalz) durch Niederlegung beim Postamt Nürnberg am zugestellt. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die am zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers als verspätet eingebracht zurück. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher diese mit Erkenntnis vom , Zl. 2000/03/0320, als unbegründet abwies.
Am brachte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist ein. Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck diesen Antrag gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG als unbegründet ab.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß §§ 24, 51, 51c und 51e Abs. 2 VStG als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen aus, es stehe fest, dass dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom laut Bericht der Regierung der Oberpfalz durch Niederlegung am rechtmäßig zugestellt worden sei, wobei die Postzustellungsurkunde von der Regierung der Oberpfalz als Nachweis übermittelt worden sei. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er durchgehend vom bis im Ausland aufhältig gewesen sei und ihm eine Benachrichtigung über eine Hinterlegung nicht vorliege. Der Beschwerdeführer sei laut eigenen Angaben innerhalb der Berufungsfrist an die Abgabestelle zurückgekehrt. Es sei für ihn genügend Zeit verblieben, innerhalb der Frist rechtliche Schritte gegen das Straferkenntnis vom einzuleiten. Mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum seien nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte. Dies ergebe schon die Überlegung, dass die rein subjektive Beurteilung einer bestimmten Rechtslage den Beschwerdeführer niemals hindern könne, sich über die Wirkung eines Bescheides vorsorglich bei einem Rechtskundigen zu informieren. Auf den Einwand des Beschwerdeführers bezüglich der beruflichen Abwesenheit sei deshalb nicht genauer einzugehen gewesen, da diese nicht zur Fristversäumung geführt habe. Seine Rückkehr sei innerhalb der Berufungsfrist erfolgt und sei ihm sohin genügend Zeit geblieben, das Rechtsmittel der Berufung zu erheben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Wie bereits im zitierten Erkenntnis vom ausgeführt wurde, ist der Niederlegung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses am Zustellwirkung zugekommen. Insoweit die Beschwerdeausführungen dahin gedeutet werden könnten, die Beschwerde führe zu Gunsten des Wiedereinsetzungsantrages (auch) einen rechtswidrigen Zustellvorgang ins Treffen, ist dies somit nicht nur sachlich verfehlt, sondern könnte ein derartiges Vorbringen darüber hinaus eine Wiedereinsetzung nicht begründen.
Der Beschwerdeführer bringt ferner - wie auch schon in der Berufung - in der Beschwerde neuerlich vor, dass er sich in einem Irrtum über den Beginn des Laufes der Berufungsfrist befunden habe, weil es für ihn nicht einsichtig gewesen sei, dass der Niederlegung des Schriftstückes während seiner Abwesenheit Zustellwirkung zugekommen sei. Er sei der Ansicht gewesen, dass die Zustellung erst "mit dem Tatsächlichinhändenhalten des Bescheides" erfolgt sei. In der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides sei zum Ausdruck gebracht worden, es könne gegen den Bescheid binnen 2 Wochen gerechnet vom Tag der Zustellung an, Berufung eingebracht werden.
Wie der Beschwerdeführer grundsätzlich zu Recht annimmt, kommt als "Ereignis" im Sinn der eben zitierten Vorschrift jegliches Geschehen, ohne Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt, in Betracht (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 45. ff zu § 71 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Auch ein Rechtsirrtum kann ein maßgebliches "Ereignis" darstellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/20/0253, vom , Zl. 99/20/0075, und vom , Zl. 2000/11/0142, sowie die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2000/20/0167, und vom , Zl. 2001/17/0067; insoweit unvollständig die Judikaturdarstellung in Walter/Thienel, aaO., E 114. ff zu § 71 AVG; vgl. aber Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, (1999), Rz 618; s. aus jüngerer Zeit etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/01/0559). Daraus ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers jedoch nichts gewonnen: Im vorliegenden Fall ist das "Ereignis", welches den Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen an der Einhaltung der Berufungsfrist hinderte, in dem Irrtum gelegen, die Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses könne erst dann Wirkungen entfallen, wenn es ihm tatsächlich zugekommen sei. Im Rahmen der ihn als "ordentliche Prozesspartei" treffenden Sorgfaltspflicht (vgl. Walter/Mayer, a. a.O.) hätte ihn nämlich die Obliegenheit getroffen, sich bei geeigneten Stellen diesbezüglich zu erkundigen und sich Gewissheit zu verschaffen, wann der Beginn des Fristenlaufs eingetreten ist. Dass er dies getan hätte, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Der Fall einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung lag im Hinblick auf die zutreffenden und auch nicht missverständlichen diesbezüglichen Angaben im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht vor. Dass der Beschwerdeführer gehindert gewesen oder ihm nicht zumutbar gewesen wäre, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen ist nicht erkennbar.
In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung von Rechtsmittelfristen trifft den Beschwerdeführer ein Verschulden, das den eines minderen Grades des Versehens übersteigt. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung verneinte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das über den Vorlageaufwand hinausgehende Kostenbegehren der belangten Behörde war abzuweisen, weil in dem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz außer einem Hinweis auf den angefochtenen Bescheid kein zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliches sachliches Vorbringen enthalten ist. W i e n , am