VwGH vom 13.03.1991, 87/13/0196
Beachte
Besprechung in:
ÖStZB 1992, 101;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des E gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1469/13/87, betreffend Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erhob im Zuge eines gegen ihn gerichteten Abgabenvollstreckungsverfahrens mit Schriftsatz vom Einwendungen gemäß § 13 AbgEO und brachte vor, daß ihm die Abgabenbescheide, die zu dem aushaftenden Abgabenrückstand geführt hätten, nicht rechtswirksam zugestellt worden seien. Trotz seiner "Ortsabwesenheit" seien die Abgabenbescheide hinterlegt und nach Ablauf der Hinterlegungsfrist an die Abgabenbehörde zurückgestellt worden. Konkrete Angaben über den Zeitraum, in dem er von der Abgabestelle abwesend gewesen sei, machte der Beschwerdeführer nicht. Er bot lediglich als Zeugen dafür, daß er jedenfalls zum Zeitpunkt der Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend gewesen sei, die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Eltern und der F. an.
Das Finanzamt wies die Einwendungen ab. Die Abgabenbescheide seien dem Beschwerdeführer wie folgt zugestellt worden:
"1. Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1981 vom :
a) Erster Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, Zustellung daher für angekündigt.
b) Zweiter Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, daher hinterlegt.
c) Wegen Nichtbehebung am von der Post an das Finanzamt retourniert.
d) Bei einer Vorsprache im Amt am vom Empfänger persönlich übernommen.
2. Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1982 vom :
a) Erster Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, daher Zustellung für angekündigt.
b) Zweiter Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, daher hinterlegt.
c) Wegen Nichtbehebung am von der Post an das Finanzamt retourniert.
3. Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1983 vom :
a) Erster Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, daher Zustellung für angekündigt.
b) Zweiter Zustellversuch am ; Empfänger nicht angetroffen, daher hinterlegt.
c) Wegen Nichtbehebung am von der Post an das Finanzamt retourniert.
4. Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1984 vom sowie Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1984 vom :
a) Erster Zustellversuch am bzw. ; Empfänger nicht angetroffen, daher Zustellung für bzw. angekündigt.
b) Zweiter Zustellversuch am bzw. ; Empfänger nicht angetroffen, daher hinterlegt.
c) Wegen Nichtbehebung am bzw. von der Post an das Finanzamt retourniert."
Bezüglich der Abgabenbescheide für die Jahre 1983 und 1984 sei noch zu sagen, daß die verspätete Abgabe von Steuererklärungen durch den Beschwerdeführer als Berufung gegen diese Bescheide gewertet worden sei. Die das Jahr 1983 betreffende Berufung sei als verspätet zurückgewiesen worden. Über die das Jahr 1984 betreffende Berufung sei noch nicht entschieden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die Abgabenbehörde habe den Grundsatz des Parteiengehörs und der amtswegigen Sachverhaltsermittlung verletzt, weil sie nicht erhoben habe, ob die Zustellungen ordnungsgemäß erfolgt seien. Konkrete zeitliche Angaben über seine behauptete Abwesenheit von der Abgabestelle und über die Gründe hiefür machte der Beschwerdeführer auch in der Berufung nicht.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Der Zusteller habe Grund zu der Annahme gehabt, daß sich der Beschwerdeführer regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Eine "reine Ortsabwesenheit" zum Zeitpunkt der Zustellung hindere nicht die Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über Auftrag der belangten Behörde wurden die vom
Beschwerdeführer beantragten Zeugen einvernommen. Die Eltern
des Beschwerdeführers sagten aus, sie könnten keine genauen
Angaben über die Anwesenheit des Beschwerdeführers zu den
Zeitpunkten der Zustellversuche bzw. während der Abholfristen
machen. Der Beschwerdeführer sei von der Zustelladresse nie
abgemeldet gewesen, habe aber im Jahr 1986 zwei bis drei Monate
"irgendwo bei einer Bekannten gewohnt". Auch F. teilte mit, sie
könne in dieser Sache "nicht aussagen, da es sich ... (ihrer)
Kenntnis entzieht, wo sich ... (der Beschwerdeführer) in der
fraglichen Zeit aufhielt".
Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Zeugeneinvernahmen mitgeteilt. Gleichzeitig wurde er eingeladen dazu Stellung zu nehmen und Beweise für die von ihm behauptete Ortsabwesenheit vorzulegen.
Der Beschwerdeführer teilte daraufhin der Abgabenbehörde mit, er könne erst dann Zweckdienliches vorbringen, wenn ihm bzw. seinem Vertreter Akteneinsicht gewährt werde. Es mögen ihm die Aussagen seiner Eltern und der F. bekanntgegeben und eine neuerliche Frist zur Stellungnahme eingeräumt werden.
Die Abgabenbehörde übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom Kopien der Zeugenaussagen und setzte ihm eine Frist bis zur Stellungnahme.
Der Beschwerdeführer ersuchte um Fristerstreckung bis , weil es ihm "aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Abgabepflichtigen liegen" nicht möglich sei, die gesetzte Frist einzuhalten.
Nach einem weiteren Fristverlängerungsansuchen (erbetene Frist bis ) legte der Beschwerdeführer schließlich ein Schreiben des N, wohnhaft in der BRD, vor, in dem bestätigt wird, daß der Beschwerdeführer "im ersten Halbjahr 1985 des öfteren sich bei mir in Frankfurt geschäftlich aufgehalten hat".
Die belangte Behörde wies die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer eine längere Ortsabwesenheit, bei der eine Zustellung der Abgabenbescheide durch Hinterlegung unwirksam gewesen wäre, nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht habe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In Fällen, in denen eine Sendung dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellen ist, sieht § 21 ZustG vor, daß der Empfänger bei erfolglosem ersten Zustellversuch schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen ist, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstür anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen.
§ 17 ZustG sieht eine Zustellung durch Hinterlegung vor, wenn der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Im Falle der Zustellung durch die Post hat die Hinterlegung beim zuständigen Postamt zu erfolgen. Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Sie gilt als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam.
Der Beschwerdeführer begründet die Unwirksamkeit der Zustellung sämtlicher Abgabenbescheide ausschließlich mit dem Hinweis auf seine behauptete Ortsabwesenheit, über die er allerdings keine konkreten Angaben gemacht hat. Nun liegt es aber in der Natur der Sache, daß Angaben darüber, wo sich eine Person während eines bestimmten Zeitraumes befunden hat, in erster Linie von dieser Person selbst gemacht werden können. Dem Beschwerdeführer war bekannt, zu welchen Zeitpunkten ihm die verschiedenen Abgabenbescheide zugestellt worden waren. Dessen ungeachtet hat er sich darauf beschränkt, seine Ortsabwesenheit zu diesen Zeitpunkten bloß zu behaupten, ohne konkrete Angaben über Zeitraum und Grund der Abwesenheit, z.B. Geschäftsreisen, Urlaub oder Krankheit zu machen. Seine Eltern und F., die der Beschwerdeführer als Zeugen geführt hatte, waren nicht in der Lage, Auskünfte über eine allfällige Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers zu geben. Das Schreiben des N das schon auf Grund seiner Unbestimmtheit kein taugliches Beweismittel darstellt, betraf überdies das erste
Halbjahr 1985, somit einen Zeitraum, in dem dem Beschwerdeführer keiner der Abgabenbescheide zugestellt worden war.
Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, auch ohne sein Zutun wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, von Amts wegen Nachforschungen darüber anzustellen, ob er in jenen Zeiträumen, in denen die Abgabenbescheide beim zuständigen Postamt hinterlegt waren, nicht ortsabwesend gewesen sein könnte.
Ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein über die Zustellung eines Poststückes durch Hinterlegung macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung. Es ist Sache des Empfängers Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen. Die stereotyp wiederholte, aber weder zeitlich konkretisierte noch in irgendeiner Weise belegte Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, genügt hiefür nicht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der beantragten Verhandlung abgesehen werden konnte, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom , BGBl. Nr. 206.