VwGH vom 29.04.1992, 87/13/0214
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Z-AG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. 6/2-2258/1/86, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1984 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem , zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, die im Jahr 1984 Gesellschafterzuschüsse erhalten hat.
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich darüber, ob
1. die auf die Gesellschafterzuschüsse entfallende Gesellschaftsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig ist oder nicht, und ob
2. bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum die im Feststellungszeitpunkt geschuldete Körperschaftsteuer im vollen Ausmaß als Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist, oder ob im Hinblick auf einen späteren Gewinnverteilungsbeschluß nur die gemäß § 22 Abs. 2 KStG 1966 ermäßigte Körperschaftsteuer als abzugsfähige Verbindlichkeit in Betracht kommt.
Die Bechwerdeführerin hat gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben, deren Behandlung mit Beschluß vom , B 1294/86-7, abgelehnt wurde.
In der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. ABZUGSFÄHIGKEIT DER AUF GESELLSCHAFTERZUSCHÜSSE
ENTFALLENDEN GESELLSCHAFTSTEUER ALS BETRIEBSAUSGABE:
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abzugsfähigkeit einer auf Gesellschafterzuschüsse entfallenden Gesellschaftsteuer bereits in zahlreichen Erkenntnissen verneint (vgl. die Erkenntnisse vom , 86/13/0201, 0202, vom , 87/13/0130, vom , 87/13/0240, vom , 87/13/0236, und vom , 87/13/0244). Er hat dies mit dem Abzugsverbot des § 17 KStG 1966 begründet. Danach dürfen Aufwendungen nur insoweit abgezogen werden, als sie mit steuerpflichtigen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Da Gesellschafterzuschüsse nicht steuerbar sind und dies dieselbe Konsequenz nach sich zieht wie das Fehlen einer Steuerpflicht, ist eine im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Gesellschafterzuschüssen stehende Gesellschaftsteuer nicht abzugsfähig.
Der Bechwerdeführerin ist diese hg. Rechtsansicht bekannt. Sie hält sie aber für unzutreffend und regt an, die Frage "nochmals einer eingehenden Überprüfung, allenfalls in einem verstärkten Senat" zu unterziehen. Sie begründet dies wie folgt:
a) Es dürfe für die Abzugsfähigkeit der Gesellschaftsteuer keinen Unterschied machen, auf welcher Rechtsgrundlage des § 2 KVG sie anfalle.
Zu diesem Argument hat der Gerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom , 87/13/0213, und vom , 87/13/0244, Stellung genommen und ausgeführt, daß unter die Bestimmung des § 12 Z. 1 KStG 1966, wonach die Kosten der Ausgabe von Aktien und sonstigen Gesellschaftsanteilen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, soweit sie nicht aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden können, zwar auch die Gesellschaftsteuer fällt, daß dies aber dem Wortlaut der zitierten Bestimmung entsprechend nur insoweit zutrifft, als die Gesellschaftsteuer tatsächlich auf die Ausgabe von Aktien oder sonstigen Gesellschaftsrechten zurückzuführen ist. Gesellschaftsteuer, die hingegen für sonstige Leistungen der Gesellschafter, wie z.B. für Gesellschafterzuschüsse, zu entrichten ist, wird von der Sonderregelung des § 12 Z. 1 KStG 1966 nicht umfaßt. Für sie gilt daher das in § 17 KStG 1966 verankerte allgemeine Abzugsverbot. Die dadurch gegebene Differenzierung findet nach Auffassung des Gerichtshofes im Sachlichen ihre Rechtfertigung, weil die Zufuhr gebundenen Haftkapitals nicht zuletzt auch im Interesse des Gläubigerschutzes anders behandelt werden kann als Gesellschafterzuschüsse, über die praktisch uneingeschränkt (auch für Zwecke der Ausschüttung) disponiert werden kann.
b) Für die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben seien gemäß § 12 KStG 1966 auch bei Körperschaften die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1972 maßgebend. Mit der Einlage eines Einzelunternehmers zusammenhängende Spesen seien Betriebsausgaben. Gleiches müsse für Gesellschaftereinlagen gelten.
Die Beschwerdeführerin übersieht bei diesem Vergleich, daß bei der Einlage eines Einzelkaufmannes der Einlegende selbst Steuersubjekt ist. Ihm erwächst im Zusammenhang mit seiner Erwerbstätigkeit ein abzugsfähiger Aufwand, der in keinem Zusammenhang mit nicht steuerbaren Einkünften steht. Anders verhält es sich bei einer Kapitalgesellschaft, die einen Gesellschafterzuschuß erhält. Hier tritt beim Steuersubjekt, nämlich bei der Kapitalgesellschaft, eine Vermögensvermehrung durch Leistung von dritter Seite, nämlich seitens der Gesellschafter, ein. Diese Vermögensvermehrung ist ein nicht steuerbarer Teil des handelsrechtlichen Gewinnes (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 192) und mit einer Einlage im einkommensteuerrechtlichen Sinn nicht vergleichbar.
c) § 12 Z. 1 KStG 1966 normiere in Wahrheit nicht die (ausnahmsweise) Abzugsfähigkeit von Kosten der Ausgabe von Aktien und sonstigen Gesellschaftsanteilen, sondern schränke die vom Einkommensbegriff her gebotene generelle Abzugsfähigkeit solcher Kosten insoweit ein, als sie aus dem Ausgabeaufgeld gedeckt werden können.
Dazu ist zu sagen, daß § 12 Z. 1 KStG 1966 notwendigerweise im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1966, insbesondere mit jener des § 17, zu lesen ist. Da die letztzitierte Bestimmung ein generelles Abzugsverbot für Aufwendungen vorsieht, soweit diese mit nicht steuerpflichtigen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, kann § 12 Z. 1 leg.cit., wie bereits erwähnt, nur als AUSNAHME von diesem Grundsatz gedeutet werden, die als Ausnahme nicht den Grundsatz aushöhlen kann und daher eng auszulegen ist. Das bedeutet, daß ohne diese Ausnahmebestimmung die Kosten der Ausgabe von Aktien und sonstigen Gesellschaftsanteilen zur Gänze nicht abzugsfähig wären.
d) Die Umschreibung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen sei erschöpfend im § 16 KStG 1966 geregelt. Da die Gesellschaftsteuer dort nicht erwähnt sei, müsse ihre Abzugsfähigkeit bejaht werden.
Der Bechwerdeführerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie aus der Überschrift des § 16 KStG 1966 "Nichtabzugsfähige Aufwendungen" ableitet, daß nur bezüglich der in § 16 angeführten Aufwendungen ein Abzugsverbot bestehen könne. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, einen in einem bestimmten Paragraphen enthaltenen Katalog nicht abzugsfähiger Aufwendungen an anderer Stelle zu ergänzen. Dies hat er nicht nur deutlich erkennbar in § 17 KStG 1966, sondern auch in dem zwischenzeitig wiederum weggefallenen § 16a leg.cit. ("Sonderbestimmungen für bestimmte Kraftfahrzeuge") getan.
e) § 17 KStG 1966 sei entsprechend seiner Überschrift nur eine "Teilungsvorschrift" und habe überdies nur deklarativen Charakter.
Dieses Argument wird von der Bechwerdeführerin nicht näher ausgeführt, scheitert aber jedenfalls am klaren Wortlaut der zitierten Bestimmung, die eindeutig ein Abzugsverbot für Aufwendungen bestimmter Art normiert.
f) Die Systematik des § 17 KStG 1966 spreche gegen die vom Gerichtshof getroffene Auslegung.
Auch dieses Argument läßt eine überzeugende gedankliche Schlußfolgerung vermissen. Die Unzulässigkeit des hier ebenfalls angedeuteten Vergleiches mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff der "Einlage" wurde bereits dargelegt. Die Bezugnahme im Gesetzeswortlaut auf "nur zu einem Teil" steuerpflichtiges Einkommen kann nicht so verstanden werden, als ob § 17 KStG 1966 nur für ABGRENZBARE TEILBEREICHE EINER TÄTIGKEIT anwendbar wäre.
In der Beschwerde wird somit nichts vorgebracht, was geeignet wäre, den Gerichtshof zu einer Änderung seiner bereits zitierten Rechtsprechung zu veranlassen. Dies gilt auch für die in der Beschwerde zitierte Literatur.
2. BERÜCKSICHTIGUNG DER KÖRPERSCHAFTSTEUERSCHULD BEI
ERMITTLUNG DES EINHEITSWERTES DES BETRIEBSVERMÖGENS:
Auch diese Frage hat der Gerichtshof bereits entschieden. Zu Recht verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0003, in dem der Gerichtshof dargelegt hat, aus welchen Gründen die im Feststellungszeitpunkt bestehende Körperschaftsteuerschuld auch dann im vollen Umfang als Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist, wenn sie infolge eines NACHFOLGENDEN Gewinnverteilungsbeschlusses gemäß § 22 Abs. 2 KStG 1966 ermäßigt wird. Da die belangte Behörde mit Rücksicht auf dieses Erkenntnis selbst die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt, erübrigen sich weitere Ausführungen.
Zu bemerken bleibt lediglich, daß der angefochtene Bescheid, soweit er Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent betrifft, nicht mit Erfolg bekämpft werden konnte, weil es sich dabei um sogenannte abgeleitete Bescheide handelt, die gemäß § 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden können, daß die im Feststellungsbescheid (im Beschwerdefall der Bescheid betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum ) getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
Soweit der angefochtene Bescheid die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum betrifft, war er nach dem oben Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.