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VwGH vom 18.12.1990, 87/14/0149

VwGH vom 18.12.1990, 87/14/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 84-GA3-Em/87, betreffend Eintragung eines Freibetrages wegen erhöhter Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte für 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Vertragsbedienstete in einem öffentlichen Dienstverhältnis und unterrichtet in dieser Eigenschaft als Lehrerin an einer Berufsschule in Salzburg. Laut Dienstvertrag bestand für sie die Verpflichtung, "in angemessener Zeit die Lehramtsprüfung für Berufsschulen abzulegen". Dieser Verpflichtung entsprach die Beschwerdeführerin, indem sie von bis Juli 1987 die berufspädagogische Akademie in Linz besuchte und anschließend die Lehramtsprüfung ablegte. Für den studienbedingten Aufenthalt in Linz machte sie die Reisekostensätze nach § 16 Abs. 1 Z. 9 in Verbindung mit § 26 Z. 7 EStG sowie Fahrtkosten (Kilometergelder) als Werbungskosten geltend.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde diesem Antrag insoweit entsprochen, als statt der pauschalen Tagesgelder nach § 26 Z. 7 EStG ein geschätzter Verpflegungsmehraufwand und statt der Kilometergelder die Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittel (Bahn) als Werbungskosten Berücksichtigung fanden. Die belangte Behörde begründete dies damit, daß die Studienaufenthalte in Linz keine Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG gewesen seien, sodaß die Pauschalbeträge nach § 26 Z. 7 leg. cit. nicht zustünden. Bezüglich der Fahrtkosten verwies die belangte Behörde auf die günstigen Bahnverbindungen zwischen Salzburg und Linz, die das Benützen eines eigenen Kraftfahrzeuges entbehrlich erscheinen ließen.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärt sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Berücksichtigung der Kilometergelder und der pauschalen Tagesgelder gemäß § 26 Z. 7 EStG als Werbungskosten verletzt. Als Verfahrensmangel macht die Beschwerdeführerin geltend, daß ihr kein Parteiengehör zur Nichtanerkennung der Kilometergelder gewährt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gegen die übereinstimmende Ansicht der Streitteile, es handle sich beim Besuch des Vorbereitungslehrganges für die Lehramtsprüfung durch die Beschwerdeführerin um Berufsfortbildung in ihrem Beruf als Vertragslehrer an der Landesberufsschule und damit bei den hiedurch verursachten Aufwendungen grundsätzlich um Werbungskosten, sind beim Gerichtshof Bedenken nicht entstanden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0276).

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß ihr mehrmonatiger, lediglich durch Familienheimfahrten an den Wochenenden unterbrochener Aufenthalt in Linz eine "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG darstelle, was zur Folge habe, daß Werbungskosten im Ausmaß der pauschalen Tagesgelder gemäß § 26 Z. 7 leg. cit. zu berücksichtigen seien.

Mit dem Begriff "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG, der nach ständiger Rechtssprechung jenem des § 4 Abs. 5 EStG gleichzusetzen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/13/0151), hat sich der Gerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen auseinandergesetzt. Er hat dabei u. a. darauf hingewiesen, daß zu den nach § 20 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen auch jener Verpflegungsaufwand gehört, der einer Vielzahl von Steuerpflichtigen regelmäßig dadurch erwächst, daß sie aus beruflichen Gründen genötigt sind, einen Teil ihrer Mahlzeiten außer Haus einzunehmen. Die gesetzliche Regelung, wonach bei Vorliegen einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG Verpflegungsaufwand im Wege pauschaler Tagesgelder als Werbungskosten zu berücksichtigen ist, findet ihre Begründung darin, daß einerseits einem Reisenden die besonders preisgünstigen Verpflegsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort meist nicht bekannt sind, und andererseits sein Dispositionsrahmen bezüglich der Einnahme der Hauptmahlzeiten durch die Reisebewegung wesentlich eingeschränkt ist. Wie der Gerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 13/2966/79, ausgesprochen hat, müssen diese Gesichtspunkte bei der Auslegung des Begriffes "Reise" Beachtung finden, um im Bereich der Aufwendungen für Mahlzeiten außer Haus eine sachlich begründete Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Verpflegungsmehraufwendungen und nichtabzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsaufwendungen der privaten Lebensführung treffen zu können.

Hält sich daher ein Steuerpflichtiger aus beruflichen Gründen einen längeren Zeitraum hindurch (in der Regel mehr als eine Woche) an ein und demselben Ort auf, so kann nicht mehr vom Vorliegen einer Reise mit der für sie typischen Reisebewegung gesprochen werden. Eine Berücksichtigung von Werbungskosten im Ausmaß der pauschalen Tagessätze im Sinne des § 26 Z. 7 EStG kommt in solchen Fällen nicht in Betracht. Dessen ungeachtet kann auch durch einen derartigen Aufenthalt ein Verpflegungsmehraufwand anfallen, etwa im Hinblick auf die Notwendigkeit einer doppelten Haushaltsführung (siehe Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Tz 7 zu § 16 Abs. 1 Allgemein, Werbungskosten-ABC).

Diesen Mehraufwand hat die belangte Behörde im Beschwerdefall mit S 176,-- pro Tag geschätzt. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß die Beschwerdeführerin durch diese Schätzung in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wurde, zumal sie im Verwaltungsverfahren keine Umstände vorgebracht hat, die für einen höheren täglichen Verpflegungsmehraufwand gesprochen hätten. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.

Anders verhält es sich mit dem in der Beschwerde gerügten Verfahrensmangel, wonach die belangte Behörde die Kraftfahrzeugkosten der Beschwerdeführerin (anders als die Abgabenbehörde erster Instanz) nicht als Werbungskosten anerkannt hat, ohne ihr zu der diesbezüglich getroffenen Sachverhaltsannahme Parteiengehör zu gewähren. Wenn auch die Auffassung der belangten Behörde richtig sein mag, daß zwischen Linz und Salzburg gute Bahnverbindungen bestehen, so wäre es dennoch erforderlich gewesen, dies der Beschwerdeführerin vorzuhalten, um ihr Gelegenheit zu geben, die beruflichen Gründe für die Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges darzulegen. Bei Klärung dieser Frage werden im fortgesetzten Verfahren auch die örtlichen und zeitlichen Verhältnisse in Linz selbst zu berücksichtigen sein.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.