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VwGH vom 08.09.1998, 95/08/0019

VwGH vom 08.09.1998, 95/08/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der B in P, vertreten durch Dr. Monika Pitzlberger, Rechtsanwalt in 1096 Wien, Rooseveltplatz 13/2/15, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. IVc 7022/7100 B, VNr. 2485 151163, betreffend Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom gab das Arbeitsamt Mödling dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld gemäß § 26 Abs. 4 lit. d AlVG ab keine Folge. Nach der Begründung habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß ihr Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (laut ihrer Angabe S 2,8 Mill.) die im Jahre 1994 bestehende Geringfügigkeitsgrenze übersteige.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Danach erziele sie aus ihrer selbständigen Tätigkeit keinerlei Einkommen, weshalb dieses auch nicht die Geringfügigkeitsgrenze übersteigen könne. Ihre Einzelfirma habe 1993 so wie in den Folgejahren mit Verlust abgeschlossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Nach der Begründung bestimme der seit Jänner 1994 in abgeänderter Form zur Anwendung gelangende § 26 Abs. 4 lit. d AlVG, daß Mütter Anspruch auf Karenzurlaubsgeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen hätten, die auf andere Art selbständig erwerbstätig seien und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielten, von dem 11,1 % die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteige. Die Beschwerdeführerin habe zu ihrem Umsatz niederschriftlich befragt angegeben, daß dieser im Jahre 1994 voraussichtlich S 2,8 Mill. betragen werde. Aus der vorgelegten Umsatzsteuererklärung für 1991 gehe hervor, daß sich der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze auf einen Betrag von S 2,189.045,94 belaufe. Der Entscheidung des Arbeitsamtes liege folgende Berechnung zugrunde:

S 2,800.000 Mill : 12 x 11,1 % = S 25.666,67 (monatlicher Umsatz).

Dieser Betrag liege bei weitem über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze, die im Jahre 1994 S 3.288,-- betrage. Das Arbeitsamt habe sich in der Begründung seines Bescheides irrtümlicherweise auf das Einkommen gemäß der alten Gesetzeslage bezogen. Aufgrund der neuen Rechtslage sei ab jedoch nicht das Einkommen, sondern der Umsatz eines Wirtschaftsjahres relevant.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluß vom , B 2399/94, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 26 Abs. 3 lit. b AlVG haben Mütter, die selbständig erwerbstätig sind, keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld.

Gemäß § 26 Abs. 4 lit. d AlVG (in der gemäß § 79 Abs. 7 ab anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 817/1993) haben jedoch Anspruch auf Karenzurlaubsgeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Mütter, die auf andere Art selbständig erwerbstätig sind und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielen, von dem 11,1 vH die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt.

Nach § 29 Abs. 1 AlVG ist auf das Karenzurlaubsgeld unter anderem § 24 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist die Leistung einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf die Leistung wegfällt; wenn sich eine für das Ausmaß der Leistung maßgebende Voraussetzung ändert, ist sie neu zu bemessen.

Die belangte Behörde hat mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides der Berufung "keine Folge" gegeben. Damit wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides übernommen, wonach dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld gemäß § 26 Abs. 4 lit. d AlVG ab keine Folge gegeben werde. Unter Bedachtnahme darauf, daß laut den gemäß § 47 Abs. 1 AlVG ausgestellten "Mitteilungen über den Leistungsanspruch" der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld für die Zeit vom bis voraussichtlich anerkannt wurde, ist der Spruch des erstinstanzlichen (und damit auch des angefochtenen Bescheides) allerdings so zu verstehen, daß damit das Karenzurlaubsgeld gemäß § 29 Abs. 1 iVm § 24 Abs. 1 AlVG wegen Wegfalls der Voraussetzungen ab (selbständige Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 26 Abs. 3 lit. b AlVG mit einem den Grenzwert des § 26 Abs. 4 lit. d AlVG idF der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 übersteigenden Umsatzprozentsatz) ab eingestellt wurde. Schon mit Schreiben vom war der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, ihr Leistungsbezug werde ab "vorläufig eingestellt", weil ein Umstand bekannt geworden sei, der die "weitere Anspruchsberechtigung" in Frage stelle.

Die Beschwerde macht geltend, die genannte Novelle sei nicht auf Anträge anwendbar, die - wie im Beschwerdefall - noch vor Inkrafttreten der Novelle gestellt worden seien. Es sei daher noch die Bestimmung des § 26 Abs. 4 lit. d in der vor dieser Novelle geltenden Fassung anzuwenden gewesen, die noch auf das Einkommen abgestellt habe.

Dem ist nicht beizupflichten: Die neugefaßte Bestimmung des § 26 Abs. 4 lit. d AlVG idF der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 trat gemäß § 79 Abs. 7 AlVG idF dieser Novelle mit in Kraft. Wie sich aus einem Gegenschluß aus dem zweiten und dritten Satz des § 79 Abs. 7 AlVG ergibt, ist § 26 Abs. 4 lit. d AlVG mangels einer den genannten Sätzen (oder einer dem § 79 Abs. 19 AlVG idF der Novelle BGBl. Nr. 297/1995 - vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 96/08/0286) entsprechenden Wendung nicht nur auf Ansprüche auf Karenzurlaubsgeld anwendbar, die ab geltend gemacht wurden, sondern auch auf schon zuvor geltend gemachte Ansprüche; dies mit der Konsequenz, daß - entsprechend dem Grundsatz der Zeitraumbezogenheit arbeitslosenversicherungsrechtlicher Ansprüche (vgl. u.a. das eben genannte Erkenntnis vom ) - auch hinsichtlich der schon geltend gemachten Ansprüche gemäß § 24 AlVG zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für den Weiterbezug nach der neuen Rechtslage noch gegeben sind.

Daß die belangte Behörde bei der nach § 12 Abs. 9 bis 11 AlVG vorzunehmenden Ermittlung des nach § 26 Abs. 4 lit. d AlVG relevanten Prozentsatzes des von der Beschwerdeführerin für ihre selbständige Erwerbstätigkeit im Jahre 1994 voraussichtlich erzielten Umsatzes rechtswidrig vorgegangen wäre,vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen. Insbesondere kommt es nach der genannten Novelle nicht mehr auf das Einkommen, sondern auf den näher genannten Prozentanteil des maßgeblichen Umsatzes an, weshalb der Vorwurf, die belangte Behörde habe diesbezüglich das Gesetz "grob unrichtig angewandt", unzutreffend ist.

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am